Der Ab­schluss ei­ner Voll­kas­ko­ver­si­che­rung für ein Fa­mi­li­en­fahr­zeug der Ehe­gat­ten kann ein Ge­schäft zur an­ge­mes­se­nen De­ckung des Le­bens­be­darfs der Fa­mi­lie i. S. von § 1357 I BGB sein. Glei­ches gilt für die Kün­di­gung ei­nes sol­chen Ver­trags.

BGH, Ur­teil vom 28.02.2018 – XII ZR 94/17

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin nimmt die Be­klag­te auf Leis­tung aus ei­nem Ver­trag über ei­ne Voll­kas­ko­ver­si­che­rung in An­spruch.

Sie un­ter­hielt bei der Be­klag­ten ei­ne Haft­pflicht- und Voll­kas­ko­ver­si­che­rung für ein auf ih­ren Ehe­mann zu­ge­las­se­nes Fahr­zeug (BMW 525d). Mit ei­nem vom Ehe­mann un­ter­zeich­ne­ten Schrei­ben vom 22.12.2014 wur­de die Voll­kas­ko­ver­si­che­rung zum 01.01.2015 ge­kün­digt. Hier­auf fer­tig­te die Be­klag­te ei­nen – die Voll­kas­ko­ver­si­che­rung nicht mehr ent­hal­ten­den – Ver­si­che­rungs­schein vom 22.12.2014 aus, der ei­ne Wi­der­rufs­be­leh­rung ent­hielt, und er­stat­te­te über­schie­ßend ge­leis­te­te Bei­trä­ge.

Das ver­si­cher­te Fahr­zeug wur­de am 05.10.2015 bei ei­nem selbst ver­schul­de­ten Un­fall be­schä­digt. Die Re­pa­ra­tur­kos­ten be­lau­fen sich auf ins­ge­samt 12.601,28 € zu­züg­lich Um­satz­steu­er. Mit Schrei­ben vom 14.01.2016 wi­der­rief die Klä­ge­rin die Kün­di­gung der Voll­kas­ko­ver­si­che­rung.

Mit der Kla­ge hat die Klä­ge­rin die Be­klag­te – un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­ner ver­ein­bar­ten Selbst­be­tei­li­gung von 300 € – auf Zah­lung der Re­pa­ra­tur­kos­ten in Hö­he von 12.301,28 € nebst Zin­sen so­wie auf Er­satz au­ßer­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten in Hö­he von 958,18 € nebst Zin­sen in An­spruch ge­nom­men. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen; das Ober­lan­des­ge­richt hat die Be­ru­fung der Klä­ge­rin zu­rück­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin hat­te eben­falls kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: [6]    A. Das Ober­lan­des­ge­richt hat sei­ne Ent­schei­dung da­mit be­grün­det, dass der Ehe­mann der Klä­ge­rin die Voll­kas­ko­ver­si­che­rung wirk­sam zum 01.01.2015 ge­kün­digt ha­be. Für den am 05.10.2015 ein­ge­tre­te­nen Ver­si­che­rungs­fall ha­be da­her kein Ver­si­che­rungs­schutz mehr be­stan­den.

[7]    Der Ehe­mann der Klä­ge­rin sei ge­mäß § 1357 I BGB be­rech­tigt ge­we­sen, den von der Klä­ge­rin ge­schlos­se­nen Ver­si­che­rungs­ver­trag – auch mit Wir­kung für die Klä­ge­rin – zu kün­di­gen. § 1357 BGB er­lau­be je­dem Ehe­gat­ten al­lein nicht nur die Be­grün­dung von Rech­ten und Pflich­ten mit Wir­kung für und ge­gen den Part­ner, son­dern auch de­ren Ab­än­de­rung mit Wir­kung für bei­de Ehe­gat­ten. Hier­aus fol­ge, dass der Ehe­mann der Klä­ge­rin den von ihr ge­schlos­se­nen Ver­trag über die Voll­kas­ko­ver­si­che­rung auch mit Wir­kung für die Klä­ge­rin ha­be kün­di­gen kön­nen. Ih­rer Mit­wir­kung ha­be es hier­zu nicht be­durft.

[8]    So­wohl der Ab­schluss als auch die Kün­di­gung des Ver­trags über die Voll­kas­ko­ver­si­che­rung stell­ten nach den ge­sam­ten Um­stän­den des Fal­les ein Ge­schäft zur an­ge­mes­se­nen De­ckung des Le­bens­be­darfs der Ehe­gat­ten dar. Was zum Le­bens­be­darf ei­nes Ehe­paa­res oder ei­ner Fa­mi­lie ge­hö­re, be­stimm­ten zu­nächst die je­wei­li­gen Ver­hält­nis­se der Ehe­gat­ten, die je­doch nicht mit de­ren Ein­kom­mens­ver­hält­nis­sen iden­tisch zu sein bräuch­ten. Im In­ter­es­se des Rechts­ver­kehrs kom­me es ent­schei­dend auf den Le­bens­zu­schnitt der Ehe­leu­te oder der Fa­mi­lie an, wie er nach au­ßen in Er­schei­nung tre­te. In den durch die Ver­hält­nis­se der Ehe­gat­ten ge­zo­ge­nen Gren­zen sei der nach den §§ 1360, 1360a BGB be­mes­se­ne Le­bens­be­darf um­fas­send zu ver­ste­hen. Die Be­rech­ti­gung sol­le sich nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers al­ler­dings nicht auf Ge­schäf­te grö­ße­ren Um­fangs er­stre­cken, die oh­ne Schwie­rig­kei­ten zu­rück­ge­stellt wer­den könn­ten bzw. bei de­nen grund­sätz­lich ei­ne vor­he­ri­ge Ver­stän­di­gung der Ehe­gat­ten er­for­der­lich er­schei­ne und in der Re­gel auch statt­fin­de.

[9]    Bei dem ver­si­cher­ten Fahr­zeug han­de­le es sich um das Fa­mi­li­en­fahr­zeug, das auf den Ehe­mann der Klä­ge­rin zu­ge­las­sen ge­we­sen sei und für das sie den Ver­si­che­rungs­ver­trag ab­ge­schlos­sen ha­be. Die Prä­mie für die Voll­kas­ko­ver­si­che­rung ha­be sich auf mo­nat­lich 144,90 € be­lau­fen. Der Ab­schluss oder die Kün­di­gung ei­ner Voll­kas­ko­ver­si­che­rung mit ei­ner Prä­mi­en­be­las­tung in die­ser Hö­he stel­le nach dem vor­lie­gend nach au­ßen in Er­schei­nung ge­tre­te­nen Le­bens­zu­schnitt der Fa­mi­lie der Klä­ge­rin kein Rechts­ge­schäft dar, bei dem in der Re­gel ei­ne vor­he­ri­ge Ver­stän­di­gung der Ehe­gat­ten ge­bo­ten sei und auch statt­fin­de. Nach­dem der Ehe­mann der Klä­ge­rin Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs ge­we­sen sei, kön­ne nicht an­ge­nom­men wer­den, dass der da­mit zu­sam­men­hän­gen­de Ver­si­che­rungs­schutz sei­nem Hand­lungs­be­reich im kon­kre­ten Fall ent­zo­gen sein soll­te.

[10]   Die Klä­ge­rin ha­be die Kün­di­gung auch nicht wirk­sam wi­der­ru­fen kön­nen. Ein Wi­der­rufs­recht der Klä­ge­rin ge­mäß § 8 VVG be­ste­he nicht. Sinn und Zweck der Ein­räu­mung ei­nes Wi­der­rufs­rechts be­ste­he dar­in, die Ein­ge­hung ei­ner Ver­pflich­tung ei­nem Reue­recht zu un­ter­wer­fen. Die Kün­di­gung ent­fal­te dem­ge­gen­über als ein­sei­ti­ge emp­fangs­be­dürf­ti­ge Wil­lens­er­klä­rung im Zeit­punkt ih­res Zu­gangs beim Ver­si­che­rer end­gül­tig ih­re Ge­stal­tungs­wir­kung, oh­ne dass dem Ver­si­che­rungs­neh­mer ein Reue­recht ein­ge­räumt wer­de. In der dem ge­än­der­ten Ver­si­che­rungs­schein bei­ge­füg­ten Wi­der­rufs­be­leh­rung kön­ne auch nicht die ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung ei­nes Wi­der­rufs­rechts be­züg­lich der er­folg­ten Kün­di­gung er­blickt wer­den.

[11]   B. Das hält recht­li­cher Über­prü­fung stand.

[12]   I. Das Ober­lan­des­ge­richt ist zu­nächst zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass die von ih­rem Ehe­mann er­klär­te Kün­di­gung nicht nach den Re­geln der Stell­ver­tre­tung ge­mäß §§ 164 ff. BGB der Klä­ge­rin zu­zu­rech­nen ist.

[13]   Zwar hat der Ehe­mann of­fen­sicht­lich im Na­men der Klä­ge­rin ge­han­delt, weil das von ihm un­ter­zeich­ne­te Kün­di­gungs­schrei­ben im Brief­kopf (aus­schließ­lich) den Na­men der Klä­ge­rin auf­weist. Je­doch hat we­der das Ober­lan­des­ge­richt fest­stel­len kön­nen noch die hier­für dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Be­klag­te (vgl. Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 77. Aufl., § 164 Rn. 18 m. w. Nachw.) dar­ge­legt, dass die Klä­ge­rin ih­ren Ehe­mann hier­zu be­voll­mäch­tigt ha­be. Auch zu den Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Dul­dungs- oder An­scheins­voll­macht sind kei­ne Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen. Ei­ne ge­setz­li­che Ver­tre­tungs­macht un­ter Ehe­gat­ten kennt das Bür­ger­li­che Ge­setz­buch in­des nicht (vgl. BT-Drs. 15/2494, 16).

[14]   II. Das Ober­lan­des­ge­richt hat zu­dem in re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­der Wei­se er­kannt, dass der Ehe­mann die Voll­kas­ko­ver­si­che­rung ge­mäß § 1357 I BGB auch mit Wir­kung für die Klä­ge­rin wirk­sam ge­kün­digt hat.

[15]   1. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on steht es der An­wen­dung des § 1357 I BGB nicht ent­ge­gen, dass der Ehe­mann die Kün­di­gung nach den äu­ße­ren Um­stän­den er­sicht­lich im Na­men der Klä­ge­rin aus­ge­spro­chen hat. Bei aus­drück­li­chem Han­deln im Na­men des Ehe­gat­ten kommt es re­gel­mä­ßig über § 1357 I BGB auch zu ei­ner Mit­ver­pflich­tung des han­deln­den Ehe­gat­ten, es sei denn, der Aus­schluss der ei­ge­nen Mit­ver­pflich­tung ist ein­deu­tig of­fen­ge­legt (Se­nat, Urt. v. 13.02.1985 – IVb ZR 72/83, BGHZ 94, 1 = Fam­RZ 1985, 576). Sol­ches hat das Ober­lan­des­ge­richt nicht fest­ge­stellt.

[16]   2. Frei­lich kann die Kün­di­gung der Voll­kas­ko­ver­si­che­rung nur in den An­wen­dungs­be­reich des § 1357 BGB fal­len, wenn das mit ihr kor­re­spon­die­ren­de Grund­ge­schäft, al­so der Ab­schluss der Voll­kas­ko­ver­si­che­rung selbst, ein Ge­schäft zur an­ge­mes­se­nen De­ckung des Le­bens­be­darfs der Fa­mi­lie i. S. von § 1357 I 1 BGB wä­re. Hier­von ist das Ober­lan­des­ge­richt auf der Grund­la­ge der von ihm ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen zu Recht aus­ge­gan­gen.

[17]   a) Ge­mäß § 1357 I 1 BGB ist je­der Ehe­gat­te be­rech­tigt, Ge­schäf­te zur an­ge­mes­se­nen De­ckung des Le­bens­be­darfs der Fa­mi­lie mit Wir­kung auch für den an­de­ren Ehe­gat­ten zu be­sor­gen. Nach § 1357 I 2 BGB wer­den durch sol­che Ge­schäf­te bei­de Ehe­gat­ten be­rech­tigt und ver­pflich­tet, es sei denn, dass sich aus den Um­stän­den et­was an­de­res er­gibt.

[18]   aa) Die auf dem Ers­ten Ge­setz zur Re­form des Ehe- und Fa­mi­li­en­rechts vom 14.06.1976 (BGBl. 1976 I, 1421 [1422]) be­ru­hen­de Fas­sung der Vor­schrift knüpft nicht mehr an die nach frü­he­rem Recht be­ste­hen­de Pflicht der Frau an, den Haus­halt in ei­ge­ner Ver­ant­wor­tung zu füh­ren (§ 1356 I 1 BGB a.F.) und ihr dem­entspre­chend die Be­rech­ti­gung zu ge­ben, Ge­schäf­te in­ner­halb ih­res häus­li­chen Wir­kungs­krei­ses mit Wir­kung für den Mann zu be­sor­gen („Schlüs­sel­ge­walt“; grund­le­gend da­zu Se­nat, Urt. v. 13.02.1985 – IVb ZR 72/83, BGHZ 94, 1 = Fam­RZ 1985, 576 [577]; s. auch BGH, Urt. v. 11.03.2004 – III ZR 213/03, Fam­RZ 2004, 778 m. w. Nachw). Denn § 1356 BGB über­lässt die Auf­ga­ben­ver­tei­lung in der ehe­li­chen Ge­mein­schaft den Part­nern selbst.

[19]   Die Rechts­macht zur Ver­pflich­tung auch des Part­ners, die § 1357 BGB nun­mehr je­dem der Ehe­gat­ten ein­räumt, dient al­so nicht mehr dem Zweck, dem Han­deln­den die Er­fül­lung von be­stimm­ten, ihm zu­ge­wie­se­nen Auf­ga­ben zu er­mög­li­chen. Da­her kann die (jetzt bei­der­sei­ti­ge) Rechts­macht nicht mehr funk­tio­nal – nach dem zur Er­fül­lung vor­ge­ge­be­ner Auf­ga­ben Er­for­der­li­chen – be­stimmt und be­grenzt wer­den. Nach wie vor sind die Ehe­gat­ten je­doch ein­an­der ver­pflich­tet, durch ih­re Ar­beit und mit ih­rem Ver­mö­gen die Fa­mi­lie an­ge­mes­sen zu un­ter­hal­ten (§ 1360 Satz 1 BGB). Des­halb ori­en­tiert sich das Ge­setz in § 1357 BGB nun­mehr an der „an­ge­mes­se­nen De­ckung des Le­bens­be­darfs der Fa­mi­lie“, al­so an ei­nem un­ter­halts­recht­li­chen Be­griff, bei des­sen Aus­le­gung die §§ 1360, 1360a BGB her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen (Se­nat, Urt. v. 13.02.1985 – IVb ZR 72/83, BGHZ 94, 1 = Fam­RZ 1985, 576 [577] m. w. Nachw.).

[20]   Wie weit der Le­bens­be­darf der Fa­mi­lie reicht, be­stimmt sich fa­mi­li­en­in­di­vi­du­ell nach den Ver­hält­nis­sen der Ehe­gat­ten (s. § 1360a I BGB). Ih­re Ein­künf­te und ihr Ver­mö­gen, die die­se Ver­hält­nis­se in ers­ter Li­nie prä­gen, wer­den dem Ver­trags­part­ner al­ler­dings häu­fig ver­bor­gen blei­ben. Des­halb kommt es bei der An­wen­dung des § 1357 BGB – wie schon bei der Schlüs­sel­ge­walt des frü­he­ren Rechts – ent­schei­dend auf den Le­bens­zu­schnitt der Fa­mi­lie an, wie er nach au­ßen in Er­schei­nung tritt. Über­steigt die­ses Er­schei­nungs­bild nach spe­zi­fi­schen und kon­kre­ten An­halts­punk­ten den auf­grund der tat­säch­li­chen wirt­schaft­li­chen Ver­hält­nis­se der Ehe­gat­ten zu er­war­ten­den Le­bens­zu­schnitt, so er­höht das im Grund­satz den Um­fang der nach § 1357 BGB mög­li­chen Mit­ver­pflich­tung (Se­nat, Urt. v. 13.02.1985 – IVb ZR 72/83, BGHZ 94, 1 = Fam­RZ 1985, 576 [577] m. w. Nachw.).

[21]   Die Vor­schrift des § 1357 I BGB ver­langt wei­ter­hin, dass die De­ckung des Le­bens­be­darfs der Fa­mi­lie „an­ge­mes­sen“ sein muss. Dem liegt die im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren ge­äu­ßer­te Vor­stel­lung zu­grun­de, dass „Ge­schäf­te grö­ße­ren Um­fangs, die oh­ne Schwie­rig­kei­ten zu­rück­ge­stellt wer­den könn­ten“, nicht un­ter § 1357 BGB fal­len sol­len (Be­grün­dung des Re­gie­rungs­ent­wurfs BT-Drs. 7/650, 99; vgl. auch Rechts­aus­schuss BT-Drs. 7/4361, 26). Die be­ab­sich­tig­te Re­strik­ti­on schützt den an dem Rechts­ge­schäft nicht be­tei­lig­ten Ehe­gat­ten so­mit vor ei­ner ihn über­ra­schen­den In­an­spruch­nah­me aus Al­lein­ge­schäf­ten grö­ße­ren Um­fangs, die der an­de­re Ehe­gat­te ab­ge­schlos­sen hat (Se­nat, Urt. v. 13.02.1985 – IVb ZR 72/83, BGHZ 94, 1 = Fam­RZ 1985, 576 [577]).

[22]   bb) Die An­wen­dung des § 1357 BGB hat der BGH für die Än­de­rung ei­ner ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung über die Ab­rech­nung von Ne­ben­kos­ten in ei­nem be­ste­hen­den Miet­ver­hält­nis (BGH, Urt. v. 16.03.2016 – VI­II ZR 326/14, WuM 2016, 353 Rn. 25) und für den Ab­schluss ei­nes Bau­ver­trags über ein Wohn­haus (BGH, Urt. v. 29.09.1988 – VII ZR 186/87, Fam­RZ 1989, 35) ver­neint. Be­jaht hat er dem­ge­gen­über die An­wen­dung des § 1357 BGB für den Ab­schluss ei­nes Strom­lie­fe­rungs­ver­trags (Se­nat, Beschl. v. 24.04.2013 – XII ZR 159/12, Fam­RZ 2013, 1199 Rn. 5), den Ab­schluss ei­nes Te­le­fon­dienst­ver­trags für ei­nen in der Fa­mi­li­en­woh­nung be­find­li­chen Fest­netz­an­schluss (BGH, Urt. v. 11.03.2004 – III ZR 213/03, Fam­RZ 2004, 778 f.), ei­ne me­di­zi­nisch in­di­zier­te, un­auf­schieb­ba­re ärzt­li­che Be­hand­lung ei­nes Ehe­gat­ten oh­ne Rück­sicht auf die Hö­he der mit ihr ver­bun­de­nen Kos­ten (BGH, Urt. v. 27.11.1991 – XII ZR 226/90, BGHZ 116, 184 = Fam­RZ 1992, 291 [292]) und für Ho­no­raran­sprü­che aus pri­vat­ärzt­li­cher Be­hand­lung (Se­nat, Urt. v. 13.02.1985 – IVb ZR 72/83, BGHZ 94, 1 = Fam­RZ 1985, 576 f.).

[23]   cc) Die in der In­stanz­recht­spre­chung und im Schrift­tum un­ein­heit­lich be­ant­wor­te­te Fra­ge, ob auch der Ab­schluss von Ver­si­che­rungs­ver­trä­gen als Ge­schäft zur an­ge­mes­se­nen De­ckung des Le­bens­be­darfs i. S. von § 1357 I 1 BGB an­zu­se­hen ist, hat dem BGH noch nicht zur Ent­schei­dung vor­ge­le­gen.

[24]   (1) Nach ei­ner Auf­fas­sung soll der Ab­schluss üb­li­cher Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge (Er­man/Kroll-Lud­wigs, BGB, 15. Aufl., § 1357 Rn. 12), je­den­falls aber der Ab­schluss ei­ner Haus­rat­ver­si­che­rung un­ter § 1357 I BGB fal­len (AG Eschwe­ge, Urt. v. 14.07.1959 – 2 C 440/58, VersR 1959, 1038, und AG Karls­ha­fen, Urt. v. 03.02.1965 – C 63/64, VersR 1965, 871; je­weils zum frü­he­ren Recht; MünchKomm-BGB/Roth, 7. Aufl., § 1357 Rn. 23; NK-BGB/Wel­len­ho­fer, 3. Aufl., § 1357 Rn. 15; Stau­din­ger/Vop­pel, BGB, Neu­be­arb. 2012, § 1357 Rn. 64; Pa­landt/Bru­der­mül­ler, BGB, 77. Aufl., § 1357 Rn. 13; Hahn, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 1357 Rn. 17).

[25]   (2) An­de­re se­hen den Ab­schluss von Ver­si­che­rungs­ver­trä­gen grund­sätz­lich als nicht von § 1357 I BGB um­fasst an (So­er­gel/Lipp, BGB, 13. Aufl., § 1357 Rn. 25; Gern­hu­ber/Coes­ter-Walt­jen, Fa­mi­li­en­recht, 6. Aufl., § 19 IV Rn. 47).

[26]   (3) Im An­satz zu­tref­fend ist die erst­ge­nann­te Auf­fas­sung. Ent­ge­gen der zu­letzt ge­nann­ten Auf­fas­sung ver­bie­tet es sich, Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge pau­schal aus dem An­wen­dungs­be­reich des § 1357 BGB her­aus­zu­neh­men. Ent­schei­dend ist viel­mehr der Be­zug des in Re­de ste­hen­den Ge­schäfts zum Le­bens­be­darf der Fa­mi­lie, wes­halb es je­weils auf den in­di­vi­du­el­len Zu­schnitt der Fa­mi­lie an­kommt. Ob es sich da­nach um ein Ge­schäft zur an­ge­mes­se­nen De­ckung des Le­bens­be­darfs der Fa­mi­lie han­delt, hat der Tatrich­ter für den je­wei­li­gen Ein­zel­fall fest­zu­stel­len. Da­bei kann auch der Ab­schluss ei­ner Voll­kas­ko­ver­si­che­rung in den An­wen­dungs­be­reich des § 1357 I BGB fal­len, so­fern ein aus­rei­chen­der Be­zug zum Fa­mi­li­en­un­ter­halt nach §§ 1360, 1360a BGB ge­ge­ben ist.

[27]   In der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung ist et­wa an­er­kannt, dass nach § 1360a BGB je nach den Ver­mö­gens- und Ein­kom­mens­ver­hält­nis­sen der Ehe­gat­ten auch Auf­wen­dun­gen zur An­schaf­fung und zum Be­trieb ei­nes Pkw (BGH, Urt. v. 24.02.1983 – IX ZR 42/82, Fam­RZ 1983, 351 [352] m. w. Nachw.) oder für die Kfz-Haft­pflicht­ver­si­che­rung zum an­ge­mes­se­nen Fa­mi­li­en­un­ter­halt ge­hö­ren kön­nen (BFH, Urt. v. 23.11.2011 – III R 76/09, BFHE 236, 79 = BSt­Bl. 2012 II, 413 Rn. 11; BSG, Urt. v. 26.05.1971 – 12/11 RA 40/70, Fam­RZ 1971, 579 [581]). In der In­stanz­recht­spre­chung und Li­te­ra­tur wird die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die Re­pa­ra­tur des von der gan­zen Fa­mi­lie ge­nutz­ten Pkw un­ter § 1357 I BGB fällt (LG Frei­burg, Urt. v. 19.01.1988 – 9 S 164/87, Fam­RZ 1988, 1052 f.; Stau­din­ger/Vop­pel, a. a. O., § 1357 Rn. 45). Ent­spre­chen­des wird für sons­ti­ge Ver­trä­ge an­ge­nom­men, die ein von der Fa­mi­lie ge­nutz­tes Fahr­zeug be­tref­fen (vgl. NK-BGB/Wel­len­ho­fer, a. a. O., § 1357 Rn. 13), je­den­falls so­weit sie, wie et­wa die TÜV-Kos­ten, die Un­ter­hal­tung des Fahr­zeugs an­be­lan­gen (AG Usin­gen, Beschl. v. 27.03.2006 – 2 C 636/05, ju­ris Rn. 3; NK-BGB/Wel­len­ho­fer, a. a. O., § 1357 Rn. 15). Schließ­lich wird so­gar ver­tre­ten, dass der Er­werb ei­nes Fa­mi­li­en­fahr­zeugs selbst un­ter den An­wen­dungs­be­reich des § 1357 I BGB fällt (Herr, FF 2017, 285 [290]; MünchKomm-BGB/Roth, a. a. O., § 1357 Rn. 23; Er­man/Kroll-Lud­wigs, a. a. O., § 1357 Rn. 15; a. A. NK-BGB/Wel­len­ho­fer, a. a. O., § 1357 Rn. 16; Stau­din­ger/Vop­pel, a. a. O., § 1357 Rn. 45).

[28]   b) Ge­mes­sen hier­an ist die Ent­schei­dung des Ober­lan­des­ge­richts, wo­nach der Ab­schluss der Voll­kas­ko­ver­si­che­rung vor­lie­gend ein Ge­schäft zur an­ge­mes­se­nen De­ckung des Le­bens­be­darfs der Fa­mi­lie i. S. von § 1357 I BGB dar­stellt, auf der Grund­la­ge der von ihm ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

[29]   Bei dem ver­si­cher­ten Pkw han­delt es sich da­nach um das ein­zi­ge Fahr­zeug der fünf­köp­fi­gen Fa­mi­lie. Vor dem Hin­ter­grund, dass der Pkw auf den Ehe­mann zu­ge­las­sen war und sich der mo­nat­li­che An­teil der Voll­kas­ko­ver­si­che­rung von 144,90 € noch in ei­nem an­ge­mes­se­nen Rah­men be­zo­gen auf die Be­darfs­de­ckung der Fa­mi­lie be­weg­te, hält sich die An­nah­me des Ober­lan­des­ge­richts, ei­ne vor­he­ri­ge Ver­stän­di­gung der Ehe­gat­ten über den Ab­schluss ei­ner Voll­kas­ko­ver­si­che­rung er­schei­ne nicht er­for­der­lich, im Rah­men ei­ner zu­läs­si­gen tatrich­ter­li­chen Wür­di­gung. Dar­an än­dert auch der Ein­wand der Re­vi­si­on nichts, wo­nach ei­ne Voll­kas­ko­ver­si­che­rung we­ni­ger der kon­kre­ten Un­ter­hal­tung des Fahr­zeugs als viel­mehr der Ver­mö­gens­si­che­rung die­ne. Denn wenn es sich – wie hier – um das ein­zi­ge Fahr­zeug der Fa­mi­lie han­delt, der Ab­schluss der Voll­kas­ko­ver­si­che­rung mit­hin den Er­halt ei­nes Fahr­zeugs für die Fa­mi­lie si­chern soll, wird da­mit auch der Be­darf der Fa­mi­lie, im­mer ein Fahr­zeug zur Ver­fü­gung zu ha­ben, i. S. von § 1357 I 1 BGB ge­deckt. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on ist die­ses In­ter­es­se nicht mit dem Wert des ver­si­cher­ten Fahr­zeugs iden­tisch.

[30]   Schließ­lich ist nach den ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen, wo­nach die Klä­ge­rin den Ver­si­che­rungs­ver­trag für das auf ih­ren Ehe­mann zu­ge­las­se­ne Fahr­zeug ab­ge­schlos­sen hat, auch da­von aus­zu­ge­hen, dass die Klä­ge­rin die Voll­kas­ko­ver­si­che­rung wäh­rend der Ehe ab­ge­schlos­sen hat und ihr Ehe­mann durch den Ver­si­che­rungs­ver­trag mit­be­rech­tigt und -ver­pflich­tet wor­den ist.

[31]   3. Aus Rechts­grün­den ist nichts da­ge­gen zu er­in­nern, dass das Ober­lan­des­ge­richt auch die Kün­di­gung der Voll­kas­ko­ver­si­che­rung als von § 1357 I BGB um­fasst an­ge­se­hen hat.

[32]   a) Al­ler­dings ist im Schrift­tum um­strit­ten, ob auch die Aus­übung von Ge­stal­tungs­rech­ten, wie na­ment­lich die Kün­di­gung, un­ter § 1357 I BGB fal­len kann.

[33]   aa) Die wohl über­wie­gen­de Auf­fas­sung be­jaht die­se Fra­ge (Stau­din­ger/Loo­schel­ders, BGB, Neu­be­arb. 2017, § 429 Rn. 41; MünchKomm-BGB/Roth, a. a. O., § 1357 Rn. 41; Pa­landt/Bru­der­mül­ler, a. a. O., § 1357 Rn. 22; Rau­scher, Fa­mi­li­en­recht, 2. Aufl., Rn. 282; FA­Komm-FamR/Wein­reich, 5. Aufl., § 1357 Rn. 17; Hahn, in: Bam­ber­ger/Roth, a. a. O., § 1357 Rn. 30; NK-BGB/Wel­len­ho­fer, a. a. O., § 1357 Rn. 24; vgl. auch AG Neu­rup­pin, Urt. v. 17.12.2008 – 42 C 192/07, Fam­RZ 2009, 1221 [1222]).

[34]   bb) Nach der Ge­gen­mei­nung kön­nen Ge­stal­tungs­rech­te nicht durch nur ei­nen Ehe­gat­ten aus­ge­übt wer­den, ins­be­son­de­re nicht durch den­je­ni­gen, der selbst nicht der ur­sprüng­lich kon­tra­hie­ren­de Ehe­gat­te war (vgl. Ber­ger, Fam­RZ 2005, 1129 [1131 f., 1133 f.]; Gern­hu­ber/Coes­ter-Walt­jen, a. a. O., § 19 IV Rn. 53).

[35]   cc) Die erst­ge­nann­te Auf­fas­sung ist zu­tref­fend. § 1357 I BGB führt zu ei­ner Mit­ver­pflich­tung und zu ei­ner Mit­be­rech­ti­gung des je­weils an­de­ren Ehe­gat­ten. Ers­te­re zieht ei­ne ge­samt­schuld­ne­ri­sche Haf­tung der Ehe­leu­te nach sich. Die Mit­be­rech­ti­gung be­grün­det für bei­de Ehe­gat­ten die Stel­lung von Ge­samt­gläu­bi­gern (Stau­din­ger/Loo­schel­ders, a. a. O., § 428 Rn. 63 f.; NK-BGB/Wel­len­ho­fer, a. a. O., § 1357 Rn. 23 f.; MünchKomm-BGB/Roth, a. a. O., § 1357 Rn. 41 m. w. Nachw.).

[36]   Zwar ent­fal­ten Ge­stal­tungs­rech­te wie et­wa die Kün­di­gung in der Re­gel nur dann Wir­kung, wenn die Ge­samt­gläu­bi­ger sie ge­mein­sam aus­üben (Stau­din­ger/Loo­schel­ders, a. a. O., § 429 Rn. 34 m. w. Nachw.). Et­was an­de­res gilt je­doch, so­weit es sich um Ge­stal­tungs­rech­te han­delt, die Ge­schäf­te zur an­ge­mes­se­nen De­ckung des Le­bens­be­darfs der Fa­mi­lie i. S. von § 1357 I 1 BGB be­tref­fen. So wie es den Ehe­leu­ten er­mög­licht wird, für und ge­gen ih­re je­wei­li­gen Part­ner Rech­te und Pflich­ten zu be­grün­den, muss es ih­nen spie­gel­bild­lich er­laubt sein, sich hier­von auch mit Wir­kung für und ge­gen den an­de­ren wie­der zu lö­sen (vgl. MünchKomm-BGB/Roth, a. a. O., § 1357 Rn. 34, 41). Dies gilt schließ­lich un­ab­hän­gig da­von, ob der das Ge­stal­tungs­recht aus­üben­de Ehe­gat­te auch der­je­ni­ge ge­we­sen ist, der die ein­ge­gan­ge­ne Ver­pflich­tung über § 1357 I BGB ur­sprüng­lich be­grün­det hat.

[37]   b) Da­mit ist das Ober­lan­des­ge­richt nach den ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen zu Recht von ei­ner wirk­sa­men Kün­di­gung der Voll­kas­ko­ver­si­che­rung zum Ab­lauf des Ver­si­che­rungs­jah­res mit Wir­kung auch für die Klä­ge­rin aus­ge­gan­gen.

[38]   III. Das Ober­lan­des­ge­richt ist zu­dem mit Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die Klä­ge­rin die durch ih­ren Ehe­mann aus­ge­spro­che­ne Kün­di­gung nicht wirk­sam wi­der­ru­fen konn­te. Die Kün­di­gung hat als rechts­ge­stal­ten­de emp­fangs­be­dürf­ti­ge Wil­lens­er­klä­rung die Be­en­di­gung des Ver­si­che­rungs­ver­hält­nis­ses zum ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Zeit­punkt zur Fol­ge. Ei­ne Kün­di­gung kann da­her nicht ein­sei­tig zu­rück­ge­nom­men oder wi­der­ru­fen wer­den (BGH, Urt. v. 08.06.2016 – IV ZR 346/15, NJW-RR 2017, 222 Rn. 14 m. w. Nachw).

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