Zwar ist ei­ne Ver­ein­ba­rung, die die Rech­te des Käu­fers we­gen ei­nes Man­gels aus­schließt oder ein­schränkt, bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 I BGB) nur dann ge­mäß § 475 I BGB a.F. (§ 476 I BGB n.F.) un­wirk­sam, wenn sie vor der Mit­tei­lung ei­nes Man­gels durch den Ver­brau­cher an den Un­ter­neh­mer ge­trof­fen wird. In­des darf sich der Ver­käu­fer auf ei­ne nach der Mit­tei­lung ei­nes Man­gels ge­trof­fe­ne Ver­ein­ba­rung, die die Män­gel­rech­te des Käu­fers aus­schließt oder ein­schränkt, nur dann be­ru­fen, wenn sich der Käu­fer bei Ab­schluss der Ver­ein­ba­rung dar­über im Kla­ren war, dass zu sei­nem Nach­teil von den ge­setz­li­chen Ge­währ­leis­tungs­vor­schrif­ten ab­ge­wi­chen wird. Dar­an fehlt es, wenn der Käu­fer sich nur des­halb be­reit er­klärt hat, ei­nen Teil der (zu er­war­ten­den) Re­pa­ra­tur­kos­ten zu tra­gen, weil er glaub­te, hier­zu auf­grund ei­ner kauf­ver­trag­li­chen Re­ge­lung ver­pflich­tet zu sein.

LG Hei­del­berg, Ur­teil vom 20.12.2017 – 1 S 28/17

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von dem Be­klag­ten am 06.05.2016 ei­nen ge­brauch­ten Pkw (VW Golf) mit ei­ner Lauf­leis­tung von 127.600 km zum Preis von 8.700 €. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag heißt es un­ter an­de­rem:

„Er­klä­rung des Käu­fers: 1 Jahr Ga­ran­tie auf Mo­tor, Ge­trie­be und Dif­fe­ren­ti­al, 1 Jahr Ge­währ­leis­tung

Soll­ten nach dem Kauf Schä­den im Be­reich Mo­tor, Ge­trie­be und/oder Dif­fe­ren­ti­al auf­tre­ten, über­lässt der Käu­fer das Fahr­zeug dem Ver­käu­fer, da­mit die­ser den Scha­den durch ei­ne Fach­werk­statt prü­fen und ge­ge­be­nen­falls in­stand set­zen lässt. Ver­schleiß­tei­le sind aus­ge­schlos­sen. Dem Ver­käu­fer bleibt das Nach­bes­se­rungs­recht.

Re­gu­lie­rungs­sum­men nach km-Leis­tun­gen: bis 5.0000 km 100 %, bis 60.000 km 90 %, bis 70.000 km 80 %, bis 80.000 km 70 %, bis 90.000 km 60 %, bis 100.000 km 50 % und über 100.000 km 40 % der Re­pa­ra­tur­kos­ten. Der Rest ist Selbst­be­tei­li­gung.“

Da das Ge­trie­be merk­wür­di­ge Ge­räu­sche von sich gab, setz­te sich der Klä­ger im Spät­som­mer 2016 te­le­fo­nisch mit dem Be­klag­ten in Ver­bin­dung. Die­ses Te­le­fo­nat wur­de auf­sei­ten des Be­klag­ten von des­sen Sohn, dem Zeu­gen T, ge­führt. Die­ser wies den Klä­ger dar­auf hin, dass die Selbst­be­tei­li­gung bei ei­ner Re­pa­ra­tur des Ge­trie­bes 60 % der Re­pa­ra­tur­kos­ten be­tra­ge. Da­mit er­klär­te sich der Klä­ger ein­ver­stan­den.

Am 21.10.2016 über­ließ der Klä­ger dem Be­klag­ten den Pkw zur Re­pa­ra­tur. Bei der Ab­ho­lung des Fahr­zeugs am 04.11.2016 wei­ger­te sich der Klä­ger zu­nächst, die vom Be­klag­ten ge­for­der­te Selbst­be­tei­li­gung in Hö­he von 800 € zu zah­len. Dem lag zu­grun­de, dass der Rechts­an­walt des Klä­gers die­sem ge­sagt hat­te, er – der Klä­ger – sei zur Zah­lung nicht ver­pflich­tet. Als dar­auf­hin der Be­klag­te die Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs ver­wei­ger­te, zahl­te der Klä­ger schließ­lich die ver­lang­ten 800 € und nahm das ord­nungs­ge­mäß re­pa­rier­te Fahr­zeug mit.

Der Klä­ger meint, der Be­klag­te müs­se ihm die 800 € ge­mäß § 812 I 1 Fall 1 BGB zu­rück­zah­len, weil der Be­klag­te zu ei­ner un­ent­gelt­li­chen Nach­bes­se­rung des Pkw ver­pflich­tet ge­we­sen sei. § 814 BGB ste­he dem Rück­zah­lungs­an­spruch nicht ent­ge­gen, da er – der Klä­ger – den vom Be­klag­ten ver­lang­ten Be­trag aus­drück­lich nur un­ter Vor­be­halt ge­zahlt ha­be. Im Üb­ri­gen müs­se der Be­klag­te ihm – dem Klä­ger – ge­mäß § 439 II BGB die Kos­ten für die Ver­brin­gung des Fahr­zeugs zum Be­klag­ten und für die Ab­ho­lung des Pkw nach er­folg­ter Re­pa­ra­tur in Hö­he von ins­ge­samt 367,20 € er­set­zen.

Mit Ver­säum­nis­ur­teil vom 09.02.2017 wur­de der Be­klag­te an­trags­ge­mäß zur Zah­lung von (800 € + 367,20 € =) 1.167,20 € nebst Zin­sen und vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ver­ur­teilt. Die­ses Ur­teil hat das Amts­ge­richt nach dem zu­läs­si­gen Ein­spruch des Be­klag­ten durch strei­ti­ges Ur­teil voll­um­fäng­lich auf­recht­er­hal­ten (AG Wies­loch, Urt. v. 02.06.2017 – 1 C 9/17), nach­dem es zu­vor die Par­tei­en in­for­ma­to­risch an­ge­hört und die Zeu­gen T, R und N ver­nom­men hat­te.

Die Be­ru­fung des Be­klag­ten hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. … 1 Der Klä­ger kann ge­mäß § 812 I 1 Fall 1 BGB die Rück­zah­lung der bei Ab­ho­lung des Pkw ge­zahl­ten 800 € ver­lan­gen.

1.1 Da der Be­klag­te zur un­ent­gelt­li­chen Nach­bes­se­rung ver­pflich­tet war, ist die Zah­lung oh­ne Rechts­grund er­folgt.

1.1.1 Der Be­klag­te war ge­mäß §§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 1 BGB zur un­ent­gelt­li­chen Man­gel­be­sei­ti­gung ver­pflich­tet.

Dass der vom Be­klag­ten ge­kauf­te Pkw ei­nen Ge­trie­be­scha­den und da­mit ei­nen Man­gel auf­wies, ist zwi­schen den Par­tei­en nicht strei­tig. Da es sich vor­lie­gend um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf han­del­te und der Ge­trie­be­scha­den sich wäh­rend der ers­ten sechs Mo­na­te seit der Über­ga­be zeig­te (die­se er­folg­te am 06.05.2016, der Man­gel zeig­te sich erst­mals im Som­mer 2016), wird ge­mäß § 476 BGB ver­mu­tet, dass die­ser be­reits bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger vor­lag. Den Be­weis des Ge­gen­teils hat der Be­klag­te man­gels Be­weis­an­tritt nicht ge­führt.

1.1.2 Die im Kauf­ver­trag ge­trof­fe­ne Ver­ein­ba­rung, wo­nach der Klä­ger bei Ge­trie­be­schä­den 60 % der Re­pa­ra­tur­kos­ten selbst zah­len müs­se, ist un­wirk­sam und stellt da­her kei­nen Rechts­grund für das Be­hal­tendür­fen der 800 € dar.

Nach § 475 I BGB sind Ver­ein­ba­run­gen, die un­ter an­de­rem die Män­gel­rech­te des Käu­fers ein­schrän­ken, vor Mit­tei­lung des Man­gels an den Un­ter­neh­mer un­wirk­sam. Da­zu zäh­len auch Ver­ein­ba­run­gen, mit de­nen dem Käu­fer ei­ne Kos­ten­tra­gung bei der Nach­er­fül­lung auf­er­legt wer­den (vgl. MünchKomm-BGB/Lo­renz, 7. Aufl. [2016], § 475 Rn. 8).

1.1.3 Der Be­klag­te kann sich auch nicht mit Er­folg auf das zwi­schen dem Klä­ger und dem Zeu­gen T ge­führ­te Te­le­fo­nat stüt­zen, in dem der Klä­ger sich mit ei­ner Selbst­be­tei­li­gung von 60 % ein­ver­stan­den er­klärt hat.

Zwar steht § 475 I BGB ei­ner – wie vor­lie­gend – nach Mit­tei­lung des Man­gels ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung nicht ent­ge­gen. Al­ler­dings ist auch ei­ne nach Man­gel­mit­tei­lung ge­trof­fe­ne Ver­ein­ba­rung, mit der die Män­gel­rech­te des Käu­fers ein­ge­schränkt wer­den, nur dann wirk­sam, wenn der Käu­fer sich dar­über im Kla­ren ist, dass zu sei­nem Nach­teil von sei­nen Ge­währ­leis­tungs­rech­ten ab­ge­wi­chen wird. Dies folgt aus der ra­tio le­gis, die dar­in be­steht, dass es dem Ver­brau­cher mög­lich sein soll, in Kennt­nis des Man­gels und sei­ner Män­gel­rech­te von die­sen zu sei­nem Nach­teil ab­zu­wei­chen, vor al­lem um mit dem Ver­käu­fer ei­nen Ver­gleich ab­zu­schlie­ßen (vgl. Be­ckOK-BGB/Faust, 43. Edi­ti­on [2017], § 475 Rn. 16 f.; Jau­er­nig/Ber­ger, BGB, 16. Aufl. [2015], § 475 Rn. 1 ff.).

Da­von kann vor­lie­gend aber nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Der Klä­ger hat sich mit der Selbst­be­tei­li­gung erst ein­ver­stan­den er­klärt, nach­dem ihm der Zeu­ge T mit­ge­teilt hat­te, dass es sich bei ei­nem Ge­trie­be­scha­den um ei­nen Ga­ran­tie­fall han­de­le, der ei­ne Selbst­be­tei­li­gung des Käu­fers aus­lö­se. Dar­aus folgt, dass der Klä­ger sich nicht et­wa be­wusst sei­nes Rechts auf un­ent­gelt­li­che Nach­bes­se­rung be­ge­ben hat, son­dern die Be­reit­schaft zur Über­nah­me ei­ner Selbst­be­tei­li­gung in der – ir­ri­gen – An­nah­me er­klär­te, hier­zu auf­grund der kauf­ver­trag­li­chen Klau­sel ver­pflich­tet zu sein. Es ist kei­ner­lei Grund er­kenn­bar, wes­halb der Klä­ger sich in Kennt­nis sei­nes ge­setz­li­chen un­ent­gelt­li­chen Nach­bes­se­rungs­rechts mit ei­ner Selbst­be­tei­li­gung ein­ver­stan­den er­klärt, al­so oh­ne Ge­gen­leis­tung des Be­klag­ten auf die­ses ver­zich­tet ha­ben soll­te. Sei­ne Zu­stim­mung zur Selbst­be­tei­li­gung lässt sich ver­nünf­ti­ger­wei­se nur so ver­ste­hen, dass er – was bei ei­nem ju­ris­ti­schen Lai­en auch na­he­liegt – ir­rig da­von aus­ging, hier­zu auf­grund des Kauf­ver­trags ver­pflich­tet zu sein.

So­weit der Be­klag­te an­führt, er ha­be im Ver­trau­en auf die Über­nah­me ei­ner Selbst­be­tei­li­gung von 60 % da­von ab­ge­se­hen, mit­tels ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens klä­ren zu las­sen, ob der Man­gel tat­säch­lich be­reits bei Über­ga­be vor­ge­le­gen ha­be, ist er in die­sem Ver­trau­en nicht schutz­wür­dig. Ge­mäß § 476 BGB ob­liegt dem Be­klag­ten die Be­weis­last, dass der Man­gel erst nach Ge­fahr­über­gang ent­stan­den ist. Lässt er das Fahr­zeug re­pa­rie­ren, oh­ne zu­vor das Ge­trie­be dar­auf­hin zu über­prü­fen, und be­gibt sich da­mit die­ses Be­wei­ses, geht dies zu sei­nen Las­ten.

Dar­an än­dert auch die – un­wirk­sa­me – Selbst­be­tei­li­gungs­er­klä­rung des Klä­gers in dem Te­le­fo­nat nichts. Denn zu der Er­klä­rung des Klä­gers, 60 % der Re­pa­ra­tur­kos­ten zu über­neh­men, kam es nur des­halb, weil der Be­klag­te bzw. des­sen Sohn ihn dar­auf hin­wies, dass er hier­zu auf­grund der kauf­ver­trag­li­chen Re­ge­lung (ver­meint­lich) ver­pflich­tet sei. Es geht nicht an, dass der Be­klag­te sich auf ei­nen Ver­trau­en­stat­be­stand be­ruft, den er durch sei­ne ei­ge­ne un­wirk­sa­me Ver­trags­klau­sel erst ge­schaf­fen hat. Et­was an­de­res wür­de nur dann gel­ten, wenn er den Klä­ger über die Un­wirk­sam­keit der Selbst­be­tei­li­gungs­klau­sel im Kauf­ver­trag auf­ge­klärt und der Klä­ger sich dar­auf­hin – in Kennt­nis sei­ner Män­gel­rech­te – mit der Selbst­be­tei­li­gung ein­ver­stan­den er­klärt hät­te, et­wa als Ge­gen­leis­tung da­für, dass der Be­klag­te sei­ner­seits da­von ab­sieht zu über­prü­fen, ob der Ge­trie­be­scha­den nicht erst nach Über­ga­be auf­ge­tre­ten ist. Ein der­ar­ti­ger Ver­gleich wä­re wirk­sam ge­we­sen (s. oben), ist vor­lie­gend aber nicht ge­schlos­sen wor­den.

1.2 § 814 Fall 1 BGB steht dem Rück­zah­lungs­an­spruch nicht ent­ge­gen.

Zwar hat­te der Klä­ger bei Zah­lung der 800 € nach dem ihm von sei­nem Rechts­an­walt er­teil­ten Rechts­rat Kennt­nis da­von, dass er zur Zah­lung nicht ver­pflich­tet sei. Al­ler­dings ist das Amts­ge­richt zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass die Zah­lung un­ter dem Vor­be­halt der Rück­for­de­rung er­folg­te.

Der Klä­ger hat im Rah­men sei­ner in­for­ma­to­ri­schen Be­fra­gung vor dem Amts­ge­richt aus­ge­führt, dass er an­ge­sichts des­sen, dass sich der Be­klag­ten ge­wei­gert ha­be, das Fahr­zeug her­aus­zu­ge­ben, ge­mäß dem Rat sei­nes Rechts­an­walts bei Zah­lung aus­drück­lich er­klärt ha­be, dass die­se nur un­ter Vor­be­halt er­fol­ge. Die­se Aus­sa­ge ha­ben die Zeu­gin­nen R und N be­stä­tigt. Die Zeu­gin R hat aus­ge­sagt, dass sie mit dem Rechts­an­walt te­le­fo­niert ha­be. Die­ser ha­be ge­ra­ten, un­ter Vor­be­halt zu zah­len. Die­ser sei dann auch er­klärt wor­den. Die­se Aus­sa­ge wur­de von der Zeu­gin N be­stä­tigt. Dem­ge­gen­über ha­ben der Be­klag­te und der Zeu­ge T aus­ge­sagt, an ei­ne Er­klä­rung des Klä­gers, dass er un­ter Vor­be­halt zah­le, kei­ne Er­in­ne­rung mehr zu ha­ben.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist die erst­in­stanz­li­che Fest­stel­lung, dass die Zah­lung von 800 € un­ter Vor­be­halt er­folgt sei, nicht zu be­an­stan­den und das Be­ru­fungs­ge­richt hier­an ge­mäß § 529 I Nr. 1 ZPO ge­bun­den.

2 Der An­spruch auf Fahrt­kos­ten für das Ver­brin­gen des Pkw zum Be­klag­ten und des­sen Ab­ho­lung nach der Re­pa­ra­tur in Hö­he von ins­ge­samt 367,20 € er­gibt sich aus § 439 II BGB.

Vor dem Hin­ter­grund, dass der Klä­ger so­wohl für die Hin­fahrt von sei­nem Wohn­ort R. nach W. zum Be­triebs­ge­län­de des Be­klag­ten am 21.10.2016 als auch für die Rück­fahrt am 04.11.2016 zwei Fahr­zeu­ge be­nö­tig­te, sind ins­ge­samt 1.224 km (6 × ein­fa­che Fahrt zwi­schen R. und W. von 204 km) an­ge­fal­len. Der An­satz ei­nes ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ters mit 0,30 € hält sich im Rah­men des tatrich­ter­li­chen Er­mes­sens ge­mäß § 287 I ZPO. …

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