1. Ein Nachbesserungsverlangen eines Kfz-Käufers darf sich nicht auf eine mündliche oder schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung beschränken. Es muss vielmehr auch die Bereitschaft des Käufers erkennen lassen, dem Verkäufer das Fahrzeug am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen, damit der Verkäufer es untersuchen und beurteilen kann, ob er überhaupt zur Nachbesserung verpflichtet ist. Daran fehlt es, wenn der Käufer den Verkäufer lediglich darauf hinweist, dass er – der Verkäufer – die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen „wie Transport-, Arbeits- und Materialkosten“ zu tragen habe.
  2. Für die Bestimmung des Erfüllungsortes der Nacherfüllung gilt mangels einer eigenständigen kaufrechtlichen Regelung die allgemeine Vorschrift des § 269 I, II BGB. Danach ist der Erfüllungsort der Nacherfüllung dort anzusiedeln, wo der Verkäufer bei Abschluss des Kaufvertrages seinen Wohn- oder Geschäftssitz hatte, falls sich aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien oder aus der Natur des Schuldverhältnisses nichts anderes ergibt.
  3. Indem ein Kfz-Verkäufer auf ein Nachbesserungsverlangen, das nicht die Bereitschaft des Käufers erkennen lässt, dem Verkäufer das Fahrzeug am Erfüllungsort der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen, nicht reagiert, verweigert er eine Nacherfüllung nicht i. S. von § 281 II 1 Fall 1 BGB oder § 323 II Nr. 1 BGB ernsthaft und endgültig. Denn der Verkäufer muss sich auf ein Nachbesserungsverlangen des Käufers nicht einlassen, bevor dieser ihm nicht Gelegenheit zu einer Untersuchung des Fahrzeugs gegeben hat.

AG Minden, Urteil vom 27.09.2017 – 20 C 234/16

Sachverhalt: Die Klägerin nimmt den Beklagten, der in Minden einen Gebrauchtwagenhandel betreibt, auf Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages und Schadensersatz in Anspruch.

Sie kaufte mit schriftlichem Vertrag vom 18.03.2016 von dem Beklagten einen gebrauchten Renault Clio zum Preis von 3.280 €. Das Altfahrzeug der Klägerin, einen Opel Corsa, nahm der Beklagte zum Preis von 430 € in Zahlung, sodass die Klägerin für den Renault CliO einen Restkaufpreis von 2.850 € zu zahlen hatte. Das Fahrzeug wurde ihr gegen Zahlung dieses Betrages am 21 .02.2016 übergeben; die Laufleistung betrug zu diesem Zeitpunkt 110.000 km.

Mit Schreiben vom 19.04.2016 forderte die Klägerin den Beklagten zur Beseitigung von ihr gerügter Mängel auf und setzte ihm dafür eine Frist bis zum 06.05.2016. Nachdem der Beklagte auf dieses Schreiben nicht reagiert hatte, forderte die Klägerin ihn mit Schreiben vom 07.07.2016 nochmals zur Nachbesserung auf und setzte ihm diesmal eine Frist bis zum 18.07.2016. In beiden Schreiben der Klägerin heißt es unter anderem:

„Für die Nacherfüllung nach § 439 III BGB setze ich Ihnen eine Frist bis einschließlich …. Sollten Sie dieser Frist nicht nachkommen, so behalte ich mir vor, weitere rechtliche Schritte gegen Sie einzuleiten. Die erforderlichen … Aufwendungen, wie Transport-, Arbeits- und Materialkosten, trägt der Verkäufer.“

Da der Beklagte auch auf das zweite Schreiben der Klägerin nicht reagierte, erklärte diese mit anwaltlichem Schreiben vom 27.07.2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag und setzte dem Beklagten eine Frist zur Rückabwicklung dieses Vertrages bis zum 08.08.2016. Der Beklagte reagierte darauf nicht. Die Klägerin forderte ihn deshalb mit Schreiben vom 26.08.2016 erneut zur Rückabwicklung des Kaufvertrages auf und setzte dafür eine Frist bis zum 05.09.2016 auf. Eine Reaktion des Beklagten blieb aus.

Die Klägerin behauptet, bei ihrem Fahrzeug sei die Klimaanlage defekt, obwohl der Beklagte ihr versprochen habe, diese vor der Übergabe des Fahrzeugs an sie – die Klägerin – zu überprüfen. Außerdem habe der Pkw einen unrunden Leerlauf, und die angezeigte Temperatur stimme nicht mit der Außentemperatur überein. Darüber hinaus sei nach längerem Stand des Fahrzeugs ein Leistungsverlust festzustellen. Diese Mängel – so behauptet die Klägerin weiter – hätten auch schon bei der Übergabe des Fahrzeugs am 21.02.2016 vorgelegen.

Die Klägerin meint, der Beklagte habe eine Nachbesserung dadurch konkludent verweigert, dass er auf ihre Schreiben vom 19.04.2016 und vom 07.07.2016 nicht reagiert habe. Sie – die Klägerin – habe dem Beklagten deshalb nicht anbieten müssen, ihm ihr Fahrzeug an seinem Geschäftssitz zur Verfügung zu stellen.

Für 5.945 km, die sie mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug zurückgelegt hat, lässt sich die Klägerin eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 130,67 € anrechnen. Mit ihrer Klage verlangt sie die Rückzahlung des um diese Nutzungsentschädigung verminderten Kaufpreises in Höhe von 3.149,33 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Renault Clio. Außerdem begehrt die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 17,99 € für eine am 11.04.2016 erfolgte Überprüfung der Klimaanlage ihres Fahrzeugs sowie die Feststellung, dass der Beklagte mit der Rücknahme des Renault Clio in Annahmeverzug ist. Schließlich will die Klägerin erreichen, dass der Beklagte sie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 € freistellen muss.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Der Klägerin steht kein Anspruch auf Zahlung von 3.149,33 € gemäß §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I, 346 I BGB zu. … Die Klägerin ist nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Ihr stand kein gesetzliches Rücktrittsrecht zu.

Die Klägerin hat es versäumt, dem Beklagten in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Weise Gelegenheit zur Nacherfüllung zu geben.

Das Recht des Käufers, nach den §§ 323 I, 440 BGB, vom Vertrag zurückzutreten, setzt grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer zuvor eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gemäß § 439 BGB gesetzt hat.

Vorliegend fehlt es an einem diesen Anforderungen entsprechenden Nacherfüllungsverlangen der Klägerin. Zwar hat diese dem Beklagten mit Schreiben vom 19.04.2016 sowie vom 07.07.2016 die ihrer Ansicht nach vorliegenden Mängel mitgeteilt und den Beklagten zur Vornahme der Nacheifüllung aufgefordert. Die Obliegenheit des Käufers, ein Nacherfüllungsverlangen an den Verkäufer zu richten, umfasst jedoch neben der mündlichen oder schriftlichen Aufforderung zur Nacherfüllung auch die Anzeige der Bereitschaft des Käufers, dem Verkäufer die Sache für entsprechende Untersuchung zur Überprüfung der Mängelrügen zur Verfügung zu stellen, sofern der Ort der Nacherfüllung am Sitz des Verkäufers ist (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.2015 – VIII ZR 226/14, NJW 2015, 3455 Rn. 30).

Der Erfüllungsort der Nacherfüllung hat im BGB keine eigenständige Regelung erfahren. Für seine Bestimmung gilt somit § 269 I, II BGB (vgl. BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VIII ZR 220/10, NJW 2011, 2278 Rn. 29). Danach hat die Nacherfüllung bei der Niederlassung des Verkäufers zu erfolgen, sofern sich aus den vertraglichen Abreden oder der Natur des Schuldverhältnisses nichts anderes ergibt.

Vorliegend fehlen vertragliche Abreden über den Erfüllungsort. Erkenntnisse aus der Natur des Schuldverhältnisses ergeben sich ebenfalls nicht. Daher ist der Ort maßgeblich, an welchem der Verkäufer im Zeitpunkt des Entstehens des Schulverhältnisses seine Niederlassung hatte (§ 269 I, II BGB). Der Erfüllungsort für die Nacherfü/lung liegt somit an der Niederlassung des Beklagten.

Die Bereitschaft, das Fahrzeug dem Beklagten zur Verfügung zu stellen, wird aus dem Nacherfüllungsverlangen der Klägerin nicht deutlich. Der Verkäufer war somit nicht verpflichtet, sich auf das Nacherfüllungsverlangen der Klägerin einzulassen, bevor diese ihm Gelegenheit zur Überprüfung gegeben hat. Eine solche Überprüfung ist notwendig, damit der Verkäufer beurteilen kann, ob die gerügten Mängel bestehen und ob sie bereits bei Gefahrübergang vorlagen (BGH, Urt. v. 01.07.2015 – VIII ZR 226/14, NJW 2015, 3455 Rn. 30).

Die Klägerin hat dem Beklagten weder ausdrücklich noch konkludent ihre Bereitschaft dargelegt, diesem das Fahrzeug zur Überprüfung zur Verfügung zu stellen. Dies ergibt sich auch nicht aus der Mitteilung der Klägerin in den Schreiben vom 19.04.2016 und vom 07.07.2016, die erforderlichen Aufwendungen, wie Transport-, Arbeits- und Materialkosten, trage der Verkäufer. Denn dass sich dieser Hinweis auf die Nacherfüllungsaufwand bezieht und impliziert, dass die Klägerin bereit sei, faktisch den Transport des Fahrzeugs zum Beklagten zu übernehmen, wird daraus nicht mit hinreichender Klarheit deutlich. Vielmehr liegt nahe, dass sich die Klägerin der Tatsache nicht bewusst war, dass sie dem Beklagten den Transport hätte anbieten müssen. Der Beklagte musste sich nach alldem nicht auf das Nacherfüllungsverlangen der Klägerin einlassen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des BGH vom 19.07.2017 – VIII ZR 278/16, juris. Der BGH hat entschieden, dass der Käufer eines Gebrauchtwagens die Verbringung des Fahrzeugs zum Sitz des Verkäufers zum Zwecke der Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung eines Transportkostenvorschusses abhängig machen kann. Dies ist jedoch gerade auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die Klägerin die Verbringung des Fahrzeugs zum Beklagten gar nicht von der Zahlung eines Vorschusses abhängig gernacht hat. Vielmehr setzt dieses gerade voraus, dass der Käufer grundsätzlich bereit ist, das Fahrzeug, abhängig von einem· Kostenvorschuss, zum Verkäufer zu bringen. Diese Bereitschaft hat die Klägerin gerade nicht angezeigt.

Diese Auslegung steht auch nicht im Widerspruch zu Art. 18 II Unterabs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher … (Verbraucherrechterichtlinie), die durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, in Kraft getreten am 13.06.2014, in deutsches Recht umgesetzt worden ist. Danach hat der Verbraucher den Unternehmer bei fehlender Lieferung der Waren aufzufordern, die Lieferung innerhalb einer den Umständen angemessenen zusätzlichen Frist vorzunehmen. Diese Regelung trifft keine Aussagen über den Erfüllungsort der Nacherfüllung oder die Anforderungen an ein korrektes Nacherfüllungsverlangen.

Eine Fristsetzung war auch nicht gemäß § 323 II Nr. 1 BGB entbehrlich. Danach ist eine Fristsetzung entbehrlich, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung i. S. von § 323 II Nr. 1 BGB durch den Beklagten lag nicht vor.

An eine endgültige und ernsthafte Leistungsverweigerung des Verkäufers sind hohe Anforderungen zu stellen. Dieser muss durch Erklärungen oder sein Verhalten unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass er auch durch eine Nacherfüllungsfrist nicht zur Einhaltung seiner Pflicht zur mangelfreien Leistung bewegt werden kann und er seinen Vertragspflichten unter keinen Umständen nachkommen werde (BGH, Urt. v. 21.12.2005 – VIII ZR 49/05, NJW 2006, 1195 Rn. 25; Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872 Rn. 14).

Dem Verhalten des Beklagten ist keine endgültige und ernsthafte Verweigerung der Nacherfüllung zu entnehmen. Der Beklagte hat auf die Schreiben der Klägerin nicht reagiert. Daneben hätten weitere Umstände hinzutreten müssen, die die Annahme rechtfertigen, der Beklagte hätte endgültig. die Erfüllung seiner Vertragspflicht abgelehnt. Für die Klägerin durfte die fehlende Reaktion des Beklagten nicht allein den Schluss zulassen, dass dieser die Nacherfüllung . ablehnt, zumal sich der Beklagte nicht auf das Nacherfüllungsverlangen der Klägerin einlassen musste. Vielmehr lassen sich aus der fehlenden Reaktion verschiedene Schlüsse ziehen. Der Beklagte könnte von einem fehlenden Vorliegen der Mängel oder einer nicht ausreichenden Nacherfüllungsaufforderung ausgehen oder die Schreiben nicht erhalten haben.

Dass die Fristsetzung aus anderen Gründen entbehrlich wäre, ist nicht ersichtlich.

Der Klägerin steht ebenfalls kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz … gemäß §§ 280 I, III, 281 I 1 Fall 2 BGB zu. Dies setzt ebenfalls die Setzung einer angemessenen Frist mit Angebot zur Verbringung des Fahrzeugs zum Geschäftssitz des Beklagten voraus.

Mangels Bestehens der Hauptforderung sind auch die Nebenforderungen nicht begründet.

Der Feststellungsantrag … ist unbegründet. Mangels wirksamen Rücktritts der Klägerin sind die Leistungen nicht gemäß § 346 I BGB zurückzugewähren. Somit befindet sich der Beklagte nicht mit der Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug …

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