1. Dass der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens nicht weiß, ob ein bin­nen sechs Mo­na­ten nach der Über­ga­be durch den Ver­käu­fer auf­ge­tre­te­ner De­fekt des Fahr­zeugs auf ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB zu­rück­zu­füh­ren ist, ent­las­tet ihn nicht von der Ob­lie­gen­heit, dem Ver­käu­fer Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung zu ge­ben, be­vor er das Fahr­zeug selbst re­pa­rie­ren lässt und we­gen des Man­gels die Min­de­rung er­klä­ren oder ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung gel­tend ma­chen kann.
  2. § 439 III BGB ge­währt dem Ver­käu­fer ei­ne Ein­re­de ge­gen­über der vom Käu­fer be­an­spruch­ten Art der Nach­er­fül­lung, die der Ver­käu­fer aus­üben kann, aber nicht muss. Der Käu­fer kann des­halb nicht we­gen un­ver­hält­nis­mä­ßi­ger Kos­ten der Nach­er­fül­lung so­gleich die Min­de­rung er­klä­ren, oh­ne dem Ver­käu­fer Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung ge­ge­ben zu ha­ben.

BGH, Ur­teil vom 21.12.2005 – VI­II ZR 49/05

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te am 23.09.2002 bei der Be­klag­ten, ei­ner ge­werb­li­chen Au­to­händ­le­rin, ei­nen 1999 erst­mals zu­ge­las­se­nen ge­brauch­ten Pkw. Die­ser wur­de ihm am 26.09.2002 über­ge­ben. In dem Kauf­ver­trag sind als Un­fall­schä­den an­ge­ge­ben „Lack + Blech­scha­den, Frzg. teil­wei­se nachla­ckiert“. Am 23.11.2002 such­te der Klä­ger nach Auf­leuch­ten der Mo­tor-Ma­nage­ment-Kon­troll­leuch­te wäh­rend ei­ner Fahrt auf der Au­to­bahn die nächst­ge­le­ge­ne M-Nie­der­las­sung auf. Dort wur­de ein De­fekt des Ka­ta­ly­sa­tors fest­ge­stellt, der auf ein Auf­set­zen des Fahr­zeugs zu­rück­zu­füh­ren war. Für die Re­pa­ra­tur wur­den dem Klä­ger von der Nie­der­las­sung 1.390,59 € in Rech­nung ge­stellt.

Im vor­lie­gen­den Rechts­streit hat der Klä­ger zu­nächst die Kos­ten für die Be­sei­ti­gung ei­nes nach sei­ner Be­haup­tung durch das Auf­set­zen des Fahr­zeugs ins­ge­samt ver­ur­sach­ten Scha­dens in Hö­he von 5.060,77 € nebst Zin­sen gel­tend ge­macht. Die Be­klag­te hat das Vor­lie­gen von Män­geln im Zeit­punkt der Über­ga­be be­strit­ten und be­an­stan­det, dass ihr kei­ne Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung ge­ge­ben wor­den sei. Nach Ab­wei­sung der Kla­ge durch das Land­ge­richt hat der Klä­ger mit sei­ner Be­ru­fung nur noch Zah­lung von 2.246,38 € nebst Zin­sen ver­langt. Die­ser Be­trag setzt sich zu­sam­men aus den Re­pa­ra­tur­kos­ten für den Ka­ta­ly­sa­tor von 1.390,59 €, Kos­ten für ei­ne Fahr­zeug­ver­mes­sung von 355,79 € und ei­nem Min­de­rungs­be­trag von 500 € für ei­ne ge­ring­fü­gi­ge Ein­drü­ckung am rech­ten Rah­men­längs­trä­ger. Die Be­ru­fung ist er­folg­los ge­blie­ben.

Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt der Klä­ger sein zweit­in­stanz­li­ches Be­geh­ren wei­ter. Das Rechts­mit­tel hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: [5]   I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung aus­ge­führt:

[6]   Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen des Klä­gers ste­he ent­ge­gen, dass nicht vom Vor­lie­gen ei­nes Man­gels im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs (§ 434 BGB) aus­ge­gan­gen wer­den kön­ne und die Be­weis­last­um­kehr des § 476 BGB nicht ein­grei­fe. Nach den Fest­stel­lun­gen des vom Land­ge­richt be­auf­trag­ten Sach­ver­stän­di­gen sei­en die Be­schä­di­gun­gen am rech­ten Rah­men­längs­trä­ger so­wie am rech­ten Ka­ta­ly­sa­tor durch ei­nen Auf­setz­vor­gang ver­ur­sacht wor­den, der im Lau­fe des wei­te­ren Fahr­be­triebs zur Ver­stop­fung des Aus­puff­rohrs durch sich ab­lö­sen­de Tei­le ge­führt ha­be. Ob das Auf­set­zen des Fahr­zeugs vor oder wäh­rend der Be­sitz­zeit des Klä­gers er­folgt sei, ha­be der Sach­ver­stän­di­ge nicht be­ur­tei­len kön­nen, wes­halb man­gels Be­weis­an­ge­bo­ten des Klä­gers das Vor­lie­gen ei­nes Man­gels im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs nicht fest­zu­stel­len sei.

[7]   Auf die Vor­schrift des § 476 BGB, nach der im Fal­le des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs bei Auf­tre­ten ei­nes Sach­man­gels bin­nen sechs Mo­na­ten nach Ge­fahr­über­gang in zeit­li­cher Hin­sicht ver­mu­tet wer­de, dass der Man­gel be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­ge­le­gen ha­be, kön­ne der Klä­ger sich nicht be­ru­fen. Sie kom­me nicht zur An­wen­dung bei Män­geln, bei de­nen das Auf­tre­ten in­ner­halb der ers­ten sechs Mo­na­te nach Ge­fahr­über­gang kei­nen hin­rei­chen­den Rück­schluss auf das Vor­lie­gen die­ses Man­gels be­reits zur Zeit des Ge­fahr­über­gangs zu­las­se. Das sei an­zu­neh­men, wenn der Man­gel – wie hier – auf ei­ner äu­ße­ren Ein­wir­kung be­ru­he. Es be­ste­he kein Er­fah­rungs­satz da­hin­ge­hend, dass die Ur­sa­che für den Scha­den vor der Über­ga­be der Kauf­sa­che an den Käu­fer ent­stan­den sei. Die Ver­mu­tung des § 476 BGB sei nur ge­recht­fer­tigt, wenn ein ent­spre­chen­der Rück­schluss auf das Vor­lie­gen des spä­ter auf­ge­tre­te­nen Man­gels zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs mit ei­ner ge­wis­sen Wahr­schein­lich­keit mög­lich sei.

[8]   II. Die­se Aus­füh­run­gen hal­ten der recht­li­chen Nach­prü­fung nicht stand. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts schei­tern Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che des Klä­gers nach §§ 437, 434, 433 I 2 BGB nicht schon dar­an, dass er das Vor­lie­gen ei­nes Man­gels im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs, der Über­ga­be des Fahr­zeugs (§ 446 Satz 1 BGB), nicht be­wie­sen hat.

[9]   1. Die Be­schä­di­gun­gen des Fahr­zeugs am rech­ten Ka­ta­ly­sa­tor so­wie am rech­ten Rah­men­längs­trä­ger stel­len, so­weit sie be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den wa­ren, ei­nen Sach­man­gel des Fahr­zeugs i. S. des § 434 I 1 BGB dar. Nach dem Kauf­ver­trag soll­te das Fahr­zeug an Un­fall­schä­den (nur) Lack- und Blech­schä­den er­lit­ten ha­ben und teil­wei­se nachla­ckiert sein. Nach den nicht an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts wies es En­de No­vem­ber 2002 dar­über hin­aus­ge­hen­de Be­schä­di­gun­gen des rech­ten Ka­ta­ly­sa­tors und des rech­ten Rah­men­längs­trä­gers auf, die durch ei­nen Auf­setz­vor­gang ver­ur­sacht wor­den wa­ren.

[10]   2. Da sich die­ser Man­gel in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs am 29.09.2002 ge­zeigt hat, ist, an­ders als das Be­ru­fungs­ge­richt meint, ge­mäß § 476 BGB zu ver­mu­ten, dass das Fahr­zeug be­reits bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft war.

[11]   a) § 476 BGB fin­det ge­mäß § 474 I BGB auf den hier zu be­ur­tei­len­den Kauf ei­nes Kraft­fahr­zeugs, ei­ner be­weg­li­chen Sa­che, durch den Klä­ger als Ver­brau­cher (§ 13 BGB) von der Be­klag­ten, die als Kraft­fahr­zeug­händ­le­rin Un­ter­neh­me­rin (§ 14 BGB) ist, An­wen­dung. Dass der Klä­ger das Fahr­zeug zu ei­nem Zweck er­wor­ben hat, der we­der ei­ner ge­werb­li­chen noch ei­ner selb­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit zu­ge­rech­net wer­den kann, hat auch die Be­klag­te im Lau­fe des Rechts­streits nicht in­fra­ge ge­stellt.

[12]   b) Nach § 476 BGB wird ver­mu­tet, dass ein Sach­man­gel, der sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten seit Ge­fahr­über­gang zeigt, be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war, es sei denn, die­se Ver­mu­tung ist mit der Art der Sa­che oder des Man­gels un­ver­ein­bar.

[13]   aa) Nach der Recht­spre­chung des Se­nats (Urt. vom 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, BGHZ 159, 215 = NJW 2004, 2299; Urt. v. 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04, NJW 2005, 3490 [un­ter B II 1b bb (1)]) be­grün­det § 476 BGB ei­ne (le­dig­lich) in zeit­li­cher Hin­sicht wir­ken­de Ver­mu­tung, dass ein Man­gel be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­lag; dem Käu­fer kommt die Be­weis­last­um­kehr grund­sätz­lich zu­gu­te, wenn das Vor­lie­gen ei­nes Sach­man­gels al­lein da­von ab­hängt, ob ei­ne Ab­wei­chung von der Soll­be­schaf­fen­heit, die sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach der Über­ga­be der Sa­che an den Käu­fer zeigt, be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war.

[14]   So liegt der Fall hier. Nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts sind die Be­schä­di­gun­gen des Fahr­zeugs am Rah­men­längs­trä­ger und am Ka­ta­ly­sa­tor auf ei­nen Auf­setz­vor­gang zu­rück­zu­füh­ren. Die Ur­sa­che für den Scha­den steht al­so (an­ders als in dem Fall, der dem Se­nats­ur­teil vom 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, BGHZ 159, 215 – zu­grun­de lag) fest. Für die Be­ant­wor­tung der Fra­ge, ob es sich da­bei um ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB han­delt, kommt es al­lein dar­auf an, ob sich der Auf­setz­vor­gang vor oder nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger er­eig­net hat.

[15]   bb) Die Ver­mu­tung, dass die Be­schä­di­gun­gen schon bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger vor­han­den wa­ren, ist we­der mit der Art der Sa­che noch mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar. Wie der Se­nat nach Er­lass des an­ge­foch­te­nen Ur­teils be­reits ent­schie­den hat (Urt. v. 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04, NJW 2005, 3490 [un­ter B II 1b cc (2)]), wird die Ver­mu­tung des § 476 BGB nicht da­durch aus­ge­schlos­sen, dass es sich um ei­nen Man­gel han­delt, der ty­pi­scher­wei­se je­der­zeit ein­tre­ten kann und der für sich ge­nom­men kei­nen hin­rei­chend wahr­schein­li­chen Rück­schluss auf sein Vor­lie­gen schon zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs zu­lässt. Die ge­gen­tei­li­ge Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts wi­der­spricht dem in § 476 BGB nor­mier­ten Re­gel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis. Die mit ihr ver­bun­de­ne Ein­engung der Be­weis­last­um­kehr lie­ße die Ver­mu­tungs­re­ge­lung ge­ra­de in den Fäl­len leer­lau­fen, in de­nen der Ent­ste­hungs­zeit­punkt des Man­gels nicht zu­ver­läs­sig fest­ge­stellt wer­den kann, und wür­de den mit der Re­ge­lung be­ab­sich­tig­ten Ver­brau­cher­schutz weit­ge­hend aus­höh­len.

[16]   Die Ver­mu­tung, dass ein Man­gel be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen hat, ist nur dann mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, wenn es sich um äu­ßer­li­che Be­schä­di­gun­gen der Kauf­sa­che han­delt, die auch dem fach­lich nicht ver­sier­ten Käu­fer auf­fal­len müs­sen. Denn in ei­nem sol­chen Fall ist zu er­war­ten, dass der Käu­fer den Man­gel bei der Über­ga­be be­an­stan­det (Se­nat, Urt. v. 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04, NJW 2005, 3490 [un­ter B II 1b cc (2)]). Um ei­ne der­ar­ti­ge Be­schä­di­gung han­delt es sich nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts hier in­des­sen nicht. Das Fahr­zeug wies ei­nen Scha­den aus­schließ­lich auf der Un­ter­sei­te auf; dem Käu­fer muss­te des­halb das Scha­dens­bild bei ei­ner üb­li­chen Be­sich­ti­gung des auf dem Bo­den – nicht auf ei­ner He­be­büh­ne oder über ei­ner Gru­be – ste­hen­den Fahr­zeugs nicht auf­fal­len.

[17]   III.   Das Be­ru­fungs­ur­teil kann des­halb mit der ge­ge­be­nen Be­grün­dung kei­nen Be­stand ha­ben. Die Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts stellt sich aber aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar, so­dass die Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen ist (§ 561 ZPO). Dem Klä­ger steht ein auf Zah­lung ge­rich­te­ter Ge­währ­leis­tungs­an­spruch ge­gen­über der Be­klag­ten nicht zu, weil er ihr kei­ne Ge­le­gen­heit ge­ge­ben hat, den Man­gel des Fahr­zeugs selbst zu be­sei­ti­gen.

[18]   Es kann of­fen­blei­ben, ob der Klä­ger we­gen der Kos­ten für die Re­pa­ra­tur des Ka­ta­ly­sa­tors und für die Fahr­zeug­ver­mes­sung Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB ver­langt, oder ob er in­so­weit – wie auch we­gen der Ein­drü­ckung am rech­ten Rah­men­längs­trä­ger – ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB die Min­de­rung des Kauf­prei­ses er­klärt hat und Kauf­preis­rück­zah­lung nach § 441 IV BGB for­dert. So­wohl das Recht des Käu­fers, den Kauf­preis ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB zu min­dern, als auch der An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 440, 280 I und III, 281 BGB set­zen – wenn nicht ei­ner der ge­setz­lich ge­re­gel­ten Aus­nah­me­tat­be­stän­de ein­greift – vor­aus, dass der Käu­fer dem Ver­käu­fer er­folg­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung (§ 439 BGB) be­stimmt hat (Se­nat, Urt. v. 23.02.2005 – VI­II ZR 100/04, NJW 2005, 1348 [un­ter II 1a]; Urt. v. 22.06.2005 – VI­II ZR 1/05, ZGS 2005, 433 [un­ter II 1]; Urt. v. 07.12.2005 – VI­II ZR 126/05 [un­ter II 2]). Das ist nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts nicht ge­sche­hen. Die Re­vi­si­on macht Ge­gen­tei­li­ges nicht gel­tend. Ei­ner der Aus­nah­me­tat­be­stän­de, in de­nen es nach den §§ 440, 281 II, 323 II BGB ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung nicht be­darf, ist hier nicht ge­ge­ben.

[19]   1. Ge­mäß §§ 281 II Halb­satz 2, 323 II Nr. 3 BGB ist ei­ne Frist­set­zung un­ter an­de­rem dann ent­behr­lich, wenn be­son­de­re Um­stän­de vor­lie­gen, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen die so­for­ti­ge Gel­tend­ma­chung des Scha­dens­er­satz­an­spruchs bzw. den so­for­ti­gen Rück­tritt (ge­mäß § 441 I 1 BGB al­ter­na­tiv die so­for­ti­ge Min­de­rung) recht­fer­ti­gen. Sol­che Um­stän­de er­ge­ben sich we­der aus den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts noch aus dem re­vi­si­ons­recht­lich zu­grun­de zu le­gen­den Sach­vor­trag des Klä­gers.

[20]   a) So­weit es um die Kos­ten für die Re­pa­ra­tur des Ka­ta­ly­sa­tors geht, hat der Klä­ger le­dig­lich gel­tend ge­macht, er ha­be im Zeit­punkt der Be­auf­tra­gung der Werk­statt kei­ne Kennt­nis vom Vor­lie­gen ei­nes Sach­man­gels ge­habt, und er sei auf das Fahr­zeug an­ge­wie­sen ge­we­sen. Bei­des ent­las­te­te ihn nicht von sei­ner Ob­lie­gen­heit, der Be­klag­ten Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung zu ge­ben.

[21]   aa) Zwar kann ein plötz­lich auf­tre­ten­der De­fekt an ei­nem Fahr­zeug ver­schie­dens­te Ur­sa­chen ha­ben und muss ein sol­cher auch, wenn das Fahr­zeug erst zwei Mo­na­te zu­vor er­wor­ben wor­den ist, nicht zwin­gend auf ei­nen Sach­man­gel zu­rück­zu­füh­ren sein, der dem Fahr­zeug schon im Zeit­punkt der Über­ga­be an­haf­te­te. Den­noch ist der Käu­fer ge­hal­ten, je­den­falls ei­ne sol­che Mög­lich­keit in Be­tracht zu zie­hen, wenn er et­wai­ge Rech­te ge­gen­über dem Ver­käu­fer nicht ver­lie­ren will. Dass ihm we­gen des De­fekts Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ge­gen­über dem Ver­käu­fer zu­ste­hen kön­nen, ist zu­min­dest, wenn die Über­ga­be wie hier we­ni­ger als sechs Mo­na­te zu­rück­liegt und dem Käu­fer des­halb die Ver­mu­tungs­re­ge­lung des § 476 BGB zu­gu­te­kommt, nicht so fern­lie­gend, dass der Käu­fer da­mit nicht zu rech­nen brauch­te. Er kann des­halb nicht oh­ne Ge­fähr­dung sei­ner Rech­te ge­gen­über dem Ver­käu­fer so­gleich ei­ne Re­pa­ra­tur selbst vor­neh­men oder vor­neh­men las­sen, wenn er nicht weiß, wo­durch der De­fekt ver­ur­sacht wor­den ist. Viel­mehr ob­liegt es ihm zur Er­hal­tung et­wai­ger Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che auch in die­sem Fall, zu­nächst dem Ver­käu­fer Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung zu ge­ben. Der grund­sätz­li­che Vor­rang der Nach­er­fül­lung durch den Ver­käu­fer soll die­sen un­ter an­de­rem in die La­ge ver­set­zen, ei­ge­ne Fest­stel­lun­gen da­zu zu tref­fen, ob die ver­kauf­te Sa­che ei­nen Man­gel auf­weist, auf wel­cher Ur­sa­che die­ser be­ruht, und ob er be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­ge­le­gen hat (Se­nat, Urt. v. 23.02.2005 – VI­II ZR 100/04, NJW 2005, 1348 [un­ter II 2b bb (2)]). Die Kos­ten ei­nes da­für er­for­der­li­chen Trans­ports des Fahr­zeugs zum Ver­käu­fer fal­len nicht dem Käu­fer zur­last, son­dern sind, wenn tat­säch­lich ein Man­gel vor­liegt, ge­mäß § 439 II BGB vom Ver­käu­fer zu tra­gen.

[22]   bb) Der Klä­ger hat nicht dar­ge­tan, dass oder aus wel­chen Grün­den es ihm nicht mög­lich oder nicht zu­mut­bar (§ 440 Satz 1 BGB) war, der Be­klag­ten Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung zu ge­ben. Er hat zwar be­haup­tet, er sei auf das Fahr­zeug an­ge­wie­sen ge­we­sen. Aus dem vom Land­ge­richt, auf des­sen Fest­stel­lun­gen das Be­ru­fungs­ge­richt ver­weist, in Be­zug ge­nom­me­nen Schrei­ben des Klä­gers vom 07.01.2003 er­gibt sich je­doch, dass auch die M-Nie­der­las­sung in L. den Ka­ta­ly­sa­tor nicht un­mit­tel­bar re­pa­rie­ren konn­te und der Klä­ger des­halb zu­nächst sei­ne Fahrt mit ei­nem Miet­wa­gen fort­setz­te. Un­ter die­sen Um­stän­den ist nicht er­sicht­lich, war­um er nicht, statt den Scha­den durch die Nie­der­las­sung in L. so­gleich be­he­ben zu las­sen, zu­nächst der Be­klag­ten hät­te Ge­le­gen­heit ge­ben kön­nen, die Ur­sa­che fest­zu­stel­len und den Man­gel selbst zu be­sei­ti­gen.

[23]   b) So­weit der Klä­ger Er­stat­tung der Kos­ten ei­ner Fahr­zeug­ver­mes­sung so­wie Min­de­rung we­gen der Ein­drü­ckung am Rah­men­längs­trä­ger ver­langt, macht er nach der Wie­der­ga­be sei­nes Sach­vor­trags im Be­ru­fungs­ur­teil selbst nicht gel­tend, es lä­gen be­son­de­re Um­stän­de vor, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen die so­for­ti­ge Gel­tend­ma­chung des Scha­dens­er­satz­an­spruchs bzw. die so­for­ti­ge Min­de­rung recht­fer­tig­ten. Dar­über hin­aus­ge­hen­den Sach­vor­trag zeigt auch die Re­vi­si­on nicht auf.

[24]   2. Ei­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung war wei­ter nicht des­halb ent­behr­lich, weil die Be­klag­te die Nach­er­fül­lung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert hät­te (§§ 281 II Halb­satz 1, 323 II Nr. 1 BGB). Hin­sicht­lich der Re­pa­ra­tur des Ka­ta­ly­sa­tors hat­te sie da­zu kei­ne Ge­le­gen­heit, weil der Klä­ger die Re­pa­ra­tur un­mit­tel­bar selbst in Auf­trag ge­ge­ben hat. Hin­sicht­lich der Fahr­zeug­ver­mes­sung – un­ter­stellt ei­ne sol­che war oder ist zur end­gül­ti­gen Be­he­bung ei­nes Sach­man­gels er­for­der­lich – und der Be­sei­ti­gung des Scha­dens am rech­ten Rah­men­längs­trä­ger könn­te als kon­klu­den­te Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung al­len­falls das Be­strei­ten ei­nes Sach­man­gels durch die Be­klag­te in die­sem Rechts­streit in Be­tracht kom­men. Der Klä­ger hat nicht vor­ge­tra­gen, ob und ge­ge­be­nen­falls wann er die Fahr­zeug­ver­mes­sung, für die er Kos­ten­er­stat­tung be­gehrt, tat­säch­lich vor­ge­nom­men hat. Soll­te dies be­reits vor Kla­ge­er­he­bung der Fall ge­we­sen sein, schei­det ei­ne Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung durch das Ver­hal­ten der Be­klag­ten im Pro­zess schon aus zeit­li­chen Grün­den aus, weil ihr ei­ne Nach­er­fül­lung dann be­reits zu Be­ginn des Ver­fah­rens nicht mehr mög­lich war.

[25]   Im Üb­ri­gen sind an die tat­säch­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für die Be­ja­hung ei­ner end­gül­ti­gen Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len; sie liegt nur vor, wenn der Schuld­ner ein­deu­tig zum Aus­druck bringt, er wer­de sei­nen Ver­trags­pflich­ten nicht nach­kom­men (Se­nat, BGHZ 104, 6 [13]; BGH, Urt. v. 15.12.1998 – X ZR 90/96, NJW-RR 1999, 560 [un­ter II 1]). Dar­an fehlt es hier. In dem Be­strei­ten von Män­geln liegt nicht oh­ne Wei­te­res ei­ne end­gül­ti­ge Nach­er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung; denn das Be­strei­ten ist pro­zes­sua­les Recht des Schuld­ners. Viel­mehr müs­sen zu dem blo­ßen Be­strei­ten wei­te­re Um­stän­de hin­zu­tre­ten, wel­che die An­nah­me recht­fer­ti­gen, dass der Schuld­ner über das Be­strei­ten der Män­gel hin­aus be­wusst und end­gül­tig die Er­fül­lung sei­ner Ver­trags­pflich­ten ab­lehnt und es da­mit aus­ge­schlos­sen er­scheint, dass er sich von ei­ner Frist­set­zung hät­te oder wer­de um­stim­men las­sen (BGH, Urt. v. 12.01.1993 – X ZR 63/91, WM 1993, 623 = NJW-RR 1993, 882 [un­ter II 3a]). Das ist nicht er­sicht­lich. Die Be­klag­te hat von Be­ginn des Rechts­streits an stets auch ge­rügt, ihr sei kei­ne Ge­le­gen­heit zur Nach­bes­se­rung ge­ge­ben wor­den. Es er­scheint des­halb zu­min­dest mög­lich, dass sie bei ei­ner an sie ge­rich­te­ten Auf­for­de­rung des Klä­gers zur Nach­er­fül­lung kei­nen Streit über das Vor­lie­gen ei­nes Sach­man­gels (mehr) ge­führt, son­dern die Fahr­zeug­schä­den be­sei­tigt hät­te.

[26]   3. Zu­guns­ten des Klä­gers kann schließ­lich auch kei­ne Be­rück­sich­ti­gung fin­den, dass nach dem Er­geb­nis des vom Land­ge­richt ein­ge­hol­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens die Be­sei­ti­gung des – ge­ring­fü­gi­gen – Scha­dens am rech­ten Rah­men­längs­trä­ger nur mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten mög­lich ist. Das wür­de zwar mög­li­cher­wei­se die Be­klag­te da­zu be­rech­ti­gen, die Be­sei­ti­gung des Man­gels ge­mäß § 439 III 1 BGB zu ver­wei­gern, den Klä­ger aber nicht von der Not­wen­dig­keit be­frei­en, von der Be­klag­ten ge­mäß § 439 I BGB Nach­er­fül­lung in Form der Man­gel­be­sei­ti­gung oder in Form der Er­satz­lie­fe­rung zu ver­lan­gen. Ab­satz 3 der Vor­schrift ge­währt dem Ver­käu­fer ei­ne Ein­re­de ge­gen­über der vom Käu­fer be­an­spruch­ten Art der Nach­er­fül­lung (vgl. Be­grün­dung zum Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts, BT-Drs. 14/6040, S. 232). Die­ses Recht kann der Ver­käu­fer aus­üben, er muss es aber nicht. Ihm soll durch die Aus­ge­stal­tung als Ein­re­de vor­be­hal­ten blei­ben, die vom Käu­fer ge­wähl­te Art der Nach­er­fül­lung auch mit über­ob­li­ga­to­ri­schen An­stren­gun­gen vor­zu­neh­men (Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 439 Rn. 39; Faust, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, § 439 Rn. 35). Des­halb kann der Käu­fer nicht un­ter Hin­weis auf § 439 III BGB we­gen un­ver­hält­nis­mä­ßi­ger Kos­ten der Nach­er­fül­lung so­gleich die Min­de­rung des Kauf­prei­ses er­klä­ren, oh­ne zu­vor dem Ver­käu­fer zu­min­dest Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung ge­ge­ben zu ha­ben.

PDF er­stel­len