- An die Annahme, dass sich der Vertragspartner vom Vertrag losgesagt hat und einen weiteren Leistungsaustausch schlechthin ablehnt, sind strenge Anforderungen zu stellen. Insofern gilt nichts anderes, wie für die gesetzlich normierten Fälle der endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung (z. B. § 286 II Nr. 3 BGB, § 323 II Nr. 1 BGB) anerkannt ist.
- Eine an den Vertragspartner gerichtete Aufforderung, sich über die eigene Vertragstreue zu erklären, begründet keine Erklärungspflicht, die selbstständig neben die ohnehin bestehende Pflicht zur Vertragstreue tritt, sondern lediglich eine reine Obliegenheit in einer eigenen Angelegenheit.
- Ein eigenes vertragswidriges Verhalten schließt die Berufung auf eine sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebende Einrede aus. Deshalb steht ein eigenes vertragswidriges Verhalten der Möglichkeit entgegen, aus einer erfolglosen, an den Vertragspartner gerichteten Aufforderung, sich über die eigene Vertragstreue zu erklären, Rechte herzuleiten.
- Der Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, den der Käufer gemäß § 346 I BGB nach einem Rücktritt vom Kaufvertrag hat, ist keine Entgeltforderung i. S. des § 288 II BGB.
OLG Nürnberg, Urteil vom 26.07.2017 – 2 U 17/17
Sachverhalt: Die Parteien handeln mit Gebrauchtwagen. Der Kläger verlangt gestützt auf einen (Teil-)Rücktritt nach ergebnisloser Fristsetzung die Rückzahlung des von ihm für drei gebrauchte Fahrzeuge (Fiat Panda) entrichteten Kaufpreises in Höhe von insgesamt 16.500 € nebst Zinsen.
Die Beklagte hält dem mit Schreiben vom 13.05.2016 erklärten (Teil-)Rücktritt entgegen, dass der Kläger nicht – wie von ihm behauptet – lediglich 20 Fahrzeuge, sondern insgesamt 40 Fahrzeuge über den Zeugen R bestellt habe, die in gleichen Tranchen im Februar und März 2016 gegen Vorkasse geliefert werden sollten. Weil der Kläger die weiteren 20 Fahrzeuge nicht mehr habe abnehmen wollen, sei sie – die Beklagte – ihrerseits berechtigt gewesen, drei der bereits bezahlten Fahrzeuge der ersten Tranche zurückzubehalten. Denn der vereinbarte Preis pro Fahrzeug von 5.500 € habe sich auf eine Gesamtabnahme von 40 Fahrzeugen bezogen.
Das Landgericht (LG Regensburg, Urt. v. 30.11.2016 – 3 O 925/16 (1)) hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger bei der Beklagten 40 Fahrzeuge bestellt habe. Weil der Kläger seiner vertraglichen Verpflichtung zur Abnahme von 20 weiteren Fahrzeugen nicht nachgekommen sei, habe der Beklagten wegen der Konnexität der Ansprüche ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 I BGB zugestanden. Der vom Kläger erklärte Rücktritt sei deshalb ins Leere gegangen.
Die Berufung des Klägers, mit der er sein Klageziel unverändert weiterverfolgte, hatte weitgehend Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Die Beklagte ist infolge des (Teil-)Rücktritts des Klägers gemäß §§ 346 I, 323 I BGB zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 16.500 € für die drei nicht ausgelieferten Fahrzeuge verpflichtet. Der Kläger kann allerdings die Verzinsung seines Anspruchs ab 23.06.2016 lediglich in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz verlangen.
1. Bei Teilbarkeit der Gegenleistung ist ein teilweiser Rücktritt vom Vertrag möglich, bei dem der Gläubiger von demjenigen Teil seiner Verpflichtung zur Gegenleistung frei wird, der auf die nicht erbrachte Einzelleistung entfällt (BGH, Urt. v. 16.10.2009 – V ZR 203/08, juris Rn. 17). Davon geht das Regelungskonzept des § 323 BGB aus, wie sich aus dessen Absatz 5 ergibt.
2. Die Beklagte war gemäß § 433 I 1 BGB verpflichtet, dem Kläger (jedenfalls) drei weitere Fahrzeuge der Marke Fiat des Typs Panda zu liefern, die – wie unstreitig ist – unter dem Datum 03.02.2016 in Rechnung gestellt und vom Kläger in der Folge bezahlt worden waren. Der Beklagten war vor der Rücktrittserklärung des Klägers vom 13.05.2016 – wie ebenfalls unstreitig ist – eine Frist zur Lieferung dieser Fahrzeuge bis 15.04.2016 gesetzt worden. Die Beklagte ließ diese verstreichen.
3. Der Rücktritt des Klägers war nicht wegen des Bestehens eines Zurückbehaltungsrechts der Beklagten ausgeschlossen.
a) Auch wenn – entsprechend der Feststellung des Landgerichts – vom Kläger 40 Fahrzeuge abzunehmen gewesen wären, hatte die Beklagte zum Zeitpunkt des Rücktritts mangels Fälligkeit einer Gegenleistung kein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 BGB. Dies ergibt sich – entgegen der Auffassung des Klägers – zwar nicht daraus, dass die Beklagte die Auslieferung der weiteren 20 Fahrzeuge nicht angeboten hatte. Denn der Kläger war insofern vorleistungspflichtig. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte zur Herbeiführung der Fälligkeit der weiteren Zahlung zunächst zumindest die Fahrgestellnummern für die (gegebenenfalls) noch ausstehenden weiteren Fahrzeuge hätte übermitteln müssen. Ob diese vom Kläger angefordert worden sind oder nicht, ist dabei unerheblich.
aa) Die Regelung des § 320 BGB findet nur auf in das Gegenseitigkeitsverhältnis einbezogene Leistungspflichten Anwendung. Bei einem Sukzessivlieferungsvertrag – wie im vorliegenden Fall – besteht die Gegenseitigkeit dabei nicht nur hinsichtlich der zu der jeweiligen Teilleistung gehörigen Teil-Gegenleistung, sondern ebenso hinsichtlich der anderen Teil-Gegenleistungen (BGH, Urt. v. 24.10.2006 – X ZR 124/03, juris Rn. 36; Staudinger/Schwarze, BGB, Neubearb. 2015, § 320 Rn. 25; MünchKomm-BGB/Emmerich, 7. Aufl., § 320 Rn. 6; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 320 Rn. 4).
bb) Als Gegenforderung, auf die eine Einrede gemäß § 320 BGB gestützt werden kann, kommt im vorliegenden Fall nur die noch nicht geleistete Zahlung für die weiteren 20 Fahrzeuge in Betracht. Insbesondere ergeben sich aus dem Vorbringen der Parteien keine Anhaltspunkte dafür, dass die aus § 433 II BGB resultierende Pflicht zur Abnahme ausnahmsweise (BGH, Urt. v. 30.09.1971 – VII ZR 20/70, juris Rn. 7) im Gegenseitigkeitsverhältnis stand. Sie ist in der Regel und im Zweifel Nebenpflicht, weil sie keine Gegenleistung für die verkaufte Sache darstellt (Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl., § 433 Rn. 44).
cc) Der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der (etwaigen) zweiten Kaufpreisrate, mithin ihre Gegenforderung, war zum Zeitpunkt des Rücktritts im Mai 2016 noch nicht fällig. Dies schließt ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB aus (Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 320 Rn. 5; BeckOK-BGB/Schmidt, 41. Edition, § 320 Rn. 11; Staudinger/Schwarze, a. a. O., § 320 Rn. 29).
(i) Der Kläger hat zur vereinbarten Vertragsabwicklung vorgetragen, dass zunächst Rechnungen mit den konkreten Fahrgestellnummern für die einzelnen Fahrzeuge übersandt werden sollten. Wenn nicht schon die Fakturierung (die Erteilung einer Rechnung ist, soweit nichts anderes vereinbart ist, grundsätzlich keine Fälligkeitsvoraussetzung; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 271 Rn. 7; OLG München, Urt. v. 26.01.2011 – 7 U 3938/10, juris Rn. 26), so stellt sich danach zumindest die Übermittlung der Fahrgestellnummern als eine fälligkeitsrelevante Regelung dar. Denn dadurch wird die zunächst nur der Gattung nach bestimmte Leistungspflicht der Beklagten (Fahrzeuge der Marke Fiat vom Typ Panda) noch vor der Auslieferung auf bestimmte Fahrzeuge konkretisiert.
Der Hintergrund dieser Vereinbarung erschließt sich aus den Angaben des Zeugen R im Rahmen seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 19.10.2016. So erklärte dieser, dass bei solchen Importgeschäften vor allem der Brief jedes Fahrzeugs vorrangig individuell geprüft werden müsse. Dabei gilt: Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände jedenfalls hilfsweise zu eigen macht, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind (BGH, Urt. v. 03.04.2001 – VI ZR 203/00, juris Rn. 9).
Die Beklagte ist dem klägerischen Vorbringen nicht entgegentreten. Sie hat in erster Instanz lediglich darauf verwiesen, dass unter Berücksichtigung des Geschäftsgebarens des Klägers kein Grund ersichtlich sei, weshalb noch (weitere) Rechnungen hätten fakturiert werden sollen. Und in der Berufung vertrat die Beklagte die Ansicht, es sei vom Kläger treuwidrig zu beanstanden, dass keine Fahrzeugpapiere und keine Rechnungen erstellt worden seien. Im Übrigen habe – so die Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 05.07.2017 – der Zeuge R (für den Kläger) auf die Konkretisierung verzichtet. Denn dieser habe im Rahmen seiner Aussage als Zeuge erklärt, hinsichtlich der weiteren 20 im Raum stehenden Fahrzeuge niemals eine Rechnung verlangt zu haben.
(ii) Eine die Fälligkeit des (gegebenenfalls) weiteren Kaufpreises begründende Konkretisierung der Fahrzeuge ist durch die Beklagte nicht erfolgt. Dies war auch nicht entbehrlich.
(1) Mit der E-Mail vom 04.04.2016 hat die Beklagte den Kläger unter Fristsetzung lediglich aufgefordert, „die neben den bisher 20 Stück bezahlten Fiat Panda bestellten weiteren 20 Stück Fiat Panda … abzunehmen und zu bezahlen“ und „insoweit … [die] Erfüllungsbereitschaft zu erklären“. Sie hat aber weder bestimmte Fahrgestellnummern übermittelt noch deren Weiterleitung auch nur angeboten. Aufgrund dessen ist der Kläger mit Ablauf der gesetzten Frist auch nicht in Zahlungsverzug i. S. des § 286 I 1 BGB geraten.
(2) Warum mit dem Nichthandeln des Zeugen R die konkludente Erklärung verbunden gewesen sein soll, dass der Kläger – abweichend von der bisherigen Vertragsabwicklung – weitere 55.000 € für weitere 20 Fahrzeuge ohne vorherige Rechnungsstellung und ohne vorherige Mitteilung der Fahrgestellnummern bezahlt, erschließt sich dem Senat nicht. Nichts anderes wäre aber die Folge eines Verzichts, wie sie ihn sich die Beklagtenvertreterin vorstellt. Dass die Beklagte den (nach ihrem Vorbringen) ausstehenden Abruf der Fahrzeuge auch nicht dahin gehend verstanden hat, ergibt sich letztlich aus ihrer E-Mail vom 04.04.2016. Denn die Aufforderung, sich zur Erfüllungsbereitschaft zu erklären, zeigt, dass die Beklagte mitnichten lediglich von einer (für sie günstigen) Änderung der Vertragsmodalitäten ausging.
(3) Eine (unterstellte) Weigerung des Klägers, weitere 20 Fahrzeuge abzunehmen, sich also (gegebenenfalls) von einem Teil des noch nicht erfüllten Vertrags loszusagen, mag Auswirkungen darauf haben, unter welchen Voraussetzungen ein Annahmeverzug anzunehmen ist (vgl. § 295 BGB). Der Gläubigerverzug führt allerdings nicht zu einer Befreiung des Schuldners von seiner Leistungspflicht (Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 300 Rn. 1; Staudinger/Feldmann, BGB, Neubearb. 2014, § 300 Rn. 2).
Darüber hinaus mag eine (unterstellte) ernsthafte und endgültige Verweigerung der Abnahme weiterer 20 Fahrzeuge gemäß § 286 I, II Nr. 3 BGB auch zum Verzug des Klägers hinsichtlich seiner (Neben-)Pflicht führen, die Fahrgestellnummern entgegenzunehmen. Der Verzug des Schuldners wirkt sich aber nicht einmal auf den Fortbestand seiner eigenen Leistungspflicht aus. Ebenso wenig wie ein korrespondierender Anspruch der Beklagten auf Ersatz eines Verzögerungsschadens hat ein etwaiger Schuldnerverzug des Klägers deshalb nicht den Bestand der Verpflichtung der Beklagten berührt, die Fahrgestellnummern zur Verfügung zu stellen.
Dies blieb ungeachtet einer etwaigen Weigerung, den Vertrag auch in Bezug auf die weiteren 20 Fahrzeuge zu erfüllen, erforderlich, um die Fälligkeit der Zahlungspflicht des Klägers zu begründen. Eine grundlose endgültige Weigerung des Schuldners, eine noch nicht fällige Verpflichtung aus einem Vertragsverhältnis zu erfüllen, ist eine Vertragsverletzung. In einem gegenseitigen Vertragsverhältnis berechtigt diese den Gläubiger, schon vor Fälligkeit der Leistung des Schuldners vom Vertrag zurückzutreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Die Weigerung führt jedoch nicht dazu, dass die Leistung des Schuldners unabhängig von der hierfür vereinbarten Zeit oder unabhängig von den hierfür vereinbarten Umständen fällig wird (BGH, Urt. v. 28.09.2007 – V ZR 139/06, juris Rn. 11; Urt. v. 18.12.1963 – VIII ZR 100/63, juris Rn. 19).
b) Der Beklagten stand zum Zeitpunkt des Rücktritts mit Schreiben vom 12.05.2016 hinsichtlich der drei bezahlten, aber noch nicht ausgelieferten Fahrzeuge auch kein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB zu, das sie auf die nicht erfüllte (Neben-)Pflicht zur Abnahme hätte stützen können. Ein solches Recht mag die Beklagte durch E-Mail vom 04.04.2016 ausgeübt haben, indem sie im Zusammenhang mit der Erklärung, vom „vertraglich vereinbarten Zurückbehaltungsrecht“ Gebrauch zu machen, ausführte, „aufgrund der bisherigen Verhaltensweise, nämlich die Nichteinhaltung der Zeitschiene, [seien] gerade am Erfüllungswillen von Herrn N begründete Zweifel aufgekommen“ (zum Erfordernis der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB, um einen Rücktritt auszuschließen: Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 323 Rn. 11; BeckOK-BGB/Schmidt, a. a. O., § 323 Rn. 5). Auch das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB setzt aber zwingend einen fälligen Gegenanspruch voraus (Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 273 Rn. 7; MünchKomm-BGB/Krüger, 7. Aufl., § 273 Rn. 30), wobei allerdings ausreichend ist, wenn der Gegenanspruch mit der Erbringung der geschuldeten Leistung entsteht oder fällig wird. Auch insofern gilt: Die Fälligkeit der Abnahmeverpflichtung war zumindest von der vorangehenden Konkretisierung durch eine Überlassung der Fahrgestellnummern abhängig.
Bei noch nicht fälliger Gegenforderung kommt auch kein vorläufiges Zurückbehaltungsrecht in Betracht (MünchKomm-BGB/Krüger, a. a. O., § 273 Rn. 32).
4. Eine fehlende Bereitschaft des Klägers zur weiteren Erfüllung des Vertrags könnte – wenn überhaupt – der Wirksamkeit des mit Schreiben vom 12.05.2016 erklärten Rücktritts entgegenstehen. Wegen ihres eigenen vorangehenden vertragswidrigen Verhaltens kann die Beklagte sich auf eine aus § 242 BGB, also aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (gegebenenfalls) ergebenden Einrede aber nicht berufen.
a) Das Recht zum Rücktritt gemäß § 323 I BGB ist ausgeschlossen, wenn dem Gläubiger mangelnde Vertragstreue vorzuwerfen ist (st. Rspr. zu § 326 BGB a.F., z. B. BGH, Urt. v. 13.11.1998 – V ZR 386/97, juris Rn. 11; Urt. v. 15.10.1992 – V ZR 141/92, juris Rn. 15; zu § 323 BGB n.F.: Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 323 Rn. 29). Wer selbst nicht vertragstreu ist, soll aus der Vertragsverletzung des Gegners keine Rechte herleiten können. Dies besagt der sogenannte Tu-quoque-Grundsatz. Der Einwand eigener Vertragsuntreue des Zurücktretenden wurde aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB, „unzulässige Rechtsausübung“) entwickelt, nach dem es seitens des Rücktrittsberechtigten treuwidrig ist, die Leistung der anderen Vertragspartei zu verlangen, ohne zugleich den eigenen Verpflichtungen nachzukommen (BGH, Urt. v. 13.11.1998 – V ZR 386/97, juris Rn. 11).
Die mangelnde Vertragstreue des Gläubigers kann insbesondere darin liegen, dass er durch unzureichende Leistungsbereitschaft eine unzumutbare Gefährdung des dem Schuldner zustehenden Gegenleistungsanspruchs bzw. des Leistungsaustauschs verursacht (Staudinger/Schwarze, a. a. O., § 323 Rn. E 15 und B 177). Dies wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn sich der Gläubiger – ohne dazu berechtigt zu sein – endgültig vom Vertrag lossagt und die Annahme eines (weiteren) Leistungsaustauschs schlechthin ablehnt. Dabei gilt: Wer den Tu-quoque-Einwand erhebt, hat seine Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen (BGH, Urt. v. 13.11.1998 – V ZR 386/97, Leitsatz).
b) Die Beklagte hat zur fehlenden Leistungsbereitschaft des Klägers nur ausgeführt, der Zeuge R habe mitgeteilt, dass der Kläger kein Interesse mehr an den insgesamt 40 Fahrzeugen habe, wobei zur Begründung steuerliche Probleme angeführt worden seien. Der Zeuge habe erklärt, der Kläger habe es sich nunmehr anders überlegt. Schließlich habe der Zeuge R angegeben, dass der Kläger sich mangels schriftlicher Kaufverträge nicht an die getroffene Vereinbarung gebunden fühle.
Entsprechende Erklärungen des Zeugen R waren (gegebenenfalls) sicherlich geeignet, Zweifel an der Vertragstreue des Klägers zu begründen. An die Annahme, dass sich der Vertragspartner vom Vertrag losgesagt hat und einen weiteren Leistungsaustausch schlechthin ablehnt, sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Insofern kann nichts anderes gelten, wie für die gesetzlich normierten Fälle der endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung (z. B. § 286 II Nr. 3 BGB, § 323 II Nr. 1 BGB) anerkannt ist. Denn um nichts anderes geht es. Dass der Kläger die Erfüllung des Vertrages gegenüber der Beklagten unmissverständlich, endgültig und ernsthaft abgelehnt hätte, sodass jenseits vernünftiger Zweifel feststand, dass er unter keinen Umständen mehr zur freiwilligen Erfüllung bereit ist, lässt sich den von der Beklagten dargelegten Aussagen des Zeugen R nicht entnehmen.
Davon ist die Beklagte auch nicht ausgegangen. Dies zeigt die E-Mail vom 04.04.2016. Denn die darin enthaltene Aufforderung unter Fristsetzung, sich zur Erfüllungsbereitschaft zu erklären, impliziert, dass aus Sicht der Beklagten diesbezüglich noch Unklarheiten bestanden, mithin – aus ihrer Sicht – eine Chance auf einen weiteren Leistungsaustausch gegeben war. Dementsprechend wird in der E-Mail auch lediglich ausgeführt, „dass am Erfüllungswillen von Herrn N begründete Zweifel aufgekommen seien“.
c) Auf die Aufforderung der Beklagten vom 04.04.2016, sich zur Erfüllungsbereitschaft zu erklären, ist der Kläger in der Folge nicht eingegangen. Vielmehr hat er mit E-Mail vom 06.04.2015 seinerseits der Beklagten eine Frist gesetzt, und zwar zur Bereitstellung der ausstehenden drei Fahrzeuge. Schließlich hat er mit Schreiben vom 12.05.2016 „für die drei … Fahrzeuge“ den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt.
Zwar ist von der Rechtsprechung die Befugnis des Gläubigers anerkannt, den Schuldner – wenn dieser Zweifel an seiner Erfüllungsbereitschaft geweckt hat, ohne dass schon eine ernsthafte und endgültige Verweigerung ausgesprochen wäre – unter Fristsetzung zu einer Erklärung über seine Vertragstreue aufzufordern (BGH, Urt. v. 10.12.1975 – VIII ZR 147/74; Urt. v. 06.10.1976 – VIII ZR 66/75). Kommt der Schuldner dieser Aufforderung nicht nach, kann der Gläubiger vom Vertrag zurücktreten (MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl., § 323 Rn. 105), mithin Rechte aus dem Verhalten des Schuldners herleiten.
Dem steht im vorliegenden Fall aber die unberechtigte Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch die Beklagte entgegen. Denn die Beklagte hat mit der E-Mail vom 04.04.2016 auch ein Zurückbehaltungsrecht in Bezug auf die bereits bezahlten und noch nicht abgeholten drei Fahrzeuge geltend gemacht, das ihr – wie oben ausgeführt – mangels fälliger Gegenforderung nicht zustand. Bevor der Tu-quoque-Einwand begründet war, hat sie sich damit ihrerseits vertragswidrig verhalten. Mangels eigener Vertragstreue kann sie den Tu-quoque-Einwand nicht erheben. Dies ist grade im konkreten Fall auch nicht unbillig, weil die Beklagte durch die – ihr ohne Weiteres mögliche – Konkretisierung der eigenen Leistungspflichten eine Fälligkeit des (gegebenenfalls) weiteren, noch ausstehenden Kaufpreises hätte herbeiführen können.
Ein Zurückbehaltungsrecht lässt sich auch nicht auf die Aufforderung zur Erklärung der Erfüllungsbereitschaft stützen. Diese begründet – und mag auch Anlass dafür bestanden haben – keine Erklärungspflicht des Vertragspartners, die selbstständig neben seiner sowieso bestehenden Pflicht zur Vertragstreue tritt. Vielmehr stellt sie eine reine Obliegenheit in einer eigenen Angelegenheit dar. Denn es geht darum, durch ein Bekenntnis zur Vertragsabwicklung im eigenen Interesse zu verhindern, dass die Besorgnis zukünftiger Nichterfüllung sich mit dem entsprechenden nachteiligen rechtlichen Folgen zu einer Offensichtlichkeit steigert.
5. Der Anspruch des Klägers ist nicht durch Aufrechnung erloschen. Weil der Kläger wirksam vom Vertrag zurücktreten konnte, kann die Beklagte mit der nicht erfolgten Abnahme weiterer Fahrzeuge, also der ausgebliebenen Realisierung des Gesamtkaufpreises, keinen Schadensersatzanspruch begründen.
6. Die Klageforderung ist unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 187 I BGB (Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 291 Rn. 6) gemäß § 291 Satz 1 BGB ab dem der Klagezustellung und damit der Rechtshängigkeit (§§ 261 I, 253 I ZPO) folgenden Tag, mithin ab dem 23.06.2016 zu verzinsen. Die Höhe des Zinssatzes ist gemäß §§ 291 Satz 2, 288 I BGB jedoch auf fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beschränkt, sodass der darüber hinausgehende Klageantrag abzuweisen und die Berufung insofern als unbegründet zurückzuweisen war.
Der Rückzahlungsanspruch des Klägers stellt keine Entgeltforderung i. S. des § 288 II BGB dar. Dies ergibt sich letztlich schon aus dem Charakter der auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichteten Forderung. Denn Entgeltforderungen sind Forderungen auf Zahlung eines Entgelts als Gegenleistung für eine vom Gläubiger erbrachte oder zu erbringende Leistung (BGH, Urt. v. 06.11.2013 – KZR 61/11, juris Rn. 73). Der Kaufpreis wird vom Verkäufer aber gerade nicht zurückgezahlt, damit auch der Käufer leistet. Vielmehr hat der Verkäufer regelmäßig keinerlei Interesse an einer Rückabwicklung infolge eines Rücktritts; er kommt lediglich seinen gesetzlichen Pflichten nach. Weil die Forderungen ihrem Wesen nach grundverschieden sind, kann vom Entgeltcharakter der Kaufpreisforderung nicht auf die Entgeltlichkeit des Rückzahlungsanspruchs geschlossen werden. Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber jedenfalls in der bis 13.06.2014 geltenden Fassung des § 357 I 2 BGB ausdrücklich auf § 286 III BGB verwiesen und die Vorschrift für entsprechend anwendbar erklärt hatte. Letzteres steht der Auffassung entgegen, die von einer lediglich deklaratorischen Verweisung ausging. Die Regelung einer entsprechenden Anwendbarkeit wäre überflüssig gewesen, wenn der Gesetzgeber von der Entgeltlichkeit des Anspruchs auf Rückzahlung nach Widerruf oder Rücktritt ausgegangen wäre. …