- Eine Bestimmung in den Allgemeinen Verkaufsbedingungen eines Gebrauchtfahrzeughändlers, wonach die Übertragung von Rechten und Pflichten des Käufers aus dem Kaufvertrag der schriftlichen Zustimmung des Verkäufers bedarf (abgeschwächter Abtretungsausschluss), ist auch gegenüber einem Verbraucher nicht nach § 307 I 1 BGB unwirksam.
- Der (abgeschwächte) Abtretungsausschluss erfasst auch Ansprüche, die sich aus einem – noch vom Käufer selbst erklärten – Rücktritt vom Kaufvertrag ergeben, weil es sich auch dabei um „Rechte und Pflichten des Käufers aus dem Kaufvertrag“ handelt.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.03.2017 – 7 U 115/16
Sachverhalt: Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns E die Rückzahlung des Kaufpreises für ein gebrauchtes Motorrad, nachdem E den Rücktritt von dem am 21.06.2014 geschlossenen Kaufvertrag erklärt hat. Die in diesen Vertrag einbezogenen Verkaufsbedingungen enthalten in Abschnitt I Nr. 2 die folgende Bestimmung:
„Übertragungen von Rechten und Pflichten des Käufers aus dem Kaufvertrag bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Verkäufers.“
Das Landgericht (LG Mannheim, Urt. v. 27.05.2016 – 9 O 264/15) hat die im Wesentlichen auf Zahlung von 19.999 € nebst Zinsen gerichtete Klage unter Aufhebung eines der Klägerin günstigen Versäumnisurteils abgewiesen. Es hat angenommen, die Abtretung von Ansprüchen des E aus dem Kaufvertrag an die Klägerin scheitere daran, dass E mit dem beklagten Verkäufer des Motorrads wirksam einen Abtretungsausschluss vereinbart habe. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt. Die Klägerin ist weiterhin der Ansicht, das Abtretungsverbot sei unwirksam; außerdem erfasse es nach seinem Wortlaut nicht die hier in Rede stehenden Rückgewähransprüche (§ 346 I BGB), die sich aus einem – noch durch den Käufer selbst erklärten – Rücktritt ergäben.
Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Zu Recht hat das Landgericht das in Abschnitt I Nr. 2 der Fahrzeug-Verkaufsbedingungen bestimmte Abtretungsverbot mit Zustimmungsvorbehalt als wirksam angesehen. Diese Bestimmung hält auch nach dem Dafürhalten des Senats bei der Verwendung gegenüber Verbrauchern der Inhaltskontrolle nach § 307 I 1 BGB stand.
1. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH und der überwiegenden Ansicht der Literatur, dass sowohl die Vereinbarung eines abgeschwächten wie auch eines uneingeschränkten Abtretungsausschlusses in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch gegenüber Verbrauchern grundsätzlich zulässig ist. Eine solche Klausel ist nur dann nach § 307 I 1 BGB unwirksam, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen (BGH, Urt. v. 13.07.2006 – VII ZR 51/05, juris Rn. 14; Urt. v. 17.04.2012 – X ZR 76/11, juris Rn. 9; jeweils m. w. Nachw.; Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 6. Aufl., Klauseln A 28, A 40; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 12. Aufl., Abtretungsausschluss Rn. 1a; Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 399 Rn. 10; Erman/Roloff, BGB, 14. Aufl., § 307 Rn. 12; Erman/Westermann, BGB, 14. Aufl., § 399 Rn. 1). Für das Abwägen der einander gegenüberstehenden Interessen sind ein generalisierender, überindividueller Prüfungsmaßstab und eine typisierende Betrachtungsweise zugrunde zu legen (BGH, Urt. v. 17.04.2012 – X ZR 76/11, juris Rn. 10).
An das schützenswerte Interesse des Verwenders sind regelmäßig keine hohen Anforderungen zu stellen. Wie die aus § 399 Halbsatz 2 BGB sprechende gesetzliche Wertung erkennen lässt, genügt in der Regel sein berechtigtes Interesse an der Klarheit und Übersichtlichkeit der Vertragsabwicklung (vgl. BGH, Urt. v. 17.04.2012 – X ZR 76/11, juris Rn. 9; Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, a. a. O., Klausel A 28; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 399 Rn. 10; Erman/Westermann, a. a. O., § 399 Rn. 1; gegen seine solche „Regelwertung“ Staudinger/Coester, BGB, Neubearb. 2013, § 307 Rn. 353; ähnlich Graf v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Stand: Oktober 2013, Abtretungsausschluss Rn. 9; krit. auch Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, a. a. O., Abtretungsausschluss Rn. 4; Roth/Kieninger, in: MünchKomm-BGB, 7. Aufl., § 399 Rn. 39). Das Interesse des Verkäufers an der übersichtlichen Vertragsabwicklung wirkt sich in erster Linie bei der Erfüllung der Hauptleistungspflichten aus, es ist aber auch bei Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen nicht völlig ohne Gewicht (vgl. BGH, Urt. v. 17.04.2012 – X ZR 76/11, juris Rn. 11 ff.; gegen ein Abtretungsverbot für Gewährleistungsansprüche auch Staudinger/Coester, a. a. O., § 307 Rn. 363 a. E.).
In Anwendung dieser Maßstäbe ist das hier vereinbarte abgeschwächte Abtretungsverbot mit Zustimmungsvorbehalt beim Handel mit gebrauchten Fahrzeugen als wirksam anzusehen.
Der Handel mit gebrauchten Fahrzeugen vollzieht sich, auch wenn die Vertragsanbahnung nicht selten über das Internet erfolgen wird, typischerweise im persönlichen Kontakt zwischen dem Händler oder seinem Bevollmächtigten und dem Kunden. In aller Regel geht dem Kauf eine Besichtigung des Fahrzeugs voraus, bei der im persönlichen Gespräch die geschuldete Beschaffenheit des gebrauchten Fahrzeugs (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB) festgelegt wird. Anders als möglicherweise beim standardisierten und weitgehend unpersönlichen Fernabsatz von Waren über das Internet (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 25.09.2014 – I-4 U 99/14, juris Rn. 34) hat der Gebrauchtfahrzeughändler daher ein berechtigtes Interesse daran, den Vertrag gegenüber dem von ihm ausgewählten Vertragspartner zu erfüllen und nicht gegenüber einem beliebigen Dritten.
Dies gilt gerade auch im Gewährleistungsfall (ebenso LG Bautzen, Urt. v. 09.03.2012 – 2 O 291/11, juris Rn. 39). Erweist sich das gebrauchte Fahrzeug als mangelhaft, steht dem Käufer in erster Linie der Nacherfüllungsanspruch aus § 439 I BGB zu, bei dem es sich um eine Modifikation des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs aus § 433 I BGB handelt (BGH, Urt. v. 17.10.2012 – VIII ZR 226/11, juris Rn. 24). Dabei steht es zur Wahl des Käufers, ob er die Beseitigung des Mangels durch Reparatur oder die – auch bei Gebrauchtfahrzeugen nicht von vornherein ausgeschlossene (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, juris Rn. 18 f.) – Lieferung eines mangelfreien Ersatzfahrzeugs verlangt. Im Fall der Nachbesserung darf der Händler in Regelfall zwei Reparaturversuche unternehmen (§ 440 Satz 2 BGB). Schlägt die Nachbesserung fehl, kann der Käufer nach seiner Wahl den Kaufpreis mindern, vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz verlangen. In Anbetracht dieser Regelungen, die dem Käufer weitgehende Gestaltungsrechte einräumen, kann ein berechtigtes Interesse des Händlers, sich gerade im Gewährleistungsfall mit dem von ihm ausgewählten Vertragspartner auseinanderzusetzen, nicht in Abrede gestellt werden.
Dem steht kein typisches Interesse des Verbrauchers an der Abtretbarkeit seiner Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche aus dem Gebrauchtfahrzeugkauf gegenüber, weil gebrauchte Fahrzeuge in der Regel zum eigenen Gebrauch gekauft werden und abgeschlossene Kaufverträge nicht anderen Zwecken dienen sollen. Insoweit gelten die zum Neuwagengeschäft angestellten Erwägungen (BGH, Urt. v. 24.09.1980 – VIII ZR 273/79, juris Rn. 26) für den Gebrauchtfahrzeughandel erst recht. Anders als bei häufig für Familien oder größere Gruppen gebuchten Reiseleistungen (vgl. BGH, Urt. v. 17.04.2012 – X ZR 76/11, juris Rn. 18 f.) und möglicherweise beim Fernabsatz von Elektro- und Elektronikgeräten über das Internet (OLG Hamm, Urt. v. 25.09.2014 – I-4 U 99/14, juris Rn. 34) entsteht beim Handel mit gebrauchten Fahrzeugen daher typischerweise nicht das Bedürfnis, die Ansprüche an den wirtschaftlich Berechtigten abzutreten. Daher braucht in derartigen Fällen den Käuferinteressen an der Abtretbarkeit kein Vorrang eingeräumt zu werden (vgl. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, a. a. O., Abtretungsausschluss Rn. 6; differenzierend zwischen Neuwagen- und Gebrauchtwagenkauf insoweit aber Staudinger/Coester, a. a. O., § 307 Rn. 364).
Die in der forensischen Praxis nicht selten die Zession motivierende Absicht, dem Käufer hierdurch in einem Rechtsstreit die (formale) Position eines Zeugen zu verschaffen, vermag ein berechtigtes Käuferinteresse an der Abtretung ebenfalls nicht zu begründen (BGH, Urt. v. 17.04.2012 – X ZR 76/11, juris Rn. 14). Wenn überhaupt, hat eher der AGB-Verwender ein legitimes Interesse daran, solche prozesstaktischen Maßnahmen zu unterbinden (Graf von Westphalen, a. a. O., Abtretungsausschluss Rn. 30).
Danach ist jedenfalls das hier vereinbarte abgeschwächte Abtretungsverbot mit Zustimmungsvorbehalt nicht zu beanstanden. Denn in diesem Fall hat der Vertragspartner des Verwenders einen Anspruch auf die Zustimmung, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Verbot nicht mehr besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit der Forderung nunmehr überwiegen (BGH, Urt. v. 25.11.1999 – VII ZR 22/99, juris Rn. 18; Graf von Westphalen, a. a. O., Abtretungsausschluss Rn. 11 f.; Staudinger/Coester, a. a. O., § 307 Rn. 357). Hierdurch kann Fällen angemessen Rechnung getragen werden, in denen ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse des Käufers an der Abtretung von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen besteht, etwa wenn das Fahrzeug erkennbar für ein Familienmitglied angeschafft wurde oder eine konkrete Weiterveräußerungsabsicht besteht.
2. Entgegen der Ansicht der Berufung werden die hier abgetretenen Sekundäransprüche nach Rücktritt sachlich von dem Abtretungsverbot erfasst. Es handelt sich dabei auch unter Berücksichtigung der AGB-rechtlichen Unklarheitenregel (§ 305c II BGB) um „Rechte und Pflichten des Käufers aus dem Kaufvertrag“. Im Fall des Rücktritts sind nämlich die aufgrund des Kaufvertrags empfangenen Leistungen zurückzugewähren (§ 346 I BGB). Der Rückgewähranspruch des Käufers wurzelt damit in dem Kaufvertrag.