Ein Ge­braucht­wa­gen, der ent­ge­gen der An­ga­be des Ver­käu­fers in ei­nem (In­ter­net-)In­se­rat kei­ne grü­ne Um­welt­pla­ket­te füh­ren darf, ist man­gel­haft, weil er nicht die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit hat (§ 434 I 1 BGB). We­gen die­ses Man­gels darf sich der Ver­käu­fer nicht auf ei­nen mit dem Käu­fer ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen. Denn ein pau­scha­ler Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss gilt nicht für ei­nen Man­gel, der dar­in be­steht, dass der Kauf­sa­che ei­ne ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit fehlt (im An­schluss an BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 Rn. 31).

OLG Mün­chen, Ur­teil vom 02.11.2016 – 3 U 3277/16

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin er­warb von dem Be­klag­ten am 01.02.2015 für 5.200 € ei­nen Ge­braucht­wa­gen. Die­ses Fahr­zeug, ei­nen Re­nault Grand Es­pace, hat­te der Be­klag­te zu­vor im In­ter­net zum Kauf an­ge­bo­ten und in dem ent­spre­chen­den In­se­rat un­ter an­de­rem an­ge­ge­ben „Um­welt­pla­ket­te: 4 (grün)“. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag heißt es:

„Der Ver­käu­fer gibt kei­ne Ga­ran­tie oder Ge­währ­leis­tung, da dies ein Pri­vat­fahr­zeug war und nicht ge­werb­lich ge­nutzt wur­de.“

Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin – je­weils nebst Zin­sen und Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Fahr­zeugs – die Er­stat­tung des Kauf­prei­ses so­wie Scha­dens- bzw. Auf­wen­dungs­er­satz in Hö­he von 551,05 € ver­langt. Sie hat be­haup­tet, das Fahr­zeug sei we­der mit ei­nem Ka­ta­ly­sa­tor noch mit ei­nem Ruß­par­ti­kel­fil­ter aus­ge­stat­tet; die ent­spre­chen­den Ge­häu­se sei­en zwar vor­han­den, aber leer. In­so­weit – so hat die Klä­ge­rin gel­tend ge­macht – ha­be sie der Be­klag­te arg­lis­tig ge­täuscht, je­den­falls aber ge­gen ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB) ver­sto­ßen.

Der Be­klag­te hat be­haup­tet, er ha­be von den be­haup­te­ten Ma­ni­pu­la­tio­nen des Ka­ta­ly­sa­tors und des Ruß­par­ti­kel­fil­ters kei­ne Kennt­nis ge­habt. Viel­mehr ha­be er den Re­nault Grand Es­pace 2014 von pri­vat er­wor­ben und da­mit pro­blem­los cir­ca 7.000 km zu­rück­ge­legt. Ins­be­son­de­re sei er mit dem Fahr­zeug im Au­gust 2014 von Deutsch­land in die Tür­kei und zu­rück ge­fah­ren, oh­ne dass Auf­fäl­lig­kei­ten zu­ta­ge ge­tre­ten sei­en.

Das LG Traun­stein hat die Kla­ge nach Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens ab­ge­wie­sen (Urt. v. 01.07.2016 – 1 O 1314/15). Aus dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S er­ge­be sich zwar, dass so­wohl am Vor­ka­ta­ly­sa­tor als auch am Die­sel­par­ti­kel­fil­ter des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs un­sach­ge­mä­ße Ver­än­de­run­gen vor­ge­nom­men wor­den sei­en, in­dem je­weils das kom­plet­te „In­nen­le­ben“ ent­fernt wor­den sei. Dass es sich da­bei um ei­nen Man­gel han­de­le, ste­he au­ßer Zwei­fel, zu­mal ei­ne In­stand­set­zung des Fahr­zeugs (Ein­bau ei­nes neu­en Ka­ta­ly­sa­tors mit Die­sel­par­ti­kel­fil­ter) cir­ca 2.000 € kos­ten wür­de. Für die­sen Man­gel haf­te der Be­klag­te je­doch we­gen des ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses nicht. Denn er ha­be die Klä­ge­rin nicht arg­lis­tig ge­täuscht. Viel­mehr ha­be der Be­klag­te glaub­haft be­haup­tet, dass er mit dem Re­nault Grand Es­pace 2014 von Deutsch­land in die Tür­kei und zu­rück ge­fah­ren sei, oh­ne ir­gend­wel­che Män­gel zu be­mer­ken. Dies ha­be die Klä­ge­rin schon nicht be­strit­ten. Au­ßer­dem ha­be der Sach­ver­stän­di­ge bei sei­ner An­hö­rung be­stä­tigt, dass es oh­ne Wei­te­res mög­lich sei, dass der Be­klag­te mit dem Fahr­zeug von Deutsch­land in die Tür­kei und zu­rück ge­fah­ren sei, oh­ne die in Re­de ste­hen­den Män­gel zu be­mer­ken. Man­gels Arg­list dür­fe sich der Be­klag­te auf den ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen (Hin­weis auf OLG Bran­den­burg, Urt. v. 27.07.2006 – 5 U 161/05, BeckRS 2006, 10155). Die Par­tei­en hät­ten auch kei­ne mit dem Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss kol­li­die­ren­de Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen. Denn das In­ter­net­in­se­rat des Be­klag­ten sei zwar der An­lass für die Auf­nah­me von Ver­hand­lun­gen ge­we­sen, doch sei­en die An­ga­ben, die der Be­klag­te in dem In­se­rat ge­macht ha­be, letzt­lich nicht in den Kauf­ver­trag ein­ge­flos­sen. Die Klä­ge­rin kön­ne sich des­halb nicht mit Er­folg auf das Ur­teil des BGH vom 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 – be­ru­fen.

Die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te weit über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die zu­läs­si­ge Be­ru­fung er­weist sich zum weit­aus über­wie­gen­den Teil als be­grün­det.

Die Klä­ge­rin kann von dem Be­klag­ten nach §§ 346 I, 348 BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1 BGB, §§ 326 V BGB, 323 BGB die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Pkw so­wie Er­satz ih­rer im Ver­trau­en auf den Be­stand des Kauf­ver­trags auf das Fahr­zeug ge­tä­tig­ten Auf­wen­dun­gen ver­lan­gen.

In der eBay-Ver­kaufs­an­zei­ge si­cher­te der Be­klag­te ver­schie­de­ne Ei­gen­schaf­ten zu, ins­be­son­de­re „gut er­hal­te­ner Re­nault“, „Um­welt­pla­ket­te: 4 (grün)“ und „Aus­stat­tung Par­ti­kel­fil­ter“. Die­se Ei­gen­schaf­ten, die von der Käu­fer­sei­te nach die­sen öf­fent­li­chen Äu­ße­run­gen des Ver­käu­fers zu er­war­ten wa­ren, ge­hö­ren ge­mäß § 434 I 3 BGB zur ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB,1Die Be­grün­dung des OLG Mün­chen ist „schief“: § 434 I 3 BGB be­zieht sich nur auf § 434 I 2 Nr. 2 BGB und nicht auf § 434 I 1 BGB, um den es hier geht. Mit an­de­ren Wor­ten: Zu der Be­schaf­fen­heit, die der Käu­fer i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten kann, ge­hö­ren ge­mäß § 434 I 3 BGB grund­sätz­lich „auch Ei­gen­schaf­ten, die der Käu­fer nach den öf­fent­li­chen Äu­ße­run­gen des Ver­käu­fers […] er­war­ten kann“. In dem hier ent­schie­de­nen Fall geht es aber nicht um ei­ne vom Käu­fer zu er­war­ten­de, son­dern um ei­ne zwi­schen Ver­käu­fer und Käu­fer i. S von § 434 I 1 BGB ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit. la­gen aber tat­säch­lich (oh­ne dass dem Be­klag­ten als Ver­käu­fer Arg­list an­ge­las­tet wer­den kann) nicht vor.

Zwar steht ne­ben die­ser vom Ge­setz­ge­ber als ver­trag­li­cher Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung qua­li­fi­zier­ten Aus­sa­ge des Ver­käu­fers der im Ver­trag vom 01.02.2015 aus­drück­lich ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss. Hier­zu hat der BGH in sei­nem Ur­teil vom 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 Rn. 31 – für ei­ne ver­gleich­ba­re Kon­stel­la­ti­on aus­ge­führt:

„Bei­de Re­ge­lun­gen ste­hen, zu­min­dest aus der Sicht des Käu­fers, gleich­ran­gig ne­ben­ein­an­der und kön­nen des­halb nicht in dem Sin­ne ver­stan­den wer­den, dass der um­fas­sen­de Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss die Un­ver­bind­lich­keit der Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung zur Fol­ge ha­ben soll […]. Denn bei ei­nem sol­chen Ver­ständ­nis wä­re Letz­te­re für den Käu­fer – au­ßer im Fal­le der Arg­list des Ver­käu­fers (§ 440 Fall 1 BGB) – oh­ne Sinn und Wert. Ei­ne nach bei­den Sei­ten in­ter­es­sen­ge­rech­te Aus­le­gung der Kom­bi­na­ti­on von Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung und Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss kann des­halb nur da­hin vor­ge­nom­men wer­den, dass der Haf­tungs­aus­schluss nicht für das Feh­len der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit (§ 434 I 1 BGB), son­dern nur für sol­che Män­gel gel­ten soll, die dar­in be­ste­hen, dass die Sa­che sich nicht für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB) bzw. sich nicht für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und kei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Ver­käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).“

So liegt es auch hier. Das Fahr­zeug war mit ei­ner grü­nen Um­welt­pla­ket­te aus­ge­rüs­tet, ent­spre­chend den An­ga­ben in der eBay-Be­schrei­bung. Auf die­se An­ga­ben muss­te sich die Käu­fer­sei­te ver­las­sen; de­ren ob­jek­ti­ve Un­rich­tig­keit war auch nicht im Zu­ge ei­ner Pro­be­fahrt fest­stell­bar. Die An­ga­be hat­te da­mit beim Kauf­in­ter­es­sen­ten ein er­heb­li­ches Ge­wicht, was im Zu­ge ei­ner Ge­samt­schau des Kauf­ver­trags in­so­weit ei­nen wirk­sa­men Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nicht zu­lässt: Schließ­lich ging es dem Ge­setz­ge­ber in § 444 BGB ent­schei­dend dar­um, ein wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten des Ver­käu­fers zu ver­hin­dern, der mit der ei­nen Hand neh­men will, was er im glei­chen Zug mit der an­de­ren ge­ge­ben hat (vgl. Münch­Komm-BGB/Wes­ter­mann, 7. Aufl. [2016], § 444 Rn. 14).

Der Be­klag­te ist da­her zur Rück­ab­wick­lung und zum Er­satz der auf das Fahr­zeug ge­tä­tig­ten Auf­wen­dun­gen ver­pflich­tet. Die­se be­tra­gen 225,12 € ge­mäß Rech­nun­gen vom 11.02. und vom 02.03.2015 (An­la­gen K 5 und K 6), 246,20 € für die Be­schaf­fung von Rei­fen ge­mäß Rech­nung vom 12.02.2015 (An­la­ge K 8) so­wie 79,73 € für die Über­prü­fung des Fahr­zeugs ge­mäß Rech­nung vom 20.02.2015 (An­la­ge K 7). Zu­sam­men mit dem zu­rück­zu­zah­len­den Kauf­preis über 5.200 € er­gibt sich ei­ne Ge­samt­for­de­rung von 5.751,05 €, von der im Hin­blick auf die von der Klä­ge­rin zu­rück­ge­leg­ten Ki­lo­me­ter (800) – an­ge­sichts ei­ner po­ten­zi­el­len Ge­samt­lauf­leis­tung von 200.000 km (bei 148.834 km zum Über­ga­be­zeit­punkt) – ein Be­trag von 100 € ab­zu­zie­hen ist. Hier­aus er­ge­ben sich die mit Ur­teil zu­ge­spro­che­nen 5.651,05 € zu­züg­lich der be­an­trag­ten Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Über­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs.

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der zu­rück­ge­leg­ten Ki­lo­me­ter war die Be­ru­fung teil­wei­se (in Hö­he ei­nes Be­trags von 100 €) zu­rück­zu­wei­sen und die Kla­ge ab­zu­wei­sen, was sich je­doch kos­ten­mä­ßig nicht aus­wirk­te.

III. … Die Re­vi­si­on war nicht zu­zu­las­sen (§ 543 II 1 ZPO): Der Se­nat stützt sich bei sei­ner Ent­schei­dung auf das auf das er­gan­ge­ne Ur­teil des BGH vom 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 –, das – so­weit er­sicht­lich – durch nach­fol­gen­de Ent­schei­dun­gen kei­ne Mo­di­fi­zie­rung er­fah­ren hat. Ei­ne im Hin­blick auf die Rechts­po­si­ti­on der Käu­fer re­strik­ti­ve­re Ent­schei­dung des BGH ist im Zu­ge die­ses Be­ru­fungs­ver­fah­rens nicht nam­haft ge­macht wor­den und dem Se­nat auch an­sons­ten nicht be­kannt.

PDF er­stel­len