Ver­schweigt ei­ner von meh­re­ren Ver­käu­fern ei­nen Man­gel der Kauf­sa­che arg­lis­tig, kön­nen sich sämt­li­che Ver­käu­fer ge­mäß § 444 Fall 1 BGB nicht auf den ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung be­ru­fen.

BGH, Ver­säum­nis­ur­teil vom 08.04.2016 – V ZR 150/15
(vor­her­ge­hend: OLG Saar­brü­cken, Ur­teil vom 17.06.2015 – 2 U 84/13)

Sach­ver­halt: Mit no­ta­ri­el­lem Kauf­ver­trag vom 22.06.2009 er­war­ben die Klä­ger von den Be­klag­ten, die zu die­ser Zeit die Schei­dung ih­rer Ehe be­trie­ben, un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung ein mit ei­nem Wohn­haus be­bau­tes Hang­grund­stück. Die Ver­trags­ver­hand­lun­gen ein­schließ­lich der Be­sich­ti­gun­gen hat­te die Be­klag­te zu 2 durch­ge­führt. Für den Be­klag­ten zu 1, der sich zu die­ser Zeit in sta­tio­nä­rer psych­ia­tri­scher Be­hand­lung be­fand, han­del­te bei Ab­schluss des no­ta­ri­el­len Kauf­ver­trags ein voll­macht­lo­ser Ver­tre­ter. Am 17.07.2009 ge­neh­mig­te der Be­klag­te zu 1 den Ver­trags­schluss.

Die an der seit­li­chen Grund­stücks­gren­ze be­find­li­che Win­kel­stütz­mau­er, die der Si­che­rung des Erd­reichs dient, war von dem Be­klag­ten zu 1 in Ei­gen­leis­tung er­rich­tet wor­den. Sie weist nicht die er­for­der­li­che Stand­si­cher­heit auf und muss sa­niert wer­den. Grund hier­für ist, dass der Be­klag­te zu 1 statt der in der sta­ti­schen Be­rech­nung vor­ge­se­he­nen L-Stei­ne mit ei­ner Hö­he von 4,80 m sol­che mit ei­ner Hö­he von nur 1,80 m bis 2,00 m ver­wen­de­te.

Die Klä­ger ha­ben von bei­den Be­klag­ten Scha­dens­er­satz un­ter an­de­rem we­gen der schad­haf­ten Mau­er in Hö­he von ins­ge­samt 49.546 € nebst Zin­sen ver­langt. Das Land­ge­richt hat die Be­klag­ten als Ge­samt­schuld­ner zur Zah­lung von 19.992 € nebst Zin­sen ver­ur­teilt und die Kla­ge im Üb­ri­gen ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung bei­der Par­tei­en hat das Ober­lan­des­ge­richt den Be­klag­ten zu 1 zur Zah­lung von wei­te­ren 4.643,25 € ver­ur­teilt. Die ge­gen die Be­klag­te zu 2 ge­rich­te­te Kla­ge hat es ins­ge­samt ab­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on der Klä­ger, mit der sie er­rei­chen woll­ten, dass auch die Be­klag­te zu 2 in der Haupt­sa­che zur Zah­lung von ins­ge­samt 24.635,25 € ver­ur­teilt wird, war er­folg­reich.

Aus den Grün­den: [4]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt be­jaht die Haf­tung des Be­klag­ten zu 1. Die feh­len­de Stand­si­cher­heit der Win­kel­stütz­mau­er stel­le ei­nen Sach­man­gel des Grund­stücks i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar, der für die Klä­ger nicht er­kenn­bar ge­we­sen sei. Dem Be­klag­ten zu 1 sei be­kannt ge­we­sen, dass die von ihm selbst vor­ge­nom­me­ne Aus­füh­rung nicht den sta­ti­schen Vor­ga­ben ent­sprach. Er ha­be den Sach­man­gel nicht of­fen­bart und da­her arg­lis­tig i. S. von § 444 Fall 1 BGB ver­schwie­gen. Je­den­falls im Zeit­punkt der Ge­neh­mi­gung des Ver­trags­schlus­ses sei er psy­chisch in der La­ge ge­we­sen, sei­ner Auf­klä­rungs­pflicht nach­zu­kom­men. Hier­zu sei er trotz der be­reits ein­ge­tre­te­nen Bin­dung der Klä­ger an de­ren An­ge­bot ge­mäß § 242 BGB ver­pflich­tet ge­we­sen.

[5]    Da­ge­gen ha­be die Be­klag­te zu 2 nicht arg­lis­tig ge­han­delt, da nicht fest­stell­bar sei, dass sie von der man­geln­den Stand­si­cher­heit ge­wusst ha­be. An­ders als der Be­klag­te zu 1 kön­ne sie sich auf den ver­ein­bar­ten Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen. Zwar sei ein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nach § 476 BGB in der bis zum 31.12.2001 gel­ten­den Fas­sung nich­tig ge­we­sen, wenn ei­ner von meh­re­ren Ver­käu­fern arg­lis­tig ge­han­delt ha­be. Dies las­se sich we­gen der ge­än­der­ten Kon­zep­ti­on des Ge­währ­leis­tungs­rechts aber nicht auf die nun­mehr ein­schlä­gi­ge Vor­schrift des § 444 Fall 1 BGB über­tra­gen. Nach die­ser Be­stim­mung wer­de die Be­ru­fung auf den Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung nur dem­je­ni­gen Ver­käu­fer ver­wehrt, der selbst arg­lis­tig ge­han­delt ha­be, sich die Arg­list ei­nes Mit­ver­käu­fers ge­mäß § 166 BGB zu­rech­nen las­sen müs­se oder die Haf­tung für Arg­list rechts­ge­schäft­lich über­nom­men ha­be. Für die Arg­list des Be­klag­ten zu 1 haf­te die Be­klag­te zu 2 nicht. We­der ha­be sie ei­ne sol­che Haf­tung rechts­ge­schäft­lich über­nom­men noch ha­be der Be­klag­te zu 1 Er­klä­run­gen ab­ge­ge­ben, die ihr ge­mäß § 166 BGB zu­ge­rech­net wer­den könn­ten.

[6]    II. Die­se Aus­füh­run­gen hal­ten recht­li­cher Nach­prü­fung nicht stand. Über die Re­vi­si­on der Klä­ger ist durch Ver­säum­nis­ur­teil zu ent­schei­den. In­halt­lich be­ruht das Ur­teil je­doch nicht auf der Säum­nis der Be­klag­ten zu 2, son­dern auf ei­ner Sach­prü­fung (vgl. Se­nat, Urt. v. 04.04.1962 – V ZR 110/60, BGHZ 37, 79 [82]).

[7]    1. Im Aus­gangs­punkt ist die Be­klag­te zu 2 den Klä­gern ge­mäß § 437 Nr. 3 BGB i. V. mit §§ 280 I und III, 281 BGB zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet, da die nicht stand­si­che­re Mau­er ei­nen Sach­man­gel dar­stellt. Das auf die Lie­fe­rung der man­gel­haf­ten Sa­che be­zo­ge­ne Ver­schul­den wird ge­mäß § 280 I 2 BGB ver­mu­tet. Die­se Ver­mu­tung ist nicht ent­kräf­tet. Die Be­klag­te zu 2 hat­te nach ih­rem ei­ge­nen Vor­trag Hin­wei­se auf ei­nen sol­chen Man­gel und han­del­te da­her je­den­falls fahr­läs­sig, in­dem sie das An­we­sen oh­ne wei­te­re Nach­for­schun­gen über­gab (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl., § 280 Rn. 63).

[8]    2. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts kann sich die Be­klag­te zu 2 nicht auf den ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung be­ru­fen. Al­ler­dings ist es nicht zu be­an­stan­den, dass das Be­ru­fungs­ge­richt die Be­klag­te zu 2 nicht als arg­lis­tig i. S. von § 444 Fall 1 BGB an­sieht. Die hier­auf be­zo­ge­ne Ver­fah­rens­rüge der Klä­ger hat der Se­nat ge­prüft und nicht als durch­grei­fend er­ach­tet. Von ei­ner nä­he­ren Be­grün­dung wird ab­ge­se­hen (§ 564 Satz 1 ZPO). Arg­lis­tig ver­schwie­gen hat den Sach­man­gel da­ge­gen der Be­klag­te zu 1; in­so­weit macht sich der Se­nat die zu­tref­fen­de Be­grün­dung des Be­ru­fungs­ge­richts zu ei­gen. In­fol­ge­des­sen kommt es ent­schei­dend dar­auf an, ob sich ein Ver­käu­fer ge­mäß § 444 Fall 1 BGB auf ei­nen Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen kann, wenn sein Mit­ver­käu­fer – wie hier – ei­nen Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat. Die­se Fra­ge ist um­strit­ten.

[9]    a) Nach der bis zum 31.12.2001 gel­ten­den Fas­sung des Bür­ger­li­chen Ge­setz­bu­ches war ge­klärt, wel­che Rech­te dem Käu­fer zu­stan­den, wenn ei­ner von meh­re­ren Ver­käu­fern ei­nen Sach­man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat­te.

[10]   aa) Ge­mäß § 476 BGB a.F. war ei­ne Ver­ein­ba­rung, durch wel­che die Ver­pflich­tung des Ver­käu­fers zur Ge­währ­leis­tung we­gen Män­gel der Sa­che er­las­sen oder be­schränkt wur­de, nich­tig, wenn der Ver­käu­fer den Man­gel arg­lis­tig ver­schwieg. Han­del­te ei­ner von meh­re­ren Ver­käu­fern arg­lis­tig, war der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ins­ge­samt nich­tig (vgl. Se­nat, Urt. v. 16.01.1976 – V ZR 63/74, WM 1976, 323 f.; Urt. v. 10.07.1987 – V ZR 152/86, NJW-RR 1987, 1415 [1416]; RG, Recht 1908 Nr. 2465; Recht 1915 Nr. 1058; Planck, BGB, 4. Aufl., § 476 a. E.; RGRK-BGB/Mez­ger, 12. Aufl., § 476 Rn. 5). Die Nich­tig­keit des Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses im Ver­hält­nis zu dem arg­lis­ti­gen Ver­käu­fer er­streck­te sich näm­lich ge­mäß § 139 BGB im Zwei­fel auf die an­de­ren Ver­käu­fer (RG, Recht 1908 Nr. 2465 [un­ter Be­zug auf RGZ 62, 184 <186 f.>]; Recht 1915 Nr. 1058). Ab­ge­se­hen da­von fand § 139 BGB kei­ne An­wen­dung, so­dass der Ver­trag trotz der Nich­tig­keit des Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses im Üb­ri­gen wirk­sam war (vgl. nur Pa­landt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 476 Rn. 9). Des­halb konn­te der Käu­fer un­ter den wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen der §§ 459, 460 BGB a.F. von sämt­li­chen Ver­käu­fern ge­mäß § 462 BGB a.F. Wan­de­lung oder Min­de­rung ver­lan­gen.

[11]   bb) An­ders lag es bei dem An­spruch auf Scha­dens­er­satz. Die­ser stand dem Käu­fer – ab­ge­se­hen von dem Feh­len ei­ner zu­ge­si­cher­ten Ei­gen­schaft (§ 463 Satz 1 BGB a.F.) – nur zu, wenn der Ver­käu­fer den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat­te (§ 463 Satz 2 BGB a.F.). Da die Arg­list in­so­weit an­spruchs­be­grün­den­des Tat­be­stands­merk­mal war, muss­te der selbst nicht arg­lis­tig han­deln­de Ver­käu­fer nur dann Scha­dens­er­satz leis­ten, wenn er für die Arg­list des Mit­ver­käu­fers haf­te­te. Dies kam in Be­tracht, wenn sich aus be­son­de­ren Um­stän­den er­gab, dass er die Haf­tung für die Arg­list des Mit­ver­käu­fers rechts­ge­schäft­lich über­nom­men hat­te, oder wenn die Vor­aus­set­zun­gen der Stell­ver­tre­tung vor­la­gen (vgl. Se­nat, Urt. v. 16.01.1976 – V ZR 63/74, WM 1976, 323 f.).

[12]   b) Nun­mehr be­stimmt § 444 Fall 1 BGB, dass sich der Ver­käu­fer auf ei­ne Ver­ein­ba­rung, durch wel­che die Rech­te des Käu­fers we­gen ei­nes Man­gels aus­ge­schlos­sen oder be­schränkt wer­den, nicht be­ru­fen kann, so­weit er den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat. Es be­steht kei­ne Ei­nig­keit dar­über, wie die Vor­schrift im Hin­blick auf ei­ne Ver­käu­fer­mehr­heit zu ver­ste­hen ist.

[13]   aa) Das Be­ru­fungs­ge­richt folgt ei­ner in der Rechts­li­te­ra­tur ver­brei­te­ten An­sicht, wo­nach dem nicht arg­lis­tig han­deln­den Ver­käu­fer die Be­ru­fung auf den Haf­tungs­aus­schluss nur dann ver­wehrt ist, wenn er sich das arg­lis­ti­ge Han­deln sei­nes Mit­ver­käu­fers ge­mäß § 166 BGB zu­rech­nen las­sen muss. Der Käu­fer wer­de aus­rei­chend ge­schützt, weil er von dem arg­lis­tig Han­deln­den Scha­dens­er­satz ver­lan­gen kön­ne (MünchKomm-BGB/H. P. Wes­ter­mann, 7. Aufl., § 444 Rn. 12; Er­man/B. Gru­ne­wald, BGB, 14. Aufl., § 444 Rn. 10; Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: 01.08.2014, § 444 Rn. 17; BeckOGK-BGB/Stö­ber, Stand: 04.01.2016, § 444 Rn. 48). Ei­ne an­de­re Sicht­wei­se sei, so meint das Be­ru­fungs­ge­richt, mit dem die Ge­samt­schuld prä­gen­den Grund­satz der Ein­zel­wir­kung von Tat­sa­chen ge­mäß § 425 BGB nicht zu ver­ein­ba­ren. Der Sa­che nach wird hier­mit die frü­he­re Recht­spre­chung zu § 463 Satz 2 BGB a.F. fort­ge­führt.

[14]   bb) Die Ge­gen­auf­fas­sung über­trägt die Recht­spre­chung zu § 476 BGB a.F. auf das neue Recht, in­dem al­len Ver­käu­fern die Be­ru­fung auf den Haf­tungs­aus­schluss ver­wehrt wird (OLG Bran­den­burg, Urt. v. 14.11.2013 – 5 U 6/11, ju­ris Rn. 31 f.; Grzi­wotz, IMR 2015, 468; oh­ne nä­he­re Be­grün­dung ju­risPK-BGB/Pamm­ler, Stand: 13.03.2015, § 444 Rn. 31; HK-BGB/Sa­en­ger, 8. Aufl., § 444 Rn. 5; i. E. of­fen­las­send Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2013, § 444 Rn. 48).

[14]   c) Der Se­nat hält die zu­letzt ge­nann­te An­sicht für rich­tig. Ver­schweigt ei­ner von meh­re­ren Ver­käu­fern ei­nen Man­gel der Kauf­sa­che arg­lis­tig, kön­nen sich sämt­li­che Ver­käu­fer ge­mäß § 444 Fall 1 BGB nicht auf den ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung be­ru­fen.

[15]   aa) Im Aus­gangs­punkt zu­tref­fend er­kennt das Be­ru­fungs­ge­richt, dass sich die frü­he­re Rechts­la­ge we­gen der ge­än­der­ten Kon­zep­ti­on des Schuld­rechts nicht un­ver­än­dert fort­schrei­ben lässt. Ver­wehrt man – wie es der Se­nat für rich­tig hält – in die­ser Fall­kon­stel­la­ti­on al­len Ver­käu­fern die Be­ru­fung auf den Haf­tungs­aus­schluss, wird näm­lich die Haf­tung des nicht arg­lis­tig Han­deln­den ge­gen­über dem frü­he­ren Recht er­wei­tert. Wäh­rend das arg­lis­ti­ge Ver­hal­ten des Ver­käu­fers nach § 463 Satz 2 BGB a.F. Vor­aus­set­zung für ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch war, ist die Pflicht zur Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che seit der Re­form des Schuld­rechts Teil des Er­fül­lungs­an­spruchs (§ 433 I 2 BGB). Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch ist ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 280 I 2, 276 I 1 BGB auch bei ei­ner fahr­läs­sig ver­schul­de­ten man­gel­haf­ten Lie­fe­rung ge­ge­ben. Das arg­lis­ti­ge Ver­hal­ten des Ver­käu­fers ist in die­sem Zu­sam­men­hang nur noch im Rah­men von § 444 BGB von Be­deu­tung (vgl. Se­nat, Urt. v. 15.07.2011 – V ZR 171/10, BGHZ 190, 272 Rn. 13). Die Haf­tung des Ver­käu­fers ist durch die Ein­füh­rung ei­ner all­ge­mei­nen Scha­dens­er­satz­pflicht ge­zielt ver­schärft wor­den (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 226). Da es für die Be­grün­dung der Scha­dens­er­satz­pflicht kei­ner Zu­rech­nung von Arg­list mehr be­darf, be­trifft die Zu­läs­sig­keit der Be­ru­fung auf den Haf­tungs­aus­schluss nicht den von dem Be­ru­fungs­ge­richt her­an­ge­zo­ge­nen Grund­satz der Ein­zel­wir­kung ge­mäß § 425 BGB. Das für die Scha­dens­er­satz­pflicht nun­mehr er­for­der­li­che Ver­schul­den i. S. von § 276 BGB muss – wie in § 425 BGB vor­ge­se­hen – bei je­dem ein­zel­nen Ver­käu­fer vor­lie­gen, um des­sen Haf­tung zu be­grün­den.

[16]   bb) Maß­geb­lich für die Fra­ge, ob sich der nicht arg­lis­tig han­deln­de Ver­käu­fer auf den Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen darf, ist da­her al­lein die Aus­le­gung von § 444 Fall 1 BGB.

[17]   (1) Der Wort­laut die­ser Norm ist in­so­weit nicht ein­deu­tig, als die Arg­list nicht mehr zur Nich­tig­keit, son­dern da­zu führt, dass der Ver­käu­fer sich auf den Haf­tungs­aus­schluss nicht be­ru­fen kann. Dies lässt sich so ver­ste­hen, dass § 444 Fall 1 BGB bei ei­ner Ver­käu­fer­mehr­heit je­weils ein in­di­vi­du­el­les Fehl­ver­hal­ten vor­aus­setzt, die Arg­list al­so bei je­dem ein­zel­nen Ver­käu­fer vor­lie­gen muss. Da die Be­stim­mung aber nicht re­gelt, wie ei­ne Mehr­zahl von Ver­käu­fern zu be­han­deln ist, lässt sich ihr Wort­laut auch so deu­ten, dass der „Ver­käu­fer­sei­te" die Be­ru­fung auf den Haf­tungs­aus­schluss ver­wehrt ist; dies ent­spricht der zu­vor nach § 476 BGB a.F. an­ge­ord­ne­ten, den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss in al­ler Re­gel ins­ge­samt er­fas­sen­den Nich­tig­keit.

[18]   (2) Für das zu­letzt ge­nann­te Ver­ständ­nis von § 444 Fall 1 BGB spricht ent­schei­dend, dass die Rech­te des Käu­fers an­dern­falls in er­heb­li­chem Ma­ße be­schränkt wür­den.

[19]   (a) Die in § 476 BGB a.F. ge­re­gel­te und re­gel­mä­ßig zu­las­ten al­ler Ver­käu­fer wir­ken­de Nich­tig­keits­fol­ge wur­de (nur) des­halb nicht in das neue Recht über­nom­men, weil klar­ge­stellt wer­den soll­te, dass die Un­wirk­sam­keit des Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses kei­nes­falls zur Un­wirk­sam­keit des ge­sam­ten Kauf­ver­trags füh­re (BT-Drs. 14/6040, S. 240). Dies ent­sprach – wie oben aus­ge­führt – be­reits vor der Re­form ein­hel­li­ger An­sicht. Ab­ge­se­hen von der in­so­weit ge­wünsch­ten Klar­stel­lung hat der Ge­setz­ge­ber die in § 476 BGB a.F. ent­hal­te­ne Re­ge­lung be­züg­lich der Arg­list un­ver­än­dert in § 444 BGB über­nom­men; wei­te­re Rechts­än­de­run­gen hat er hier­bei nicht er­wo­gen.

[20]   (b) Zu ei­ner für den Käu­fer äu­ßerst nach­tei­li­gen Rechts­än­de­rung führ­te aber die von dem Be­ru­fungs­ge­richt für rich­tig ge­hal­te­ne Aus­le­gung des § 444 Fall 1 BGB. Nach al­tem Recht be­stand – wie be­reits ge­zeigt – das Recht zur Wan­de­lung oder Min­de­rung ge­gen­über al­len Ver­käu­fern, wenn der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss auf­grund der Arg­list ei­nes Ver­käu­fers ins­ge­samt nich­tig war. Hier­von wi­che das neue Recht ab, wenn der Käu­fer nun­mehr im Grund­satz den Arg­list­nach­weis ge­gen­über al­len Ver­käu­fern füh­ren müss­te, um ei­nen Rück­tritt oder die Min­de­rung (die ge­mäß § 441 II BGB nur ge­gen­über al­len Ver­käu­fern er­klärt wer­den kann) vor­neh­men zu kön­nen. Ins­be­son­de­re bei ei­ner Viel­zahl von Ver­käu­fern könn­te ihn dies vor er­heb­li­che Pro­ble­me stel­len. Bei Arg­list nur ei­nes Ver­käu­fers be­schränk­ten sich die Käu­fer­rech­te im Grund­satz auf Scha­dens­er­satz­an­sprü­che ge­gen die­sen.

[21]   (c) Da­für, dass der Re­form­ge­setz­ge­ber die Rechts­po­si­ti­on des Käu­fers sol­cher­ma­ßen ver­schlech­tern woll­te, in­dem er die Nich­tig­keits­fol­ge nicht in das neue Recht über­nahm, fehlt jeg­li­cher An­halts­punkt. Im Ge­gen­teil stün­de dies im Wi­der­spruch zu den all­ge­mei­nen Zie­len der Schuld­rechts­re­form, die ge­ra­de die Ver­bes­se­rung der Män­gel­an­sprü­che des Käu­fers durch die Ver­schär­fung der Ver­käu­fer­pflich­ten her­bei­füh­ren soll­te (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 226). Über ei­ne (ge­ge­be­nen­falls ana­lo­ge) An­wen­dung von § 166 BGB lässt sich ei­ne an­ge­mes­se­ne, die In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­par­tei­en wah­ren­de Lö­sung nicht er­zie­len. Die dar­auf ge­stütz­te Zu­rech­nung der Arg­list ei­nes Mit­ver­käu­fers schei­ter­te näm­lich dann, wenn – wie hier – die Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen durch den nicht arg­lis­ti­gen Ver­käu­fer ge­führt wer­den, wäh­rend der arg­lis­ti­ge Mit­ver­käu­fer le­dig­lich ei­ne Of­fen­ba­rungs­pflicht ver­letzt, oh­ne aus­drück­li­che Er­klä­run­gen ab­zu­ge­ben. In­fol­ge­des­sen haf­te­te der selbst nicht arg­lis­ti­ge Ver­käu­fer, wenn er sich im Hin­ter­grund hält und durch den arg­lis­ti­gen Mit­ver­käu­fer ver­tre­ten lässt, aber nicht, wenn er selbst die Ver­hand­lun­gen führt; ei­ne sol­che Dif­fe­ren­zie­rung kann nicht über­zeu­gen.

[23]   (3) Im Er­geb­nis muss ei­ne Ver­käu­fer­mehr­heit im In­nen­ver­hält­nis da­für Sor­ge tra­gen, dass die im Ver­hält­nis zu dem Käu­fer be­ste­hen­den Of­fen­ba­rungs­pflich­ten er­füllt wer­den, um ins­ge­samt von dem Aus­schluss der Sach­man­gel­haf­tung pro­fi­tie­ren zu kön­nen. An­dern­falls er­weist sich die Frei­zei­ch­nung aus Sicht des Käu­fers als un­red­lich; hier­vor soll § 444 BGB den Käu­fer schüt­zen (vgl. Se­nat, Urt. v. 15.07.2011 – V ZR 171/10, BGHZ 190, 272 Rn. 13).

[24]   3. Da­nach kann das Be­ru­fungs­ur­teil kei­nen Be­stand ha­ben, so­weit es mit der Re­vi­si­on an­ge­grif­fen wor­den ist. Der Se­nat kann in der Sa­che selbst ent­schei­den, da die­se zur Ent­schei­dung reif ist (§ 563 III ZPO). Die Klä­ger kön­nen die im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren be­an­spruch­te Zah­lung von 24.635,25 € ver­lan­gen. In die­ser Hö­he hat das Be­ru­fungs­ge­richt den Be­klag­ten zu 1 ver­ur­teilt. Da­bei hat es die sach­ver­stän­dig er­mit­tel­ten Kos­ten für die Sa­nie­rung der Stüt­zwand in Hö­he von 16.800 € net­to zu­grun­de ge­legt, de­ren Er­for­der­lich­keit bei­de Be­klag­ten in zwei­ter In­stanz nicht mehr an­ge­grif­fen ha­ben. Dar­über hin­aus hat das Be­ru­fungs­ge­richt die wei­ter gel­tend ge­mach­ten, den Klä­gern be­reits ent­stan­de­nen Kos­ten in Hö­he von 7.835,25 € (be­zahl­te Fremd­leis­tung 4.101,44 € brut­to, er­folg­te Ei­gen­leis­tung 3.733,81 € net­to) für er­satz­fä­hig ge­hal­ten. Auf die in­so­weit zu­tref­fen­de nä­he­re Be­grün­dung wird Be­zug ge­nom­men. Nach­dem die Klä­ger die von dem Be­ru­fungs­ge­richt vor­ge­nom­me­nen Kür­zun­gen im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren hin­ge­nom­men ha­ben, be­darf es wei­te­rer Fest­stel­lun­gen nicht. …

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