- Ein sechs Jahre alter Gebrauchtwagen, der eine Laufleistung von rund 105.000 km aufweist, ist nicht deshalb i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, weil bei dem Fahrzeug die Motorhaube technisch einwandfrei neu lackiert wurde.
- Ein Gebrauchtwagenhändler muss ein Fahrzeug vor dem Verkauf grundsätzlich nur einer fachmännischen äußeren Besichtigung („Sichtprüfung“) unterziehen. Einer detaillierten Untersuchung des Fahrzeugs, zum Beispiel einer Messung der Lackschichtdicke, bedarf es nur, wenn der Händler konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Mangels hat. Den Händler trifft auch keine generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, sich über mögliche das Fahrzeug betreffende Rückrufaktionen zu informieren.
- Dass ein sechs Jahre alter Gebrauchtwagen nicht wie vom Verkäufer angegeben zwei, sondern drei Vorbesitzer hatte, ist allenfalls ein i. S. des § 323 V 2 BGB geringfügiger Mangel. Denn für einen Käufer ist zwar regelmäßig kaufentscheidend, ob er ein Fahrzeug „aus erster Hand“ erhält. Ob zwei oder drei Halter im Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung Teil II) eingetragen sind, ist aber nicht von entscheidender Bedeutung.
LG Lüneburg, Urteil vom 07.03.2016 – 6 O 55/15
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb von der Beklagten, die gewerblich mit Kraftfahrzeugen handelt, am 29.09.2014 einen Gebrauchtwagen zum Preis von 10.000 €. Im schriftlichen Kaufvertrag ist die „Zahl der Halter It. Fz-Brief“ mit „2“ angegeben, obwohl das von der Klägerin erworbene Fahrzeug tatsächlich drei Vorbesitzer hatte.
Die Beklagte hatte dieses Fahrzeug mit Kaufvertrag vom 19.09.2014 angekauft. Dieser Vertrag enthält den Vermerk „Das Fahrzeug ist unfallfrei und hat keine verborgenen Schäden, ist rissfrei/bruchfrei/schweißfrei.“
Gegenüber der Klägerin will die Beklagte erklärt haben, dass das Fahrzeug nach den Angaben des Vorbesitzers unfallfrei sei und keine Mängel aufweise. Die Klägerin behauptet demgegenüber, dass die Beklagte die Einschränkung „laut Vorbesitzer“ nicht gemacht, sondern uneingeschränkt erklärt habe, das Fahrzeug sei unfallfrei und weise keine Mängel auf.
Vor dem Ankauf des später an die Klägerin veräußerten Fahrzeugs hatte die Beklagte den Pkw einer Sichtprüfung unterzogen und für augenscheinlich einwandfrei befunden. Übergeben wurde das Fahrzeug der Beklagten, nachdem seitens der Beklagten Winterreifen aufgezogen und die vorderen Bremsscheiben und Bremsbeläge erneuert worden waren. Außerdem hatte die D-GmbH vor Übergabe des Fahrzeugs an die Klägerin eine Hauptuntersuchung durchgeführt.
Einige Wochen, nachdem ihr das Fahrzeug übergeben worden war, stellte die Klägerin es der Beklagten mit einem angebrochenen Spoiler vor, der von der Beklagten geklebt wurde. Im April 2015 zog die Beklagte Sommerreifen auf das Fahrzeug der Klägerin auf. Als die Klägerin anschließend die Reifen und die Bremsen bemängelte, bot ihr die Beklagte an, neue Sommerreifen zu montieren und die Bremsen zu erneuern. Dieses Angebot nahm die Beklagte nicht an.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 07.05.2015 die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 I Fall 1 BGB) erklärt.
Sie behauptet, sie habe nach dem Aufzug der Sommerreifen auffällige Fahrgeräusche wahrgenommen und deshalb eine VW-Vertragswerkstatt aufgesucht. Dort sei festgestellt worden, dass sich an den Sommerreifen Rillen gebildet hätten und die Bremsen nicht ordnungsgemäß eingestellt seien. Außerdem ergebe sich aus der Reparaturhistorie des Fahrzeugs, die seitens der Vertragswerkstatt eingesehen worden sei, dass an ihrem Fahrzeug die Motorhaube ausgebeult und neu lackiert worden sei, dass das Fahrzeug einen Unterbodenschaden aufgewiesen und dass es an einer das Getriebe betreffenden Rückrufaktion nicht teilgenommen habe. Der Geschäftsführer der Beklagten, so behauptet die Klägerin weiter, habe ihre Frage, ob das Fahrzeug „aus erster Hand“ stamme, bejaht und – was unstreitig ist – ergänzt, dass es nur noch von der Frau des Halters gefahren werde.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Die … Klage ist nicht begründet.
1. Die mit Schriftsatz vom 07.05.2015 erklärte Anfechtung gemäß § 123 I Fall 1 BGB führt nicht zur Nichtigkeit des Kaufvertrags vom 29.09.2014, da der Klägerin der Beweis einer arglistigen Täuschung über kaufentscheidende Tatsachen durch die Beklagte nicht gelungen ist.
Unter einer Täuschung i. S. des § 123 I Fall 1 BGB versteht man die vorsätzliche Erregung, Bestärkung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums, sei es durch das Vorspiegeln falscher oder das Verschweigen wahrer Tatsachen, um den Willensentschluss des Getäuschten zu beeinflussen. Ein Täuschungswille kann dabei nur vorliegen, wenn der Täuschende die Unrichtigkeit seiner Angaben kennt. Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig, wer einen Fehler mindestens für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Macht der Täuschende unrichtige Angaben „ins Blaue hinein“, rechnet er mit der Unrichtigkeit und nimmt dies billigend in Kauf.
Nach diesen Grundsätzen liegt eine arglistige Täuschung der Beklagten nicht vor.
a) Soweit die Klägerin behauptet, die Beklagte habe angegeben, der Pkw habe nur einen Vorbesitzer („aus erster Hand“), liegt in Anbetracht dessen, dass im Kaufvertrag „zwei Halter laut Fz-Brief“ eingetragen ist, eine Täuschung nicht vor. Selbst wenn der Vertrag mit der Klägerin im Einzelnen nicht durchgegangen worden sein sollte, hätte sie die Möglichkeit gehabt, sich den sehr übersichtlichen Vertrag vor dem Unterschreiben anzuschauen. Wer Rechte und Pflichten durch Unterzeichnung eines Kaufvertrags eingeht, hat auch die Obliegenheit, den Vertrag zuvor zu prüfen. Tut er dies nicht, kann er im Nachhinein seinem Vertragspartner keine Täuschung vorwerfen.
Soweit im Fahrzeugbrief tatsächlich drei Vorbesitzer eingetragen sind, liegt darin keine Täuschung über eine kaufentscheidende Tatsache. Die Klägerin hat deutlich gemacht, dass es ihr wichtig war, einen Wagen aus erster Hand zu erwerben. Dass es auch kaufentscheidend gewesen ist, ob zwei oder drei Vorbesitzer eingetragen waren, hat sie nicht dargelegt. Davon ist üblicherweise auch nicht auszugehen, da die Abweichung, wenn überhaupt, nur einen unerheblichen Mangel darstellt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter 2 a verwiesen.
b) Soweit die Beklagte gegenüber der Klägerin angegeben hat, der Pkw sei – laut Angaben des Vorbesitzers – unfall- und mangelfrei, ist der Beweis einer arglistigen Täuschung ebenfalls nicht gelungen.
aa) Nach unbestrittenen Angaben resultierte die Beule in der Motorhaube sowie die daraus resultierende Neulackierung … nicht aus einem Unfall, sodass die Bezeichnung als „unfallfrei“ insoweit der Wahrheit entspricht. Der Geschäftsführer der Beklagten hat dazu angegeben, dass ihm der Vorbesitzer im Nachhinein mitgeteilt habe, dass eine fingernagelgroße Beule ungeklärten Ursprungs vorgefunden wurde.
Hinsichtlich der Neulackierung der Motorhaube liegt auch kein Mangel des Pkw vor. Nach ständiger Rechtsprechung weist ein Fahrzeug auch bei Ersetzung der Originallackierung durch eine ordnungsgemäß ausgeführte Neulackierung keinen Mangel auf (BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 191/07, juris Rn. 8 ff.; OLG Bamberg, Urt. v. 09.02.2011 – 8 U 166/10; OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.07.2002 – 17 U 9/02, juris Rn. 15; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 15.02.2001 – 3 U 86/00, OLGR 2001, 109, 110; LG Kiel, Urt. v. 27.02.2015 – 3 O 25/14; LG Oldenburg, Urt. v. 05.04.2005 – 8 O 51/05, MDR 2006, 444; LG Itzehoe, Urt. v. 25.08.2003 – 2 O 41/03, juris Rn. 21).
Zudem ist der Klägerin der Beweis nicht gelungen, dass der Verkäufer die den Mangel ausmachenden Tatsachen bei Abschluss des Vertrags gekannt oder wenigstens für möglich gehalten hat. Insoweit hat der Geschäftsführer der Beklagten geschildert, dass ihm der Vorbesitzer zugesichert habe, dass der Pkw unfallfrei sei und keine verborgenen Schäden aufweise, was sich auch aus dem Kaufvertrag vom 19.09.2015 ergibt. Erst im Nachhinein auf Nachfrage habe der Vorbesitzer mitgeteilt, dass sich auf der Motorhaube eine fingernagelgroße Beule unbekannten Ursprungs befunden habe. Diese sei herausgedrückt und die Motorhaube neu lackiert worden.
Auch liegt keine Angabe ins Blaue hinein vor. Der Geschäftsführer der Beklagten gibt unbestritten an, dass der Meister eine Sichtprüfung durchgeführt habe. Dazu hat die Klägerin zwar behauptet, dass die Neulackierung der Motorhaube in diesem Rahmen hätte erkannt werden müssen. Dies hat der Geschäftsführer der Beklagten jedoch nachvollziehbar dahin gehend verneint, dass man dazu ein Lackschichtmessgerät benötige, welches die Beklagte nicht besitze. In der Rechtsprechung ist zudem anerkannt, dass eine Sichtkontrolle bei Verkauf eines Pkw durch einen gewerblichen Gebrauchtwagenhändler wie vorliegend erfolgt ausreicht und eine detailliertere Untersuchung, zum Beispiel durch die Messung der Lackschichtdicke, nur bei konkreten Anhaltspunkten erforderlich ist (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl. [2014], Rn. 3843 ff.; zur Messung der Lackschichtdicke vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3885). Dass konkrete Anhaltspunkte für eine Neulackierung der Motorhaube vorlagen, hat die Klägerin nicht mit Substanz dargelegt, und derartige Anhaltspunkte sind auch nicht ersichtlich.
Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass sich diese Reparatur aus der Reparaturhistorie des Pkw ergebe, hatte die Beklagte keine Möglichkeiten, sich über vorausgegangene Arbeiten an dem Pkw bzw. die technische Historie (Reparaturhistorie) zu informieren, da aus datenschutzrechtlichen Gründen ein Zugriff auf die Reparaturhistorie nur dem Vertragshändler möglich ist (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3898).
bb) Auch hinsichtlich der behaupteten Nichtteilnahme an der Rückrufaktion besteht keine arglistige Täuschung der Beklagten. Es besteht zwar ein Zugriff auf Rückrufaktionen (z. B. www.autoservicepraxis.de). Ohne konkreten Anlass besteht jedoch keine Rechtspflicht, sich elektronischer Informationssysteme zu bedienen (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3898). Auch insoweit hat die Klägerin trotz Hinweises durch die Kammer nicht mit Substanz dargelegt, woraus sich ein konkreter Anhaltspunkt auf eine das Fahrzeug betreffende Rückrufaktion ergeben haben soll.
cc) Auch hinsichtlich der Sommerreifen ist der Beweis nicht gelungen, dass diese bei Vertragsschluss Schäden aufwiesen bzw. mangelhaft waren und die Beklagte insoweit arglistig getäuscht hat.
Hinsichtlich der Reifen und Felgen ist die Profiltiefe durch Sichtprüfung zu überprüfen (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3887), was vorliegend erfolgt ist. Unstreitig wurde der Pkw auch der D-GmbH zur Hauptuntersuchung vorgestellt. Im Rahmen der Untersuchung werden auch die Reifen überprüft und wurden hier als mangelfrei eingestuft. Auch wurde eine Probefahrt durchgeführt, bei der den Parteien nichts aufgefallen ist. Dabei ist auch davon auszugehen, dass zumindest bei der Probefahrt am 29.09.2014 die jetzt beanstandeten Sommerreifen aufgezogen waren, wie es der Geschäftsführer der Beklagten schlüssig vorträgt. Er hat überzeugend geschildert, dass aufgrund des An- und Verkaufsmonats September die Sommerreifen bereits beim Ankauf aufgezogen waren. Zudem hat er angegeben, dass diese auf den hochwertigeren Felgen waren und üblicherweise die hochwertigeren Reifen zum Verkauf aufgezogen bleiben bzw. werden. Dies ergibt sich auch so aus dem Kaufvertrag, in dem angegeben ist „Winterreifen + 1 Einlagerung kostenfrei“. Der Geschäftsführer der Beklagten gab an, dass vor Abholung des Pkw umgerüstet wurde auf Winterreifen, was die Rechnung bestätigt. Dagegen gab die Klägerin an, sich nicht mehr erinnern zu können, weiche Reifen aufgezogen waren. Dass sie nunmehr aus der Tatsache, dass nach dem Aufziehen der Sommerreifen diese nicht rund gelaufen seien und festgestellt worden sei, dass sich Rillen gebildet hätten, darauf zurückschließt, dass sie bei der Hauptuntersuchung nicht aufgezogen gewesen sein können, widerlegt indes nicht, dass sie bei der Besichtigung und der Probefahrt aufgezogen gewesen sind. Zudem reicht es nicht aus zu widerlegen, dass die Beklagte die Reifen ordnungsgemäß geprüft hat und nicht vorwerfbar für „in Ordnung“ befunden hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das Fahrzeug bereits eine Laufleistung von 105.000 km aufgewiesen hat und dementsprechend keine neuwertigen Reifen zu erwarten waren. Da die Reifen mehrere Monate eingelagert waren, ist es auch nicht ausgeschlossen, dass dadurch ebenfalls eine Verschlechterung des Reifenmaterials eingetreten ist.
Zudem hat die Klägerin nicht mit Substanz dargelegt, dass der Zustand der Sommerreifen für sie kaufentscheidend war, zudem sie auch einen weiteren Satz Winterreifen erhalten hat. Aus ihrem Vortrag ergibt sich vielmehr, dass sie mit einem Austausch der Reifen zufrieden gewesen wäre.
dd) Selbiges gilt hinsichtlich der Bremsen. Insoweit wurden durch die Beklagte die Bremsscheiben und -beläge vorn erneuert. In der Hauptuntersuchung wurden die Bremsen für mangelfrei befunden. Dass die Beklagte in Person von Herrn B im Frühjahr 2015, sieben Monate nach dem Kauf, darauf hingewiesen hat, dass die hinteren Bremsen reparaturbedürftig seien, sagt nichts über ihren Zustand bei Abschluss des Kaufvertrags aus. Bremsscheiben und -beläge gehören zu den üblichen Verschleißteilen, sodass sie im Rahmen des zwischenzeitlichen Gebrauchs durch die Klägerin, der … bei 5.000–6.000 km gelegen haben dürfte, eine Verschlechterung erfahren haben.
ee) Soweit ein Schaden am Fahrzeugboden gerügt wird, mangelt der Vortrag an Substanz. Trotz Hinweises der Kammer mit Hinweisbeschluss vom 18.12.2015 erfolgte kein weiterer Vortrag.
ff) Soweit ein angebrochener Spoiler an der Radhausschale gerügt wird, wurde die Anfechtung darauf nicht gestützt. Zudem ist der Klägerin insoweit der Beweis einer arglistigen Täuschung nicht gelungen. Die Klägerin selbst trägt vor, dies bereits bei Vertragsschluss bemängelt zu haben. Aufgrund eigener Kenntnis scheidet eine arglistige Täuschung aus.
2. Ein Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises ergibt sich auch nicht aus einem Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 BGB. Zwar mag die Anfechtungserklärung gemäß § 140 BGB in eine Rücktrittserklärung umgedeutet werden (vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 18.08.2005 – 5 U 11/05, juris). Ein Rücktrittsrecht liegt aber nicht vor, weil ein zum Rücktritt berechtigender Mangel des Fahrzeugs nicht vorliegt und es an einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung fehlt.
a) Hinsichtlich der behaupteten Angabe „aus erster Hand“ gilt das unter 1 a Gesagte entsprechend. Da zwischen den Parteien ein schriftlicher Kaufvertrag geschlossen wurde und in diesem eine Angabe zu den Vorbesitzern enthalten ist, kann selbst bei vorherigen Angaben der Beklagten über die Anzahl der Vorbesitzer erst mit Abschluss des Kaufvertrags eine Beschaffenheit endgültig vereinbart worden sein. Der Kaufvertrag benennt insoweit zwei Vorbesitzer. Jedoch fehlt es aufgrund des Zusatzes „laut Fahrzeugbrief“ auch insoweit an einer Beschaffenheitsvereinbarung, vielmehr liegt nur eine Wissensmitteilung vor.
Zumindest ist ein Rücktritt vom Vertrag nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen, weil selbst bei Vorliegen eines Mangels dieser unerheblich ist. Bei einem sechs Jahre alten Pkw stellt es nur einen unerheblichen Mangel dar, wenn statt zwei drei Vorbesitzer in der Zulassungsbescheinigung eingetragen sind. Hat ein Fahrzeug nur einen Vorhalter, so stellt dies regelmäßig eine Eigenschaft dar, die für einen Käufer kaufentscheidend sein mag. Die Frage, ob zwei oder drei Halter in der Zulassungsbescheinigung eingetragen sind, ist demgegenüber nicht von so entscheidender Bedeutung (vgl. LG Kiel, Urt. v. 27.02.2015 – 3 O 25/14, juris).
b) Selbst wenn der Geschäftsführer der Beklagten die Unfall- und Mangelfreiheit ohne den Zusatz „laut Vorbesitzer“ zugesichert haben sollte, worin eine Beschaffenheitsvereinbarung zu sehen wäre, ist ein Rücktritt insoweit nicht möglich.
aa) Soweit es um die Neulackierung der Motorhaube geht, liegt darin weder ein Mangel, noch resultiert sie aus einem Unfall (s. dazu bereits oben unter 1 b aa).
bb) Aufgrund obiger Darstellungen unter 1 b bb und cc ist hinsichtlich der Reifen und der Bremsen (vgl. auch LG Aachen, Urt. v. 23.10.2003 – 6 S 99/03, juris) bereits der Nachweis nicht gelungen, dass die behaupteten Mängel bei Vertragsschluss bereits vorlagen.
Hinsichtlich der Reifen ist zudem kein Mangel anzunehmen. Da keine Beschaffenheitsvereinbarung diesbezüglich gegeben ist, ist zu beurteilen, ob der Pkw sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 434 Rn. 81).
Bei Abschluss des Kaufvertrags hatte der sechs Jahre alte Pkw bereits eine Laufleistung von 105.000 km. Die Klägerin konnte daher nicht damit rechnen, neuwertige Reifen zu erhalten. Zudem hat sie neben den Sommerreifen einen Satz fahrbarer Winterreifen erhalten, sodass der Pkw zumindest mit einem Satz nicht zu beanstandender Reifen ausgestattet war. Mehr konnte ein Käufer nach der Art der Sache auch unter Berücksichtigung des Kaufpreises von 10.000 € nicht erwarten.
Zudem geht die Nachbesserung dem Rücktritt vor, was sich daraus ergibt, dass dem Verkäufer gemäß § 323 I BGB zunächst die Möglichkeit zur Nacherfüllung eingeräumt werden muss, wenn nicht eine Ausnahme nach § 323 II BGB bzw. § 440 BGB vorliegt. Unstreitig wurde der Klägerin durch die Beklagte angeboten, die Bremsen und die Reifen kostenlos zu ersetzen. Dieses Angebot hat sie nicht angenommen, sondern den Kaufvertrag angefochten. Soweit die Klägerin dies damit begründet, dass sie das Vertrauen in die Beklagte verloren habe, weil sie zwischenzeitlich im Kaufvertrag gesehen habe, dass dort „zwei Vorbesitzer“ statt der behaupteten Angabe „aus erster Hand“ eingetragen waren, liegt darin kein Grund nach § 323 II Nr. 3 BGB bzw. § 440 Satz 1 BGB. Wie bereits dargestellt, hat sie den Vertrag ungelesen unterschrieben und kann es deswegen der Beklagten nunmehr nicht vorwerfen, dass die von ihr angenommene Vorbesitzerzahl nicht zutrifft.
cc) Hinsichtlich der Nichtteilnahme an der Rückrufaktion, des Schadens am Fahrzeugboden und des Schadens am Verblender fehlt dem Vortrag die erforderliche Substanz, um einen Mangel anzunehmen. Zudem fehlt die erfolglose Fristsetzung zur Nachbesserung.
3. Auch der hilfsweise gestellte Antrag ist unbegründet. Die Minderung nach §§ 433, 434, 437 Nr. 2 Fall 2, § 441 BGB unterliegt bis auf § 323 V 2 BGB denselben Voraussetzungen wie der Rücktritt, sodass es auch hinsichtlich des Hilfsantrags an einem Mangel und – wo erforderlich – an der Fristsetzung zur Mangelbeseitigung fehlt. …