1. Mit dem „Ori­gi­nal­mo­tor“ ei­nes Ge­braucht­wa­gens ist je­den­falls aus der Sicht ei­nes pri­va­ten Käu­fers der sei­tens des Her­stel­lers ur­sprüng­lich in das Fahr­zeug ein­ge­bau­te (ers­te) Mo­tor ge­meint. Dass der Käu­fer die Be­zeich­nung „Ori­gi­nal­mo­tor“ an­ders ver­stan­den hat, muss der Ver­käu­fer be­wei­sen, wenn er sich dar­auf be­ruft.
  2. Ha­ben die Par­tei­en ei­nes Ge­braucht­wa­gen­kauf­ver­tra­ges ei­ne be­stimm­te Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs ver­ein­bart und gleich­zei­tig die Haf­tung des Ver­käu­fers für Sach­män­gel aus­ge­schlos­sen, so kann der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nur da­hin aus­ge­legt wer­den, dass er nicht für das Feh­len der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit gel­ten soll.
  3. Der aus § 346 I, II Nr. 1 BGB fol­gen­de An­spruch des Ver­käu­fers auf ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung ist nicht von Amts we­gen, son­dern nur dann zu be­rück­sich­ti­gen, wenn der Ver­käu­fer ihn gel­tend macht.

LG Hal­le (Saa­le), Ur­teil vom 10.04.2015 – 5 O 307/14
(nach­fol­gend: OLG Naum­burg, Ur­teil vom 28.09.2015 – 1 U 59/15)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen ge­brauch­ten Pkw (Chrys­ler PT Crui­ser GT 2.4 Tur­bo).

Der Be­klag­te be­treibt ei­nen On­line­han­del mit Kfz-Er­satz­tei­len. Ob er die­sen – wie der Klä­ger be­haup­tet – schon im Jah­re 2013 be­trie­ben und dar­über hin­aus ge­werb­lich mit Kraft­fahr­zeu­gen ge­han­delt hat, oder ob der Be­klag­te – wie die­ser be­haup­tet – nur den Er­satz­teil­han­del be­treibt, und das auch erst seit Mai 2014, ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig.

Am 09.05.2013 er­warb X das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug mit ei­nem an­ge­ge­be­nen Ki­lo­me­ter­stand von 47.000 zum Preis von 7.800 € vom Sohn des Be­klag­ten. An­schlie­ßen­de In­ter­net­re­cher­chen des X er­ga­ben, dass der Be­klag­te das Fahr­zeug am 19.11.2012 mit ei­ner Lauf­leis­tung von 190.274 km als Bast­ler­fahr­zeug für 1.800 € er­wor­ben hat­te. X ließ des­halb am 09.05.2013 sei­nen Rück­tritt von dem mit dem Sohn des Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag er­klä­ren.

Nach­dem der Be­klag­te den streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw zu­rück­er­hal­ten hat­te, ver­äu­ßer­te er ihn mit schrift­li­chem Kauf­ver­trag vom 21.08.2013 zum Preis von von 6.800 € an den Klä­ger. Die mit „Kauf­ver­trag über ein ge­brauch­tes Kraft­fahr­zeug von pri­vat“ über­schrie­be­ne Ver­trags­ur­kun­de ent­hält un­ter an­de­rem fol­gen­de An­ga­ben:

„50.000 km Mo­tor­lauf­leis­tung … Un­fall­frei­heit wird ga­ran­tiert; Ori­gi­nal­mo­tor; Ge­währ­leis­tung/Ga­ran­tie ist aus­ge­schlos­sen. Ge­kauft wie ge­se­hen …“

Nach­dem der Klä­ger mit dem Fahr­zeug lie­gen ge­blie­ben war und es zu ei­ner Werk­statt hat­te ab­schlep­pen las­sen, er­klär­te er mit An­walts­schrei­ben vom 22.09.2014 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Zur Be­grün­dung be­rief er sich un­ter an­de­rem dar­auf, dass im Kauf­ver­trag ein fal­scher Ki­lo­me­ter­stand an­ge­ge­ben wor­den sei. Tat­säch­lich ha­be der Pkw schon am 19.11.2012 ei­nen Ki­lo­me­ter­stand von 190.274 auf­ge­wie­sen.

Gleich­zei­tig for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten zur Er­stat­tung des Kauf­prei­ses (6.800 €) so­wie zum Er­satz ins­be­son­de­re von Re­pa­ra­tur- und Er­satz­teil­kos­ten in Hö­he von 3.297,73 € und da­mit ins­ge­samt zur Zah­lung von 10.097,73 € bis zum 30.09.2014 auf. Er bot dem Be­klag­ten an, ihm Zug um Zug den Fahr­zeug­schlüs­sel zu über­ge­ben, mit dem der Be­klag­te das Fahr­zeug bei ei­ner Frau F in O. ab­ho­len kön­ne.

Das Land­ge­richt hat den Be­klag­ten mit Ver­säum­nis­ur­teil vom 13.11.2014 ver­ur­teilt, an den Klä­ger 10.097,73 € nebst Zin­sen zu zah­len, und zwar Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs. Au­ßer­dem hat es dem Klä­ger ei­nen An­spruch auf Er­satz vor­ge­richt­lich auf­ge­wand­ter An­walts­kos­ten in Hö­he von 958,19 € nebst Zin­sen zu­er­kannt.

Der Ein­spruch des Be­klag­ten hat­te nur ge­ring­fü­gi­gen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Hin­sicht­lich der nun­mehr vom Be­klag­ten gel­tend ge­mach­ten Nut­zungs­ent­schä­di­gung so­wie der im Ver­säum­nis­ur­teil te­n­o­rier­ten Zin­sen und vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten war das Ver­säum­nis­ur­teil auf­zu­he­ben und die Kla­ge in­so­weit ab­zu­wei­sen (§ 343 II ZPO). Im Üb­ri­gen war das Ver­säum­nis­ur­teil auf­recht­zu­er­hal­ten (§ 343 Satz 1 ZPO).

Denn der Be­klag­te schul­det dem Klä­ger auf­grund des ge­recht­fer­tig­ten Rück­tritts vom Kauf­ver­trag Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses von 6.800 € zu­züg­lich Er­satz der streit­ge­gen­ständ­li­chen not­wen­di­gen Ver­wen­dun­gen und ver­geb­li­chen Auf­wen­dun­gen, mit­hin zu­nächst ins­ge­samt 10.097,73 €. Hier­von ist ein Nut­zungs­wert­er­satz von 680 € ab­zu­set­zen, wes­halb das Ver­säum­nis­ur­teil in Hö­he ei­ner Haupt­for­de­rung von 9.417,73 € auf­recht­zu­er­hal­ten ist.

Im Ein­zel­nen:

Der An­spruch des Klä­gers auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges vom 21 .08.2013 folgt aus §§ 434 I 1, 437 Nr. 2, 440, 323 II Nr. 3, 346 ff. BGB. Denn der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw … ver­füg­te bei Ge­fahr­über­gang nicht über die schrift­lich ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit, da er ent­ge­gen den An­ga­ben im schrift­li­chen Kauf­ver­trag nicht mit dem Ori­gi­nal­mo­tor aus­ge­stat­tet war und ist.

1. Der Streit der Par­tei­en über die Fra­ge, ob der Be­klag­te – auch schon zum re­le­van­ten Zeit­punkt 21.08.2013 – Un­ter­neh­mer i. S. von §§ 474, 14 BGB war und der im Kauf­ver­trag ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss … ge­mäß § 475 I BGB un­wirk­sam ist, kann of­fen­blei­ben.

Denn die Par­tei­en ha­ben im schrift­li­chen Kauf­ver­trag je­den­falls ei­ne be­stimm­te Soll-Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs bei Ge­fahr­über­gang da­hin ge­hend ver­ein­bart, dass die­ses über den Ori­gi­nal­mo­tor ver­fü­ge. Weil die­ser un­strei­tig aber nicht mehr vor­han­den war und ist, weist das Fahr­zeug nicht die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit auf und ist so­mit man­gel­haft ge­mäß § 434 I 1 BGB.

Der ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss er­streckt sich nach der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung auf die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit ge­ra­de nicht (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, ju­ris Rn. 30 f.). Denn bei­de Re­ge­lun­gen zur be­stimm­ten Soll-Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs und zum ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ste­hen gleich­ran­gig ne­ben­ein­an­der und kön­nen des­halb nicht in dem Sin­ne ver­stan­den wer­den, dass der um­fas­sen­de Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss die Un­ver­bind­lich­keit der Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung zur Fol­ge ha­ben soll. Ei­ne nach bei­den Sei­ten in­ter­es­sen­ge­rech­te Aus­le­gung der Kom­bi­na­ti­on von Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung und Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss kann des­halb nur da­hin vor­ge­nom­men wer­den, dass der Haf­tungs­aus­schluss nicht für das Feh­len der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit, son­dern nur für sol­che Män­gel gel­ten soll, die dar­in be­ste­hen, dass sich die Sa­che nicht für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung bzw. nicht für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und kei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (§ 434 I 2 Nrn. 1 und 2 BGB; BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, ju­ris Rn. 31; eben­so OLG Karls­ru­he, Urt. v. 14.01.2014 – 9 U 233/12, ju­ris m. w. Nachw. aus der BGH-Rspr.).

In­so­fern legt die Ein­zel­rich­te­rin den schrift­li­chen Kauf­ver­trag vom 21.08.2013 nach den an­er­kann­ten Aus­le­gungs­grund­sät­zen ge­mäß §§ 133, 157 BGB da­hin aus, dass der Be­klag­te nach sei­ner Ein­tra­gung „Un­fall­frei­heit wird ga­ran­tiert“ mit der wei­te­ren Ein­tra­gung „Ori­gi­nal­mo­tor“ dem kla­gen­den Käu­fer nach des­sen ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont ver­sprach, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Chrys­ler PT Crui­ser nicht über (ir­gend)ei­nen Ori­gi­nal­mo­tor, son­dern den im Werk ein­ge­bau­ten Ori­gi­nal­mo­tor ver­füg­te.

Für die­se Aus­le­gung strei­tet zu­nächst der Wort­laut des schrift­li­chen Kauf­ver­tra­ges, wel­cher die Ver­mu­tung der Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit für sich hat. Denn der Be­klag­te hat nicht et­wa die An­ga­be „Ori­gi­nal­mo­tor“ mit dem un­be­stimm­ten und nach sei­nem In­halt ein­schrän­ken­den Ar­ti­kel „ein" im Sin­ne (ir­gend)ei­nes Ori­gi­nal­mo­tors ver­knüpft, son­dern sich mit der Ver­wen­dung des Wor­tes „Ori­gi­nal­mo­tor“ be­gnügt. Ein Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens, der wie der Klä­ger aber un­strei­tig Ver­brau­cher ist, wird die­se An­ga­be stets im Sin­ne des Vor­han­den­seins des Ori­gi­nal­mo­tors bei Ge­fahr­über­gang ver­ste­hen. Denn wie auch für ei­nen durch­schnitt­lich ver­stän­di­gen Ver­käu­fer, sei er nun Ver­brau­cher oder Un­ter­neh­mer, er­sicht­lich, legt je­der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens Wert dar­auf, ein mög­lichst we­nig re­pa­rier­tes, das heißt zu­vor auch mög­lichst we­nig be­schä­dig­tes Fahr­zeug zu er­wer­ben. In­so­fern ist der Aus­tausch ei­nes Mo­tors näm­lich stets In­diz für ei­nen wo­mög­lich vor­her vor­han­de­nen, wo­mög­lich gar ka­pi­ta­len Mo­tor­scha­den, der auch wei­te­re Bau­tei­le des Fahr­zeugs er­heb­lich in Mit­lei­den­schaft ge­zo­gen ha­be.

Selbst wenn man die­ses In­diz aber nicht be­ja­hen woll­te, ist ei­ne solch gro­ße Re­pa­ra­tur durch ei­nen Ver­käu­fer, der nach ei­ge­nen An­ga­ben noch nicht ein­mal über hin­rei­chen­de Er­fah­run­gen als Un­ter­neh­mer im Be­reich des Pkw-Han­dels und der Pkw-Re­pa­ra­tu­ren ver­fügt, son­dern erst spä­ter ei­nen ge­ring­fü­gi­gen Er­satz­teil­han­del auf­ge­zo­gen hat, ein der­art weit­rei­chen­der Ein­griff in die Kon­struk­ti­on des ge­sam­ten Fahr­zeugs, dass der ge­wöhn­li­che Käu­fer be­strebt ist, ei­nen Ori­gi­nal­mo­tor ge­ra­de nicht von ei­nem in­ter­es­sier­ten Lai­en zu­vor im We­ge ei­nes Aus­tauschs ein­bau­en zu las­sen. Viel­mehr ver­traut er bei Lek­tü­re der schrift­li­chen Be­schaf­fen­heits­an­ga­be „Ori­gi­nal­mo­tor“ dar­auf, dass nicht ir­gend­ein Ori­gi­nal­mo­tor aus ei­nem an­de­ren Fahr­zeug durch den Ge­schäfts­part­ner oder Drit­te, de­ren Zu­ver­läs­sig­keit er eben­so we­nig ein­schät­zen kann, ein­ge­baut wor­den ist, son­dern der Ori­gi­nal­mo­tor im zu ver­kau­fen­den Fahr­zeug noch vor­han­den ist.

Die­se Aus­le­gung wird fer­ner noch da­durch ge­stützt, dass der Be­klag­te ge­ra­de kei­ne Lauf­leis­tung des ge­sam­ten Fahr­zeugs in den schrift­li­chen Kauf­ver­trag auf­ge­nom­men hat. Dies be­stärkt den Käu­fer noch in sei­nem – nach ob­jek­ti­ven Kri­te­ri­en – vor­han­de­nen Ver­trau­en dar­auf, dass der Ori­gi­nalrno­tor bei Über­ga­be vor­han­den sei. Die­ses Ver­ständ­nis hät­te der Be­klag­te oh­ne Wei­te­res da­durch ver­hin­dern kön­nen, dass er in den schrift­li­chen Kauf­ver­trag nicht nur ei­ne Mo­tor­lauf­leis­tung auf­ge­nom­men hät­te, son­dern auch An­ga­ben zur Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs ge­tä­tigt hät­te und an­stel­le des Be­grif­fes „Ori­gi­nal­mo­tor“ den Be­griff „Aus­tausch­mo­tor“ ver­wen­det hät­te. Da bei­de Lauf­leis­tun­gen un­strei­tig nicht über­ein­stim­men, wä­re dem Klä­ger als Kauf­in­ter­es­sen­ten vor Un­ter­zeich­nung des Ver­tra­ges hier­mit ein­deu­tig vor Au­gen ge­führt wor­den, dass der Ori­gi­nal­mo­tor ge­ra­de nicht mehr vor­han­den ist.

So­weit der Be­klag­te be­haup­tet hat, er ha­be dem Klä­ger in den um­fang­rei­chen Ver­hand­lungs­ge­sprä­chen mit­ge­teilt, dass das Kraft­fahr­zeug voll­stän­dig neu auf­ge­baut wor­den und ein ge­brauch­ter Mo­tor mit ei­ner Mo­tor­lauf­leis­tung von 50.000 km aus ei­nem an­de­ren Pkw Chrys­ler PT Crui­ser ein­ge­baut wor­den sei, hat der Klä­ger dies be­strit­ten: Es sei nie die Re­de von ei­nem an­de­ren Mo­tor ge­we­sen, der aus ei­nem an­de­ren Fahr­zeug in das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ein­ge­baut wor­den sei.

Die zu den vor­zi­tier­ten Be­haup­tun­gen des Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne Par­tei­ver­neh­mung des Be­klag­ten, wel­cher auf­grund der Ver­mu­tung der Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit des Kauf­ver­tra­ges … be­weis­be­las­tet für münd­li­che Ne­ben­ab­re­den bzw. ein et­wa an­de­res, münd­lich er­ziel­tes Ein­ver­ständ­nis der Ver­trags­par­tei­en in Ab­wei­chung vom schrift­li­chen Ver­trags­in­halt ist, war nicht ver­an­lasst. Denn die Ver­neh­mung der be­weis­pflich­ti­gen Par­tei auf ih­ren An­trag be­darf ge­mäß § 447 ZPO des Ein­ver­ständ­nis­ses der an­de­ren Par­tei. Der Klä­ger hat ei­ner Par­tei­ver­neh­mung des Be­klag­ten aber mit Schrift­satz vom 23.01.2015 aus­drück­lich wi­der­spro­chen.

So­weit der Be­klag­te auch sei­ne „An­hö­rung als Par­tei“ zu den vor­zi­tier­ten Be­haup­tun­gen be­an­tragt hat­te, hat der Be­klag­te im Ter­min das vor­ge­nann­te schrift­sätz­li­che Vor­brin­gen sei­nes An­walts noch­mals selbst münd­lich vor­ge­tra­gen. Hier­aus folgt je­doch kein so­ge­nann­ter „An­be­weis“, wel­cher ei­ne Par­tei­ver­neh­mung des Be­klag­ten ge­mäß § 448 ZPO von Amts we­gen – auch oh­ne Ein­ver­ständ­nis des Klä­gers – recht­fer­tigt hät­te. Denn nach Aus­übung ih­res durch § 448 ZPO er­öff­ne­ten Er­mes­sens ist die Ein­zel­rich­te­rin der Auf­fas­sung, dass nicht solch ein Grad an Wahr­schein­lich­keit für die zu be­wei­sen­de Be­haup­tung spricht, dass ei­ne Par­tei­ver­neh­mung von Amts we­gen ver­an­lasst ge­we­sen wä­re. In­so­fern konn­te bei der Er­mes­sens­be­tä­ti­gung auch nicht un­be­rück­sich­tigt blei­ben, dass es sich um ei­ne klas­si­sche Vier-Au­gen-Si­tua­ti­on han­del­te, in der we­der der Be­klag­te noch der Klä­ger über an­de­re Be­weis­mit­tel wie zum Bei­spiel Zeu­gen ver­füg­ten.

Hät­te man gleich­wohl oh­ne den er­for­der­li­chen An­be­weis den Be­klag­ten als Par­tei ge­mäß § 448 ZPO ver­nom­men, wä­re aus Grün­den des fai­ren Ver­fah­rens und der pro­zes­sua­len Waf­fen­gleich­heit auch der Klä­ger ge­gen­be­weis­lich als Par­tei zu ver­neh­men ge­we­sen. Dann wür­den sich aber die schrift­sätz­lich schon vor­ge­tra­ge­nen Ar­gu­men­te der Par­tei­en auch im Rah­men ih­rer An­hö­run­gen wei­ter­hin dia­me­tral ge­gen­über­ste­hen, wes­halb die im Rah­men des § 448 ZPO aus­nahms­wei­se zu­läs­si­ge „vor­weg­ge­nom­me­ne Be­weis­wür­di­gung“ ei­ner Par­tei­ver­neh­mung des Be­klag­ten (eben­so wie der ge­gen­be­weis­li­chen des Klä­gers) ent­ge­gen­steht (Zöl­ler/Gre­ger, ZPO, 29. Aufl., § 448 Rn. 4a).

2. So­weit der Klä­ger so­gleich vom Kauf­ver­trag mit An­walts­schrei­ben vom 22.09.2014 zu­rück­ge­tre­ten ist, oh­ne dem Be­klag­ten ge­mäß §§ 437 Nr. 1, 439, 440 BGB zu­vor Ge­le­gen­heit zur zwei­ma­li­gen Nach­bes­se­rung zu ge­ben, war ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen vor­lie­gend aus­nahms­wei­se nach § 323 II Nr. 3 BGB ent­behr­lich.

Denn es ist we­der dar­ge­tan noch er­sicht­lich, dass der Ori­gi­nal­mo­tor die­ses Fahr­zeugs´über­haupt noch vor­han­den und funk­ti­ons­tüch­tig wä­re. Viel­mehr lie­gen be­son­de­re Um­stän­de vor, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen den so­for­ti­gen Rück­tritt ge­mäß § 323 II Nr. 3 BGB recht­fer­ti­gen. Bei die­ser Ab­wä­gung hat die Ein­zel­rich­te­rin ins­be­son­de­re be­rück­sich­tigt, dass der Be­klag­te ei­nen Man­gel auch im Pro­zess be­strei­tet, wes­halb nichts da­für er­sicht­lich ist, dass er ei­nem vor­ge­richtll­chen Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen über­haupt Fol­ge ge­leis­tet hät­te und hät­te leis­ten kön­nen.

3. We­gen des ge­recht­fer­tig­ten Rück­tritts ist der Kauf­ver­trag so­mit ge­mäß §§ 346 ff. BGB rück­ab­zu­wi­ckeln.

Ne­ben der Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs schul­det der Be­klag­te dem Klä­ger ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 284 BGB Er­satz der ver­geb­li­chen Auf­wen­dun­gen für die An­rei­se des Klä­gers am 21.08.2013 … in Hö­he von 59 € so­wie die Kos­ten für die Kfz-An­mel­dung nebst Kfz-Be­schil­de­rung usw. in Hö­he von 80,70 €. Den An­fall die­ser Kos­ten hat der Be­klag­te nicht be­strit­ten; über­dies sind das zu­ge­hö­ri­ge On­line­ti­cket nebst Rech­nun­gen für die Zu­las­sung und Be­schil­de­rung vor­ge­legt wor­den. Viel­mehr hat sich der Be­klag­te auf den Rechts­stand­punkt ge­stellt, er sei nicht ver­pflich­tet, Bahn­fahrt­kos­ten und Zu­las­sungs­kos­ten des Klä­gers zu tra­gen. Die­se Rechts­an­sicht ist in An­be­tracht der §§ 437 Nr. 3, 284 BGB nicht zu­tref­fend.

Des Wei­te­ren schul­det der Be­klag­te dem Klä­ger Er­stat­tung der not­wen­di­gen Ver­wen­dun­gen auf das Kfz ge­mäß § 347 II 1 BGB. Da­bei fal­len un­ter not­wen­di­ge Ver­wen­dun­gen im Sin­ne die­ser Norm al­le zur Er­hal­tung oder Wie­der­her­stel­lung der Sa­che ob­jek­tiv er­for­der­li­chen Ver­mö­gens­auf­wen­dun­gen; zu ei­ner Wert­stei­ge­rung oder dau­er­haf­ten Wert­er­hal­tung müs­sen die Ver­wen­dun­gen nicht bei­tra­gen. Auch die ge­wöhn­li­chen Er­hal­tungs­kos­ten sind von dem An­spruch auf Er­satz der not­wen­di­gen Ver­wen­dun­gen um­fasst, da der Rück­ge­währ­schuld­ner auch die Nut­zun­gen her­aus­ge­ben bzw. ver­gü­ten muss (Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl., Rn. 1133 f.).

Nach die­sen Kri­te­ri­en han­delt es sich bei sämt­li­chen Re­pa­ra­tur- und Er­satz­teil­kos­ten … um Ver­wen­dun­gen, die zur Er­hal­tung oder Wie­der­her­stel­lung des Kfz ob­jek­tiv er­for­der­lich wa­ren. Denn der Klä­ger hat aus­führ­lich im Schrift­satz vom 13.01.2015 vor­ge­tra­gen, wel­che De­fek­te den je­wei­li­gen Re­pa­ra­tu­ren zu­grun­de la­gen. So­weit der Be­klag­te Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten und den An­kauf von Er­satz­tei­len im Wert von 582,14 € pau­schal be­strit­ten hat, ist der von ihm ge­rüg­te feh­len­de Nach­weis mit Vor­la­ge der Ori­gi­nal­rech­nun­gen ge­führt. Nach Über­mitt­lung von Ko­pi­en die­ser Rech­nun­gen an den Be­klag­ten hat er sein Be­strei­ten auch nicht wei­ter ver­ein­zelt. Da­her ist auch das pau­scha­le Be­strei­ten der Er­for­der­lich­keit der Re­pa­ra­tu­ren … un­be­acht­lich.

Mit­hin er­rech­net sich … zu­nächst ein Zah­lungs­an­spruch von 10.097,73 €, der um die Nut­zungs­ver­gü­tung, wel­che die Ein­zel­rich­te­rin auf 680 € schätzt, auf 9.417,73 € zu kür­zen war.

Zwar hat der Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Nut­zungs­er­satz nicht – wie ei­gent­lich er­for­der­lich – aus­drück­lich gel­tend ge­macht, ob­wohl nach der ober­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung ei­ne au­to­ma­ti­sche Sal­die­rung mit der Nut­zungs­ver­gü­tung für Ge­brauchs­vor­tei­le nicht statt­fin­det (OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 17.09.2013 – 15 U 42/13, ju­ris m. Nachw. aus der Rspr. des OLG Hamm, des OLG Karls­ru­he und des Kam­mer­ge­richts).

An­de­rer­seits hat der Be­klag­te in sei­nem Schrift­satz vom 21.01.2015 un­wi­der­spro­chen dar­auf ver­wie­sen, dass der Klä­ger mit dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug ca. 20.000 km zu­rück­ge­legt ha­be. Die­ses Vor­brin­gen reicht bei ver­stän­di­ger Wür­di­gung für die aus­drück­li­che Gel­tend­ma­chung ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung ge­ra­de noch aus.

Nach der maß­ge­ben­den For­mel zur Be­rech­nung des Nut­zungs­wert­er­sat­zes

\text{Ge­brauchs­vor­teil} = {\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter}}{\text{er­war­te­te Ge­samt­lauf­leis­tung}}}

er­rech­net sich ein aus­zu­glei­chen­der Ge­brauchs­vor­teil bei ei­ner zu er­war­ten­den Ge­samt­fahr­leis­tung von 200.000 km in Hö­he von 680 € …

In­so­weit hat die Ein­zel­rich­te­rin bei der Ein­satz­grö­ße der er­war­te­ten Ge­samt­lauf­leis­tung be­rück­sich­tigt, dass ei­ne er­war­te­te Ge­samt­lauf­leis­tung von 150.000 km als ge­ne­rel­le Grö­ße nicht mehr taug­lich ist (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1169). Des Wei­te­ren hat sie an­hand der Recht­spre­chung des OLG Naum­burg zu ei­nem ähn­li­chen Fahr­zeug­typ – ei­nem Chrys­ler PT Crui­ser 2.2 – ge­prüft, ob hier doch von ei­ner Ge­samt­lauf­leis­tung von 150.000 km aus­zu­ge­hen sei (so OLG Naum­burg, Urt. v. 19.10.2012 – 1 O U 17/12, ju­ris). Die Ein­zel­rich­te­rin meint je­doch, dass an­ge­sichts der vom Be­klag­ten auch nur un­sub­stan­zi­iert be­strit­te­nen Ge­samt­lauf­leis­tung des Fahr­zeugs schon per 19.11.2012 in Hö­he von 190.274 km hier nicht le­dig­lich ei­ne er­war­te­te Ge­samt­lauf­leis­tung von 150.000 km zu­grun­de ge­legt wer­den kann, son­dern schätzt die­se auf 200.000 km.

4. Un­be­grün­det sind hin­ge­gen nach noch­ma­li­ger Wür­di­gung die zu­nächst zu­ge­spro­che­nen Ne­ben­for­de­run­gen.

Zin­sen auf die Haupt­for­de­rung schul­det der Be­klag­te nicht, weil der Ver­käu­fer mit der Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses und der Rück­nah­me des Fahr­zeugs nicht schon durch den Zu­gang der wirk­sa­men Rück­tritts­er­klä­rung in Ver­zug kommt, son­dern da­mit erst Fäl­lig­keit ein­tritt (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1195).

Zwar woll­te der Klä­ger das fäl­lig­keits­be­grün­den­de Rück­tritts­schrei­ben so­gleich mit ei­ner Mah­nung ver­bin­den, in­dem er zur Ver­mei­dung ei­ner ge­richt­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung Zah­lung bis spä­tes­tens zum 30.09.2014 ver­langt hat. Er hat die ihm ob­lie­gen­de Mit­wir­kungs­hand­lung je­doch nicht in ge­hö­ri­ger Wei­se an­ge­bo­ten, weil er den Be­klag­ten im Rück­tritts­schrei­ben dar­auf ver­wei­sen woll­te, das Fahr­zeug bei ei­nem Drit­ten in ei­nem an­de­ren Ort – bei ei­ner Frau F in O. – ab­zu­ho­len. Da­her ist der Be­klag­te nicht in Ver­zug ge­ra­ten. Denn der Ort für die Rück­ga­be­ver­pflich­tung bzw. Rück­nah­me­ver­pflich­tung ist der Ort, an dem sich die Wa­re ver­trags­ge­mäß be­fin­det … (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1094).

So­weit der Be­klag­te be­strit­ten hat, dass der Klä­ger die gel­tend ge­mach­ten vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten be­reits an sei­ne Be­voll­mäch­tig­te ge­zahlt ha­be, ist kein wei­te­res Vor­brin­gen er­folgt. Auch zum Hilfs­vor­trag, wo­nach ei­ne Rechts­schutz­ver­si­che­rung des Klä­gers die vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten er­stat­tet ha­be, ist kein Vor­brin­gen des Klä­gers mehr ein­ge­gan­gen. Ein ge­richt­li­cher Hin­weis war ent­behr­lich, da es sich um ei­ne Ne­ben­for­de­rung han­delt.

Man­gels Vor­trags ist das Ver­säum­nis­ur­teil des­halb in­so­weit un­ter Kla­ge­ab­wei­sung auf­zu­he­ben, als die vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten nebst Zin­sen zu­ge­spro­chen wor­den wa­ren…

Hin­weis: Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ge­gen die­ses Ur­teil hat­te nur zu ei­nem ge­rin­gen Teil Er­folg. Das Be­ru­fungs­ge­richt (OLG Naum­burg, Urt. v. 28.09.2015 – 1 U 59/15) hat aus­ge­führt:

„I. … Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil des Land­ge­richts lässt im We­sent­li­chen kei­ne Rechts­ver­let­zung i. S. von § 513 I ZPO er­ken­nen. Zu­tref­fend wird dem Klä­ger ein An­spruch auf … Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses so­wie Auf­wen­dungs- und Ver­wen­dungs­er­satz nach §§ 346 I, 347 II 1, 348, 280 I, III, 281 I 1, 325, 284 BGB zu­er­kannt. Der Klä­ger ist auch oh­ne Frist­set­zung wirk­sam vom Ver­trag der Par­tei­en zu­rück­ge­tre­ten, weil das Fahr­zeug zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs mit ei­nem nicht be­heb­ba­ren Sach­man­gel be­haf­tet war und im­mer noch be­haf­tet ist (§§ 437 Nr. 2, 434 I 1, 323 I, 326 V, 275 I, 349 BGB). Le­dig­lich die Er­mitt­lung der vom Klä­ger her­aus­zu­ge­ben­den Ge­brauchs­vor­tei­le durch das Land­ge­richt (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB) bleibt um den Be­trag von 227 € zu kor­ri­gie­ren.

1. Das Land­ge­richt hat of­fen­ge­las­sen, ob es sich bei dem Ge­braucht­wa­gen­ge­schäft der Par­tei­en um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. von § 474 I 1 BGB mit der Fol­ge han­delt, dass der un­strei­tig aus dem Ver­trags­for­mu­lar her­vor­ge­hen­de Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss vom Be­klag­ten ge­mäß § 475 I 1 BGB nicht ein­ge­wandt wer­den kann. Nach Auf­fas­sung der Ein­zel­rich­te­rin hät­ten die Par­tei­en mit der For­mu­lie­rung ‚Ori­gi­nal­mo­tor‘ ei­ne ein­fa­che Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen, auf die sich ein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nicht be­zie­hen kön­ne.

Da­ge­gen ist nichts zu er­in­nern.

Wur­de ei­ne be­stimm­te Be­schaf­fen­heit ver­ein­bart, lässt sich ein den­noch im Ver­trag zu fin­den­der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nur da­hin aus­le­gen, dass er sich nicht auf das Feh­len der aus­drück­lich ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit (§ 434 I 1 BGB), son­dern nur auf sol­che Sach­män­gel be­zieht, die dar­in be­ste­hen, dass sich die Sa­che nicht für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB) oder kei­ne Eig­nung für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung ge­ge­ben ist, wie sie bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich und vom Käu­fer nach der Art der Sa­che zu er­war­ten ist (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 19. 12. 2012 – VI­II ZR 117/12, NJW 2013, 1733 [1734]).

Ob ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung vor­liegt, ist ge­ge­be­nen­falls durch Aus­le­gung zu er­mit­teln (BGH, Urt. v. 13. 03.2013 – VI­II ZR 186/12, NJW 2013, 2107 [2108]). Hier­für ge­nü­gen ei­ne Be­schrei­bung des Zu­stan­des der Sa­che im Ver­trag und de­ren Auf­nah­me in den rechts­ge­schäft­li­chen Wil­len der Par­tei­en. Die­se Vor­aus­set­zun­gen zieht für das Ver­hält­nis der Par­tei­en und den ‚Ori­gi­nal­mo­tor‘ auch der Be­klag­te nicht in Zwei­fel.

Es ist nicht strei­tig, dass sich die Par­tei­en auf ein Fahr­zeug mit ‚Ori­gi­nal­mo­tor‘ ei­ni­gen woll­ten.

2. Der Streit der Par­tei­en be­trifft die in­halt­li­che Be­deu­tung oder Trag­wei­te der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit ‚Ori­gi­nal­mo­tor‘ zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs. Wäh­rend der Klä­ger meint, ihm ha­be ein Fahr­zeug mit dem ori­gi­nal vom Her­stel­ler ein­ge­bau­ten Mo­tor über­ge­ben wer­den müs­sen, will der Be­klag­te auch ei­nen Aus­tausch­mo­tor ge­nü­gen las­sen, wenn er denn, wie hier, vom Fahr­zeug­her­stel­ler und aus ei­nem bau­art­glei­chen Fahr­zeug stam­me.

Das Land­ge­richt hat sich der Auf­fas­sung des Klä­gers an­ge­schlos­sen. Schon nach dem Wort­laut ‚Ori­gi­nal­mo­tor‘ sei nicht ein bzw. ir­gend­ein Ori­gi­nal­mo­tor, son­dern der Ori­gi­nal­mo­tor ver­ein­bart wor­den. Ein Ver­brau­cher wer­de dies re­gel­mä­ßig so ver­ste­hen, dass ihm das Vor­han­den­sein des Ori­gi­nal­mo­tors ver­spro­chen wer­de, zu­mal es sich hier­bei um ei­ne Art Qua­li­täts­merk­mal han­de­le. Ei­nen ge­gen­tei­li­gen Ein­druck las­se der Ver­trag der Par­tei­en mit sei­nem wei­te­ren In­halt nicht auf­kom­men.

Auch dies hält ei­ner Über­prü­fung durch den Se­nat stand.

Hat der Ver­käu­fer zur Art des Mo­tors nä­he­re An­ga­ben ge­macht, ist das Er­klär­te aus­zu­le­gen (Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 12. Aufl., Rn. 2653). Es kommt über §§ 133, 157 BGB dar­auf an, wie der Klä­ger als Käu­fer das Ver­kaufs­an­ge­bot des Be­klag­ten nach Treu und Glau­ben mit Rück­sicht auf die Ver­kehrs­sit­te an­hand der ihm be­kann­ten oder er­kenn­ba­ren Um­stän­de vom ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont ver­ste­hen muss­te. Maß­geb­li­ches Kri­te­ri­um ist ne­ben dem Wort­laut (BGH, Urt. v. 11.09. 2000 – II ZR 34/99, NJW 2001, 144) die all­ge­mei­ne Ver­kehrs­auf­fas­sung zu­min­dest dann, wenn es sich um ein Ge­schäft un­ter pri­va­ter Be­tei­li­gung han­delt (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 2656).

Nach Auf­fas­sung des OLG Düs­sel­dorf (Urt. v. 03.12.2004 – 14 U 33/04, ZfS 2005, 130 [131] m. w. Nachw.) be­deu­tet die ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung ei­nes Ori­gi­nal­mo­tors für den Er­wer­ber, dass das Fahr­zeug mit ei­nem vom Werk für die­sen Fahr­zeug­typ vor­ge­se­he­nen Ori­gi­nal­motor­typ aus­ge­rüs­tet ist, mit dem es auch für den Stra­ßen­ver­kehr zu­ge­las­sen ist. Da­mit lie­ße sich auch die Sicht des Be­klag­ten ver­ein­ba­ren, der ge­nau dies von sei­nem ein­ge­bau­ten Mo­tor be­haup­tet. Für das OLG Düs­sel­dorf stell­te sich al­ler­dings nicht die Fra­ge, ob ein Ge­braucht­wa­gen noch über den Ori­gi­nal­mo­tor ver­fügt, wenn ihm an­stel­le des werk­sei­ti­gen ein aus ei­nem an­de­ren Fahr­zeug stam­men­des (Zweit-)Ag­gre­gat des Her­stel­lers ein­ge­baut wur­de. Es stand vor dem Hin­ter­grund des so­ge­nann­ten Chip­tu­nings nur zur Ent­schei­dung, wel­che Ver­än­de­run­gen der Erst­mo­tor ver­trägt, um noch als Ori­gi­nal zu gel­ten. Dem­ge­mäß hat das OLG Düs­sel­dorf wei­ter aus­ge­führt, der Ver­käu­fer wol­le mit die­ser Er­klä­rung je­den­falls da­für ein­ste­hen, dass die Be­triebs­er­laub­nis vor­han­den sei bzw. fort­be­ste­he und kei­ne sol­chen Ver­än­de­run­gen am Mo­tor vor­ge­nom­men wor­den sei­en, die ihn nicht mehr als den vom Werk ge­lie­fer­ten Mo­tor er­schei­nen lie­ßen. Das schlie­ße nicht je­de Ver­än­de­rung aus, so­lan­ge nicht das Merk­mal ‚Ori­gi­na­li­tät‘ ver­lo­ren ge­he.

Hier­aus lie­ße sich für den vor­lie­gen­den Fall der Schluss zie­hen, wenn be­reits blo­ße Ver­än­de­run­gen dem Mo­tor das Merk­mal ‚Ori­gi­nal‘ neh­men kön­nen, dann muss dies erst recht für­den kom­plet­ten Mo­tor­aus­tausch gel­ten. In der Tat ist das auch so. Der Klä­ger hat vom Be­klag­ten kei­nen Mo­tor, son­dern ein Ge­braucht­fahr­zeug ge­kauft, für das ‚Ori­gi­nal­mo­tor‘ ver­ein­bart wur­de. Das Wort ‚ori­gi­nal‘ be­deu­tet nach dem all­ge­mei­nen Ver­ständ­nis des Emp­fän­gers ‚ur­sprüng­lich‘. Es ist al­so der ur­sprüng­li­che Mo­tor ge­meint. Der ur­sprüng­li­che Mo­tor ei­nes Ge­braucht­wa­gens ist der Erst­mo­tor, al­so der­je­ni­ge, den der Her­stel­ler selbst in das Fahr­zeug ein­bau­te. So wird das Wort ‚Ori­gi­nal­mo­tor‘ in Ab­gren­zung zum Aus­tausch­mo­tor auch ge­ra­de­zu selbst­ver­ständ­lich ge­braucht (vgl. bei­spiels­wei­se Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 2654 f.).

Es gibt na­tür­lich Ori­gi­nal­mo­to­ren, die als Er­satz des Erst­mo­tors zum Ein­bau ge­lan­gen. Dann han­delt es sich aber um Ori­gi­nal-Aus­tausch­mo­to­ren (vgl. hier­zu OLG Mün­chen, Urt. v. 13.08.2003 – 3 U 2888/03, DAR 2003, 525). ‚Ori­gi­nal‘ ist in die­sem Fall auch nur der Mo­tor für sich be­trach­tet und nicht in ein­ge­bau­tem Zu­stand als Be­schaf­fen­heits­merk­mal ei­nes Fahr­zeugs. Wer zur Be­schrei­bung ei­nes Fahr­zeugs vom Ori­gi­nal­mo­tor spricht, lässt kei­nen Zwei­fel dar­an auf­kom­men, dass der Wa­gen über den Erst­mo­tor ver­fügt. Der Er­klä­rungs­emp­fän­ger muss selbst un­ter An­stren­gung al­ler pflicht­ge­mä­ßen Sorg­falt nicht dem Ge­dan­ken ver­fal­len, es könn­te ein Aus­tausch­mo­tor aus ei­nem an­de­ren Fahr­zeug ge­meint sein.

Re­gel­mä­ßig macht auch nur ein sol­ches Ver­ständ­nis für die Par­tei­en ei­nes Ge­braucht­wa­gen­kaufs Sinn. Dass das Fahr­zeug mit ei­nem ty­pen­ge­rech­ten Mo­tor des Her­stel­lers aus­ge­stat­tet ist, wird je­der Käu­fer nor­ma­ler­wei­se vor­aus­set­zen, so­dass es da­für kei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung be­darf (vgl. § 434 I 2 Nr. 2 BGB). Da­ge­gen bringt das Vor­han­den­sein des ers­ten vom Her­stel­ler ein­ge­bau­ten Mo­tors, noch da­zu wenn wie hier ei­ne Lauf­leis­tung von nur 50.000 km an­ge­ge­ben ist, ei­nen wert­bil­den­den Fak­tor zum Aus­druck. Der Laie ver­bin­det da­mit Zu­ver­läs­sig­keit und den Ori­gi­nal­zu­stand ab Werk oh­ne we­sent­li­che Ein­grif­fe Drit­ter. Hier­für ist er dann auch gern be­reit, et­was mehr zu be­zah­len. Für den ge­brauch­ten Aus­tausch­mo­tor gilt eher das Ge­gen­teil, weil die­ser auf ei­ne grö­ße­re Re­pa­ra­tur hin­weist und der Er­wer­ber nicht über den Zu­stand des üb­ri­gen Fahr­zeugs ei­nen Ein­druck von der Vor­be­an­spru­chung des Mo­tors ge­win­nen kann.

3. Dass der Klä­ger ab­wei­chend vom In­halt des schrift­li­chen Ver­tra­ges das An­ge­bot des Be­klag­ten an­ders in­ter­pre­tier­te bzw. die Par­tei­en ih­re Ver­ein­ba­rung über­ein­stim­mend an­ders ver­stan­den, ist vom Be­klag­ten dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen (BGH, Urt. v. 13.11.2000 – II ZR 115/99, NJW-RR 2001, 421). Auch das hat das Land­ge­richt rich­tig ge­se­hen. Hier­zu zäh­len al­le dies stüt­zen­den aus­le­gungs­re­le­van­ten Um­stän­de (BGH, Urt. v. 09.10.2000 – II ZR 345/98, NJW 2001, 133 [145]), zu de­nen ins­be­son­de­re die Of­fen­ba­rung des Mo­tor­tauschs durch den Be­klag­ten ge­hört.

Die da­hin ge­hen­de Be­haup­tung hat der Be­klag­te nur durch sei­ne Ver­neh­mung als Par­tei un­ter Be­weis ge­stellt (§ 447 ZPO). Dem wi­der­spricht der Klä­ger. Das Land­ge­richt hat da­nach zu­tref­fend von ei­ner Be­weis­er­he­bung, ins­be­son­de­re der Par­tei­ver­neh­mung des Be­klag­ten von Amts we­gen (§ 448 ZPO), ab­ge­se­hen. An­halts­punk­te für Zwei­fel an der Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit der ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fest­stel­lun­gen i. S. von § 529 I Nr. 1 ZPO fol­gen dar­aus nicht.

Die Ver­neh­mung ei­ner Par­tei oder bei­der Par­tei­en von Amts we­gen ist nur zu­läs­sig, wenn das Er­geb­nis der Ver­hand­lung und ei­ner et­wai­gen Be­weis­auf­nah­me nicht zur Über­zeu­gungs­bil­dung aus­reicht. Des­halb be­darf es ei­ner ge­wis­sen An­fangs­wahr­schein­lich­keit als Vor­aus­set­zung für die An­ord­nung der Par­tei­ver­neh­mung. Dar­an fehlt es, wenn sich le­dig­lich die Be­haup­tun­gen der Par­tei­en gänz­lich be­weis­los ge­gen­über­ste­hen (Lei­pold, in: Stein/Jo­nas, ZPO, 22. Aufl., § 448 Rn. 5).

Hier spre­chen zu­dem er­heb­li­che Um­stän­de ge­gen die Ver­si­on des Be­klag­ten. Der Be­klag­te be­haup­tet, mit dem Klä­ger dar­über ge­spro­chen zu ha­ben, dass es sich bei dem Fahr­zeug um ein völ­lig neu auf­ge­bau­tes Bast­ler­fahr­zeug han­delt. Ge­ra­de dies ha­be zur Er­wäh­nung der Um­bau­ten ein­schließ­lich des Ori­gi­nal­mo­tors im Ver­trag ge­führt. Das ist nicht nach­voll­zieh­bar … Es wur­de … ge­ra­de nicht das schrift­lich fi­xiert, was der Be­klag­te dem Klä­ger of­fen­bart ha­ben will.

Ist das Vor­brin­gen des Be­klag­ten rich­tig und der schrift­li­che Ver­trags­in­halt ent­spricht den Vor­ge­sprä­chen, dann ist je­den­falls nicht an­zu­neh­men, dass der Klä­ger mit dem ‚Ori­gi­nal­mo­tor‘ et­was an­ders ver­band als oben dar­ge­stellt. Viel­mehr bringt der Ver­käu­fer, der ne­ben di­ver­sen Um­bau­ten – da­von durch ei­nen Ab­satz ge­trennt – den Ori­gi­nal­mo­tor er­wähnt, zum Aus­druck, dass ei­ne so­li­de Ba­sis vor­han­den und durch die Um­bau­ten le­dig­lich auf­ge­wer­tet ist. Die op­ti­sche Tren­nung des ‚Ori­gi­nal­mo­tors‘ von den Um­bau­ten im Ver­trags­text be­män­telt die wirk­li­chen Um­stän­de, al­so den Ori­gi­nal-Aus­tausch­mo­tor, zu­sätz­lich.

4. Fehl­te die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit, konn­te der Klä­ger so­fort oh­ne Frist­set­zung zu­rück­tre­ten (§§ 326 V, 275 I BGB). Ei­ne Nach­er­fül­lung durch ei­nen 50.000 km ge­lau­fe­nen Ori­gi­nal­mo­tor ist un­mög­lich. Der Erst­mo­tor des Fahr­zeugs hat­te am 19.11.2012 un­strei­tig 190.274 km hin­ter sich.

5. Die vom Be­klag­ten nach §§ 347 II 1, 284, 280 I, II, 281 I 1 BGB zu er­set­zen­den not­wen­di­gen Ver­wen­dun­gen so­wie nutz­lo­sen Auf­wen­dun­gen hat das Land­ge­richt zu­tref­fend nach § 287 II ZPO ge­schätzt. Die Be­ru­fung kommt hier­auf nicht zu­rück.

6. Al­ler­dings hat das Land­ge­richt die her­aus­zu­ge­ben­den Ge­brauchs­vor­tei­le et­was zu ge­ring be­mes­sen. Die Par­tei­en ha­ben im Ver­trag ei­ne Lauf­leis­tung von 50.000 km vor­aus­ge­setzt. Dem­entspre­chend durf­te das Land­ge­richt un­ter Be­rück­sich­ti­gung der be­an­stan­dungs­frei an­ge­nom­me­nen Ge­samt­fahr­leis­tung von 200.000 km sei­ner Be­rech­nung nur ei­ne vor­aus­sicht­li­che Rest­lauf­leis­tung von 150.000 km zu­grun­de le­gen. Der Klä­ger schul­det dem Be­klag­ten so­nach nicht 680 €, son­dern 907 € …

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