Der Käu­fer ei­nes Neu­wa­gens (hier: ei­nes Le­xus) kann zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt sein, wenn das Fahr­zeug nicht mit ei­nem fest in­stal­lier­ten und be­leuch­te­ten Aschen­be­cher aus­ge­stat­tet ist, ob­wohl der Käu­fer deut­lich ge­macht hat, dass ihm die­ses Aus­stat­tungs­merk­mal ganz wich­tig sei. Dies gilt um­so mehr, als das Feh­len ei­nes fest in­stal­lier­ten und be­leuch­te­ten Aschen­be­chers kei­ne blo­ße Ba­ga­tel­le ist, son­dern mit für ei­nen Rau­cher nicht un­er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen ein­her­geht.

OLG Ol­den­burg, Ur­teil vom 10.03.2015 – 13 U 73/14

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­langt von der Be­klag­ten die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­tra­ges über ei­nen Neu­wa­gen (Le­xus), den sie am 16.01.2013 für 134.990 € bei der be­klag­ten To­yo­ta-Ver­trags­händ­le­rin be­stellt hat­te.

Die Klä­ge­rin stützt ihr Be­geh­ren dar­auf, dass das Fahr­zeug vor­ne nicht über ei­nen fest in­stal­lier­ten, be­leuch­te­ten Aschen­be­cher ver­fügt, ob­wohl ih­rem Ge­schäfts­füh­rer zu­ge­si­chert wor­den sei, dass ein sol­cher Aschen­be­cher – wie auch beim Vor­gän­ger­mo­dell, das die Klä­ge­rin eben­falls bei der Be­klag­ten ge­kauft hat­te – vor­han­den sei.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung der Klä­ge­rin war über­wie­gend er­folg­reich.

Aus den Grün­den: II. … Die Klä­ge­rin kann die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges ver­lan­gen.

1. Die Klä­ge­rin ist mit Schrei­ben vom 23.12.2013 ge­mäß §§ 437 Nr. 2440323326 V BGB wirk­sam von dem Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten, weil das von der Be­klag­ten ge­lie­fer­te Fahr­zeug nicht die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit auf­weist und da­mit man­gel­haft ist (§ 434 I 1 BGB). Die Par­tei­en ha­ben die Lie­fe­rung ei­nes Fahr­zeugs mit ei­nem fest in­stal­lier­ten und be­leuch­te­ten Aschen­be­cher ver­ein­bart; die­se Ein­rich­tun­gen sind bei dem ge­lie­fer­ten Pkw un­strei­tig nicht vor­han­den.

Der Zeu­ge H, der für die Be­klag­te als Au­to­ver­käu­fer tä­tig ist und die Be­stel­lung der Klä­ge­rin auf­ge­nom­men hat­te, hat vor dem Land­ge­richt aus­ge­sagt:

„Das Pro­blem we­gen des Aschen­be­chers trat erst auf, als die Dis­po­si­ti­on in Os­na­brück bei mir nach­frag­te, ob der Pkw mit oder oh­ne Rau­cher­pa­ket be­stellt wer­den soll. Die Be­stel­lun­gen des Le­xus lie­fen sei­ner­zeit sämt­lichst über Os­na­brück. Ich ha­be auf die Nach­fra­ge aus Os­na­brück bei [dem Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin] an­ge­ru­fen und ihn ge­fragt, ob er das Rau­cher­pa­ket ha­ben will. Er hat mir ge­sagt, dass ihm das ganz wich­tig sei und dass das so sein müs­se wie beim Vor­gän­ger­mo­dell, das er fuhr. Ich glau­be nicht, dass bei die­sem Ge­spräch auch dar­über ge­spro­chen wur­de, ob der Aschen­be­cher fest in­stal­liert und be­leuch­tet ist. Er hat mir nur ge­sagt, dass der jet­zi­ge Le­xus, den er fuhr, auch ein Rau­cher­pa­ket hat und der neue wie der al­te sein soll. Ich schlie­ße aus, dass ich ei­nem Mit­ar­bei­ter von Le­xus Deutsch­land ge­gen­über ge­äu­ßert ha­be, dass ich [dem Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin] zu­ge­si­chert ha­be, der Aschen­be­cher sei be­leuch­tet. Mög­li­cher­wei­se ha­be ich von ei­ner fes­ten In­stal­la­ti­on ge­spro­chen, wie sie im Pro­spekt vor­ge­se­hen ist. Ich räu­me al­ler­dings ein, dass im Pro­spekt nur ein Rau­cher­pa­ket [rich­tig: Aschen­be­cher] vorn vor­ge­se­hen ist. Ob die­ser fest in­stal­liert ist, war in dem Pro­spekt nicht vor­ge­se­hen.“

Das Land­ge­richt hat die Nach­fra­ge des Zeu­gen H we­gen des Rau­cher­pa­kets als An­ge­bot auf Ab­än­de­rung der im Kauf­ver­trag vom 16.01.2013 ge­nann­ten Aus­stat­tungs­merk­ma­le an­ge­se­hen. Das Land­ge­richt hat auch die Er­klä­rung des Ge­schäfts­füh­rers der Klä­ge­rin, dass das Rau­cher­pa­ket „ganz wich­tig“ sei, be­rück­sich­tigt. Es hat aber gleich­wohl ge­meint, ei­ne das An­ge­bot des Zeu­gen H ab­än­dern­de An­nah­me­er­klä­rung in dem Sin­ne, dass der be­stell­te Pkw in Be­zug auf den Aschen­be­cher ge­nau­so kon­fi­gu­riert sein soll­te wie das Vor­gän­ger­mo­dell, ha­be der Zeu­ge der Er­klä­rung nicht ent­neh­men kön­nen. Denn bei­den Par­tei­en sei be­wusst ge­we­sen, dass das Nach­fol­ge­mo­dell Än­de­run­gen auf­wies und nicht mehr se­ri­en­mä­ßig mit ei­nem Aschen­be­cher her­ge­stellt wur­de. Die­ser Wür­di­gung ver­mag der Se­nat in mehr­fa­cher Hin­sicht nicht zu fol­gen.

Die te­le­fo­ni­sche Nach­fra­ge des Zeu­gen H ist nicht, wie das Land­ge­richt ge­meint hat, als Än­de­rungs­an­ge­bot im Hin­blick auf ei­nen be­reits (mit der Be­stel­lung vom 16.01.2013) end­gül­tig ab­ge­schlos­se­nen Ver­trag an­zu­se­hen, denn ein end­gül­tig ab­ge­schlos­se­ner Ver­trag lag zum Zeit­punkt der Nach­fra­ge noch gar nicht vor. Das von der Be­klag­ten ver­wen­de­te Be­stell­for­mu­lar ent­hält über der Un­ter­schrif­ten­zei­le fol­gen­de Klau­sel:

„Der Kauf­ver­trag ist ab­ge­schlos­sen, wenn der Ver­käu­fer die An­nah­me der Be­stel­lung des nä­her be­zeich­ne­ten Kauf­ge­gen­stan­des in­ner­halb der je­weils ge­nann­ten Fris­ten schrift­lich be­stä­tigt oder die Lie­fe­rung aus­führt.“

Es ist aber we­der vor­ge­tra­gen noch sonst er­sicht­lich, dass die Be­stel­lung der Klä­ge­rin zum Zeit­punkt der Nach­fra­ge von der Be­klag­ten be­reits schrift­lich an­ge­nom­men ge­we­sen wä­re.

Un­ab­hän­gig vom Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses er­gibt sich aus der Nach­fra­ge des Zeu­gen H, dass die Be­stel­lung aus Sicht der Be­klag­ten nicht ein­deu­tig war und der Klar­stel­lung im Hin­blick auf das Rau­cher­pa­ket be­durf­te. Die­ser Klar­stel­lung dien­te die te­le­fo­ni­sche Nach­fra­ge, auf die sich der Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin ein­deu­tig ge­äu­ßert hat. Der Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin hat nicht nur ge­sagt, dass ihm das Rau­cher­pa­ket ganz wich­tig sei, son­dern auch be­tont, dass das so sein müs­se wie beim Vor­gän­ger­mo­dell. Die­se Er­klä­rung war ein­deu­tig. Es ist nicht nach­voll­zieh­bar, war­um die Er­klä­rung des Ge­schäfts­füh­rers der Klä­ge­rin für den Zeu­gen nicht so zu ver­ste­hen ge­we­sen sein soll, dass der be­stell­te Pkw in Be­zug auf den Aschen­be­cher ge­nau so kon­fi­gu­riert sein soll­te wie das Vor­gän­ger­mo­dell. Dass bei­den Par­tei­en zu die­sem Zeit­punkt be­wusst ge­we­sen wä­re, dass das Nach­fol­ge­mo­dell hin­sicht­lich des Aschen­be­chers Än­de­run­gen auf­wies, hat kei­ne Par­tei vor­ge­tra­gen; auch die Zeu­gen ha­ben kei­ne ent­spre­chen­den Aus­sa­gen ge­macht. Im Ge­gen­teil – aus der Aus­sa­ge des Zeu­gen H ist zu ent­neh­men, dass auch er zu­nächst von ei­ner fes­ten In­stal­la­ti­on des Aschen­be­chers aus­ging.

Da der Zeu­ge H die zi­tier­te Er­klä­rung des Ge­schäfts­füh­rers der Klä­ge­rin ent­ge­gen­ge­nom­men hat, oh­ne Vor­be­hal­te zu ma­chen, ist sie In­halt der Be­stel­lung und da­mit – nach An­nah­me sei­tens der Be­klag­ten – Ver­trags­in­halt ge­wor­den. Nach der auf die­se Wei­se ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung soll­te das Fahr­zeug hin­sicht­lich des Rau­cher­pa­kets so aus­ge­stal­tet sein wie das Vor­gän­ger­mo­dell, al­so mit ei­nem fest in­stal­lier­ten und be­leuch­te­ten Aschen­be­cher. Die­se – ver­ein­bar­te – Be­schaf­fen­heit weist das Fahr­zeug un­strei­tig nicht auf und ist des­halb man­gel­haft i. S. des § 434 I 1 BGB.

2. Die Be­klag­te ist un­strei­tig mehr­fach zur Nach­rüs­tung des Fahr­zeugs mit ei­nem fest in­stal­lier­ten und be­leuch­te­ten Aschen­be­cher auf­ge­for­dert wor­den. So­weit in dem Schrei­ben der Klä­ger­in­ver­tre­ter vom 25.09.2013 kei­ne Frist­set­zung zur Nach­bes­se­rung ge­se­hen wer­den soll­te, weil in­ner­halb der dar­in ge­nann­ten Frist le­dig­lich ei­ne Stel­lung­nah­me der Be­klag­ten er­be­ten wur­de, ist dies un­schäd­lich. Denn ei­ne Nach­rüs­tung mit ei­nem fest in­stal­lier­ten Aschen­be­cher ist un­strei­tig nicht mög­lich, so­dass es ei­ner Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung nicht be­durft hät­te (§ 326 V BGB).

3. Es han­delt sich nicht um ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung i. S. des § 323 V 2 BGB, bei der der Käu­fer nicht ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 440323326 V BGB zum Rück­tritt be­rech­tigt wä­re.

Die Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob ei­ne Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB ist, er­for­dert nach der Recht­spre­chung des BGH ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung, in de­ren Rah­men ein Ver­stoß ge­gen ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung die Er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung in der Re­gel in­di­ziert (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VI­II ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 16; Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13, BGHZ 201, 290 = NJW 2014, 3229 Rn. 16; je­weils m. w. Nachw.). Un­ab­hän­gig vom Vor­lie­gen ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung schei­det die An­nah­me von Un­er­heb­lich­keit re­gel­mä­ßig dann aus, wenn sich dem kon­kre­ten Ver­trag ent­neh­men lässt, dass der be­tref­fen­de Qua­li­täts­as­pekt we­sent­lich sein soll­te (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, 6. Aufl., § 323 Rn. 243 f. m. w. Nachw.).

Hier hat der Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin an­läss­lich der Nach­fra­ge des Zeu­gen H aus­drück­lich be­tont, dass das Rau­cher­pa­ket ganz wich­tig sei. Vor dem Hin­ter­grund die­ser Äu­ße­rung ha­ben die Par­tei­en ver­ein­bart, dass das Fahr­zeug hin­sicht­lich des Rau­cher­pa­kets so aus­ge­stal­tet sein soll­te wie das Vor­gän­ger­mo­dell, al­so mit ei­nem fest in­stal­lier­ten und be­leuch­te­ten Aschen­be­cher. Un­ter die­sen Um­stän­den kommt die An­nah­me ei­ner un­er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung i. S. des § 323 V 2 BGB nicht in Be­tracht.

Bei dem Feh­len ei­nes fest in­stal­lier­ten und be­leuch­te­ten Aschen­be­chers han­delt sich auch nicht um ei­nen As­pekt, der als blo­ße Ba­ga­tel­le und des­halb – aus­nahms­wei­se – den­noch als un­er­heb­lich an­zu­se­hen wä­re. Viel­mehr sind die für ei­nen Rau­cher nicht un­er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen zu be­rück­sich­ti­gen, die die Klä­ge­rin in der Kla­ge­schrift und der Be­ru­fungs­be­grün­dung auf­ge­zeigt hat (bei Dun­kel­heit kann we­gen der feh­len­den Be­leuch­tung der Aschen­be­cher­do­se nicht „ab­ge­ascht“ wer­den, oh­ne das Fahr­zeug zu ver­schmut­zen; die Zi­ga­ret­te kann we­gen der feh­len­den Pass­form der Aschen­be­cher­do­se wäh­rend der Fahrt nicht ab­ge­legt wer­den; au­ßer­dem ist die Mög­lich­keit, Ge­trän­ke­do­sen und -be­cher ab­zu­stel­len ein­ge­schränkt, weil ei­ne Ge­trän­ke­hal­te­rung durch die Aschen­be­cher­do­se be­legt ist). An­ders als die Be­klag­te meint, kann man dies je­den­falls im vor­lie­gen­den Fall, in dem die Wich­tig­keit des Rau­cher­pa­kets von der Käu­fe­rin be­son­ders be­tont wor­den ist, nicht mit der Be­grün­dung als un­er­heb­lich ab­tun, es han­de­le sich nur um ge­ring­fü­gi­ge Ein­schrän­kun­gen des „Rauch­kom­forts“.

4. Auf­grund des Rück­tritts der Klä­ge­rin sind die emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen wech­sel­sei­tig zu­rück­zu­ge­wäh­ren und die Nut­zun­gen her­aus­zu­ge­ben (§ 346 I BGB). Für die Nut­zung des Fahr­zeugs hat die Klä­ge­rin Wert­er­satz zu leis­ten (§ 346 II 1 Nr. 1 BGB).

Die Klä­ge­rin hat im Hin­blick auf die Be­rech­nung der Nut­zungs­ent­schä­di­gung ei­ne vor­aus­sicht­li­che Ge­samt­fahr­leis­tung von 300.000 Ki­lo­me­tern an­ge­nom­men. Der Se­nat hält das an­ge­sichts der Hoch­wer­tig­keit des Fahr­zeugs für an­ge­mes­sen und be­rech­net auf die­ser Grund­la­ge die Nut­zungs­ent­schä­di­gung mit – ge­run­det – 0,3 % vom Kauf­preis je ge­fah­re­ne 1.000 Ki­lo­me­ter (§ 287 II ZPO). Der bei der Be­rech­nung zu­grun­de zu le­gen­de Kauf­preis (134.990 €) ist nach Auf­fas­sung des Se­nats auf­grund der Kom­fort­ein­bu­ßen wäh­rend der Nut­zungs­dau­er um 5 % auf 128.240,50 € zu re­du­zie­ren (zur Be­rech­nung der Nut­zungs­ent­schä­di­gung: Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 74. Aufl., § 346 Rn. 10 m. w. Nachw.).

Den ak­tu­el­len Ki­lo­me­ter­stand am Tag der münd­li­chen Ver­hand­lung hat die Klä­ge­rin im Ter­min mit 44.693 Ki­lo­me­tern an­ge­ge­ben. Die von der Klä­ge­rin an die Be­klag­te zu zah­len­de Nut­zungs­ent­schä­di­gung be­trägt so­mit 17.194,35 € … Nach Ab­zug der Nut­zungs­ent­schä­di­gung hat die Be­klag­te dem­nach ei­nen Be­trag von (134.990 € − 17.194,35 € =) 117.795,65 € an die Klä­ge­rin zu zah­len.

5. Das In­ter­es­se der Klä­ge­rin an der Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten folgt aus § 756 I ZPO.

6. Die Pflicht der Be­klag­ten zur Zah­lung von Zin­sen und au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­ge­büh­ren er­gibt sich aus dem Ge­sichts­punkt des Ver­zu­ges …

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