- Verneint ein Gebrauchtwagenverkäufer die Frage, ob das Fahrzeug in der Vergangenheit als Taxi benutzt wurde, so ist diese Angabe nicht deshalb falsch, weil das Fahrzeug von einer gewerblichen Autovermieterin als Mietwagen eingesetzt wurde. Denn es verbietet sich, eine Vorbenutzung als Taxi mit der als Mietwagen gleichzusetzen. Anders als ein Taxi ist nämlich ein – vorschriftsmäßig gewarteter – Mietwagen in der Regel nicht stärker verschlissen als ein privat genutzter Pkw. Etwas anderes mag gelten, wenn der Mietwagen über mehrere Jahre im Einsatz war und eine überdurchschnittliche Laufleistung aufweist.
- Es ist eine Frage des Einzelfalls, ob der Verkäufer eines Gebrauchtwagens den Käufer darüber aufklären muss, dass das Fahrzeug als Mietwagen genutzt wurde. Eine Aufklärungspflicht kann zu verneinen sein, wenn dem Käufer bei Abschluss des Kaufvertrags die Laufleistung des Fahrzeugs kennt und diese nicht übermäßig hoch ist. Denn ein vormals als Mietwagen genutztes Fahrzeug ist in der Regel nicht stärker verschlissen als ein privat genutztes Fahrzeug bei regelmäßiger Wartung und gleicher Kilometerzahl.
AG Kiel, Urteil vom 09.10.2014 – 107 C 135/13
Sachverhalt: Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz, nachdem sie von einem mit dem Kläger geschlossenen Kfz-Kauvertrag zurückgetreten ist.
Die Klägerin verkaufte dem als Unternehmer handelnden Beklagten mit Vertrag vom 18.04.2013, dem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zugrunde lagen, einen gebrauchten Pkw (lnfiniti M GT Premium) zum Preis von 27.700 €. Das am 22.03.2011 erstzugelassene Fahrzeug war bei Abschluss des Kaufvertrages etwa zwei Jahre alt.
In dem Kaufverttragsformular ist die Rubrik „Vorschäden“ unausgefüllt geblieben; die Frage, ob das Fahrzeug in der Vergangenheit als Taxi benutzt wurde, wurde mit „NEIN“ beantwortet. Unter „sonstige Vereinbarungen“ heißt es: „Kunde kauft Fahrzeug wie beschrieben und auf den Fotos zu sehen“.
Abschnitt VI Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin lautet: „Ist der Käufer … ein Unternehmer …, erfolgt der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Sachmängelansprüche.“
Ebenfalls am 18.04.2013 und noch vor Abschluss des Kaufvertrages hatte der Beklagte auf seinen Wunsch die zu dem Pkw gehörende Zulassungsbescheinigung Teil II per E-Mail erhalten. Daraus ergibt sich unter anderem, dass das in Rede stehende Fahrzeug einen Vorbesitzer hatte, und zwar die Hertz Autovermietung GmbH.
Das Fahrzeug wurde dem Beklagten zur Abholung bereitgestellt, und der Beklagte wurde mehrfach zur Zahlung des Kaufpreises sowie zur Abnahme des Pkw aufgefordert. Er hat jedoch weder den Kaufpreis gezahlt noch das Fahrzeug abgeholt, sodass die Klägerin schließlich mit anwaltlichem Schreiben vom 24.06.2013 den Rücktritt von dem Kaufvertrag erklärt hat. Sie hat außerdem unter Hinweis auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen – erfolglos – Schadensersatz wegen der Nichtabnahme des Pkw in Höhe von 10 % des Kaufpreises (= 2.770 €) verlangt.
Die auf Zahlung dieses Betrages nebst Zinsen und Kosten gerichtete Klage hatte Erfolg.
Aus den Gründen: Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu. Insbesondere hat der Beklagte seinerseits gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und war daher grundsätzlich zur Zahlung des Kaufpreises und Abnahme des Pkw verpflichtet. Dem Beklagten steht weder ein Rücktrittsrecht wegen … eines Sachmangels … noch wegen Arglistanfechtung … zu.
Soweit der Beklagte sich auf das Vorliegen von Vorschäden beruft, steht dem bereits der im Rahmen der unstreitig Vertragsbestandteil gewordenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Anhaltspunkte dafür, dass der vereinbarte Gewährleistungsausschluss unwirksam war, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere hat der Beklagte als Unternehmer und nicht als Privatperson gehandelt.
Eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich etwaiger Vorschäden haben die Parteien ebenfalls nicht getroffen, denn das entsprechende Feld in dem Vertragsformular ist gerade nicht ausgefüllt worden. Daher ist das unausgefüllte Feld einem „Schweigen“ gleichzusetzen, und einem Schweigen kommt entgegen der Auffassung des Beklagten gerade kein Erklärungswert zu.
Ferner ist eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Eigenschaft „Mietwagen“ ebenfalls nicht getroffen worden. Nach der Auffassung des erkennenden Gerichts sind Taxi und Mietwagen gerade nicht gleichzusetzen. Bei einem Taxi liegt in der Regel ein übermäßiger Gebrauch wegen der Höhe der Fahrleistung vor. Bei einem Mietwagen lässt sich nicht sicher sagen, ob und inwieweit sich darauf überhaupt eine Nichteignung für die gewöhnliche Verwendung und damit ein Mangel i. S. des § 434 BGB begründen lässt. Bei einem Mietwagen mag eine Vielzahl unterschiedlicher Nutzer vorliegen. Dennoch stellt sich die Frage, ob allein dadurch – bei im Übrigen vorschriftsmäßig gewarteten Mietwagen – der Verschleiß von Motor und sonstiger Mechanik weiter fortgeschritten ist als bei einem privat genutzten Pkw. Jedenfalls bei nicht mehrjährigem Einsatz mit überdurchschnittlicher Fahrleistung ist ein übermäßiger Verschleiß wohl nicht anzunehmen. Vor diesem Hintergrund verbietet es sich jedenfalls, die Frage nach der Vorbenutzung als „Taxi“ der Vorbenutzung als „Mietwagen“ gleichzusetzen.
Schließlich bestand auch kein Anfechtungsgrund gemäß § 123 I BGB, da eine arglistige Täuschung durch die Klägerin nicht vorliegt. Die Mietwageneigenschaft des Fahrzeugs ist entgegen der Ansicht des Beklagten im vorliegenden Fall nicht offenbarungspflichtig. Ob eine solche Offenbarungspflicht besteht, ist im Ergebnis eine Frage des Einzelfalls. Im vorliegenden Fall ist das Fahrzeug erst zwei Jahre alt und weist keine übermäßige Fahrleistung auf. Mittlerweile wird ein immer größerer Anteil an fabrikneuen Fahrzeugen zunächst als Mietfahrzeug genutzt, bevor er an Privatpersonen weiterverkauft wird. Daher gibt es mittlerweile insbesondere in der „Altergruppe“ bis zwei Jahre eine Vielzahl von Fahrzeugen, die ursprünglich als Mietfahrzeug genutzt worden ist.
Zwar geht die Vorstellung des Käufers eines vorher als Mietwagen genutzten Fahrzeugs dahin, dass dieses deswegen weniger Wert sei, weil die Gefahr von Schäden durch sorglose Nutzung und Fahr- und Bedienungsfehlern erhöht sei. Entscheidendes Kriterium für die Wertbildung eines Kraftfahrzeugs auch für den Kunden ist aber die Anzahl der gefahrenen Kilometer des Fahrzeugs. Diese war dem Beklagten unstreitig bei Abschluss des Kaufvertrages bekannt und im vorliegend Fall überdies auch nicht übermäßig hoch. Hinzu kommt, dass gerade die Mietwagenfirmen wegen der oben geschilderten Marktsituation ein eigenes Interesse haben, Fahrzeuge in einem guten Zustand wieder auf den Markt zu bringen, um einen möglichst hohen Verkaufspreis erzielen zu können. Zu diesem Zweck werden Mietfahrzeuge genauso regelmäßig gewartet wie privat genutzte Fahrzeuge. Auch das Risiko der unsachgemäßen Nutzung ist nicht höher einzuschätzen als das bei einem vormals privat genutzten Fahrzeug, da auch dieses von einem ungeübten oder sorglosen Fahrer gefahren werden kann, was der Käufer ebenfalls nicht feststellen kann. Soweit ein erhöhter Verschleiß durch eine überdurchschnittlich hohe Kilometerzahl angeführt wird, kann auch dies kein Grund sein, einen Mangel anzunehmen, da die Kilometerleitung hier unstreitig bekannt war. Daher ist der Verschleiß in der Regel bei einem vormals als Mietwagen genutzten Fahrzeug nicht höher als bei einem mit vormaliger privater Nutzung bei regelmäßiger Wartung und gleicher Kilometerzahl.
Die Nebenforderungen sind unter dem Gesichtspunkt des Verzugs … begründet …