1. Der aus § 346 I, II Nr. 1 BGB fol­gen­de An­spruch des Ver­käu­fers auf Nut­zungs­wert­er­satz ist nicht von Amts we­gen zu be­rück­sich­ti­gen. Viel­mehr muss der Ver­käu­fer die­sen An­spruch gel­tend ma­chen und so in den Rechts­streit ein­füh­ren.
  2. Arg­list i. S. des § 444 BGB setzt zu­min­dest Even­tual­vor­satz vor­aus; leicht­fer­ti­ge oder grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis ge­nügt nicht. Des­halb ver­schweigt ein Ver­käu­fer ei­nen Man­gel nur dann arg­lis­tig, wenn er den Man­gel kennt oder zu­min­dest für mög­lich hält und zu­gleich weiß oder doch da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Käu­fer den Man­gel nicht kennt und bei Of­fen­ba­rung den Ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te. Hin­ge­gen ge­nügt es nicht, wenn sich dem Ver­käu­fer das Vor­lie­gen auf­klä­rungs­pflich­ti­ger Tat­sa­chen hät­te auf­drän­gen müs­sen.

OLG Frank­furt a. M., Ur­teil vom 17.09.2013 – 15 U 42/13
(vor­her­ge­hend: LG Kas­sel, Ur­teil vom 21.12.2012 – 7 O 395/10)

Sach­ver­halt: Mit schrift­li­chem Kauf­ver­trag vom 15.10.2009 er­warb der Klä­ger von dem Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Pkw zu ei­nem Kauf­preis von 15.200 €. Der Ver­trag ent­hielt den vor­for­mu­lier­ten Zu­satz:

„Das Kraft­fahr­zeug wird un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung ver­kauft … Die­ser Aus­schluss gilt nicht für Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus Sach­män­gel­haf­tung, die auf ei­ner grob fahr­läs­si­gen oder vor­sätz­li­chen Ver­let­zung von Pflich­ten des Ver­käu­fers be­ru­hen …“

Der Ver­trag ent­hält fer­ner den hand­schrift­li­chen Zu­satz: „Preis­nach­lass we­gen Män­gel an Vor­der­ach­se, wird vom Kun­den selbst re­pa­riert! Au­to hat re­pa­rier­ten Un­fall­scha­den“.

Der Be­klag­te hat­te das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug im Ja­nu­ar 2006 für 25.299 € an ei­nen Herrn Z ver­äu­ßert. Die­sem hat­te der Be­klag­te je­doch nicht mit­ge­teilt, dass das Fahr­zeug ei­nen Un­fall­scha­den er­lit­ten hat­te.

We­gen der von Z nach Ver­trags­schluss ent­deck­ten Män­gel am Fahr­zeug war ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren durch­ge­führt wor­den. In sei­nem in die­sem Ver­fah­ren vor­ge­leg­ten Gut­ach­ten vom 16.07.2007 hat­te der Sach­ver­stän­di­ge Dipl.-Ing. S er­heb­li­che, auf ei­nen schwe­ren Un­fall zu­rück­zu­füh­ren­de Män­gel und Schä­den an dem Fahr­zeug fest­ge­stellt. Z hat­te den Be­klag­ten des­halb ge­richt­lich auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in An­spruch ge­nom­men. Das Ver­fah­ren en­de­te mit ei­nem Ver­gleich, in dem sich der Be­klag­te, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs, zur Zah­lung von 22.500 € ver­pflich­te­te.

Mit An­walts­schrei­ben vom 30.10.2009 warf die An­wäl­tin des Klä­gers dem Be­klag­ten vor, er ha­be dem Klä­ger vor dem Kauf nicht mit­ge­teilt, dass das Ge­trie­be des Pkw so stark de­fekt sei, dass es aus­ge­tauscht wer­den müs­se. Sie wies den Be­klag­ten au­ßer­dem dar­auf hin, dass sich der Klä­ger mit dem vor­he­ri­gen Käu­fer Z in Ver­bin­dung ge­setzt ha­be und von ihm über die Vor­ge­schich­te des Fahr­zeugs in Kennt­nis ge­setzt wor­den sei. Zu­gleich un­ter­brei­te­te die An­wäl­tin dem Be­klag­ten im Na­men des Klä­gers das „au­ßer­ge­richt­li­che An­ge­bot“, den Per­so­nen­kraft­wa­gen un­ter an­de­rem ge­gen Er­stat­tung des Kauf­prei­ses zu­rück­zu­neh­men. Dar­auf ließ sich der Be­klag­te nicht ein.

We­gen des vor­ste­hen­den Sach­ver­halts klag­te die Staats­an­walt­schaft Kas­sel den Be­klag­ten we­gen Be­tru­ges an. Zu­vor, im Er­mitt­lungs­ver­fah­ren, hat­te die Staats­an­walt­schaft den Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. S be­auf­tragt fest­zu­stel­len, wel­che der im Gut­ach­ten vom 16.07.2007 auf­ge­führ­ten Sach­män­gel zwi­schen­zeit­lich be­ho­ben wor­den sei­en. In sei­nem un­ter dem 30.11.2010 er­stell­ten Gut­ach­ten führt der Sach­ver­stän­di­ge zu­sam­men­fas­send aus, dass er an dem Fahr­zeug im Be­reich des Haupt­rah­mens und der Ka­ros­se­rie vorn rechts ex­akt die Män­gel vor­ge­fun­den ha­be, wie sie auch im Zu­ge der Be­sich­ti­gung im Ju­li 2007 fest­ge­stellt wor­den sei­en.

Das AG Kas­sel hat den Be­klag­ten frei­ge­spro­chen. Im an­schlie­ßen­den Be­ru­fungs­ver­fah­ren wur­de das Ver­fah­ren ge­mäß § 153a II StPO vor­läu­fig ein­ge­stellt und dem Be­klag­ten zur Auf­la­ge ge­macht, 5.000 € an ei­ne ge­mein­nüt­zi­ge Ein­rich­tung zu zah­len.

Der Klä­ger hat be­haup­tet, der Be­klag­te ha­be das Fahr­zeug im In­ter­net zum Preis von 15.999 € zum Ver­kauf an­ge­bo­ten. Die Fahr­zeug­be­schrei­bung dort ha­be den Hin­weis „TOP­ZU­STAND“ ent­hal­ten. Im ers­ten Ver­kaufs­ge­spräch ha­be der Be­klag­te ei­nen Man­gel an der An­triebs­wel­le ein­ge­räumt. Spä­ter ha­be er dann be­rich­tet, dass das Fahr­zeug ei­nen re­pa­rier­ten Un­fall­scha­den auf­wei­se. Von wei­te­ren Män­geln sei nicht die Re­de ge­we­sen.

Das Land­ge­richt hat den Be­klag­ten im We­sent­li­chen – an­trags­ge­mäß – zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Pkw, ver­ur­teilt. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den:II. … Dem Klä­ger steht ge­gen den Be­klag­ten ge­mäß § 346 I BGB i. V. mit §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323 I BGB ein An­spruch auf Zah­lung in Hö­he von 15.200 € nebst Zin­sen … Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu.

Zur Über­zeu­gung des Se­nats (§ 286 I ZPO) steht fest, dass das ver­kauf­te Fahr­zeug im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs ei­nen Man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf­wies.

Ge­mäß § 434 I BGB ist ei­ne Sa­che man­gel­frei, wenn sie bei Ge­fahr­über­gang die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit hat. Nach Satz 2 die­ser Be­stim­mung ist die Sa­che, so­weit ih­re Be­schaf­fen­heit nicht ver­ein­bart ist, frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net (Nr. 1), sonst, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (Nr. 2).

Im vor­lie­gen­den Fall war das Fahr­zeug nicht von der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit. Der Zu­stand des Fahr­zeugs war in dem Kauf­ver­trag vom 15.10.2009 als mit „Män­geln an der Vor­der­ach­se“ und ei­nem „re­pa­rier­ten Un­fall­scha­den“ be­schrie­ben. Tat­säch­lich war der Un­fall­scha­den je­doch kei­nes­wegs re­pa­riert ge­we­sen. So heißt es in dem im [selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren] ein­ge­hol­ten Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. S zu­sam­men­fas­send, das Fahr­zeug

„weist er­heb­li­che Män­gel und Schä­den auf. Der Haupt­rah­men des Fahr­zeu­ges weist nicht fach- und sach­ge­rech­te In­stand­set­zungs­ver­su­che auf. Das Vor­der­achs­ge­trie­be­ge­häu­se ist aus­ge­bro­chen und so­mit lo­se. Die Ge­lenk­wel­le zum Vor­der­achs­ge­trie­be weist ei­nen äu­ße­ren Ge­walt­scha­den auf. Ver­mut­lich ist die lin­ke An­triebs­wel­le der Vor­der­ach­se de­fekt. Das Mo­tor­la­ger, ins­be­son­de­re das Hit­ze­blech am Mo­tor­la­ger, weist Ver­for­mun­gen auf. Der Ach­s­ag­gre­ga­te­trä­ger ist lo­se in sei­ner Ver­schrau­bung. Der rech­te Kot­flü­gel und die Mo­tor­hau­be wur­den un­sach­ge­mäß in­stand­ge­setzt. Der lin­ke Schein­wer­fer des Fahr­zeugs ins stark be­schla­gen.“

Ent­ge­gen sei­nen Be­haup­tun­gen in der Kla­ge­er­wi­de­rung hat der Be­klag­te die­se Män­gel nicht be­ho­ben. Dies hat der Be­klag­te in der münd­li­chen Ver­hand­lung … am 14.01.2011 auch ein­ge­räumt. Dar­über hin­aus wird dies durch das wei­te­re Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. S be­stä­tigt, das die­ser in dem ge­gen den Be­klag­ten ge­führ­ten Er­mitt­lungs­ver­fah­ren er­stellt hat.

Die Ver­trags­klau­sel, nach der das Fahr­zeug „un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung“ ver­kauft wor­den ist, steht dem An­spruch des Klä­gers nicht ent­ge­gen.

Zum ei­nen un­ter­sagt § 475 I 1 BGB dem Be­klag­ten die Be­ru­fung auf ei­ne Klau­sel wie die in dem vor­lie­gen­den Kauf­ver­trag, mit dem u. a. das Rück­tritts­recht des Klä­gers be­schränkt wird. Zwar greift § 475 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann ein, wenn es sich um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf im Sin­ne des § 474 BGB han­delt. Ein Ver­brauchs­gü­ter­kauf wie­der­um liegt nur dann vor, wenn ein Ver­brau­cher von ei­nem Un­ter­neh­mer ei­ne be­weg­li­che Sa­che kauft. Un­ter­neh­me­ri­sches Han­deln er­for­dert ein selbst­stän­di­ges und plan­mä­ßi­ges, auf ge­wis­se Dau­er an­ge­leg­tes An­bie­ten ent­gelt­li­cher Leis­tun­gen am Markt, wo­bei ei­ne Ge­winn­erzie­lungs­ab­sicht nicht er­for­der­lich ist. Auch Ne­ben­tä­tig­kei­ten und bran­chen­frem­de Tä­tig­kei­ten wer­den er­fasst, so­fern sie im Zu­sam­men­hang mit der selb­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit ste­hen. Ist der Ab­schluss ei­nes Ver­trags aber we­der der ge­werb­li­chen noch der selb­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit des Ver­käu­fers zu­zu­ord­nen, liegt rein pri­va­tes Han­deln vor. Da­bei ist das rechts­ge­schäft­li­che Han­deln ei­ner na­tür­li­chen Per­son mit Rück­sicht auf den Wort­laut des § 13 BGB grund­sätz­lich als Ver­brau­cher­han­deln an­zu­se­hen. Ei­ne Zu­ord­nung ent­ge­gen dem mit dem rechts­ge­schäft­li­chen Han­deln ob­jek­tiv ver­folg­ten Zweck kommt nur in Be­tracht, wenn die dem Ver­trags­part­ner bei Ver­trags­schluss er­kenn­ba­ren Um­stän­de ein­deu­tig und zwei­fels­frei dar­auf hin­wei­sen, dass die na­tür­li­che Per­son in Ver­fol­gung ih­rer ge­werb­li­chen oder selb­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit han­delt (vgl. BGH, Ur­teil vom 13.03.2013 – VI­II ZR 186/12, NJW 2013, 2107).

Nach die­sen Maß­stä­ben hat der Be­klag­te hier in Ver­fol­gung sei­ner ge­werb­li­chen oder selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit ge­han­delt. Dies folgt be­reits dar­aus, dass der Be­klag­te dem Klä­ger aus­weis­lich der der Be­ru­fungs­be­grün­dung … bei­ge­füg­ten In­ter­netan­non­ce als Händ­ler ge­gen­über­ge­tre­ten ist. So fin­det sich die Adres­se des Be­klag­ten in der vor­ge­leg­ten An­non­ce un­ter der Über­schrift „Ge­werb­li­cher An­bie­ter“.

Zum an­de­ren greift der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss – des­sen Wirk­sam­keit ge­dank­lich un­ter­stellt – im vor­lie­gen­den Fall oh­ne­hin nicht ein. Nach § 444 BGB kann sich näm­lich ein Ver­käu­fer auf ei­ne Ver­ein­ba­rung, durch wel­che die Rech­te des Käu­fers we­gen ei­nes Man­gels aus­ge­schlos­sen oder be­schränkt wer­den, u. a. dann nicht be­ru­fen, wenn er den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat. Dies ist zur Über­zeu­gung des Se­nats (§ 286 Abs. 1 ZPO) hier der Fall.

Arg­list i. S. des § 444 BGB setzt zu­min­dest Even­tual­vor­satz vor­aus (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, NJW 2012, 2793); leicht­fer­ti­ge oder grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis ge­nügt da­ge­gen nicht (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2012 – V ZR 18/11, ZfIR 2012, 463 [465 f.]). Ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen ist da­nach nur ge­ge­ben, wenn der Ver­käu­fer den Man­gel kennt oder ihn zu­min­dest für mög­lich hält und zu­gleich weiß oder doch da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Käu­fer den Man­gel nicht kennt und bei Of­fen­ba­rung den Ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 10.06.1983 – V ZR 292/81, WM 1983, 990; Urt. v. 07.03.2003 – V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989 [990]). Hin­ge­gen ge­nügt es nicht, wenn sich dem Ver­käu­fer das Vor­lie­gen auf­klä­rungs­pflich­ti­ger Tat­sa­chen hät­te auf­drän­gen müs­sen, weil dann die Arg­list vom Vor­satz ab­ge­kop­pelt und der Sa­che nach durch leicht­fer­ti­ge oder grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis er­setzt wür­de (vgl. et­wa BGH, Ur­teil vom 12.04.2013 – V ZR 266/11, NJW 2013, 2182, 2183). Selbst ein be­wuss­tes Sich­ver­schlie­ßen ge­nügt da­her nicht den An­for­de­run­gen, die an die Arg­list zu stel­len sind (vgl. BGH, Ur­teil vom 07.03.2003 – V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990; Ur­teil vom 12.04.2013 – V ZR 266/11, NJW 2013, 2182, 2183). Für die Fra­ge der Arg­list ist da­mit al­lein ent­schei­dend, ob der Ver­käu­fer die den Man­gel be­grün­den­den Um­stän­de kennt (vgl. BGH, Ur­teil vom 07.03.2003 – V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990; Ur­teil vom 12.04.2013 – V ZR 266/11, NJW 2013, 2182, 2183). Liegt die­se Kennt­nis zu­min­dest in der Form des Even­tual­vor­sat­zes vor, ist es al­ler­dings un­er­heb­lich, ob der Ver­käu­fer dar­aus den Schluss auf ei­nen Sach­man­gel zieht (vgl. BGH, Urt. v. 07.03.2003 – V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990; Urt. v. 12.04.2013 – V ZR 266/11, NJW 2013, 2182 [2183]).

Auf der Grund­la­ge die­ser Maß­stä­be hat der Se­nat hier die Über­zeu­gung ge­won­nen, dass der Be­klag­te dem Klä­ger die Män­gel des Fahr­zeugs arg­lis­tig ver­schwie­gen hat. Der Be­klag­te hät­te … dem Klä­ger die tat­säch­lich vor­han­de­nen Män­gel, wie sie in dem dem Be­klag­ten be­kann­ten Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. S be­schrie­ben wa­ren, un­ge­fragt of­fen­ba­ren müs­sen. An­ge­sichts des Um­fangs der Un­fall­schä­den war dem Be­klag­ten klar, dass der Klä­ger den Kauf­ver­trag bei Kennt­nis des­sen nicht oder nur zu an­de­ren Be­din­gun­gen ab­ge­schlos­sen hät­te.

Dem Rück­ab­wick­lungs­ver­lan­gen des Klä­gers steht … auch nicht § 442 BGB ent­ge­gen. Ge­mäß Ab­satz 1 Satz 1 die­ser Be­stim­mung sind die Rech­te des Käu­fers we­gen ei­nes Man­gels al­ler­dings aus­ge­schlos­sen, wenn er bei Ver­trags­schluss den Man­gel kennt. Dar­le­gungs- und be­weis­pflich­tig für ei­ne et­wai­ge Kennt­nis ist der Ver­käu­fer (vgl. et­wa Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 72. Aufl. [2013], § 442 Rn. 6), hier al­so der Be­klag­te. Zwar hat die­ser in der Be­ru­fungs­be­grün­dung vor­ge­tra­gen, der Klä­ger ha­be „den wah­ren Zu­stand des Fahr­zeugs“ ge­kannt. Für die­se strei­ti­ge Be­haup­tung hat der Be­klag­te je­doch kei­nen Be­weis an­ge­bo­ten. Über­dies be­steht in Be­zug auf die über ein Rechts­ge­schäft auf­ge­nom­me­nen Ur­kun­den die Ver­mu­tung der Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit (vgl. BGH, Urt. v. 23.02.1956 – II ZR 207/54, BGHZ 20, 109 [111]; Urt. v. 05.02.1999 – V ZR 353/97, NJW 1999, 1702 [1703]; Stau­din­ger/Her­tel, BGB, Neu­be­arb. 2012, § 125 Rn. 96), die auch hier ein­greift, da in der schrift­li­chen Ver­trags­ur­kun­de le­dig­lich von ei­nem re­pa­rier­ten Un­fall­scha­den die Re­de ist. Die­se An­ga­be je­doch war – wie oben be­reits dar­ge­legt – falsch, da der Be­klag­te den Un­fall­scha­den ge­ra­de nicht voll­stän­dig be­ho­ben hat­te. Ei­ne Wi­der­le­gung der Ver­mu­tung der Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit der Ver­trags­ur­kun­de ist dem Be­klag­ten hier nicht ge­lun­gen …

So­fern man mit Rück­sicht auf die Fach­kennt­nis­se des Klä­gers da­von aus­gin­ge, dass die­sem die Män­gel des Fahr­zeugs in­fol­ge gro­ber Fahr­läs­sig­keit un­be­kannt ge­blie­ben sei­en, so könn­te die­ser ge­mäß § 442 I 2 BGB sei­ne Män­gel­rech­te gleich­wohl gel­tend ma­chen, weil der Be­klag­te die Män­gel des Fahr­zeugs – wie oben ge­zeigt – arg­lis­tig ver­schwie­gen hat.

Das Rück­tritts­recht des Klä­gers ist … auch nicht des­we­gen aus­ge­schlos­sen, weil es an ei­ner ver­geb­li­chen Nach­er­fül­lungs­auf­for­de­rung mit Frist­set­zung fehlt. Ei­ne Nach­er­fül­lungs­auf­for­de­rung mit Frist­set­zung war vor­lie­gend näm­lich ent­behr­lich. Ver­schweigt der Ver­käu­fer dem Käu­fer ei­nen Man­gel arg­lis­tig, ist re­gel­mä­ßig an­zu­neh­men, dass er da­mit die Ver­trau­ens­grund­la­ge für ei­ne wei­te­re Zu­sam­men­ar­beit zer­stört hat (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VI­II ZR 210/06, NJW 2008, 1371 [1372 f.]). Be­son­de­re Um­stän­de, auf­grund de­rer im vor­lie­gen­den Fall die für die Be­sei­ti­gung des Man­gels er­for­der­li­che Ver­trau­ens­grund­la­ge durch die arg­lis­ti­ge Täu­schung nicht be­schä­digt wor­den wä­re, sind nicht vor­ge­tra­gen und auch nicht an­der­wei­tig er­sicht­lich.

Die in der Aus­lie­fe­rung des man­gel­be­haf­te­ten Fahr­zeugs lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung des Be­klag­ten ist auch nicht un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB

Ei­ne Nut­zungs­ver­gü­tung für Ge­brauchs­vor­tei­le hat der Be­klag­te im vor­lie­gen­den Fal­le nicht gel­tend ge­macht. Ei­ne au­to­ma­ti­sche Sal­die­rung fin­det nicht statt. Der An­spruch des Ver­käu­fers auf Er­stat­tung ei­ner Nut­zungs­ver­gü­tung ist näm­lich nicht von Amts we­gen zu be­rück­sich­ti­gen, son­dern von dem Ver­käu­fer gel­tend zu ma­chen und so in den Rechts­streit ein­zu­füh­ren (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 12.05.2009 – 28 U 42/09, NJW-RR 2009, 1718 [1720]; OLG Karls­ru­he, Urt. v. 14.05.2009 – 4 U 148/07; KG, Urt. v. 27.07.2009 – 12 U 35/08, NJW-RR 2010, 706 [708]; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl. [2012], Rn. 1181). Dies ist hier nicht ge­sche­hen.

Der Zins­an­spruch des Klä­gers er­gibt sich für den Zeit­raum ab dem 15.10.2009 aus den §§ 286 I und II Nr. 4, 288 I BGB. Mit der Rück­erstat­tung des in­fol­ge ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung er­lang­ten Kauf­prei­ses ist der Be­klag­te ge­mäß § 286 II Nr. 4 BGB un­mit­tel­bar in Ver­zug ge­ra­ten (vgl. für ei­ne ähn­li­che Fall­kon­stel­la­ti­on BGH, Urt. v. 13.12.2007 – IX ZR 116/06, NJW-RR 2008, 918 [919]). Un­ter den be­son­de­ren Um­stän­den des vor­lie­gen­den Fal­les (arg­lis­ti­ge Täu­schung des Klä­gers durch den Be­klag­ten) kann der Be­klag­te dem Klä­ger hin­sicht­lich des Zeit­punkts des Ver­zug­s­ein­tritts auch nicht ent­ge­gen­hal­ten, dass der Rück­zah­lungs­an­spruch des Klä­gers des­sen Rück­tritts­er­klä­rung vor­aus­setzt, die erst zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt er­folgt ist. Der Be­klag­te ist hin­sicht­lich des Zeit­punkts des Ver­zug­s­ein­tritts viel­mehr ge­nau­so wie der­je­ni­ge zu be­han­deln, der ei­nem po­ten­zi­el­len Fahr­zeug­käu­fer den zur Be­zah­lung des Fahr­zeugs mit­ge­brach­ten Geld­be­trag ent­wen­det …

PDF er­stel­len