Mehrkosten eines eigenen Deckungskaufs des Käufers sind nicht als Verzögerungsschaden nach §§ 280 I, II, 286 BGB ersatzfähig. Es handelt sich um einen an die Stelle der Leistung tretenden Schaden, den der Gläubiger nur unter den Voraussetzungen von §§ 280 I, III, 281 BGB und somit nicht neben der Vertragserfüllung beanspruchen kann.
BGH, Urteil vom 03.07.2013 – VIII ZR 169/12
Sachverhalt: Der Kläger begehrt Ersatz der wegen nicht rechtzeitiger Erfüllung eines Kaufvertrags entstandenen Mehrkosten eines Deckungskaufs.
Der Kläger ist seit dem 01.02.2012 Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma P (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Die Beklagte vertreibt Heizöl, Kraft- und Schmierstoffe.
Am 31.10.2007 kaufte die Insolvenzschuldnerin bei der Beklagten 2.000.000 Liter Biodiesel EN 14214 zu einem Preis von 66 € pro 100 Liter zuzüglich gesetzlicher Energie- und Mehrwertsteuer. Die Lieferungen sollten in der Zeit vom 16.04.2008 bis zum 30.09.2008 erfolgen. In den Monaten April und Mai 2008 lieferte die Beklagte insgesamt 355.495 Liter Biodiesel an die Insolvenzschuldnerin. Mit Schreiben vom 04.06.2008 teilte die Beklagte der Insolvenzschuldnerin mit, dass ihre Lieferantin in Insolvenz gefallen sei und die Lieferungen an sie eingestellt habe, und dass es ihr nur noch möglich sei, Biodiesel im Spot-Geschäft zu Tagespreisen einzukaufen. Zu einer weiteren Belieferung der Insolvenzschuldnerin war die Beklagte nicht bereit.
Die Insolvenzschuldnerin deckte sich zwischen dem 29.05.2008 und dem 30.09.2008 mit Diesellieferungen unterschiedlicher Lieferanten ein. Da sich die Biodieselpreise gegenüber dem am 31.10.2007 vereinbarten Kaufpreis erhöht hatten, wendete die Insolvenzschuldnerin für diese Lieferungen 475.085,58 € mehr auf, als sie bei Belieferung durch die Beklagte aufgrund des Kaufvertrags hätte aufwenden müssen.
In einem Vorprozess wurde die Beklagte verurteilt, an die Insolvenzschuldnerin die noch ausstehenden 1.644.505 Liter Biodiesel EN 14214 Zug um Zug gegen Zahlung von 1.582.789,90 € zu liefern. Die Beklagte nahm daraufhin die Lieferungen wieder auf.
Die Insolvenzschuldnerin hat Zahlung von 475.085,58 € nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten begehrt. Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 472.996,82 € nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten verurteilt und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Ihre Revision hatte Erfolg.
Aus den Gründen: [8] I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
[9] Der Kläger könne von der Beklagten Ersatz des geltend gemachten Verzögerungsschadens nach §§ 280 I und II, 286 BGB in Höhe von 472.996,82 € verlangen. Wenn sich der Gläubiger zu höheren Preisen eindecken müsse, weil der Schuldner zunächst nicht leiste, sei nicht zweifelhaft, dass der Gläubiger die Mehrkosten des Deckungsgeschäfts als Verzögerungsschaden geltend machen könne, denn diese Mehrkosten wären nicht entstanden, wenn der Schuldner rechtzeitig geleistet hätte. Ein Gläubiger sei nicht gehindert, neben der Erfüllung Ersatz eines Verzögerungsschadens zu verlangen. Dies ergebe sich aus dem Urteil des BGH vom 27.05.1998 (VIII ZR 362/96). Diese Rechtslage sei vor der Schuldrechtsmodernisierung nicht anders gewesen als nach ihrem Inkrafttreten. Ansprüche nach § 281 BGB oder solche nach § 326 BGB a.F. seien zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt Streitgegenstand gewesen. Der Kläger habe einen solchen Nichterfüllungsschaden nicht ersetzt verlangt.
[10] Die Beklagte habe sich seit dem 04.06.2008 mit ihrer Leistungspflicht in Verzug befunden. Denn spätestens mit dem Schreiben von diesem Tag habe sie klargestellt, dass sie ihrer vertraglichen Leistungspflicht nicht nachkommen wolle. Hierin liege eine Erfüllungsverweigerung, sodass eine Mahnung zur Begründung des Verzugs gemäß § 286 II Nr. 3 BGB entbehrlich gewesen sei. Dem Verzugseintritt stehe auch nicht entgegen, dass die nach dem Vertrag geschuldeten Lieferungen ab dem 16.04.2008 bis zum 30.09.2008 von der Insolvenzschuldnerin sukzessive hätten abgerufen werden müssen. Da die Beklagte unmissverständlich und endgültig zum Ausdruck gebracht habe, dass sie zur Belieferung der Insolvenzschuldnerin zu den im Vertrag vorgesehenen Konditionen wegen der Insolvenz ihres Lieferanten nicht bereit sei, sei es entbehrlich gewesen, die Beklagte sukzessive neu aufzufordern, die jeweilige Teillieferung zu erbringen. Vielmehr habe die Insolvenzschuldnerin sich darauf beschränken dürfen, sukzessive Deckungskäufe bei anderen Lieferanten vorzunehmen.
[11] Die Beklagte könne sich nicht auf eine Vorteilsausgleichung berufen. Zwar bestehe zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Vorteil ein adäquater Kausalzusammenhang. Allerdings müsse die Anrechnung des Vorteils dem Zweck des Schadensersatzes entsprechen, das heißt sie dürfe den Geschädigten nicht unzumutbar belasten und den Schädiger nicht ungebührlich begünstigen. Hier sei im Ausgangspunkt nicht zu übersehen, dass die Insolvenzschuldnerin tatsächlich einen erheblichen Vorteil davon gehabt habe, dass sie die späteren Lieferungen der Beklagten in den Jahren 2009 und 2010 zu deutlich günstigeren Konditionen erhalten habe, da die Preise aus dem ursprünglichen Vertrag der nunmehr geltenden Marktlage nicht mehr entsprochen hätten. Hätte die Beklagte ordnungsgemäß geliefert, hätte die Insolvenzschuldnerin in den Jahren 2009 und 2010 erheblich mehr Geld für die Diesellieferungen zahlen müssen.
[12] Im Ergebnis würde eine Anrechnung dieser Vorteile auf den Verzögerungsschaden aber zu einer unbilligen Entlastung der Beklagten als Schädigerin führen. Bei Kaufverträgen der vorliegenden Art übernähmen beide Seiten bewusst das Risiko, dass sich die Marktpreise zwischen Vertragsabschluss und Erfüllung änderten. Werde die Erfüllung vom Schuldner schuldhaft verzögert, dürfe ihm dies nicht zum Vorteil gereichen. Er könnte sonst aus spekulativen Gründen die Lieferung in der Hoffnung verzögern, sich später günstig eindecken zu können. Der bei der späteren Lieferung erhöhte Marktpreis dürfe daher der Beklagten nicht in dem Sinne zugutekommen, dass sie den längst eingetretenen Verzögerungsschaden aufseiten der Insolvenzschuldnerin nachträglich nach den Grundsätzen des Vorteilsausgleichs mindern dürfe.
[13] II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Anspruch aus §§ 280 I, II, 286 BGB auf Erstattung der durch die Deckungskäufe entstande-nen Mehrkosten zu. Denn bei diesen Kosten handelt es sich nicht um einen Verzögerungsschaden, sondern um einen nur nach §§ 280 I, III, 281 BGB ersatzfähigen Schaden statt der Leistung. Ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung steht dem Kläger aber nicht (mehr) zu, denn er hat die Beklagte im Vorprozess mit Erfolg auf Erfüllung des Kaufvertrags in Anspruch genommen, und diese hat daraufhin die Lieferungen wieder aufgenommen.
[14] 1. Die Frage, ob der Käufer neben der Erfüllung die Mehrkosten eines eigenen Deckungsgeschäfts als Verzögerungsschaden beanspruchen kann, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden.
[15] a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 09.11.1988 (VIII ZR 310/87, NJW 1989, 1215 [unter B I]) nicht, dass der Käufer die Kosten eines eigenen Deckungskaufs neben der Vertragserfüllung als Verzögerungsschaden geltend machen könnte.
[16] Zwar hat der Senat in dieser – unter der Geltung des alten Schuldrechts ergangenen – Entscheidung angenommen, dass die Kosten eines Deckungskaufs neben der Vertragserfüllung als Verspätungsschaden geltend gemacht werden können. Dabei ging es aber um einen Deckungskauf, den nicht der Käufer, sondern der infolge des Lieferverzugs des Erstverkäufers seinerseits in Lieferverzug geratene Abnehmer des Käufers vorgenommen hatte. Dieser Käufer wurde von seinem Abnehmer mit den insoweit entstandenen Mehrkosten belastet und konnte diese Kosten folglich als Verzögerungsschaden vom Verkäufer ersetzt verlangen. Hier geht es hingegen um die Frage, ob der Käufer neben der Erfüllung Ersatz der Mehrkosten eines eigenen Deckungskaufs als Verzögerungsschaden verlangen kann.
[17] Auch aus der weiteren Entscheidung des Senats vom 27.05.1998 (VIII ZR 362/96, NJW 1998, 2901 ff.) ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht, dass Vertragserfüllung und Ersatz der Mehrkosten eines eigenen Deckungskaufs nebeneinander verlangt werden könnten. Denn diese Entscheidung betrifft nur die – vom Senat bejahte – Frage, ob der Käufer die Mehrkosten eines Deckungskaufs im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung auch dann verlangen kann, wenn er den Deckungskauf schon vor Ablauf einer dem Verkäufer erfolglos gesetzten Nachfrist getätigt hat.
[18] Für den umgekehrten Fall, dass der Verkäufer Ersatz des Mindererlöses eines Deckungsverkaufs begehrt, hat der V. Zivilsenat des BGH allerdings – ebenfalls unter der Geltung des alten Schuldrechts – entschieden, dass ein solcher Schaden nicht zusätzlich zur Erfüllung des Kaufvertrags, also zur Zahlung des Kaufpreises, sondern nur anstatt der Erfüllung gefordert werden kann (BGH, Urt. v. 20.05.1994 – V ZR 64/93, BGHZ 126, 131 [134]).
[19] 2. Im Schrifttum werden unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob der Käufer die Kosten des eigenen Deckungskaufs als Verzögerungsschaden geltend machen kann.
[20] a) Einige Autoren ordnen die Kosten eines Deckungskaufs als Verzögerungsschaden ein, wenn der Käufer das Deckungsgeschäft vor dem Erlöschen des Erfüllungsanspruchs tätigt. Gegenstand des Schadensersatzes statt der Leistung sei allein derjenige Schaden, der durch das endgültige Ausbleiben der Leistung verursacht werde, etwa wenn der Käufer nach dem erklärten Rücktritt oder nach dem Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung einen Deckungskauf vornehme (Lorenz, in: Festschr. f. Detlef Leenen, 2012, S. 147 [153]; Faust, in: Festschr. f. Ulrich Huber, 2006, S. 239 [254]; Klöhn, JZ 2010, 46 [47]).
[21] Die Einordnung als Verzögerungsschaden führt allerdings nach dieser Auffassung nicht dazu, dass der Käufer die Mehrkosten des Deckungsge-schäfts ohne Weiteres neben dem Erfüllungsanspruch geltend machen kann.
[22] aa) Nach Ansicht von Faust ist ein Deckungsgeschäft, das der Gläubiger vornimmt, solange er noch Erfüllung verlangen kann, im Rahmen des Anspruchs auf Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung nicht zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber habe in den §§ 280 bis 283 BGB ein „elaboriertes Regelwerk“ geschaffen, das die Interessen von Gläubiger und Schuldner zum Ausgleich bringen solle, und dabei entschieden, dass eine Liquidierung des Vertrags, aufgrund derer der Gläubiger sich anderweitig eindecken könne und müsse, erst mit der Erklärung des Rücktritts, dem Verlangen von Schadensersatz statt der Leistung oder dem Eintritt von Unmöglichkeit stattfinde. Diese Wertung dürfe nicht dadurch überspielt werden, dass dem Gläubiger ermöglicht werde, sich schon zuvor einzudecken und dann die Folgen dieses Geschäfts auf den Schuldner zu verlagern (Faust, a. a. O., S. 255). Daher sei grundsätzlich anzunehmen, dass der Verursachungsbeitrag des Gläubigers durch die vorzeitige Vornahme des Deckungsgeschäfts den Verursachungsbeitrag des Schuldners, der in der Verzögerung der Leistung liege, so stark überwiege, dass der Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I und II, 286 BGB gemäß § 254 BGB vollständig ausgeschlossen sei (Faust, a. a. O., S. 256; ähnlich Klöhn, JZ 2010, 46 [47]).
[23] bb) Lorenz sieht den Kern der Problematik in der Kausalitätsfrage. Der Schaden beruhe nicht unmittelbar auf der Verzögerung der noch möglichen Leistung, sondern es trete durch die Vornahme des Deckungsgeschäfts eine Handlung des Geschädigten selbst dazwischen. Erst diese verursache den Verzögerungsschaden. Damit liege ein sogenannter schadensrechtlicher Herausforderungsfall, also ein Fall psychisch vermittelter Kausalität vor. Kausalität sei demnach nur dann zu bejahen, wenn der Geschädigte sich gerechtfertigt veranlasst fühlen dürfe, ein endgültiges Deckungsgeschäft vorzunehmen (Lorenz, a. a. O., S. 160 ff.). Dies sei dann der Fall, wenn zum Zeitpunkt der Vornahme des Deckungsgeschäfts die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung vorlägen und eine vom Käufer gesetzte Nachfrist bereits abgelaufen sei. Denn ab diesem Zeitpunkt müsse der Käufer zur Befriedigung seines Erfüllungsinteresses nicht mehr auf den Verkäufer zurückgreifen (Lorenz, a. a. O., S. 168).
[24] b) Nach der im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Ansicht können die Mehrkosten eines Deckungsgeschäfts grundsätzlich nur einen Schaden statt der Leistung darstellen und daher nur unter den Voraussetzungen von §§ 280 I und III, 281 BGB geltend gemacht werden (Erman/Grunewald, BGB, 13. Aufl., § 437 Rn. 13; MünchKomm-BGB/Ernst, 6. Aufl., § 286 Rn. 118; Staudinger/Otto, BGB, Neubearb. 2009, § 280 E 39 und E 5; Löwisch/Feldmann, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2009, § 286 Rn. 176; NK-BGB/Dauner-Lieb, 2. Aufl., § 280 Rn. 65; Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 286 Rn. 41; Schmidt-Kessel, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 7. Aufl., § 280 Rn. 32; BeckOK-BGB/Unberath, Stand: März 2011, § 286 Rn. 69; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727 [737]; Kaiser, in Festschr. f. Harm Peter Westermann, 2008, S. 351 [352]; Ady, ZGS 2003, 13 [15]; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615 [617]; Haberzettl, NJW 2007, 1328 [1329]; Ostendorf, NJW 2010, 2833 [2838]).
[25] Verlange der Käufer die Erstattung der Kosten eines Deckungskaufs, mache er keinen Begleitschaden wegen Verzögerung der Leistung geltend, sondern einen Schaden wegen Ausbleibens der geschuldeten Leistung (Kaiser, a. a. O., S. 352; Löwisch/Feldmann, a. a. O., § 286 Rn. 176; Schmidt-Kessel, a. a. O., § 280 Rn. 32). Ein Deckungskauf sei eine endgültige Ersetzung der ursprünglich erwarteten Leistung durch eine gleichwertige andere; der Schaden ersetze funktional die Leistung, sodass ein Schaden statt der Leistung vorliege (Staudinger/Otto, a. a. O., § 280 E 39; NK-BGB/Dauner-Lieb, a. a. O., § 280 Rn. 65). Beschaffe sich der Gläubiger die geschuldete Leistung am Markt, stelle er genau den Zustand her (und zwar in Natur), der bei einer Naturalleistung des Schuldners bestünde (Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727 [736]).
[26] Teilweise wird darauf abgestellt, dass zur Abgrenzung zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Schadensersatz „neben der Leistung“ zu fragen sei, ob eine Nacherfüllung den eingetretenen Schaden beseitigt hätte (Staudinger/Otto, a. a. O., § 280 E 24 f.; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615 [617]; Ostendorf, NJW 2010, 2833 [2836 f.]; Erman/Grunewald, a. a. O., § 437 Rn. 13; Ady, ZGS 2003, 13 [15]; ähnlich Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003), 727 [735]). Der wesentliche Unterschied zwischen dem einfachen Schadensersatz und dem Schadensersatz statt der Leistung liege darin, dass letzterer grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer Frist zur Nacherfüllung verlangt werden könne. Für die Abgrenzung zwischen beiden Schadensarten sei daher maßgeblich, ob der betreffende Schaden durch die Nacherfüllung beseitigt würde (Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615 [617]). Sei dies der Fall, liege ein Schadensersatz statt der Leistung vor, da dem Verkäufer die Gelegenheit gegeben werden müsse, den Vertrag doch noch zu erfüllen (Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615 [617]; Ostendorf, NJW 2010, 2833 [2838]; Erman/Grunewald, a. a. O., § 437 Rn. 13).
[27] 2. Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung. Mehrkosten eines eigenen Deckungskaufs des Käufers sind nicht als Verzögerungsschaden nach §§ 280 I, II, 286 BGB ersatzfähig. Denn bei derartigen Kosten handelt es sich nicht um einen Verzögerungs- oder Begleitschaden, sondern um einen Schaden, der an die Stelle der Leistung tritt und den der Gläubiger deshalb nur unter den Voraussetzungen der §§ 280 I, III, 281 BGB und somit nicht neben der Vertragserfüllung beanspruchen kann.
[28] Wie die Revision zutreffend ausführt, wäre der Kläger, falls ihm neben der im Vorprozess erfolgreich geltend gemachten Vertragserfüllung ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten des eigenen Deckungskaufs zugebilligt würde, zum Nachteil der Beklagten so gestellt, als hätte er die bestellte Dieselmenge zu dem vertraglich vereinbarten Preis doppelt zu beanspruchen. Hieran wird besonders deutlich, dass die Kosten des eigenen Deckungskaufs des Käufers, der an die Stelle der vom Verkäufer geschuldeten Leistung tritt, nicht neben dieser Leistung als Verzögerungsschaden geltend gemacht werden können.
[29] 3. Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Kosten des Deckungskaufs auch nicht auf §§ 280 I, III, 281 BGB stützen. Zwar lagen die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung zunächst vor, weil die Beklagte die Vertragserfüllung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts endgültig verweigert hatte und es deshalb keiner Fristsetzung mehr bedurfte. Grundsätzlich hat der Gläubiger auch die Wahl, ob er Schadensersatz statt der Leistung verlangt oder auf Vertragserfüllung besteht; auch lässt das Erfüllungsverlangen des Gläubigers grundsätzlich dessen Befugnis unberührt, wieder zu einem Schadensersatzanspruch statt der Leistung überzugehen (BGH, Urt. v. 20.01.2006 – V ZR 124/04, NJW 2006, 1198 Tz. 19). Der Gläubiger kann aber – selbstverständlich – nicht beides verlangen. Deshalb erlischt der Anspruch des Gläubigers auf die Leistung, wenn er statt der Leistung Schadensersatz verlangt (§ 281 IV BGB). Umgekehrt schließt auch die Erfüllung, auf die der Kläger die Beklagte erfolgreich in Anspruch genommen hat, einen Anspruch auf Erstattung von (Mehr-)Kosten eines zuvor getätigten eigenen Deckungsgeschäftes aus.
[30] III. Das Berufungsurteil kann nach alledem keinen Bestand haben und ist daher aufzuheben (§ 562 I ZPO), soweit hinsichtlich der Klage zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist. Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 III ZPO). Dies führt zur Änderung des erstinstanzlichen Urteils … und zur Abweisung der Klage.