Mehr­kos­ten ei­nes ei­ge­nen De­ckungs­kaufs des Käu­fers sind nicht als Ver­zö­ge­rungs­scha­den nach §§ 280 I, II, 286 BGB er­satz­fä­hig. Es han­delt sich um ei­nen an die Stel­le der Leis­tung tre­ten­den Scha­den, den der Gläu­bi­ger nur un­ter den Vor­aus­set­zun­gen von §§ 280 I, III, 281 BGB und so­mit nicht ne­ben der Ver­trags­er­fül­lung be­an­spru­chen kann.

BGH, Ur­teil vom 03.07.2013 – VI­II ZR 169/12

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt Er­satz der we­gen nicht recht­zei­ti­ger Er­fül­lung ei­nes Kauf­ver­trags ent­stan­de­nen Mehr­kos­ten ei­nes De­ckungs­kaufs.

Der Klä­ger ist seit dem 01.02.2012 In­sol­venz­ver­wal­ter über das Ver­mö­gen der Fir­ma P (im Fol­gen­den: In­sol­venz­schuld­ne­rin). Die Be­klag­te ver­treibt Heiz­öl, Kraft- und Schmier­stof­fe.

Am 31.10.2007 kauf­te die In­sol­venz­schuld­ne­rin bei der Be­klag­ten 2.000.000 Li­ter Bio­die­sel EN 14214 zu ei­nem Preis von 66 € pro 100 Li­ter zu­züg­lich ge­setz­li­cher En­er­gie- und Mehr­wert­steu­er. Die Lie­fe­run­gen soll­ten in der Zeit vom 16.04.2008 bis zum 30.09.2008 er­fol­gen. In den Mo­na­ten April und Mai 2008 lie­fer­te die Be­klag­te ins­ge­samt 355.495 Li­ter Bio­die­sel an die In­sol­venz­schuld­ne­rin. Mit Schrei­ben vom 04.06.2008 teil­te die Be­klag­te der In­sol­venz­schuld­ne­rin mit, dass ih­re Lie­fe­ran­tin in In­sol­venz ge­fal­len sei und die Lie­fe­run­gen an sie ein­ge­stellt ha­be, und dass es ihr nur noch mög­lich sei, Bio­die­sel im Spot-Ge­schäft zu Ta­ges­prei­sen ein­zu­kau­fen. Zu ei­ner wei­te­ren Be­lie­fe­rung der In­sol­venz­schuld­ne­rin war die Be­klag­te nicht be­reit.

Die In­sol­venz­schuld­ne­rin deck­te sich zwi­schen dem 29.05.2008 und dem 30.09.2008 mit Die­sel­lie­fe­run­gen un­ter­schied­li­cher Lie­fe­ran­ten ein. Da sich die Bio­die­sel­prei­se ge­gen­über dem am 31.10.2007 ver­ein­bar­ten Kauf­preis er­höht hat­ten, wen­de­te die In­sol­venz­schuld­ne­rin für die­se Lie­fe­run­gen 475.085,58 € mehr auf, als sie bei Be­lie­fe­rung durch die Be­klag­te auf­grund des Kauf­ver­trags hät­te auf­wen­den müs­sen.

In ei­nem Vor­pro­zess wur­de die Be­klag­te ver­ur­teilt, an die In­sol­venz­schuld­ne­rin die noch aus­ste­hen­den 1.644.505 Li­ter Bio­die­sel EN 14214 Zug um Zug ge­gen Zah­lung von 1.582.789,90 € zu lie­fern. Die Be­klag­te nahm dar­auf­hin die Lie­fe­run­gen wie­der auf.

Die In­sol­venz­schuld­ne­rin hat Zah­lung von 475.085,58 € nebst Zin­sen und Rechts­an­walts­kos­ten be­gehrt. Das Land­ge­richt hat die Be­klag­te zur Zah­lung von 472.996,82 € nebst Zin­sen und Rechts­an­walts­kos­ten ver­ur­teilt und die wei­ter­ge­hen­de Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die Be­ru­fung der Be­klag­ten zu­rück­ge­wie­sen. Ih­re Re­vi­si­on hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: [8]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung, so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren noch von In­ter­es­se, im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[9]    Der Klä­ger kön­ne von der Be­klag­ten Er­satz des gel­tend ge­mach­ten Ver­zö­ge­rungs­scha­dens nach §§ 280 I und II, 286 BGB in Hö­he von 472.996,82 € ver­lan­gen. Wenn sich der Gläu­bi­ger zu hö­he­ren Prei­sen ein­de­cken müs­se, weil der Schuld­ner zu­nächst nicht leis­te, sei nicht zwei­fel­haft, dass der Gläu­bi­ger die Mehr­kos­ten des De­ckungs­ge­schäfts als Ver­zö­ge­rungs­scha­den gel­tend ma­chen kön­ne, denn die­se Mehr­kos­ten wä­ren nicht ent­stan­den, wenn der Schuld­ner recht­zei­tig ge­leis­tet hät­te. Ein Gläu­bi­ger sei nicht ge­hin­dert, ne­ben der Er­fül­lung Er­satz ei­nes Ver­zö­ge­rungs­scha­dens zu ver­lan­gen. Dies er­ge­be sich aus dem Ur­teil des BGH vom 27.05.1998 (VI­II ZR 362/96). Die­se Rechts­la­ge sei vor der Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung nicht an­ders ge­we­sen als nach ih­rem In­kraft­tre­ten. An­sprü­che nach § 281 BGB oder sol­che nach § 326 BGB a.F. sei­en zwi­schen den Par­tei­en zu kei­nem Zeit­punkt Streit­ge­gen­stand ge­we­sen. Der Klä­ger ha­be ei­nen sol­chen Nicht­er­fül­lungs­scha­den nicht er­setzt ver­langt.

[10]   Die Be­klag­te ha­be sich seit dem 04.06.2008 mit ih­rer Leis­tungs­pflicht in Ver­zug be­fun­den. Denn spä­tes­tens mit dem Schrei­ben von die­sem Tag ha­be sie klar­ge­stellt, dass sie ih­rer ver­trag­li­chen Leis­tungs­pflicht nicht nach­kom­men wol­le. Hier­in lie­ge ei­ne Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung, so­dass ei­ne Mah­nung zur Be­grün­dung des Ver­zugs ge­mäß § 286 II Nr. 3 BGB ent­behr­lich ge­we­sen sei. Dem Ver­zug­s­ein­tritt ste­he auch nicht ent­ge­gen, dass die nach dem Ver­trag ge­schul­de­ten Lie­fe­run­gen ab dem 16.04.2008 bis zum 30.09.2008 von der In­sol­venz­schuld­ne­rin suk­zes­si­ve hät­ten ab­ge­ru­fen wer­den müs­sen. Da die Be­klag­te un­miss­ver­ständ­lich und end­gül­tig zum Aus­druck ge­bracht ha­be, dass sie zur Be­lie­fe­rung der In­sol­venz­schuld­ne­rin zu den im Ver­trag vor­ge­se­he­nen Kon­di­tio­nen we­gen der In­sol­venz ih­res Lie­fe­ran­ten nicht be­reit sei, sei es ent­behr­lich ge­we­sen, die Be­klag­te suk­zes­si­ve neu auf­zu­for­dern, die je­wei­li­ge Teil­lie­fe­rung zu er­brin­gen. Viel­mehr ha­be die In­sol­venz­schuld­ne­rin sich dar­auf be­schrän­ken dür­fen, suk­zes­si­ve De­ckungs­käu­fe bei an­de­ren Lie­fe­ran­ten vor­zu­neh­men.

[11]   Die Be­klag­te kön­ne sich nicht auf ei­ne Vor­teils­aus­glei­chung be­ru­fen. Zwar be­ste­he zwi­schen dem schä­di­gen­den Er­eig­nis und dem Vor­teil ein ad­äqua­ter Kau­sal­zu­sam­men­hang. Al­ler­dings müs­se die An­rech­nung des Vor­teils dem Zweck des Scha­dens­er­sat­zes ent­spre­chen, das heißt sie dür­fe den Ge­schä­dig­ten nicht un­zu­mut­bar be­las­ten und den Schä­di­ger nicht un­ge­bühr­lich be­güns­ti­gen. Hier sei im Aus­gangs­punkt nicht zu über­se­hen, dass die In­sol­venz­schuld­ne­rin tat­säch­lich ei­nen er­heb­li­chen Vor­teil da­von ge­habt ha­be, dass sie die spä­te­ren Lie­fe­run­gen der Be­klag­ten in den Jah­ren 2009 und 2010 zu deut­lich güns­ti­ge­ren Kon­di­tio­nen er­hal­ten ha­be, da die Prei­se aus dem ur­sprüng­li­chen Ver­trag der nun­mehr gel­ten­den Markt­la­ge nicht mehr ent­spro­chen hät­ten. Hät­te die Be­klag­te ord­nungs­ge­mäß ge­lie­fert, hät­te die In­sol­venz­schuld­ne­rin in den Jah­ren 2009 und 2010 er­heb­lich mehr Geld für die Die­sel­lie­fe­run­gen zah­len müs­sen.

[12]   Im Er­geb­nis wür­de ei­ne An­rech­nung die­ser Vor­tei­le auf den Ver­zö­ge­rungs­scha­den aber zu ei­ner un­bil­li­gen Ent­las­tung der Be­klag­ten als Schä­di­ge­rin füh­ren. Bei Kauf­ver­trä­gen der vor­lie­gen­den Art über­näh­men bei­de Sei­ten be­wusst das Ri­si­ko, dass sich die Markt­prei­se zwi­schen Ver­trags­ab­schluss und Er­fül­lung än­der­ten. Wer­de die Er­fül­lung vom Schuld­ner schuld­haft ver­zö­gert, dür­fe ihm dies nicht zum Vor­teil ge­rei­chen. Er könn­te sonst aus spe­ku­la­ti­ven Grün­den die Lie­fe­rung in der Hoff­nung ver­zö­gern, sich spä­ter güns­tig ein­de­cken zu kön­nen. Der bei der spä­te­ren Lie­fe­rung er­höh­te Markt­preis dür­fe da­her der Be­klag­ten nicht in dem Sin­ne zu­gu­te­kom­men, dass sie den längst ein­ge­tre­te­nen Ver­zö­ge­rungs­scha­den auf­sei­ten der In­sol­venz­schuld­ne­rin nach­träg­lich nach den Grund­sät­zen des Vor­teils­aus­gleichs min­dern dür­fe.

[13]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung nicht stand. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts steht dem Klä­ger kein An­spruch aus §§ 280 I, II, 286 BGB auf Er­stat­tung der durch die De­ckungs­käu­fe ent­stan­de-nen Mehr­kos­ten zu. Denn bei die­sen Kos­ten han­delt es sich nicht um ei­nen Ver­zö­ge­rungs­scha­den, son­dern um ei­nen nur nach §§ 280 I, III, 281 BGB er­satz­fä­hi­gen Scha­den statt der Leis­tung. Ein An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung steht dem Klä­ger aber nicht (mehr) zu, denn er hat die Be­klag­te im Vor­pro­zess mit Er­folg auf Er­fül­lung des Kauf­ver­trags in An­spruch ge­nom­men, und die­se hat dar­auf­hin die Lie­fe­run­gen wie­der auf­ge­nom­men.

[14]   1. Die Fra­ge, ob der Käu­fer ne­ben der Er­fül­lung die Mehr­kos­ten ei­nes ei­ge­nen De­ckungs­ge­schäfts als Ver­zö­ge­rungs­scha­den be­an­spru­chen kann, ist in der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung noch nicht ent­schie­den.

[15]   a) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts er­gibt sich aus dem Se­nats­ur­teil vom 09.11.1988 (VI­II ZR 310/87, NJW 1989, 1215 [un­ter B I]) nicht, dass der Käu­fer die Kos­ten ei­nes ei­ge­nen De­ckungs­kaufs ne­ben der Ver­trags­er­fül­lung als Ver­zö­ge­rungs­scha­den gel­tend ma­chen könn­te.

[16]   Zwar hat der Se­nat in die­ser – un­ter der Gel­tung des al­ten Schuld­rechts er­gan­ge­nen – Ent­schei­dung an­ge­nom­men, dass die Kos­ten ei­nes De­ckungs­kaufs ne­ben der Ver­trags­er­fül­lung als Ver­spä­tungs­scha­den gel­tend ge­macht wer­den kön­nen. Da­bei ging es aber um ei­nen De­ckungs­kauf, den nicht der Käu­fer, son­dern der in­fol­ge des Lie­fer­ver­zugs des Erst­ver­käu­fers sei­ner­seits in Lie­fer­ver­zug ge­ra­te­ne Ab­neh­mer des Käu­fers vor­ge­nom­men hat­te. Die­ser Käu­fer wur­de von sei­nem Ab­neh­mer mit den in­so­weit ent­stan­de­nen Mehr­kos­ten be­las­tet und konn­te die­se Kos­ten folg­lich als Ver­zö­ge­rungs­scha­den vom Ver­käu­fer er­setzt ver­lan­gen. Hier geht es hin­ge­gen um die Fra­ge, ob der Käu­fer ne­ben der Er­fül­lung Er­satz der Mehr­kos­ten ei­nes ei­ge­nen De­ckungs­kaufs als Ver­zö­ge­rungs­scha­den ver­lan­gen kann.

[17]   Auch aus der wei­te­ren Ent­schei­dung des Se­nats vom 27.05.1998 (VI­II ZR 362/96, NJW 1998, 2901 ff.) er­gibt sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts nicht, dass Ver­trags­er­fül­lung und Er­satz der Mehr­kos­ten ei­nes ei­ge­nen De­ckungs­kaufs ne­ben­ein­an­der ver­langt wer­den könn­ten. Denn die­se Ent­schei­dung be­trifft nur die – vom Se­nat be­jah­te – Fra­ge, ob der Käu­fer die Mehr­kos­ten ei­nes De­ckungs­kaufs im Rah­men ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs we­gen Nicht­er­fül­lung auch dann ver­lan­gen kann, wenn er den De­ckungs­kauf schon vor Ab­lauf ei­ner dem Ver­käu­fer er­folg­los ge­setz­ten Nach­frist ge­tä­tigt hat.

[18]   Für den um­ge­kehr­ten Fall, dass der Ver­käu­fer Er­satz des Min­der­er­lö­ses ei­nes De­ckungs­ver­kaufs be­gehrt, hat der V. Zi­vil­se­nat des BGH al­ler­dings – eben­falls un­ter der Gel­tung des al­ten Schuld­rechts – ent­schie­den, dass ein sol­cher Scha­den nicht zu­sätz­lich zur Er­fül­lung des Kauf­ver­trags, al­so zur Zah­lung des Kauf­prei­ses, son­dern nur an­statt der Er­fül­lung ge­for­dert wer­den kann (BGH, Urt. v. 20.05.1994 – V ZR 64/93, BGHZ 126, 131 [134]).

[19]   2. Im Schrift­tum wer­den un­ter­schied­li­che Auf­fas­sun­gen da­zu ver­tre­ten, ob der Käu­fer die Kos­ten des ei­ge­nen De­ckungs­kaufs als Ver­zö­ge­rungs­scha­den gel­tend ma­chen kann.

[20]   a) Ei­ni­ge Au­to­ren ord­nen die Kos­ten ei­nes De­ckungs­kaufs als Ver­zö­ge­rungs­scha­den ein, wenn der Käu­fer das De­ckungs­ge­schäft vor dem Er­lö­schen des Er­fül­lungs­an­spruchs tä­tigt. Ge­gen­stand des Scha­dens­er­sat­zes statt der Leis­tung sei al­lein der­je­ni­ge Scha­den, der durch das end­gül­ti­ge Aus­blei­ben der Leis­tung ver­ur­sacht wer­de, et­wa wenn der Käu­fer nach dem er­klär­ten Rück­tritt oder nach dem Ver­lan­gen von Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ei­nen De­ckungs­kauf vor­neh­me (Lo­renz, in: Fest­schr. f. Det­lef Lee­nen, 2012, S. 147 [153]; Faust, in: Fest­schr. f. Ul­rich Hu­ber, 2006, S. 239 [254]; Klöhn, JZ 2010, 46 [47]).

[21]   Die Ein­ord­nung als Ver­zö­ge­rungs­scha­den führt al­ler­dings nach die­ser Auf­fas­sung nicht da­zu, dass der Käu­fer die Mehr­kos­ten des De­ckungs­ge-schäfts oh­ne Wei­te­res ne­ben dem Er­fül­lungs­an­spruch gel­tend ma­chen kann.

[22]   aa) Nach An­sicht von Faust ist ein De­ckungs­ge­schäft, das der Gläu­bi­ger vor­nimmt, so­lan­ge er noch Er­fül­lung ver­lan­gen kann, im Rah­men des An­spruchs auf Scha­dens­er­satz we­gen Ver­zö­ge­rung der Leis­tung nicht zu be­rück­sich­ti­gen. Der Ge­setz­ge­ber ha­be in den §§ 280 bis 283 BGB ein „ela­bo­rier­tes Re­gel­werk“ ge­schaf­fen, das die In­ter­es­sen von Gläu­bi­ger und Schuld­ner zum Aus­gleich brin­gen sol­le, und da­bei ent­schie­den, dass ei­ne Li­qui­die­rung des Ver­trags, auf­grund de­rer der Gläu­bi­ger sich an­der­wei­tig ein­de­cken kön­ne und müs­se, erst mit der Er­klä­rung des Rück­tritts, dem Ver­lan­gen von Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung oder dem Ein­tritt von Un­mög­lich­keit statt­fin­de. Die­se Wer­tung dür­fe nicht da­durch über­spielt wer­den, dass dem Gläu­bi­ger er­mög­licht wer­de, sich schon zu­vor ein­zu­de­cken und dann die Fol­gen die­ses Ge­schäfts auf den Schuld­ner zu ver­la­gern (Faust, a. a. O., S. 255). Da­her sei grund­sätz­lich an­zu­neh­men, dass der Ver­ur­sa­chungs­bei­trag des Gläu­bi­gers durch die vor­zei­ti­ge Vor­nah­me des De­ckungs­ge­schäfts den Ver­ur­sa­chungs­bei­trag des Schuld­ners, der in der Ver­zö­ge­rung der Leis­tung lie­ge, so stark über­wie­ge, dass der Scha­dens­er­satz­an­spruch aus §§ 280 I und II, 286 BGB ge­mäß § 254 BGB voll­stän­dig aus­ge­schlos­sen sei (Faust, a. a. O., S. 256; ähn­lich Klöhn, JZ 2010, 46 [47]).

[23]   bb) Lo­renz sieht den Kern der Pro­ble­ma­tik in der Kau­sa­li­täts­fra­ge. Der Scha­den be­ru­he nicht un­mit­tel­bar auf der Ver­zö­ge­rung der noch mög­li­chen Leis­tung, son­dern es tre­te durch die Vor­nah­me des De­ckungs­ge­schäfts ei­ne Hand­lung des Ge­schä­dig­ten selbst da­zwi­schen. Erst die­se ver­ur­sa­che den Ver­zö­ge­rungs­scha­den. Da­mit lie­ge ein so­ge­nann­ter scha­dens­recht­li­cher Her­aus­for­de­rungs­fall, al­so ein Fall psy­chisch ver­mit­tel­ter Kau­sa­li­tät vor. Kau­sa­li­tät sei dem­nach nur dann zu be­ja­hen, wenn der Ge­schä­dig­te sich ge­recht­fer­tigt ver­an­lasst füh­len dür­fe, ein end­gül­ti­ges De­ckungs­ge­schäft vor­zu­neh­men (Lo­renz, a. a. O., S. 160 ff.). Dies sei dann der Fall, wenn zum Zeit­punkt der Vor­nah­me des De­ckungs­ge­schäfts die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes An­spruchs auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung vor­lä­gen und ei­ne vom Käu­fer ge­setz­te Nach­frist be­reits ab­ge­lau­fen sei. Denn ab die­sem Zeit­punkt müs­se der Käu­fer zur Be­frie­di­gung sei­nes Er­fül­lungs­in­ter­es­ses nicht mehr auf den Ver­käu­fer zu­rück­grei­fen (Lo­renz, a. a. O., S. 168).

[24]   b) Nach der im Schrift­tum ganz über­wie­gend ver­tre­te­nen An­sicht kön­nen die Mehr­kos­ten ei­nes De­ckungs­ge­schäfts grund­sätz­lich nur ei­nen Scha­den statt der Leis­tung dar­stel­len und da­her nur un­ter den Vor­aus­set­zun­gen von §§ 280 I und III, 281 BGB gel­tend ge­macht wer­den (Er­man/Gru­ne­wald, BGB, 13. Aufl., § 437 Rn. 13; MünchKomm-BGB/Ernst, 6. Aufl., § 286 Rn. 118; Stau­din­ger/Ot­to, BGB, Neu­be­arb. 2009, § 280 E 39 und E 5; Lö­wisch/Feld­mann, in: Stau­din­ger, BGB, Neu­be­arb. 2009, § 286 Rn. 176; NK-BGB/Dau­ner-Lieb, 2. Aufl., § 280 Rn. 65; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 72. Aufl., § 286 Rn. 41; Schmidt-Kes­sel, in: Prüt­ting/We­gen/Wein­reich, BGB, 7. Aufl., § 280 Rn. 32; Be­ckOK-BGB/Un­berath, Stand: März 2011, § 286 Rn. 69; Gri­go­leit/Riehm, AcP 203 (2003), 727 [737]; Kai­ser, in Fest­schr. f. Harm Pe­ter Wes­ter­mann, 2008, S. 351 [352]; Ady, ZGS 2003, 13 [15]; Tiedt­ke/Schmitt, BB 2005, 615 [617]; Ha­ber­zettl, NJW 2007, 1328 [1329]; Os­ten­dorf, NJW 2010, 2833 [2838]).

[25]   Ver­lan­ge der Käu­fer die Er­stat­tung der Kos­ten ei­nes De­ckungs­kaufs, ma­che er kei­nen Be­gleit­scha­den we­gen Ver­zö­ge­rung der Leis­tung gel­tend, son­dern ei­nen Scha­den we­gen Aus­blei­bens der ge­schul­de­ten Leis­tung (Kai­ser, a. a. O., S. 352; Lö­wisch/Feld­mann, a. a. O., § 286 Rn. 176; Schmidt-Kes­sel, a. a. O., § 280 Rn. 32). Ein De­ckungs­kauf sei ei­ne end­gül­ti­ge Er­set­zung der ur­sprüng­lich er­war­te­ten Leis­tung durch ei­ne gleich­wer­ti­ge an­de­re; der Scha­den er­set­ze funk­tio­nal die Leis­tung, so­dass ein Scha­den statt der Leis­tung vor­lie­ge (Stau­din­ger/Ot­to, a. a. O., § 280 E 39; NK-BGB/Dau­ner-Lieb, a. a. O., § 280 Rn. 65). Be­schaf­fe sich der Gläu­bi­ger die ge­schul­de­te Leis­tung am Markt, stel­le er ge­nau den Zu­stand her (und zwar in Na­tur), der bei ei­ner Na­tu­ral­leis­tung des Schuld­ners be­stün­de (Gri­go­leit/Riehm, AcP 203 (2003), 727 [736]).

[26]   Teil­wei­se wird dar­auf ab­ge­stellt, dass zur Ab­gren­zung zwi­schen dem Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung und dem Scha­dens­er­satz „ne­ben der Leis­tung“ zu fra­gen sei, ob ei­ne Nach­er­fül­lung den ein­ge­tre­te­nen Scha­den be­sei­tigt hät­te (Stau­din­ger/Ot­to, a. a. O., § 280 E 24 f.; Tiedt­ke/Schmitt, BB 2005, 615 [617]; Os­ten­dorf, NJW 2010, 2833 [2836 f.]; Er­man/Gru­ne­wald, a. a. O., § 437 Rn. 13; Ady, ZGS 2003, 13 [15]; ähn­lich Gri­go­leit/Riehm, AcP 203 (2003), 727 [735]). Der we­sent­li­che Un­ter­schied zwi­schen dem ein­fa­chen Scha­dens­er­satz und dem Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung lie­ge dar­in, dass letz­te­rer grund­sätz­lich erst nach er­folg­lo­sem Ab­lauf ei­ner Frist zur Nach­er­fül­lung ver­langt wer­den kön­ne. Für die Ab­gren­zung zwi­schen bei­den Scha­dens­ar­ten sei da­her maß­geb­lich, ob der be­tref­fen­de Scha­den durch die Nach­er­fül­lung be­sei­tigt wür­de (Tiedt­ke/Schmitt, BB 2005, 615 [617]). Sei dies der Fall, lie­ge ein Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung vor, da dem Ver­käu­fer die Ge­le­gen­heit ge­ge­ben wer­den müs­se, den Ver­trag doch noch zu er­fül­len (Tiedt­ke/Schmitt, BB 2005, 615 [617]; Os­ten­dorf, NJW 2010, 2833 [2838]; Er­man/Gru­ne­wald, a. a. O., § 437 Rn. 13).

[27]   2. Der Se­nat folgt der letzt­ge­nann­ten Auf­fas­sung. Mehr­kos­ten ei­nes ei­ge­nen De­ckungs­kaufs des Käu­fers sind nicht als Ver­zö­ge­rungs­scha­den nach §§ 280 I, II, 286 BGB er­satz­fä­hig. Denn bei der­ar­ti­gen Kos­ten han­delt es sich nicht um ei­nen Ver­zö­ge­rungs- oder Be­gleit­scha­den, son­dern um ei­nen Scha­den, der an die Stel­le der Leis­tung tritt und den der Gläu­bi­ger des­halb nur un­ter den Vor­aus­set­zun­gen der §§ 280 I, III, 281 BGB und so­mit nicht ne­ben der Ver­trags­er­fül­lung be­an­spru­chen kann.

[28]   Wie die Re­vi­si­on zu­tref­fend aus­führt, wä­re der Klä­ger, falls ihm ne­ben der im Vor­pro­zess er­folg­reich gel­tend ge­mach­ten Ver­trags­er­fül­lung ein An­spruch auf Er­stat­tung der Mehr­kos­ten des ei­ge­nen De­ckungs­kaufs zu­ge­bil­ligt wür­de, zum Nach­teil der Be­klag­ten so ge­stellt, als hät­te er die be­stell­te Die­sel­men­ge zu dem ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Preis dop­pelt zu be­an­spru­chen. Hier­an wird be­son­ders deut­lich, dass die Kos­ten des ei­ge­nen De­ckungs­kaufs des Käu­fers, der an die Stel­le der vom Ver­käu­fer ge­schul­de­ten Leis­tung tritt, nicht ne­ben die­ser Leis­tung als Ver­zö­ge­rungs­scha­den gel­tend ge­macht wer­den kön­nen.

[29]   3. Der Klä­ger kann den gel­tend ge­mach­ten An­spruch auf Er­satz der Kos­ten des De­ckungs­kaufs auch nicht auf §§ 280 I, III, 281 BGB stüt­zen. Zwar la­gen die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch statt der Leis­tung zu­nächst vor, weil die Be­klag­te die Ver­trags­er­fül­lung nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts end­gül­tig ver­wei­gert hat­te und es des­halb kei­ner Frist­set­zung mehr be­durf­te. Grund­sätz­lich hat der Gläu­bi­ger auch die Wahl, ob er Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­langt oder auf Ver­trags­er­fül­lung be­steht; auch lässt das Er­fül­lungs­ver­lan­gen des Gläu­bi­gers grund­sätz­lich des­sen Be­fug­nis un­be­rührt, wie­der zu ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch statt der Leis­tung über­zu­ge­hen (BGH, Urt. v. 20.01.2006 – V ZR 124/04, NJW 2006, 1198 Tz. 19). Der Gläu­bi­ger kann aber – selbst­ver­ständ­lich – nicht bei­des ver­lan­gen. Des­halb er­lischt der An­spruch des Gläu­bi­gers auf die Leis­tung, wenn er statt der Leis­tung Scha­dens­er­satz ver­langt (§ 281 IV BGB). Um­ge­kehrt schließt auch die Er­fül­lung, auf die der Klä­ger die Be­klag­te er­folg­reich in An­spruch ge­nom­men hat, ei­nen An­spruch auf Er­stat­tung von (Mehr-)Kos­ten ei­nes zu­vor ge­tä­tig­ten ei­ge­nen De­ckungs­ge­schäf­tes aus.

[30]   III. Das Be­ru­fungs­ur­teil kann nach al­le­dem kei­nen Be­stand ha­ben und ist da­her auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO), so­weit hin­sicht­lich der Kla­ge zum Nach­teil der Be­klag­ten ent­schie­den wor­den ist. Der Se­nat ent­schei­det in der Sa­che selbst, weil die Sa­che zur End­ent­schei­dung reif ist (§ 563 III ZPO). Dies führt zur Än­de­rung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils … und zur Ab­wei­sung der Kla­ge.

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