1. Durch die Er­klä­rung, ein Fahr­zeug sei „fahr­be­reit“, über­nimmt ein Kfz-Ver­käu­fer die Ge­währ da­für, dass das Fahr­zeug kei­ne (gra­vie­ren­den) Män­gel hat, auf­grund de­rer es bei ei­ner Haupt­un­ter­su­chung nach § 29 StV­ZO als „ver­kehrs­un­si­cher“ ein­ge­stuft wer­den müss­te. Ei­ne we­ni­ger schlech­te Be­ur­tei­lung als „ver­kehrs­un­si­cher“ („er­heb­li­che Män­gel“ oder „ge­rin­ge Män­gel“) steht der Ei­gen­schaft „fahr­be­reit“ nicht ent­ge­gen.
  2. Wur­de ein zum Ver­kauf ste­hen­des Fahr­zeug mit der Zu­stands­no­te 3,5 be­wer­tet und heißt es in dem ent­spre­chen­den Gut­ach­ten, ei­ne sorg­fäl­ti­ge­re Prü­fung kön­ne zu ei­ner Ab­wer­tung füh­ren, ist dem Käu­fer gro­be Fahr­läs­sig­keit vor­zu­wer­fen, wenn er auf die Be­no­tung des Fahr­zeugs mit 3,5 ver­traut und ihm des­halb un­be­kannt bleibt, dass das Fahr­zeug in ei­nem schlech­te­ren, die­se Be­wer­tung nicht recht­fer­ti­gen­den Zu­stand ist.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 11.04.2013 – I-3 U 31/121

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en schlos­sen am 13.05.2011 ei­nen Kauf­ver­trag über ei­nen im Fe­bru­ar 1973 erst­zu­ge­las­se­nen Por­sche 911 Tar­ga (Ki­lo­me­ter­stand: 95.000). Die Be­klag­te über­gab dem Klä­ger das Fahr­zeug En­de Mai 2011 ge­gen Zah­lung des Kauf­prei­ses von 21.911 €.

Der Pkw war am 09.04.2010 vom TÜV Rhein­land „im Um­fang ei­ner Haupt­un­ter­su­chung“ mit po­si­ti­vem Er­geb­nis un­ter­sucht wor­den, wo­bei der Er­hal­tungs- und der Pfle­ge­zu­stand je­weils als gut be­zeich­net wor­den wa­ren. In ei­ner dem Klä­ger be­kannt ge­ge­be­nen Fahr­zeug­kurz­be­wer­tung des Sach­ver­stän­di­gen S vom 28.04.2010 wa­ren der Zu­stand des Fahr­zeugs mit der Zu­stands­no­te 3,5 be­wer­tet und sein Markt­wert auf 20.000 € ge­schätzt wor­den. In der Kurz­be­wer­tung heißt es:

„Hin­weis: Bei der Be­sich­ti­gung wur­de nur der äu­ße­re Zu­stand oh­ne ge­naue Prü­fung und Pro­be­fahrt be­rück­sich­tigt. Bei sorg­fäl­ti­ger Prü­fung kön­nen sich Dif­fe­ren­zen der Zu­stands­no­te bis ± 0,5 er­ge­ben.“

Dem Gut­ach­ten bei­ge­fügt war ei­ne Be­schrei­bung der Zu­stands­no­ten („Markt­be­ob­ach­tung“). Dort heißt es zu der No­te 3:

„Ge­brauch­ter Zu­stand: Nor­ma­le Spu­ren der Jah­re. Klei­ne­re Män­gel, aber voll fahr­be­reit. Kei­ne Durch­ros­tun­gen. Kei­ne so­for­ti­gen Ar­bei­ten not­wen­dig. Nicht schön (i. S. von be­son­ders ge­pflegt), aber ge­brauchs­fä­hig.“

Zur No­te 4 heißt es:

„Ver­brauch­ter Zu­stand. Nur be­dingt fahr­be­reit. So­for­ti­ge Ar­bei­ten not­wen­dig: Leich­te­re bis mitt­le­re Durch­ros­tun­gen: Ei­ni­ge klei­ne­re Tei­le feh­len oder sind de­fekt. Teil­re­stau­riert. Leicht zu re­pa­rie­ren (bzw. re­stau­rie­ren).“

Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag vom 13.05.2011 ist bei dem vor­ge­druck­ten Text „Das Fahr­zeug ist fahr­be­reit“ die Mög­lich­keit „ja“ an­ge­kreuzt. Un­ter „Son­der­ver­ein­ba­run­gen“ fin­det sich der hand­schrift­li­che Ein­trag „Old­ti­mer mit Ma­cken, kei­ne Ga­ran­tie“.

Bei der Über­füh­rungs­fahrt von Duis­burg nach Rhei­ne blieb der Pkw lie­gen. Da kein Gang mehr ein­ge­legt wer­den konn­te, wur­de das Fahr­zeug ab­ge­schleppt und in die nächst­ge­le­ge­ne Werk­statt ver­bracht, wo das Schalt­ge­stän­ge für 192,07 € re­pa­riert wur­de. Da­bei wur­de – so der Klä­ger – star­ker Öl­ver­lust fest­ge­stellt.

Mit An­walts­schrei­ben vom 30.06.2011 rüg­te der Klä­ger die Brems­an­la­ge, die Spu­r­ein­stel­lung und das Len­kungs­spiel als man­gel­haft, be­an­stan­de­te ei­nen „Öl­ver­lust in er­heb­li­chem Um­fang“ und for­der­te die Be­klag­te – er­folg­los – auf, bis zum 11.07.2011 zu er­klä­ren, ob sie be­reit sei, das Fahr­zeug auf ih­re Kos­ten in­stand zu set­zen. Un­ter dem 12.07.2011 er­klär­te der Klä­ger so­dann den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te die Be­klag­te zur Rück­nah­me des Fahr­zeugs, Zug um Zug ge­gen Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, bis zum 20.07.2011 auf. Die Be­klag­te lehn­te ei­ne Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ab.

Am 29.08.2011 lehn­te der TÜV Nord nach ei­ner Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs die Er­tei­lung ei­ner Prüf­pla­ket­te we­gen er­heb­li­cher Män­gel ab.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen, weil die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen wirk­sa­men Rück­tritt nicht er­füllt sei­en. Es ha­be nicht fest­ge­stellt wer­den kön­nen, dass der vom Klä­ger er­wor­be­ne Pkw ei­nen von der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit ab­wei­chen­den Zu­stand auf­ge­wie­sen ha­be.

Der Se­nat hat den Klä­ger dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der auf die mit Schrei­ben vom 30.06.2011 ge­nann­ten Be­an­stan­dun­gen ge­stütz­te Rück­tritt vom 12.07.2011 nicht wirk­sam sei. Dar­auf, dass das Fahr­zeug nicht die Zu­stands­no­te 3,5 auf­wei­se, ha­be der Klä­ger ei­nen Rück­tritt – bis­lang – nicht ge­stützt. Ein sol­cher Rück­tritt er­schei­ne mit Blick auf den Hin­weis im Gut­ach­ten, wo­nach nur der äu­ße­re Zu­stand des Fahr­zeugs be­rück­sich­tigt wor­den sei, nicht wirk­sam. Der Klä­ger hat dar­auf­hin mit­ge­teilt, er ha­be das Fahr­zeug für 10.000 € ver­äu­ßert.

Er be­an­tragt nun­mehr, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn (21.911 € − 10.000 € =) 11.911 € nebst Zin­sen zu zah­len. Die Be­ru­fung hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Das Land­ge­richt hat im Er­geb­nis zu Recht den mit der Kla­ge ver­folg­ten An­spruch des Klä­gers auf Rück­ab­wick­lung des Kfz-Kauf­ver­trags … ver­neint. Die Vor­aus­set­zun­gen für ein Rück­tritts­recht (§§ 434 I 1, I 2 Nr. 2, 437 Nr. 2 Fall 1, 323 BGB) lie­gen nicht vor.

1. Der mit An­walts­schrei­ben vom 12.07.2011 er­klär­te Rück­tritt ist un­wirk­sam.

Er stützt sich auf die mit Schrei­ben vom 30.06.2011 ge­nann­ten Be­an­stan­dun­gen, we­gen de­rer auch die Frist für die Er­klä­rung ei­ner Be­reit­schaft zur Nach­bes­se­rung bis zum 11.07.2011 ge­setzt wor­den ist. Be­an­stan­det wor­den sind in die­sem Schrei­ben Brems­an­la­ge, Spu­r­ein­stel­lung und Len­kungs­spiel so­wie Öl­ver­lust in er­heb­li­chem Um­fang. Ab­ge­se­hen da­von, dass schon ei­ni­ges da­für spricht, dass die­se Be­an­stan­dun­gen nicht hin­rei­chend sub­stan­zi­iert gel­tend ge­macht sind, ha­ben sie kei­ne Män­gel im Sin­ne ei­ner Ab­wei­chung von ei­ner ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs zum Ge­gen­stand. Denn das Fahr­zeug ist als „Old­ti­mer mit Ma­cken" ver­kauft wor­den, so­dass der Klä­ger mit der­ar­ti­gen der vor­aus­ge­setz­ten oder üb­li­chen Be­schaf­fen­heit nicht wi­der­spre­chen­den (Ver­schleiß-)Er­schei­nun­gen rech­nen muss­te.

Sie spre­chen auch nicht da­ge­gen, dass das Fahr­zeug – wie ver­ein­bart – fahr­be­reit war. Durch die Er­klä­rung, ein ver­kauf­tes Fahr­zeug sei „fahr­be­reit“, über­nimmt der Ver­käu­fer die Ge­währ da­für, dass das Fahr­zeug nicht mit Män­geln be­haf­tet ist, auf­grund de­rer es bei ei­ner Haupt­un­ter­su­chung nach § 29 StV­ZO als „ver­kehrs­un­si­cher“ ein­ge­stuft wer­den müss­te, weil es mit gra­vie­ren­den Män­geln be­haf­tet ist, die zu ei­ner un­mit­tel­ba­ren Ver­kehrs­ge­fähr­dung füh­ren kön­nen (BGH, Urt. v. 22.11.2006 – VI­II ZR 72/06, NJW 2007, 759, 761; OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 01.10.2008 – I-18 U 1/08, BeckRS 2009, 86560; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl. [2012], Rn. 2709 ff.). Bei der Be­ur­tei­lung ei­nes Fahr­zeugs als „ver­kehrs­un­si­cher“ han­delt es sich nach der An­la­ge VI­II zu § 29 StV­ZO um die schlech­test mög­li­che Be­ur­tei­lung; da­ne­ben gibt es die Prü­fungs­er­geb­nis­se „ge­rin­ge Män­gel“ bei sol­che Män­geln, die sich zu­nächst nur ge­ring­fü­gig auf die Ver­kehrs­si­cher­heit aus­wir­ken, und „er­heb­li­che Män­gel“, wel­che ei­ne Ver­kehrs­ge­fähr­dung be­deu­ten, von wel­chen je­doch nicht zu er­war­ten ist, dass sie un­mit­tel­bar beim Wei­ter­be­trieb zu ei­nem Ver­kehrs­un­fall füh­ren kön­nen (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 01.10.2008 – I-18 U 1/08, BeckRS 2009, 86560).

Vor­lie­gend war der En­de Mai 2011 über­ge­be­ne Por­sche Tar­ga … am 09.04.2010 vom TÜV Rhein­land „im Um­fang ei­ner Haupt­un­ter­su­chung“ mit po­si­ti­vem Er­geb­nis un­ter­sucht wor­den; hier­bei hat­te der TÜV den Er­hal­tungs- und Pfle­ge­zu­stand des Fahr­zeugs je­weils als „gut“ be­zeich­net. Am 29.08.2011 stell­te der TÜV Nord bei ei­ner Un­ter­su­chung ver­schie­de­ne Män­gel des Fahr­zeugs fest, wes­halb ei­ne Prüf­pla­ket­te we­gen „er­heb­li­cher Män­gel“ nicht er­teilt wur­de. Ist aber die Prüf­pla­ket­te we­gen ei­ner we­ni­ger schlech­ten No­te als „ver­kehrs­un­si­cher“ zu ver­wei­gern, steht dies der Ei­gen­schaft des Fahr­zeugs als „fahr­be­reit“ nicht ent­ge­gen, so auch bei der Be­no­tung „er­heb­li­che Män­gel“ (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 01.10.2008 – I-18 U 1/08, BeckRS 2009, 86560; LG Aa­chen, Urt. v. 23.11.2001 – 5 S 156/01, NJW-RR 2002, 1207, 1208; Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 2712). Denn ein Fahr­zeug ist nur dann nicht fahr­be­reit, wenn es bei ei­ner Haupt­un­ter­su­chung als „ver­kehrs­un­si­cher“ ein­ge­stuft wird (BGH, Urt. v. 21.04.1993 – VI­II ZR 113/92, NJW 1993, 1854), was der Klä­ger in Be­zug auf den ihm ver­kauf­ten Por­sche Tar­ga nicht be­haup­tet.

2. Dar­auf, dass das Fahr­zeug nicht die Zu­stands­no­te 3,5 auf­wei­se, hat der Klä­ger ei­nen Rück­tritt nicht ge­stützt. Selbst wenn ein hier­auf ge­grün­de­ter Rück­tritt vor­lä­ge, so wä­re er nicht wirk­sam. Denn ab­ge­se­hen da­von, dass der Klä­ger das Fahr­zeug in­zwi­schen ver­kauft hat und des­halb in­so­weit ei­ne für den Rück­tritt er­for­der­li­che (vgl. BGH, Urt. v. 23.02.2005 – VI­II ZR 100/04, NJW 2005, 1348) Nach­er­fül­lung nicht mehr statt­fin­den kann, war das Fahr­zeug nach der dem Klä­ger vor Kauf­ver­trags­ab­schluss vor­lie­gen­den Fahr­zeug­kurz­be­wer­tung zwar mit der No­te 3,5 be­no­tet, al­ler­dings aus­drück­lich mit dem zu­sätz­li­chen Hin­weis, bei der Be­sich­ti­gung sei nur der äu­ße­re Zu­stand oh­ne ge­naue Prü­fung und Pro­be­fahrt be­rück­sich­tigt wor­den; bei sorg­fäl­ti­ger Prü­fung könn­ten sich Dif­fe­ren­zen der Zu­stands­no­te bis ± 0,5 er­ge­ben.

Hier­nach war dem Klä­ger aber klar, dass der Be­wer­tung mit der Zu­stands­no­te von 3,5 nur ei­ne ober­fläch­li­che Un­ter­su­chung des Sach­ver­stän­di­gen zu­grun­de lag und der Sach­ver­stän­di­ge es für mög­lich hielt, dass ei­ne ge­naue­re Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs zu ei­ner Ab­wer­tung um 0,5 Punk­te und da­mit zu ei­nem er­heb­lich ge­rin­ge­ren Markt­wert füh­ren konn­te. Da­mit la­gen die Vor­aus­set­zun­gen des § 442 I 1 BGB vor, das heißt, dem Klä­ger ist gro­be Fahr­läs­sig­keit vor­zu­wer­fen, weil er na­he­lie­gen­de und je­dem ver­stän­di­gen Men­schen so­fort ein­leuch­ten­de Über­le­gun­gen nicht an­ge­stellt hat, in­dem er trotz des Hin­wei­ses auf die Mög­lich­keit ei­ner um 0,5 ab­wei­chen­den Ein­grup­pie­rung auf die Ein­stu­fung des Fahr­zeugs mit No­te 3,5 ver­trau­te und ihm des­halb ein schlech­te­rer Fahr­zeug­zu­stand un­be­kannt ge­blie­ben ist.

Un­ter die­ser Vor­aus­set­zung könn­te der Klä­ger Män­gel­rech­te nur dann gel­tend ma­chen, wenn die Be­klag­te in­so­weit arg­lis­tig ge­han­delt hät­te (§ 442 I 2 BGB). Da­zu, dass der Be­klag­ten in­des über den Zu­stand des Fahr­zeugs und sei­ne hier­aus ab­zu­lei­ten­de Be­wer­tung am Markt über das Gut­ach­ten hin­aus­rei­chen­de Er­kennt­nis­se vor­la­gen und sie die­se dem Klä­ger arg­lis­tig vor­ent­hal­ten hat, sind ob­jek­ti­vier­ba­re Tat­sa­chen we­der vor­ge­tra­gen noch sonst er­sicht­lich …

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