1. Auch wenn die Kos­ten für die Be­sei­ti­gung ei­nes Man­gels we­ni­ger als 1 % des Kauf­prei­ses (hier: 0,21 %) be­tra­gen, ist die­ser Man­gel nicht un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB, wenn er zu ei­ner er­heb­li­chen Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung führt.
  2. Die zu er­war­ten­de Lauf­leis­tung mo­der­ner Die­sel­fahr­zeu­ge be­trägt 250.000 Ki­lo­me­ter.

LG Bre­men, Ur­teil vom 28.01.2013 – 2 O 1795/11

Sach­ver­halt: Der Klä­ger, ein Ver­brau­cher, be­gehrt von der Be­klag­ten, die ei­nen Au­to­han­del be­treibt, die Rück­ab­wick­lung ei­nes Ge­braucht­wa­gen­kaufs.

Der Klä­ger er­warb am 07.10.2010 von der Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten, 26 Mo­na­te al­ten Fi­at Du­ca­to mit ei­ner Lauf­leis­tung von 19.207 km. Der Kauf­preis be­trug 21.500 €. Das Kfz wur­de dem Klä­ger am 07.10.2010 übrge­ben.

In der Fol­ge­zeit rüg­te der Klä­ger mehr­fach Män­gel an dem Fahr­zeug, un­ter an­de­rem am 01.11.2010, am 11.11.2010, am 13.12.2010, am 06.02.2011 und am 10.02.2011. Zur Prü­fung und Be­sei­ti­gung ge­rüg­ter Män­gel be­fand sich das Fahr­zeug mehr­fach bei der Be­klag­ten, die es ih­rer­seits zu ei­ner Fi­at-Ver­trags­händ­le­rin, der X-GmbH, brach­te und Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten durch­füh­ren ließ.

Mit Schrei­ben vom 22.06.2011 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te sie – er­folg­los – zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kfz, auf. An­schlie­ßend man­da­tier­te der Klä­ger sei­nen jet­zi­gen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten, der die Be­klag­te un­ter dem 09.09.2011 noch­mals frucht­los zur Rück­ab­wick­lung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw-Kaufs auf­for­der­te.

Mit sei­ner Kla­ge ver­folgt der Klä­ger sein Rück­zah­lungs­be­geh­ren wei­ter und ver­langt zu­dem un­ter an­de­rem den Er­satz der ihm vor­ge­richt­lich ent­stan­den An­walts­kos­ten in Hö­he von 1.023,16 €. Er be­haup­tet, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug wei­se nach wie vor meh­re­re Män­gel auf und ha­be ei­nen un­be­kann­ten Feh­ler, höchst­wahr­schein­lich in der Bord­elek­tro­nik.

Die Kla­ge hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Zah­lung von 19.761,04 € aus §§ 346, 347, 433, 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB (Kauf­preis) Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kfz so­wie auf Zah­lung von 1.023,16 € aus §§ 433, 434, 437 Nr. 3, 440, 280 BGB (RVG-Kos­ten).

1. Zwi­schen den Par­tei­en hat­te ein Kauf­ver­trag (§ 433 BGB) be­stan­den …

2. Im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung (22.06.2011) war ein Sach­man­gel i. S. des § 434 BGB ge­ge­ben. Dies steht nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me mit der not­wen­di­gen Si­cher­heit für die Kam­mer fest.

Der Sach­ver­stän­di­ge S, der der Kam­mer als zu­ver­läs­si­ger Sach­ver­stän­di­ger für den Kfz-Be­reich be­kannt ist, hat in sei­nem in sich schlüs­si­gen, wi­der­spruchs­frei­en und von den Par­tei­en nicht an­ge­grif­fe­nen Gut­ach­ten über­zeu­gend aus­ge­führt, dass aus tech­ni­scher Sicht an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug ein zä­hes An­lass­ver­hal­ten des Star­ters vor­ge­le­gen hat, bei län­ge­ren Leer­lauf­pha­sen die Dreh­zahl des Mo­tors plötz­lich von 850 U/min auf 1250 U/min an­ge­ho­ben wur­de und die Feh­ler­leuch­te „All­ge­mei­ne Feh­ler­mel­dung“ im Kom­bi­in­stru­ment des Kfz auf­ge­leuch­tet hat. Nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen hat­te die­se Er­schei­nung ih­re Ur­sa­che in steue­rungs- und elek­tro­nisch be­ding­ten Ef­fek­ten, die durch ei­ne Un­ter­span­nung an der Mo­tor- und Ge­trie­be­elek­tro­nik aus­ge­löst wor­den sind, de­ren Ur­sa­che letzt­lich ein feh­ler­haf­tes Mas­se­ka­bel war. Auf­grund des Zu­stands des Mas­se­ka­bels war von ei­nem län­ger­fris­ti­gen elek­tri­schen Man­gel aus­zu­ge­hen, glei­cher­ma­ßen mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit ein Ein­griff nach Her­stel­lung des Kfz aus­zu­schlie­ßen … Nur oh­ne den Elek­tro­nik­feh­ler ent­spre­che das Fahr­zeug dem Stand der Tech­nik. Die ein­zel­nen Ein­wen­dun­gen und Fra­gen aus dem Be­weis­be­schluss hat der Sach­ver­stän­di­ge um­fas­send auf­ge­grif­fen und hier­zu Stel­lung be­zo­gen. Die An­knüp­fungs­tat­sa­chen hat der Sach­ver­stän­di­ge of­fen­ge­legt, sei­ne Schlüs­se sind nach­voll­zieh­bar und oh­ne er­kenn­ba­re Wi­der­sprü­che. An­halts­punk­te, war­um dem Sach­ver­stän­di­gen nicht zu fol­gen wä­ren, lie­gen aus Sicht der Kam­mer nicht vor.

3. Für die Kam­mer steht eben­falls mit hin­rei­chen­der Si­cher­heit fest, dass der Sach­man­gel (§ 434 BGB) be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs be­stan­den hat­te.

Zu­nächst griff – ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten – die Ver­mu­tung aus § 476 BGB. Der von dem Klä­ger be­schrie­be­ne Man­gel, war – un­wi­der­legt – in­ner­halb der ers­ten sechs Mo­na­te nach Über­ga­be des Pkw auf­ge­tre­ten. Dies er­gibt sich zwei­fels­frei aus den Män­gel­rü­gen des Klä­gers und den vor­ge­leg­ten Rech­nun­gen der von der Be­klag­ten ein­ge­schal­te­ten Fir­ma X. Zu­dem hat der Sach­ver­stän­di­ge – wie zu­vor er­läu­tert – fest­ge­stellt, dass die Ur­sa­che des ge­rüg­ten Man­gels in dem feh­ler­haf­ten Mas­se­ka­bel ge­le­gen hat, dass mit an Si­cher­heit gren­zen­der Wahr­schein­lich­keit von Be­ginn an „ver­baut“ ge­we­sen ist; da­mit un­zwei­fel­haft auch bei Ge­fahr­über­gang.

4. Die Vor­aus­set­zung ei­ner frucht­lo­sen Nach­bes­se­rung (§ 440 BGB), die für ei­nen Rück­tritt er­for­der­lich ist, liegt vor. Grund­sätz­lich ist nach § 440 BGB bei zwei­ma­li­ger er­folg­lo­ser Nach­bes­se­rung von ei­nem Fehl­schlag i. S. des § 440 BGB aus­zu­ge­hen. Bei § 440 BGB han­delt es sich um ei­ne ge­setz­li­che Ver­mu­tung, so­dass im Ein­zel­fall auch oh­ne ei­ne zwei­ma­li­ge Nach­bes­se­rung von ei­ner er­folg­lo­sen Nach­bes­se­rung aus­ge­gan­gen wer­den kann. Ent­schei­dend ist hier aus Sicht des Käu­fers dar­auf ab­zu­stel­len, ob ihm wei­te­re Nach­bes­se­rungs­ver­su­che zu­mut­bar sind. Im Rah­men der Ab­wä­gung kommt es in ers­ter Li­nie auf die Art und die Schwe­re des (der) Man­gels (Män­gel) an (Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 9. Aufl., Rn. 398 m. w. Nachw.). Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug hat­te sich mehr­fach und über län­ge­re Zeit­räu­me bei der Be­klag­ten be­fun­den, oh­ne dass die­se in der La­ge ge­we­sen wä­re, den streit­ge­gen­ständ­li­chen Man­gel zu be­he­ben. Bei dem vor­lie­gen­den Man­gel war zu be­rück­sich­ti­gen, dass sich – wie von dem Sach­ver­stän­di­gen aus­ge­führt – die er­höh­te Dreh­zahl nicht nur un­er­heb­lich auf den Ver­schleiß aus­ge­wirkt hat, son­dern nach der Elek­tro­nik­an­zei­ge „All­ge­mei­ne Feh­ler­mel­dung“ nach dem Bord­buch die Fach­werk­statt auf­zu­su­chen ist. Wei­te­re Nach­bes­se­rungs­ver­su­che wa­ren dem Klä­ger bei die­sen Um­stän­den nicht zu­zu­mu­ten.

5. Der vor­lie­gen­de Sach­man­gel (§ 434 BGB) ist – ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten – auch nicht nur un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB.

Bei der Fra­ge der Er­heb­lich­keit i. S. des § 323 V 2 BGB han­delt es sich um ei­nen Wer­tungs­ge­sichts­punkt, bei dem ver­schie­de­ne Kri­te­ri­en, zum Bei­spiel Hö­he der Be­sei­ti­gungs­kos­ten, Art und Aus­wir­kung des Man­gels, Dau­er der Man­gel­be­sei­ti­gung etc., her­an­zu­zie­hen sind (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 72. Aufl., § 323 Rn. 32 m. w. Nachw.).

Bei be­heb­ba­ren Män­gel kann im Ein­zel­fall ein un­er­heb­li­cher Man­gel an­ge­nom­men wer­den, wenn die Auf­wen­dun­gen für die Man­gel­be­sei­ti­gung et­wa ein Pro­zent des Kauf­prei­ses aus­ma­chen (BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VI­II ZR 202/10, NJW 2011, 2872). Im vor­lie­gen­den Fall be­trug der Kauf­preis 21.500 €, die Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten hin­ge­gen nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen „nur“ 45,82 €, da­mit 0,21 %. Gleich­wohl liegt da­mit kein un­er­heb­li­cher Man­gel i. S. des § 323 V BGB vor. Vor­lie­gend war maß­geb­lich auf die Fra­ge der Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung ab­zu­stel­len. Für die Be­ant­wor­tung der Fra­ge, ob ein Man­gel er­heb­lich oder un­er­heb­lich i. S. des § 323 V BGB ist, ist zu­nächst auf den Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung ab­zu­stel­len (BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VI­II ZR 166/07, NJW 2009, 508). Auf die Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung kommt es dann an, wenn der Man­gel nicht oder nur mit ho­hen Kos­ten be­heb­bar ist oder die Man­gel­ur­sa­che im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung un­ge­klärt ist, weil auch der Ver­käu­fer die tat­säch­li­che Ur­sa­che nicht fest­stel­len konn­te (BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VI­II ZR 166/07, NJW 2009, 508; Urt. v. 29.06.2011 – VI­II ZR 202/10, NJW 2011, 2872). Ein zu die­sem Zeit­punkt er­heb­li­cher Man­gel wird nicht da­durch un­er­heb­lich, dass es im Ver­lauf des ge­richt­li­chen Ver­fah­rens ge­lingt, den Man­gel zu be­sei­ti­gen, zum Bei­spiel durch den Sach­ver­stän­di­gen (BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VI­II ZR 166/07, NJW 2009, 508). Im Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung be­stan­den die von dem Sach­ver­stän­di­gen fest­ge­stell­ten Män­gel. Wie zu­vor be­reits er­läu­tert, war es der Be­klag­ten – als Fach­fir­ma – nicht ge­lun­gen, auch un­ter Ein­schal­tung ei­ner wei­te­ren Fir­ma, die von dem Klä­ger ge­rüg­ten Man­gel­sym­pto­me zu be­sei­ti­gen. Nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me ist für den Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung auch von ei­ner er­heb­li­chen Funk­ti­ons­be­ein­träch­ti­gung aus­zu­ge­hen. Das von dem Sach­ver­stän­di­gen fest­ge­stell­te Pro­blem der er­höh­ten Leer­lauf­zahl hat un­ter an­de­rem da­zu ge­führt, dass die Bord­elek­tro­nik ei­ne Feh­ler­mel­dung aus­ge­wor­fen hat, nach der schnellst­mög­lich der Fi­at-Kun­den­dienst auf­zu­su­chen war. Zu­dem führ­te die­ses Elek­tro­nik- und Steue­rungs­pro­blem zu ei­nem un­har­mo­ni­schen Längs­be­schleu­ni­gungs­ver­lauf und hat hek­ti­sche Gang­wech­sel (3. und 4. Gang) nach sich ge­zo­gen, wo­durch die Trak­ti­on nach­tei­lig be­ein­flusst wor­den ist; ein­her­ge­hend wa­ren ei­ne Mehr­be­las­tung der Bau­tei­le und da­mit mehr Ver­schleiß ge­ge­ben. Aus Sicht des Käu­fers ist bei die­sen Sym­pto­men von ei­nem er­heb­li­chen Man­gel des Kfz aus­zu­ge­hen.

6. Die er­for­der­li­che Rück­tritts­er­klä­rung des Klä­gers i. S. des § 349 BGB ist ge­ge­ben. Die­se liegt in der vor­ge­richt­li­chen Auf­for­de­rung vom 22.06.2011 auf Rück­ab­wick­lung des streit­ge­gen­ständ­li­ches Pkw-Kaufs. Er­for­der­lich ist, dass das Ver­hal­ten des Rück­tritt­be­rech­tig­ten – hier des Klä­gers – er­ken­nen lässt, dass das Er­lö­schen noch nicht er­füll­ter Leis­tungs­pflich­ten und die Rück­gän­gig­ma­chung be­reits er­brach­ter Leis­tun­gen ge­wollt ist (So­er­gel/Had­ding, BGB, 12. Aufl., § 349 Rn. 1). Die­ses Be­geh­ren ist der vor­ge­richt­li­chen Rück­ab­wick­lungs­auf­for­de­rung vom 22.06.2011 zwei­fels­frei zu ent­neh­men.

7. Ei­ne Fall­ge­stal­tung, in der nach § 323 VI BGB der Rück­tritt aus­ge­schlos­sen wä­re, liegt nicht vor. Der Sach­man­gel (§ 434 BGB) be­ruht we­der auf ei­nem Um­stand, den der Klä­ger zu ver­tre­ten hät­te (§ 323 VI Fall 1 BGB), noch ist ein von der Be­klag­ten nicht zu ver­tre­ten­der Um­stand zu ei­nem Zeit­punkt ein­ge­tre­ten, in dem sich der Klä­ger in An­nah­me­ver­zug be­fun­den hat­te (§ 323 V Fall 2 BGB).

8. Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten lag auch … kein wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten des Klä­gers i. S. des § 242 BGB vor. Der Klä­ger hat­te zwar am 04.06.2011 zur Man­gel­be­sei­ti­gung bis zum 04.07.2011 auf­ge­for­dert und war vor Ab­lauf der Frist zu­rück­ge­tre­ten. Je­doch war der Pkw in der Zeit vom 14.06.2011 bis zum 17.06.2011 be­reits zur Nach­bes­se­rung bei der Be­klag­ten, und der Man­gel hat nach Ab­schluss des Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­suchs wei­ter fort­be­stan­den; er hat sich – un­wi­der­legt – am 19.06.2011 ge­zeigt. Am 20.06.2011 hat der Klä­ger dar­auf dann per E-Mail re­agiert, oh­ne ei­ne Re­ak­ti­on der Be­klag­ten zu er­hal­ten.

9. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te in­fol­ge des Rück­tritts ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des von ihm ge­leis­te­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 21.500 € ab­züg­lich ge­zo­ge­ner Nut­zun­gen in Hö­he von 1.738,96 € und hat sei­ner­seits das streit­ge­gen­ständ­li­che Kfz an die Be­klag­te her­aus­zu­ge­ben und zu über­eig­nen (§ 346 BGB).

a) Ge­mäß § 346 II BGB hat der Klä­ger Wert­er­satz für die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen zu leis­ten. Im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs hat­te der Pkw be­reits 19.207 Ki­lo­me­ter zu­rück­ge­legt. Der Klä­ger ist dann in sei­ner Be­sitz­zeit ins­ge­samt mit dem Pkw 18.667 Ki­lo­me­ter ge­fah­ren. Für die Be­rech­nung der Nut­zungs­vor­tei­le nach der all­ge­mein üb­li­chen For­mel (vgl. hier­zu Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 9. Aufl., Rn. 465) ist die Kam­mer von ei­ner zu er­war­ten­den Ge­samt­lauf­leis­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw von 250.000 Ki­lo­me­tern aus­ge­gan­gen. Die zu er­war­ten­de Lauf­leis­tung mo­der­ner Die­sel­fahr­zeu­ge war nach Auf­fas­sung der Kam­mer mit 250.000 Ki­lo­me­tern an­zu­neh­men (so i. E. auch Stau­din­ger/Kai­ser, BGB, Neu­be­arb. 2009, § 346 Rn. 261). Bei Be­rück­sich­ti­gung die­ser Ge­samt­fahr­leis­tung er­gibt sich ein Wert von 0,093157 € je Ki­lo­me­ter … Bei den ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter er­gibt dies ei­nen Nut­zungs­vor­teil von ge­run­det 1.738,96 € (18.667 km × 0,093157 €).

b) Er­satz für Kos­ten­er­stat­tun­gen, not­wen­di­ge Ver­wen­dun­gen und wert­ver­bes­sern­de Ver­wen­dun­gen kann der Klä­ger man­gels schlüs­si­gen Vor­trags hin­ge­gen nicht ver­lan­gen. Der Klä­ger hat­te sich bei Be­grün­dung die­ser Po­si­tio­nen pau­schal auf zur Ak­te ge­reich­te An­la­gen be­zo­gen, oh­ne in der Sa­che hin­rei­chend vor­zu­tra­gen. Es war nicht Auf­ga­be der Kam­mer, sich aus den ein­ge­reich­ten Un­ter­la­gen den ent­spre­chen­den Sach­vor­trag her­aus­zu­su­chen (so auch BGH, MDR 2005, 1376; HK-ZPO/Wöst­mann, 3. Aufl., § 137 Rn. 2). Trotz Be­strei­tens der Be­klag­ten hat der Klä­ger zu die­sen Kos­ten nicht schlüs­sig vor­ge­tra­gen, so­dass die­ser Teil des gel­tend ge­mach­ten An­spruchs ab­zu­wei­sen war.

c) Eben­falls zu er­set­zen sind als Scha­den (§§ 433, 434, 437 Nr. 3, 440, 280 BGB) die so­ge­nann­ten Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten, näm­lich die vor­ge­richt­li­chen RVG-Kos­ten in Hö­he von 1.023,16 €.

Ei­ne Kür­zung der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­ge­büh­ren in An­se­hung des strei­ti­gen Ge­richts­ver­fah­rens hat nicht zu er­fol­gen. Viel­mehr er­folgt die An­rech­nung auf die Ver­fah­rens­ge­bühr im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren … Es kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob der Klä­ger die gel­tend ge­mach­ten [Kos­ten] be­reits be­gli­chen hat oder nicht. Auf­grund der ernst­haf­ten Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung hat sich der even­tu­el­le Frei­stel­lungs­an­spruch oh­ne­hin in ei­nen Zah­lungs­an­spruch um­ge­wan­delt. Ver­wei­gert der Schuld­ner die ge­for­der­te Leis­tung oder über­haupt den Scha­den­er­satz ernst­haft und end­gül­tig, dann wan­delt sich der Frei­stel­lungs- in ei­nen Zah­lungs­an­spruch um, wenn der Ge­schä­dig­te Geld­er­satz for­dert (BGH, NJW 2004, 1868; NJW 1999, 1542; NJW-RR 1996, 700; NJW 1992, 2221; NJW 1991, 2014; NJW-RR 1987, 43). So liegt der Fall auch hier. Die Be­klag­te ver­wei­gert – wie zu­vor be­reits er­läu­tert – ernst­haft und end­gül­tig ih­re Leis­tung.

III. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs aus §§ 293 ff. BGB.

Die Be­klag­te be­fin­det sich seit dem 16.11.2007 in An­nah­me­ver­zug (§§ 293 ff. BGB). Zwar for­dert § 294 BGB, dass ei­ne Leis­tung so an­ge­bo­ten wer­den muss, wie sie zu be­wir­ken wä­re. Ein ent­spre­chen­des tat­säch­li­ches An­ge­bot auf Her­aus­ga­be und Über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kfz hat­te der Klä­ger au­ßer­ge­richt­lich nicht ab­ge­ge­ben.

Ge­mäß § 295 BGB ge­nügt aus­nahms­wei­se auch ein wört­li­ches An­ge­bot der zu be­wir­ken­den Leis­tung – hier mit dem vor­ge­richt­li­chen Schrei­ben vom 22.06.2011 und der Kla­ge vom 06.10.2011 – zur Be­grün­dung des An­nah­me­ver­zugs, wenn sich der Gläu­bi­ger – wie hier die Be­klag­te – be­stimmt und ein­deu­tig ge­wei­gert hat, die ihm ob­lie­gen­de Ge­gen­leis­tung zu er­brin­gen, wie vor­lie­gend un­ter dem 16.11.2007 mit Stel­lung des Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trags (i. E. auch BGH, NJW 1997, 581; Urt. v. 24.03.2006 – V ZR 173/05, NJW 2006, 1960) …

IV. Der Zins­an­spruch des Klä­gers folgt aus §§ 280 II, 286, 288 BGB.

Der Zins­an­spruch des Klä­gers ent­fällt auch nicht in Fol­ge der be­an­trag­ten Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung. Zwar kann … aus­nahms­wei­se der Ver­zugs­zins- und auch Pro­zess­zins­an­spruch ent­fal­len, wenn dem Schuld­ner ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht zu­steht und der Gläu­bi­ger die­sem durch ei­ne ent­spre­chen­de An­trags­stel­lung be­reits Rech­nung ge­tra­gen hat (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 170; EWiR 1999, 105; WM 1971, 449; NJW 1973, 1234; Un­berath, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, § 291 Rn. 5). Ei­ne der­ar­ti­ge Aus­nah­me­si­tua­ti­on liegt in­des nicht vor, wenn der Schuld­ner, wie hier die Be­klag­te, die Er­fül­lung ih­rer Pflicht ernst­haft ver­wei­gert hat. Mit der Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung ent­fal­len die Pflich­ten des Gläu­bi­gers zur Mit­wir­kung, ins­be­son­de­re die Ver­pflich­tung, die ei­ge­ne (Ge­gen-)Leis­tung an­bie­ten zu müs­sen (i. E. auch BGH, NJW-RR 1990, 444; Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 286 Rn. 24 i. V. mit Rn. 15). Zu­dem kann sich der Schuld­ner bei ernst­haf­ter Ver­wei­ge­rung der ei­ge­nen Leis­tung nicht auf die man­geln­de Fäl­lig­keit der For­de­rung oder ein ihm zu­ste­hen­des Zu­rück­be­hal­tungs­recht be­ru­fen (BGHZ 50, 175) …

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