Ein An­bie­ter darf ei­ne eBay-Auk­ti­on ab­bre­chen, wenn nach Be­ginn der Auk­ti­on ein Man­gel an dem zum Kauf an­ge­bo­te­nen Ge­gen­stand auf­tritt (hier: Aus­fall der Zen­tral­ver­rie­ge­lung) und der An­bie­ter die­sen Man­gel nicht zu ver­tre­ten hat.

LG Bo­chum, Ur­teil vom 18.12.2012 – 9 S 166/12

Sach­ver­halt: Der Be­klag­te bot un­ter sei­nem Pseud­onym P auf der In­ter­net­platt­form eBay ab dem 25.07.2011 ei­nen Pkw Mer­ce­des-Benz A 140 zum Kauf ge­gen Höchst­ge­bot an. Der Start­preis be­trug 1 €; die Auk­ti­on soll­te zehn Ta­ge lau­fen. Bei den Ar­ti­kel­merk­ma­len war als „Kom­fort­aus­stat­tung“ an­ge­ge­ben, dass der Wa­gen über ei­ne Zen­tral­ver­rie­ge­lung ver­fü­ge. In der Ar­ti­kel­be­schrei­bung wur­de auf klei­ne­re Män­gel wie Krat­zer hin­ge­wie­sen.

Die für die streit­ge­gen­ständ­li­che Auk­ti­on maß­geb­li­chen All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­dinun­gen von eBay ent­hiel­ten in § 10 Nr. 1 fol­gen­de Re­ge­lung:

„Bei Ab­lauf der Auk­ti­on oder bei vor­zei­ti­ger Be­en­di­gung des An­ge­bots durch den An­bie­ter kommt zwi­schen An­bie­ter und Höchst­bie­ten­dem ein Ver­trag über den Er­werb des Ar­ti­kels zu­stan­de, es sei denn der An­bie­ter war ge­setz­lich da­zu be­rech­tigt das An­ge­bot zu­rück­zu­neh­men und die vor­lie­gen­den Ge­bo­te zu strei­chen. Nach ei­ner be­rech­tig­ten Ge­bots­rück­nah­me kommt zwi­schen dem Miet­glied, das nach Ab­lauf der Auk­ti­on auf­grund der Ge­bots­rück­nah­me wie­der Höchst­bie­ten­der ist und dem An­bie­ter kein Ver­trag zu­stan­de. An­bie­ter und Höchst­bie­ten­der kön­nen sich ei­ni­gen, dass ein Ver­trag zu­stan­de kommt.“

Dar­über hin­aus wa­ren auf der Web­site von eBay Hin­wei­se zum Ak­ti­ons­ab­lauf ein­seh­bar. Dar­in hieß es un­ter an­de­rem un­ter „Wie be­en­de ich mein An­ge­bot vor­zei­tig?“:

„Es kann vor­kom­men, dass Sie ein An­ge­bot vor­zei­tig be­en­den müs­sen, zum Bei­spiel, wenn Sie fest­stel­len, dass der zu ver­kau­fen­de Ar­ti­kel nicht funk­tio­niert oder ein Teil fehlt.“

Un­ter der Über­schrift „Grün­de für die vor­zei­ti­ge Be­en­di­gung des An­ge­bots“ war au­ßer­dem auf­ge­führt: „Der Ar­ti­kel ist ver­lo­ren ge­gan­gen, be­schä­digt oder an­der­wei­tig nicht mehr zum Ver­kauf ver­füg­bar.“

Der Klä­ger bot am 25.07.2011 um 22:55 Uhr un­ter dem Pseud­onym K bei der Auk­ti­on mit. Am 26.07.2011 um 23:29 Uhr be­en­de­te der Be­klag­te das An­ge­bot vor­zei­tig und lösch­te die ab­ge­ge­be­nen Ge­bo­te, dar­un­ter ein Ge­bot des Klä­gers.

Die­ser for­der­te den Be­klag­ten mit E-Mail vom 31.07.2011 ver­geb­lich auf, ihm bis zum 04.08.2011 ei­ne Kon­to­ver­bin­dung mit­zu­tei­len und an­zu­ge­ben, wann er, der Klä­ger, das Fahr­zeug ab­ho­len kön­ne. Nach Ab­lauf die­ser Frist be­auf­trag­te er sei­nen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten, der un­ter dem 30.08.2011 – eben­falls er­folg­los – die Er­fül­lung des Kauf­ver­trags an­mahn­te.

Der Be­klag­te ver­kauf­te das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug spä­ter über ein an­de­res In­ter­net­por­tal zum Preis von 2.800 €.

Der Klä­ger meint, der Be­klag­te ha­be ein wirk­sa­mes An­ge­bot auf Ab­schluss ei­nes Kauf­ver­trags ab­ge­ge­ben, das er nur durch ei­ne An­fech­tung ha­be be­sei­ti­gen kön­nen. Ei­ne wirk­sa­me An­fech­tung ha­be je­doch nicht vor­ge­le­gen, weil der Be­klag­te bei Be­en­di­gung des An­ge­bots nicht den Grund für die Be­en­di­gung ge­nannt ha­be. Dar­über hin­aus ha­be sich der Be­klag­te über ei­ne An­fech­tung nicht sei­ner Haf­tung für Sach­män­gel ent­zie­hen dür­fen.

Der Klä­ger be­haup­tet, er ha­be ein Ge­bot von ei­nem Eu­ro ab­ge­ge­ben, das bei Be­en­di­gung der Auk­ti­on das Höchst­ge­bot ge­we­sen sei. Das an­ge­bo­te­ne Fahr­zeug ha­be aus­weis­lich der Fahr­zeug­be­wer­tung des Kfz-Sach­ver­stän­di­gen S im Au­gust 2011 ei­nen Wert von 4.200 € ge­habt, so­dass sein Scha­den – soll­te ihm der Be­klag­te das Fahr­zeug nicht über­eig­nen – 4.199 € be­tra­ge.

Der Be­klag­te be­haup­te, er ha­be die eBay-Auk­ti­on be­en­det, weil plötz­lich die Zen­tral­ver­rie­ge­lung des Fahr­zeugs nicht mehr funk­tio­niert ha­be. Nach Be­en­di­gung der Auk­ti­on ha­be er ei­ne neue Zen­tral­ver­rie­ge­lungs­pum­pe für 65 &eu­ro er­wor­ben und selbst in das Fahr­zeug ein­ge­baut.

Das Amts­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen, nach­den es durch Ver­neh­mung der Zeu­gen X und T Be­weis dar­über hat­te, ob die Zen­tral­ver­rie­ge­lung des Fahr­zeugs En­de Ju­li 2011 de­fekt war. Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Das Amts­ge­richt hat die Kla­ge im Er­geb­nis zu Recht ab­ge­wie­sen. Dem Klä­ger steht kein An­spruch ge­mäß § 433 I 1 BGB auf Über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw … bzw. auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung aus §§ 433 I 1, 280 I, III, 281 BGB zu.

Denn zwi­schen den Par­tei­en ist kein Kauf­ver­trag über die­ses Fahr­zeug zu­stan­de ge­kom­men. Zwar hat der Be­klag­te ein wirk­sa­mes An­ge­bot zum Ab­schluss ei­nes Kauf­ver­trags ab­ge­ge­ben (1); die­ses hat er je­doch wirk­sam zu­rück­ge­nom­men (2).

1. Durch Ein­stel­len des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs am 25.07.2011 in ei­ne In­ter­net­auk­ti­on bei eBay hat der Be­klag­te ein An­ge­bot zum Ab­schluss ei­nes Kauf­ver­trags ab­ge­ge­ben. Denn im Rah­men ei­ner sol­chen In­ter­net­auk­ti­on kommt ein Kauf­ver­trag durch Wil­lens­er­klä­run­gen der Par­tei­en, An­ge­bot und An­nah­me, zu­stan­de. Der An­bie­ter gibt ein ver­bind­li­ches Ver­kaufs­an­ge­bot ab, das sich an den­je­ni­gen rich­tet, der in­ner­halb der Auk­ti­ons­lauf­zeit das höchs­te Ge­bot ab­gibt. (BGH, Urt. v. 07.11.2001 – VI­II ZR 13/01, NJW 2002, 363; Urt. v. 08.06.2011 – VI­II ZR 305/10, MMR 2011, 653).

2. Die­ses An­ge­bot hat der Be­klag­te in­des wirk­sam zu­rück­ge­nom­men, in­dem er am 26.07.2011 um 23:29 Uhr die Auk­ti­on be­en­de­te.

a) Grund­sätz­lich ist der An­tra­gen­de ge­mäß § 145 BGB an sein An­ge­bot ge­bun­den, es sei denn, dass er die Ge­bun­den­heit aus­ge­schlos­sen hat.

Der Er­klä­rungs­in­halt der im Rah­men ei­ner eBay-Auk­ti­on ab­ge­ge­be­nen Wil­lens­er­klä­run­gen rich­tet sich nach den Be­stim­mun­gen über den Ver­trags­schluss in den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen von eBay, de­nen die Par­tei­en vor der Teil­nah­me an der In­ter­net­auk­ti­on zu­ge­stimmt ha­ben. In die Aus­le­gung der Wil­lens­er­klä­run­gen ist da­her die Be­stim­mung von § 10 I eBay-AGB über das Zu­stan­de­kom­men ei­nes Ver­trags bei vor­zei­ti­ger Be­en­di­gung der Auk­ti­on mit ein­zu­be­zie­hen. Das Ver­kaufs­an­ge­bot des An­bie­ters ist so­mit da­hin ge­hend zu ver­ste­hen, dass es un­ter dem Vor­be­halt ei­ner be­rech­tig­ten An­ge­bots­rück­nah­me steht. Ein sol­cher Vor­be­halt, der die Bin­dungs­wir­kung des Ver­kaufs­an­ge­bots ein­schränkt, ver­stößt nicht ge­gen die Grund­sät­ze über die Bin­dungs­wir­kung ei­nes An­ge­bots, son­dern ist zu­läs­sig, weil ge­mäß § 145 BGB der An­tra­gen­de die Bin­dungs­wir­kung sei­nes An­ge­bots ge­ra­de aus­schlie­ßen kann. Eben­so kann er sie ein­schrän­ken, in­dem er sich den Wi­der­ruf vor­be­hält (BGH, Urt. v. 08.06.2011 – VI­II ZR 305/10, MMR 2011, 653; LG Bonn, Urt. v. 05.06.2012 – 18 O 314/11).

b) Vor­lie­gend kann sich der Be­klag­te auf ei­nen sol­chen Wi­der­rufs­vor­be­halt be­ru­fen.

aa) § 10 I der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen be­zeich­net nur va­ge, dass der An­bie­ter sein An­ge­bot zu­rück­neh­men kann, wenn er ge­setz­lich da­zu be­rech­tigt ist. Die­se Be­zug­nah­me auf ei­ne ge­setz­li­che Be­rech­ti­gung ist nicht im en­gen Sin­ne ei­ner Ver­wei­sung nur auf die ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen über die An­fech­tung von Wil­lens­er­klä­run­gen zu ver­ste­hen. Viel­mehr sind die Hin­wei­se von eBay, in de­nen als Grün­de zur An­ge­bots­be­en­di­gung auf­ge­führt sind, dass der Ar­ti­kel ver­lo­ren ge­gan­gen, be­schä­digt oder an­der­wei­tig nicht mehr zum Ver­kauf ver­füg­bar ist, her­an­zu­zie­hen. Aus den Hin­wei­sen zur Auk­ti­on ist für je­den Auk­ti­ons­teil­neh­mer er­sicht­lich, dass der An­bie­ter be­rech­tigt ist, das Ver­kaufs­an­ge­bot aus ei­nem die­ser Grün­de zu­rück­zu­zie­hen, und das An­ge­bot da­her un­ter die­sem Vor­be­halt steht (BGH, Urt. v. 08.06.2011 – VI­II ZR 305/10, MMR 2011, 653; LG Bonn, Urt. v. 05.06.2012 – 18 O 314/11; AG Men­den, Urt. v. 24.08.2011 – 4 C 390/10; AG Nür­tin­gen, Urt. v. 16.01.2012 – 11 C 1881/11, MMR 2012, 230).

Zu ei­ner sol­chen vor­zei­ti­gen Be­en­di­gung des An­ge­bots ist der An­bie­ter je­den­falls be­rech­tigt, wenn der Ge­gen­stand ge­stoh­len wird  (BGH, Urt. v. 08.06.2011 – VI­II ZR 305/10, MMR 2011, 653). Glei­ches muss je­doch gel­ten, wenn nach Be­ginn der Auk­ti­on ein Man­gel an dem zu ver­stei­gern­den Ge­gen­stand auf­tritt, den der An­bie­ter nicht zu ver­tre­ten hat (vgl. auch LG Bonn, Urt. v. 05.06.2012 – 18 O 314/11 un­ter Ver­weis auf AG Nür­tin­gen, Urt. v. 16.01.2012 – 11 C 1881/11, MMR 2012, 230).

Dies er­gibt sich zwar zu­nächst nicht ein­deu­tig aus dem Wort­laut der Hin­wei­se von eBay. Denn un­ter „Be­schä­di­gung“ ist ein von au­ßen kom­men­des Er­eig­nis, das sich ne­ga­tiv auf den Zu­stand der Sa­che aus­wirkt, zu ver­ste­hen, so­dass ein in dem zu ver­kau­fen­den Ge­gen­stand an­ge­leg­ter De­fekt nicht dar­un­ter zu fas­sen wä­re. Ei­ne der­art stren­ge Aus­le­gung wird dem Ver­ständ­nis des ob­jek­ti­ven Emp­fän­gers je­doch nicht ge­recht. Denn der durch­schnitt­li­che, ju­ris­tisch un­ge­schul­te eBay-Nut­zer wird nicht zwi­schen ei­ner Be­schä­di­gung von au­ßen und ei­nem an­de­ren De­fekt un­ter­schei­den. Für ihn kommt es le­dig­lich dar­auf an, ob der Ge­gen­stand ei­ne Ver­schlech­te­rung er­fah­ren hat, die die an­ge­nom­me­ne Ge­brauchs­taug­lich­keit aus­schließt oder zu­min­dest ein­schränkt. Bei Fort­füh­rung der Auk­ti­on be­kä­me er näm­lich nicht das, auf das er bie­ten woll­te, son­dern ei­ne auch nach den Be­stim­mun­gen des Kauf­rechts man­gel­haf­te Sa­che. Dem­zu­fol­ge fin­det sich auch in der Ein­lei­tung zu den Hin­wei­sen zur Auk­ti­ons­be­en­di­gung un­ter der Über­schrift „Wie be­en­de ich mein An­ge­bot vor­zei­tig?“ die For­mu­lie­rung „Es kann vor­kom­men, dass Sie ein An­ge­bot vor­zei­tig be­en­den müs­sen; z. B. wenn Sie fest­stel­len, dass der zu ver­kau­fen­de Ar­ti­kel nicht funk­tio­niert oder ein Teil fehlt.“ Hier­in fin­det sich da­her ge­ra­de kei­ne Be­schrän­kung auf ein von au­ßen kom­men­des schä­di­gen­des Er­eig­nis.

Au­ßer­dem ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass bei ei­ner In­ter­net­auk­ti­on – an­ders als bei sons­ti­gen Ver­kaufs­an­ge­bo­ten, die in der Re­gel so­fort an­ge­nom­men wer­den – die Be­son­der­heit ei­nes nicht un­er­heb­li­chen zeit­li­chen Aus­ein­an­der­fal­lens zwi­schen An­ge­bot und An­nah­me be­steht. Zwar kann dies auch der Fall sein, wenn ein An­ge­bot auf her­kömm­li­chem We­ge schrift­lich un­ter­brei­tet wird. In ei­nem sol­chen Fall hat der Ver­käu­fer aber zu­min­dest die Mög­lich­keit, gleich­zei­tig mit dem An­ge­bot des­sen Bin­dungs­wir­kung für den Fall, dass sich die Sa­che ver­schlech­tert, aus­zu­schlie­ßen. Ei­ne sol­che Mög­lich­keit hat der eBay-An­bie­ter auf­grund der Nut­zungs­be­din­gun­gen je­doch nicht. Die­ser Be­son­der­heit kann Rech­nung ge­tra­gen wer­den, wenn die Mög­lich­kei­ten zur wirk­sa­men Be­en­di­gung ei­ner Auk­ti­on groß­zü­gig ver­stan­den wer­den.

bb) Nach dem Er­geb­nis der erst­in­stanz­li­chen Be­weis­auf­nah­me ist da­von aus­zu­ge­hen, dass nach Auk­ti­ons­be­ginn ein Man­gel an der Zen­tral­ver­rie­ge­lung ein­ge­tre­ten ist. Dies ha­ben die Zeu­gen X und T so be­stä­tigt.

Hin­sicht­lich der Wür­di­gung der Zeu­gen­aus­sa­gen ist die Kam­mer ge­mäß § 529 I Nr. 1 ZPO grund­sätz­lich an die Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen im erst­in­stanz­li­chen Ur­teil ge­bun­den. Ei­ne sol­che Bin­dung des Be­ru­fungs­ge­richts be­steht aus­nahms­wei­se nur dann nicht, wenn kon­kre­te An­halts­punk­te für feh­ler­haf­te oder lü­cken­haf­te Fest­stel­lun­gen be­ste­hen, die Zwei­fel an der Rich­tig­keit oder Voll­stän­dig­keit der Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen be­grün­den, und sich die Not­wen­dig­keit neu­er Fest­stel­lun­gen durch wie­der­hol­te oder er­gän­zen­de Be­weis­auf­nah­me er­gibt. Zwei­fel im Sin­ne die­ser Vor­schrift lie­gen schon dann vor, wenn aus Sicht des Be­ru­fungs­ge­richts ei­ne ge­wis­se – nicht not­wen­dig über­wie­gen­de – Wahr­schein­lich­keit da­für be­steht, dass im Fall der Be­weis­er­he­bung die erst­in­stanz­li­che Fest­stel­lung kei­nen Be­stand ha­ben wird, sich al­so de­ren Un­rich­tig­keit her­aus­stellt. Kon­kre­te An­halts­punk­te für feh­ler- oder lü­cken­haf­te Fest­stel­lun­gen kön­nen sich dar­aus er­ge­ben, dass be­weis­wür­di­gen­de Dar­le­gun­gen nach­voll­zieh­ba­rer Grund­la­gen ent­beh­ren. Das ist bei der Be­weis­auf­nah­me durch Ver­neh­mung von Zeu­gen im­mer der Fall, wenn die erst­in­stanz­li­che Be­weis­wür­di­gung das Be­ru­fungs­ge­richt nicht zu über­zeu­gen ver­mag, das heißt das Be­ru­fungs­ge­richt die Be­weis­wür­di­gung auf­grund kon­kre­ter An­halts­punk­te nicht für rich­tig hält (BGH, Urt. v. 09.03.2005 – VI­II ZR 266/03, NJW 2005, 1583 [1584]). Dies kann zum Bei­spiel ge­ge­ben sein, wenn die pro­to­kol­lier­te Aus­sa­ge im Wi­der­spruch zu den Ur­teils­grün­den steht, aus der Sicht des Be­ru­fungs­ge­richts die Zeu­gen­aus­sa­ge die Ur­teils­grün­de nicht deckt, oder weil das Be­ru­fungs­ge­richt ei­ner Aus­sa­ge im Rah­men der Wür­di­gung wi­der­spre­chen­der Be­kun­dun­gen ab­wei­chen­des Ge­wicht bei­misst. Dem­ge­gen­über ist die Be­weis­wür­di­gung des erst­in­stanz­li­chen Ge­richts nicht et­wa des­halb nicht nach­voll­zieh­bar, weil man auch zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis hät­te kom­men kön­nen. Das Be­ru­fungs­ge­richt ist viel­mehr in sei­ner Prü­fung dar­auf be­schränkt, ob die erst­in­stanz­li­che Be­weis­wür­di­gung ver­tret­bar, ins­be­son­de­re wi­der­spruchs­frei ist, nicht den Denk­ge­set­zen oder all­ge­mei­nen Er­fah­rungs­sät­zen zu­wi­der­läuft oder Tei­le des Be­wei­s­er­geb­nis­ses bzw. des Sach­ver­halts un­ge­wür­digt lässt (BGH, Urt. v. 15.07.2003 – VI ZR 261/02, NJW 2003, 3480 [3481]).

Vor die­sem Hin­ter­grund ist die erst­in­stanz­li­che Be­weis­wür­di­gung nicht zu be­an­stan­den.

cc) Die Kam­mer muss­te nicht ent­schei­den, ob ein sol­cher Man­gel dar­über hin­aus ei­ne ge­wis­se Er­heb­lich­keit auf­wei­sen muss, wenn­gleich gu­te Grün­de da­ge­gen spre­chen. Denn zwar legt die Sys­te­ma­tik der Auf­zäh­lung in den eBay-Hin­wei­sen na­he, dass die Be­schä­di­gung mit dem Ver­lust bzw. der Nicht­ver­füg­bar­keit des Ge­gen­stands ver­gleich­bar sein, al­so ei­ne ge­wis­sen In­ten­si­tät auf­wei­sen muss. In der Li­te­ra­tur wird da­her so­gar die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die Be­schä­di­gung ein Aus­maß er­rei­chen muss, dass der Ver­käu­fer nach § 275 I bis III BGB nicht mehr zu leis­ten braucht (Hof­mann, ju­ris­PR-ITR 16/2012 Anm. 2) Ge­gen ein sol­ches Merk­mal spricht in­des, dass we­der das Sach­män­gel­ge­währ­leis­tungs­recht im Kauf­recht auf „er­heb­li­che Män­gel“ be­schränkt ist, noch die Hin­wei­se bei ebay nach ih­rem Wort­laut ei­ne „er­heb­li­che Be­schä­di­gung“ for­dern. Dass oh­ne ei­ne sol­che Er­heb­lich­keits­schwel­le das ebay-Kon­zept in Fra­ge ge­stellt wird, weil mög­li­cher­wei­se die Fäl­le der Ak­ti­ons­be­en­di­gun­gen – ins­be­son­de­re wenn der be­ab­sich­tig­te Preis nicht er­zielt wer­den kann – zu­neh­men, muss als Ar­gu­ment au­ßer Be­tracht blei­ben. Denn letzt­lich liegt es im Ri­si­ko­be­reich von ebay, sei­ne All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen bzw. die da­zu­ge­hö­ri­gen Hin­wei­se ein­deu­tig zu for­mu­lie­ren.

Die Fra­ge, ob ei­ne er­heb­li­che Ver­schlech­te­rung er­for­der­lich ist, kann letzt­lich je­doch da­hin­ge­stellt blei­ben. Denn vor­lie­gend ist je­den­falls von ei­nem er­heb­li­chen Man­gel aus­zu­ge­hen, da zum Zeit­punkt der Auk­ti­ons­be­en­di­gung die Zen­tral­ver­rie­ge­lung aus un­ge­klär­ter Ur­sa­che nicht mehr funk­tio­nier­te und da­her die Ge­brauchs­taug­lich­keit des Fahr­zeugs we­sent­lich be­ein­träch­tigt war. Heut­zu­ta­ge ge­hört das Vor­han­den­sein ei­ner Zen­tral­ver­rie­ge­lung na­he­zu zur Stan­dard­aus­stat­tung ei­nes Fahr­zeugs und ist aus Grün­den der Be­quem­lich­keit ein für die Kauf­ent­schei­dung maß­geb­li­cher Um­stand. Auch der Be­klag­te hat in sei­ner Ar­ti­kel­be­schrei­bung ge­son­dert dar­auf hin­ge­wie­sen, dass das Fahr­zeug über ei­ne Zen­tral­ver­rie­ge­lung ver­fü­ge.

Ein zum Zeit­punkt der Auk­ti­ons­be­en­di­gung er­heb­li­cher Man­gel wird auch nicht da­durch un­er­heb­lich, dass er – wie vor­lie­gend – an­schlie­ßend mit re­la­tiv ge­rin­gem Kos­ten­auf­wand von dem An­bie­ter selbst be­sei­tigt wer­den kann (vgl. auch BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VI­II ZR 166/07, NJW 2009, 508) Denn es wä­re un­bil­lig, den An­bie­ter ein­sei­tig mit dem Pro­gno­se­ri­si­ko zu be­las­ten. Viel­mehr muss es dar­auf an­kom­men, ob er nach Auf­tre­ten des Man­gels da­von aus­ge­hen durf­te, dass der Man­gel nicht recht­zei­tig vor Auk­ti­ons­en­de mit ver­tret­ba­rem (Kos­ten-)Auf­wand wird be­sei­tigt wer­den kön­nen. Der Bie­ter ist aus­rei­chend da­durch ge­schützt, dass den An­bie­ter die Dar­le­gungs- und Be­weis­last trifft, von ei­nem (er­heb­li­chen) Man­gel aus­ge­hen zu dür­fen.

Vor­lie­gend steht nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me, an das die Kam­mer aus oben ge­nann­ten Grün­den ge­bun­den ist, fest, dass der Be­klag­te zum Zeit­punkt der Auk­ti­ons­be­en­di­gung nicht ein­schät­zen konn­te, mit wel­chem (Kos­ten-)Auf­wand die Zen­tral­ver­rie­ge­lung zu re­pa­rie­ren sei, da er nicht wuss­te, aus wel­chen Grün­den die­se nicht mehr funk­tio­nier­te. Die ver­gleichs­wei­se güns­ti­ge Er­satz­pum­pe er­warb er erst ei­ni­ge Ta­ge nach Be­en­di­gung der Auk­ti­on …

V. Die Kam­mer hat ge­mäß § 543 II Nr. 1 ZPO die Re­vi­si­on zu­ge­las­sen, weil es für die Ent­schei­dung des vor­lie­gen­den Rechts­streits auf die Fra­ge an­kommt, ob bei ei­ner eBay-Auk­ti­on ein nach­träg­lich auf­tre­ten­der Sach­man­gel am Ver­kaufs­ge­gen­stand zu ei­ner Rück­nah­me des An­ge­bots be­rech­tigt. Die­se Fra­ge ist höchst­rich­ter­lich bis­lang noch nicht ent­schie­den, be­rührt aber das abs­trak­te In­ter­es­se der All­ge­mein­heit an der ein­heit­li­chen Ent­wick­lung und Hand­ha­bung des Rechts, weil sie sich in ei­ner un­be­stimm­ten Viel­zahl von ver­gleich­ba­ren Fäl­len von eBay-Auk­tio­nen stel­len kann.

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