Miet­wa­gen­kos­ten für Wohn­mo­bi­le sind kei­ne taug­li­che Be­mes­sungs­grund­la­ge für ei­ne vom Käu­fer nach ei­nem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag zu leis­ten­de Nut­zungs­ent­schä­di­gung. Es er­scheint auch nicht sach­ge­recht, bei der Be­rech­nung des Nut­zungs­vor­teils al­lein auf die Ki­lo­me­ter­leis­tung ab­zu­stel­len; denn Wohn­mo­bi­le wer­den in mehr oder we­ni­ger er­heb­li­chem Um­fang auch wäh­rend der Stand­zei­ten be­nutzt. Ab­zu­stel­len ist des­halb auf die vor­aus­sicht­li­che Le­bens­dau­er des Fahr­zeugs, nicht auf die mut­maß­li­che Ge­samt­lauf­leis­tung.

OLG Mün­chen, Ur­teil vom 24.10.2012 – 3 U 297/11
(vor­her­ge­hend: LG Traun­stein, Ur­teil vom 14.12.2010 – 7 O 3837/09)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von dem Be­klag­ten mit Kauf­ver­trag vom 18.03.2009 ein ge­brauch­tes Wohn­mo­bil. Der Kauf­preis be­trug 35.000 €; die Haf­tung des Ver­käu­fers für Sach­män­gel wur­de ver­trag­lich aus­ge­schlos­sen.

Mit der Be­haup­tung, das Fahr­zeug wei­se ei­ne Viel­zahl von Män­geln auf, die ihm der Be­klag­te bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be, hat der Klä­ger den Be­klag­ten in ers­ter In­stanz im We­sent­li­chen auf Zah­lung von 35.000 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs, in An­spruch ge­nom­men. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge mit der Be­grün­dung ab­ge­wie­sen, das Wohn­mo­bil sei zwar schon bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges man­gel­haft ge­we­sen, der Be­klag­te ha­be die Män­gel zu die­sem Zeit­punkt je­doch nicht ge­kannt.

Der Klä­ger meint, die­se Auf­fas­sung kön­ne auf­grund der DE­KRA-Gut­ach­ten vom 13.10.2009 und 09.06.2010 so­wie der Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen N kei­nen Be­stand ha­ben. Das vor­ge­fun­de­ne Scha­dens­bild las­se nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen zwei­fels­frei den Schluss zu, dass die Be­schä­di­gun­gen in­fol­ge ei­ner lang­an­dau­ern­den und be­reits län­ger zu­rück­lie­gen­den Feuch­tig­keits­ein­wir­kung ent­stan­den sei­en. Da der Be­klag­te – wie er ge­gen­über dem Sach­ver­stän­di­gen be­stä­tigt ha­be – Ab­de­ckun­gen über den schad­haf­ten Stel­len an­ge­bracht ha­be, müss­ten ihm die er­heb­li­chen Feuch­tig­keits­schä­den be­kannt ge­we­sen sein.

Die Be­ru­fung hat­te größ­ten­teils Er­folg.

Aus den Grün­den: II. 1. Auf die zu­läs­si­ge Be­ru­fung des Klä­gers war das … En­dur­teil des LG Traun­stein … grund­le­gend ab­zu­än­dern, da der Se­nat … un­ter vol­ler Wür­di­gung des Er­geb­nis­ses der um­fang­rei­chen Be­weis­auf­nah­me die Über­zeu­gung ge­won­nen hat, dass die ge­rüg­ten Män­gel bei Ge­fahr­über­gang be­stan­den und dem Klä­ger sei­tens des Be­klag­ten bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges arg­lis­tig ver­schwie­gen wur­den; dies führt zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 440, 444, 323 I, 346 I BGB so­wie zur Ver­pflich­tung des Be­klag­ten ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 440, 444, 284 BGB zum Er­satz ver­geb­li­cher Auf­wen­dun­gen, da­mit zur Zu­bil­li­gung sämt­li­cher kla­ge­wei­se gel­tend ge­mach­ter An­sprü­che …

Die Kla­ge war teil­wei­se ab­zu­wei­sen und ent­spre­chend die Be­ru­fung zu­rück­zu­wei­sen, so­weit von dem zu­rück­ge­for­der­ten Kauf­preis ein Ab­zug im Hin­blick auf die vor­über­ge­hen­de Nut­zung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs durch den Klä­ger vor­zu­neh­men ist …

Der Um­stand, dass der Klä­ger per­sön­lich mit Schrei­ben vom 08.04.2009 und der nach­ma­li­ge Klä­ger­ver­tre­ter mit Schrift­satz vom 16.04.2009 die Min­de­rung – aus­ge­hend von den bis Mit­te April 2009 wahr­ge­nom­me­nen Schä­den/Män­geln des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs – er­klärt ha­ben, be­dingt nicht den Aus­schluss des Rück­tritts­rechts. Zeigt sich näm­lich in der Frist ge­mäß § 438 BGB (hier: zwei Jah­re ge­mäß § 438 I Nr. 3 BGB) ein zu­sätz­li­cher Man­gel, ist ein Über­gang zum Rück­tritts­recht mög­lich (vgl. Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 71. Aufl. [2012], § 437 Rn. 31). Wenn in dem Schrei­ben vom 08.04.2009 noch da­von die Re­de ist, dass „nur“ das Holz an den Schrän­ken und den Duschwän­den an­ge­grif­fen und ver­fault sei, er­folg­te der Rück­tritt ge­mäß Schrei­ben vom 14.10.2009 un­ter Be­zug­nah­me auf das dem Klä­ger vor­ge­leg­te Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten vom 13.10.2009, das fest­stell­te, dass der So­ckel­be­reich des ge­sam­ten Mo­bi­li­ars auf ei­ner Hö­he von ca. 0–13/15 cm über Bo­den stark ver­fault, das Holz­ma­te­ri­al in die­sem Be­reich stark auf­ge­quol­len und stel­len­wei­se grö­ße­re Be­rei­che nicht mehr vor­han­den und be­reits weg­ge­bro­chen wa­ren mit der Kon­se­quenz, dass für die Be­he­bung des Scha­dens die ge­sam­te Wohn­ka­bi­ne in­nen zu de­mon­tie­ren und der Fahr­zeug­bo­den frei­zu­le­gen war, al­le den Bo­den be­rüh­ren­den Kor­pus­tei­le hät­ten er­neu­ert wer­den müs­sen. Bei die­ser Kon­stel­la­ti­on muss­te sich der Käu­fer nicht an der Ge­stal­tungs­er­klä­rung der Min­de­rung fest­hal­ten las­sen …

Das Rück­tritts­recht des Klä­gers ist auch nicht in­fol­ge am Fahr­zeug durch ihn vor­ge­nom­me­ner bau­li­cher Än­de­run­gen aus­ge­schlos­sen. Nach der Um­ge­stal­tung der §§ 346 ff. BGB durch das Ge­setz zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts kann der Rück­tritts­be­rech­tig­te so­gar dann zu­rück­tre­ten, wenn er den Un­ter­gang oder ei­ne we­sent­li­che Ver­schlech­te­rung der zu­rück­zu­ge­wäh­ren­den Sa­che zu ver­tre­ten hat (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 71. Aufl. [2012], § 346 Rn. 1). Was den vom Be­klag­ten an­ge­spro­che­nen an­geb­li­chen Wert­ver­lust des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs in­fol­ge Um­ge­stal­tung an­geht, wird in­so­weit nur un­ter ein­schrän­ken­den Vor­aus­set­zun­gen ge­mäß § 346 II BGB Wert­er­satz ge­leis­tet; hier ist je­doch ge­mäß § 346 III 1 Nr. 1 BGB die Ver­pflich­tung des Klä­gers zum Wert­er­satz ent­fal­len, da sich zum Rück­tritt be­rech­ti­gen­de Män­gel erst im Lauf der Um­ge­stal­tung des Wohn­mo­bils zeig­ten. Nach der Durch­füh­rung des Be­sich­ti­gungs­ter­mins vom 06.10.2009 mit dem … Sach­ver­stän­di­gen N fan­den an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug kei­ne wei­te­ren Ar­bei­ten statt …

Das Rück­tritts­recht ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 440, 346 I BGB konn­te der Klä­ger trotz des im Kauf­ver­trag vom 19.03.2009 ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses aus­üben, da nach der Be­weis­auf­nah­me da­von aus­zu­ge­hen ist, dass der Be­klag­te den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat (§ 444 BGB). Arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen liegt dann vor, wenn der Ver­käu­fer den Man­gel kennt oder zu­min­dest für mög­lich hält und weiß oder doch da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Käu­fer den Man­gel nicht kennt und bei Auf­klä­rung den Ver­trag nicht oder mit an­de­rem In­halt ge­schlos­sen hät­te (vgl. Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 442 Rn. 18). Die­se Vor­aus­set­zun­gen, be­zo­gen auf das Vor­han­den­sein der ge­rüg­ten Män­gel an den Ein­bau­ten zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs (Kauf­ver­trags), hat der Se­nat auf­grund der Be­weis­auf­nah­me fest­stel­len kön­nen …

Auf­grund der Fest­stel­lun­gen der Sach­ver­stän­di­gen, die auf jah­re­lan­ge Er­fah­rung in ih­ren Fach­ge­bie­ten ver­wei­sen kön­nen und sich, wie die ein­ge­hol­ten Gut­ach­ten und münd­li­chen Stel­lung­nah­men be­le­gen, ein­ge­hend und kri­tisch mit den vor­ge­tra­ge­nen Be­haup­tun­gen und Ar­gu­men­ten aus­ein­an­der­ge­setzt ha­ben, geht der Se­nat da­von aus, dass die vom Be­klag­ten ge­nann­ten Grün­de für das An­brin­gen der Ab­de­ckun­gen im In­nen­raum des Wohn­mo­bils vor­ge­scho­ben wur­den, um die tat­säch­li­che da­ma­li­ge In­ten­ti­on, Feuch­tig­keits­schä­den im Hin­blick auf ei­nen in ab­seh­ba­rer Zeit be­ab­sich­tig­ten Ver­kauf des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu be­män­teln, zu ver­ber­gen.

Auch die Zu­sam­men­schau mit den Zeu­gen­aus­sa­gen ließ den Se­nat die Über­zeu­gung ge­win­nen, dass der von den Sach­ver­stän­di­gen fest­ge­stell­te Zu­stand … des streit­ge­gen­ständ­li­chen Wohn­mo­bils im We­sent­li­chen dem Zu­stand bei Kauf­ver­trags­ab­schluss und Ge­fahr­über­gang ent­sprach und der Be­klag­te auch zu­min­dest den Feuch­tig­keits­be­fall der be­trof­fe­nen Flä­chen und das hier­in lie­gen­de Po­ten­zi­al wei­te­rer Scha­dens­ent­wick­lung er­kann­te, als er die den Ge­gen­stand der Be­gut­ach­tung bil­den­den Ab­de­ckun­gen vor den je­wei­li­gen Mö­bel­schad­stel­len an­brach­te; dass er mit ei­ner durch­aus be­acht­li­chen wei­te­ren Scha­den­ent­wick­lung rech­ne­te bzw. sol­che be­reits wahr­nahm, zeigt für den Se­nat der Um­stand, dass die­se Ab­de­ckun­gen … mit ei­nem leich­ten Über­stand ex­akt das For­mat auf­wei­sen, wie die Be­schä­di­gun­gen am Mo­bi­li­ar (vgl. An­hö­rung des Sach­ver­stän­di­gen N vom 28.09.2011) …

Was die Aus­sa­ge der Zeu­gin H an­geht, hat der Se­nat nicht ver­kannt, dass die­se als Ehe­frau des Klä­gers „in des­sen La­ger“ steht … Die für die Ent­schei­dung die­ses Rechts­streits nicht un­we­sent­li­che Be­kun­dung der Zeu­gin, dass in Be­zug auf das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug nach Kauf­ver­trags­ab­schluss bis zur Be­sich­ti­gung durch den Sach­ver­stän­di­gen N kei­ne re­le­van­ten Feuch­tig­keits­ein­wir­kun­gen ge­ge­ben wa­ren und er­fol­gen konn­ten, war be­son­ders kri­tisch zu wür­di­gen, ist aber glaub­haft, da sie sich mit den Fest­stel­lun­gen der Sach­ver­stän­di­gen N und Dr. B deckt … Den Um­stand, dass im März 2009, un­mit­tel­bar nach Kauf­ver­trags­ab­schluss, sich in dem Fahr­zeug ein er­heb­li­ches Feuch­tig­keits­po­ten­zi­al be­fand und die Kor­pus­wän­de der Mö­bel an ei­ni­gen Stel­len be­reits er­heb­lich an­ge­grif­fen wa­ren (wo­bei dies nach den Aus­füh­run­gen der Sach­ver­stän­di­gen be­reits mit ei­ner län­ger zu­rück­lie­gen­den Durch­feuch­tung des Hol­zes zu­sam­men­hing), hat der … Zeu­ge K … über­zeu­gend dar­ge­stellt.

Die Aus­sa­ge der Zeu­gin L, Ehe­frau des Be­klag­ten, er­ach­te­te der Se­nat im Hin­blick auf die an­der­wei­ti­gen, ins­be­son­de­re sach­ver­stän­dig ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen als nicht glaub­haft. Die Dar­stel­lung der Zeu­gin, es sei­en im Früh­som­mer 2005 durch ih­ren Mann zwei Bret­ter in dem Wohn­mo­bil an Stel­len an­ge­bracht wor­den, bei de­nen die bis­lang dort be­find­li­che Ver­klei­dung bzw. die Mö­bel­bau­tei­le rau ge­wor­den wa­ren … ist nicht nach­voll­zieh­bar … Wenn es rich­tig wä­re, wie die Zeu­gin aus­sag­te, dass „die Wand … nur un­ten ein biss­chen rau“ war, er­klärt dies den Um­fang der Ab­de­ckung in kei­ner Wei­se … Ih­re Aus­sa­ge, bis zu dem Zeit­punkt des Ver­kaufs sei in­nen an dem Wohn­mo­bil „an Feuch­tig­keits­män­geln über­haupt nichts auf­ge­fal­len“, ist eben­so pau­schal wie ih­re An­ga­be, der All­ge­mein­zu­stand des Fahr­zeugs 2009 sei ein­wand­frei ge­we­sen, was er je­den­falls nicht war. Dies er­gibt sich be­reits aus dem, was der Sach­ver­stän­di­ge N an­läss­lich sei­ner Be­sich­ti­gung vom 06.10.2009 … an Schä­den und Vor­schä­den fest­ge­stellt hat. Der Se­nat sieht das Aus­sa­ge­ver­hal­ten der Zeu­gin L ge­prägt von der do­mi­nan­ten Per­sön­lich­keit des Be­klag­ten, der in der Ver­hand­lung sich ge­gen­über den Sach­ver­stän­di­gen in Be­zug auf das Wohn­mo­bil ei­ne Über­kom­pe­tenz zu­bil­lig­te … so­wie sich im Ver­fah­ren ei­ner selbst­herr­li­chen Ver­hal­tens­wei­se … be­flei­ßig­te. Dass die als Zeu­gin be­nann­te Ehe­frau un­ter sol­chen Um­stän­den in An­we­sen­heit des Be­klag­ten Pro­ble­me hat­te, zu ei­ner wahr­heits­ge­mä­ßen Auf­klä­rung des Sach­ver­halts bei­zu­tra­gen, ist ein dem Se­nat aus zahl­rei­chen an­de­ren Be­weis­auf­nah­men wohl ver­trau­tes psy­cho­lo­gi­sches Phä­no­men …

Hier nun zog der Se­nat aus den Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten, de­ren münd­li­chen Er­läu­te­run­gen und den Aus­sa­gen der als glaub­wür­dig er­ach­te­ten Zeu­gen die Fol­ge­rung, dass we­der die Dar­stel­lung des Be­klag­ten zu den bei Kauf­ver­trags­ab­schluss vor­han­de­nen Män­geln noch zu sei­ner (feh­len­den) Kennt­nis hier­von zu­tref­fen kann. Be­wie­sen ist nach dem In­be­griff der Be­weis­auf­nah­me zur Über­zeu­gung des Se­nats ge­ra­de das Ge­gen­teil. Hier­aus lei­tet sich die Un­wirk­sam­keit des Aus­schlus­ses der Sach­män­gel­haf­tung im Kauf­ver­trag ge­mäß § 444 BGB ab.

2. Im Ein­zel­nen ist zur Be­grün­dung der zu­ge­spro­che­nen Be­ru­fungs­an­trä­ge aus­zu­füh­ren:

a) Der zu­rück­zu­ge­wäh­ren­de Kauf­preis für das Fahr­zeug be­trug 35.000 €; hier­ge­gen wur­de die – nach er­folg­ter Auf­rech­nung noch ver­blei­ben­de – Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 1.540,78 € ver­rech­net. Hin­sicht­lich der Fra­ge, wie die Nut­zungs­ent­schä­di­gung zu be­rech­nen ist, be­stan­den sei­tens der Par­tei­en kon­tro­ver­se Vor­stel­lun­gen.

Der Sach­ver­stän­di­ge Dipl.-Ing. N … hat hier­zu im Ter­min vom 02.05.2012 die Auf­fas­sung ver­tre­ten, für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug sei ein Nut­zungs­vor­teil pro ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter in Hö­he von 15 Cent an­zu­set­zen. Er be­grün­de­te dies mit ei­nem Ver­gleich der bei üb­li­chen Ver­mie­tun­gen von Wohn­mo­bi­len an­fal­len­den Ki­lo­me­ter­sät­ze für ge­fah­re­ne Mehr­ki­lo­me­ter in Hö­he von 36 Cent pro Ki­lo­me­ter. Der Sach­ver­stän­di­ge gab an, Wohn­mo­bi­le wie das streit­ge­gen­ständ­li­che wür­den sei­nes Wis­sens ge­werb­lich nicht ver­mie­tet. Wohn­mo­bi­le, bei de­nen 36 Cent pro Mehr­ki­lo­me­ter an­fie­len, sei­en in der Re­gel grö­ßer als das streit­ge­gen­ständ­li­che, hät­ten min­des­tens vier Schlaf­plät­ze und ei­ne ent­spre­chen­de voll funk­tio­nie­ren­de In­fra­struk­tur. Vor­lie­gend ha­be das Fahr­zeug ei­ne sehr ho­he ur­sprüng­li­che Lauf­leis­tung von ca. 378.000 km auf­zu­wei­sen, zu­dem sei die In­fra­struk­tur, be­dingt durch ei­ne de­fek­te Duschwan­ne und ei­ne nicht funk­tio­nie­ren­de Warm­was­ser­lei­tung im Be­reich des Kü­chen­blocks, nur be­grenzt vor­han­den ge­we­sen. In­so­weit kä­men die zu­sätz­lich ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter in Hö­he von 7.500 nicht zu sehr zum Tra­gen.

Der Be­klag­te be­ruft sich dar­auf, nach der Recht­spre­chung des BGH (Urt. v. 03.06.1969 – VI ZR 27/68) wür­den die Ge­brauchs­vor­tei­le an den fik­ti­ven Miet­wa­gen­kos­ten für ver­gleich­ba­re Fahr­zeug­ty­pen aus­ge­rich­tet; es sei da­bei von ei­ner pro­zen­tua­len An­leh­nung von 30–40 % an die je­wei­li­gen Miet­wa­gen­sät­ze aus­zu­ge­hen …

Der Klä­ger hat sich der Auf­fas­sung des Sach­ver­stän­di­gen an­ge­schlos­sen, wo­nach der Nut­zungs­vor­teil pro ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter in Hö­he von 15 Cent an­zu­set­zen ist. Hier­aus er­gä­be sich ein an­zu­rech­nen­der Be­trag von 1.070 €.

In­so­weit ist fest­zu­hal­ten, dass Miet­wa­gen­kos­ten für (in der Re­gel neu­wer­ti­ge) Wohn­mo­bi­le kei­ne taug­li­che Be­mes­sungs­grund­la­ge für den Nut­zungs­wert dar­stel­len. Der Be­klag­te be­zieht sich mit sei­nem An­satz von 40 % der Miet­wa­gen­kos­ten of­fen­sicht­lich auf die Recht­spre­chung zu § 249 BGB, bei der es je­doch um den Ver­lust von Ge­brauchs­vor­tei­len geht (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 249 Rn. 52). Für ge­zo­ge­ne Nut­zun­gen gilt nach der Recht­spre­chung je­doch ein an­de­rer Maß­stab; hier ist die Hö­he ge­mäß § 287 ZPO im We­ge der Schät­zung durch zeit­an­tei­li­ge li­nea­re Wert­min­de­rung zu er­mit­teln (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 346 Rn. 10): Der Kauf­preis wird durch die Rest­nut­zungs­dau­er (ge­brauch­te Sa­che) ge­teilt, und der sich hier­aus er­ge­ben­de Ta­ges-, Wo­chen- oder Mo­nats­satz wird mit der tat­säch­li­chen Nut­zungs­zeit mul­ti­pli­ziert; bei Kfz ist bei der Be­rech­nung auf ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter ab­zu­stel­len. Bei Nutz­fahr­zeu­gen kann die Nut­zungs­ent­schä­di­gung ge­mäß § 287 ZPO nach de­ren üb­li­cher­wei­se bei 200.000 km lie­gen­den Ge­samt­lauf­leis­tung für je 1.000 km auf 0,5 % des An­schaf­fungs­prei­ses ge­schätzt wer­den (vgl. OLG Stutt­gart, Urt. v. 05.08.1998 – 4 U 47/98, DAR 1998, 393). Al­ler­dings er­scheint es, wor­auf das OLG Düs­sel­dorf (Urt. v. 28.04.2008 – I-1 U 273/07, BeckRS 2008, 22412) … hin­weist, bei Wohn­mo­bi­len nicht sach­ge­recht, bei der Be­rech­nung des Nut­zungs­vor­teils nur auf die Ki­lo­me­ter­leis­tung ab­zu­stel­len, da Wohn­mo­bi­le in mehr oder we­ni­ger er­heb­li­chem Um­fang auch wäh­rend der Stand­zei­ten be­nutzt wer­den. Aus die­sem Grund hat das OLG Düs­sel­dorf (22. Se­nat) für ei­ne wirk­lich­keits­na­he Schät­zung der Ge­brauchs­vor­tei­le auf die vor­aus­sicht­li­che Le­bens­dau­er des Fahr­zeugs, nicht auf die mut­maß­li­che Ge­samt­lauf­leis­tung, ab­ge­stellt (Urt. v. 28.10.1994, OLGR 1995, 83). Die­ser An­satz er­scheint zu­tref­fend.

Zu be­rück­sich­ti­gen ist hier, dass das Fahr­zeug nach län­ge­rer an­der­wei­ti­ger Nut­zung die Zu­las­sung als Wohn­mo­bil am 09.02.1998 er­hielt. Das Fahr­zeug stand zur Zeit des Ver­kaufs so­mit im zwölf­ten Jahr sei­ner Wohn­mo­bil­nut­zung. Aus­ge­hend von ei­ner Rei­he frü­he­rer beim Se­nat an­hän­gi­ger Ver­fah­ren, in de­nen es um den An­satz der Rest­nut­zungs­dau­er von Nutz­fahr­zeu­gen ging, ge­langt der Se­nat im vor­lie­gen­den Fall zu der Ein­schät­zung, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug in sei­ner spe­zi­el­len Ver­wen­dung als Wohn­mo­bil ge­ra­de die Hälf­te der vor­aus­sicht­li­chen Nut­zungs­dau­er zu­rück­ge­legt hat­te. Stellt man auf ei­ne Rest­nut­zungs­zeit von noch zwölf Jah­ren ab, was dem Se­nat nicht un­rea­lis­tisch er­scheint, er­gibt sich … ein leicht ab­ge­run­de­ter Be­trag von 1.902,50 € …

b) Der An­spruch auf Er­satz der Ein­stell­kos­ten … ist nicht als Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung zu qua­li­fi­zie­ren, son­dern auf Scha­dens­er­satz „ne­ben der Leis­tung“ (§ 280 I BGB) ge­rich­tet, steht da­her schon sei­ner Art nach nicht in ei­nem Al­ter­na­ti­vi­täts­ver­hält­nis zum Auf­wen­dungs­er­satz nach §§ 437 Nr. 3, 440, 284 BGB. Da­mit sind nach §§ 437 Nr. 3, 440, 280 I BGB … die seit 01.11.2011 an­ge­fal­le­nen Ein­stell­ge­büh­ren für das Wohn­mo­bil zu er­set­zen …

c) Er­satz­fä­hig ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 440, 284 BGB sind auch die vom Klä­ger auf das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug im Ver­trau­en auf des­sen Man­gel­frei­heit ge­tä­tig­te Auf­wen­dun­gen, die in­fol­ge der Man­gel­haf­tig­keit der ge­kauf­ten Sa­che voll­stän­dig oder teil­wei­se nutz­los ge­blie­ben sind (vgl. Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 437 Rn. 41) …

Für die An­wend­bar­keit des § 284 BGB sind Not­wen­dig­keit so­wie An­ge­mes­sen­heit der Ver­wen­dun­gen kei­ne maß­ge­ben­den Kri­te­ri­en. Wie der BGH in sei­nem Ur­teil vom 20.07.2005 – VI­II ZR 275/04, BGHZ 163, 281 – aus­führt, sind Ei­gen­tum, Be­sitz und Nut­zung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che die Leis­tung, auf de­ren Er­halt der Käu­fer ver­traut und die er zum An­lass für Auf­wen­dun­gen auf die Kauf­sa­che nimmt. So ver­stan­den hat der Käu­fer auch das Recht, die Kauf­sa­che nach sei­nen Vor­stel­lun­gen zu ver­än­dern und sei­nen Nut­zungs­vor­stel­lun­gen an­zu­pas­sen, was frei­lich mit der Er­klä­rung des Rück­tritts en­det … Ob Zu­be­hör­tei­le, die der Käu­fer in das spä­ter we­gen Man­gel­haf­tig­keit zu­rück­ge­ge­be­ne Fahr­zeug hat ein­bau­en las­sen, für ihn an­der­wei­tig ver­wend­bar wä­ren, ist für die Er­satz­pflicht des Ver­käu­fers grund­sätz­lich oh­ne Be­deu­tung …

Dass die Auf­wen­dun­gen des Klä­gers für die Zu­satz­aus­stat­tung des ge­kauf­ten Fahr­zeugs auch oh­ne die Pflicht­ver­let­zun­gen des Be­klag­ten – das heißt im Fal­le der Man­gel­frei­heit des ver­kauf­ten Fahr­zeugs – ih­ren Zweck ver­fehlt hät­ten, ist nicht er­weis­lich …

f) Die aus dem arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gen des Man­gels ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 440, 280 I BGB re­sul­tie­ren­de Scha­dens­er­satz­pflicht er­fasst auch die ad­äquat kau­sal ver­ur­sach­ten au­ßer­ge­richt­li­chen Kos­ten für die Ein­schal­tung ei­nes An­walts bei ei­nem letzt­lich durch den zu­rück­ge­for­der­ten Kauf­preis be­stimm­ten Ge­gen­stands­wert von 35.000 € …

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