Ein mit einer Gasanlage ausgerüsteter Pkw, der 7,2 % mehr Kraftstoff verbraucht als vom Hersteller angegeben, ist mangelhaft. Der Mangel berechtigt den Käufer zwar nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag, wohl aber zu einer Minderung des Kaufpreises.
AG Husum, Urteil vom 11.04.2012 – 2 C 35/10
Sachverhalt: Die Parteien streiten um die Minderung des Kaufpreises für einen neuen Opel Corsa, den der Kläger am 14.07.2008 für 14.960 € von der Beklagten gekauft hat. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 27.08.2008 übergeben, nachdem es zuvor vereinbarungsgemäß mit einer Gasanlage ausgestattet worden war. Laut Hersteller liegt der nach der EG-Richtlinie 2004/3/EG ermittelte Kraftstoffverbrauch kombiniert bei 6,1 l/100 km.
Der Kläger behauptet, das Fahrzeug verbrauche zu viel Kraftstoff. Er bezieht sich auf ein Beweissicherungsverfahren, in dem ein Mehrverbrauch von 7,2 % festgestellt wurde. Dieser Mehrverbrauch, so meint der Kläger, stelle einen Sachmangel dar, der einem Käufer offenbart werden müsse und zu einem Mehrverbrauch von durchschnittlich 0,44 l/100 km führe. Bezogen auf die zu erwartende Gesamtlaufleistung von 250.000 km ergebe sich damit ein Mehrverbrauch von insgesamt 1.100 l. Daraus erechnet der Kläger bei einem Kraftstoffpreis von 1,35 € (bzw. 1,57 € im Juni 2011) einen Mehraufwand für Kraftstoff in Höhe von 1.485 €.
Die Beklagte meint, das Fahrzeug des Klägers sei nicht mangelhaft. Der Kraftstoffverbrauch sei mit einer Genauigkeit von ±3 % ermittelt worden; daher betrage der Mehrverbrauch nur 4,2 %.
Die hauptsächlich auf Zahlung von 1.500 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte Erfolg.
Aus den Gründen: Der Kläger hat Anspruch auf Minderung des Kaufreises für den Opel Corsa in Höhe von 1.500 € aus § 441 I, IV BGB i. V. mit § 346 I BGB.
Voraussetzung für die Minderung gemäß § 441 BGB ist das Vorliegen eines Grundes, der zum Rücktritt vom Kaufvertrag … berechtigen würde. Dieser liegt vor, denn nach dem Gutachten des Sachverständigen S, das inhaltlich nachvollziehbar und logisch ist, ergibt sich [beim] Kombiwert nach der EU-Richtlinie 80/1268/EWG in [der] Fassung der Richtlinie 2004/3/EG ein Unterschied von 7,2 % zur Herstellerbeschreibung. Dieser Wert liegt zwar unter dem von 10 %, den der BGH als Erheblichkeitsschwelle für den Rücktritt angenommen hat (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn. 308 mit Zitat BGH, Beschl. v. 08.05.2007 – VIII ZR 19/05), berechtigt aber als Sachmangel i. S. von § 434 I 3 BGB grundsätzlich zur Minderung (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 311).
Dass der Wert falsch ermittelt [wurde], ergibt sich nicht. Das Gericht hat bereits darauf hingewiesen, dass die vom Sachverständigen angegebenen Toleranzen sich auf die Messgenauigkeit auswirken können, aber nicht auf das Messergebnis. Insoweit ist das Gutachten eindeutig, der Wortlaut spricht gegen eine andere Deutung. Der ermittelte Wert liegt auch oberhalb der Schwelle zur Unerheblichkeit von 2 %, die die Beklagte annimmt. Der Wert kann auch nicht unter Abzug anderer Zahlen heruntergerechnet werden, er steht so fest, wie ihn der Sachverständige ermittelt hat.
Dass die Beklagte den Mangel trotz Aufforderung mit Fristsetzung nicht abgestellt hat, ist unstreitig.
Die vom Kläger erklärte Minderung war gemäß § 441 III BGB zu schätzen. Die Schätzung des Gerichts entspricht im Ergebnis der Berechnung des Klägers, auf die verwiesen wird.
Das Gericht geht dabei von gut 10 % des Kaufpreises (gerundet 1.500 €) aus. Dabei ist wesentliches Kriterium, dass der Kraftstoffverbrauch eines der wichtigsten Merkmale beim Autokauf geworden ist (so auch Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 299), da die Preise erheblich gestiegen sind und die Budgets der Verbraucher belasten. Dass dies beim Kläger auch so ist, zeigt schon der Einbau der Gasanlage. Der Gasverbrauch liegt stets höher als [der von] Ottokraftstoff, allerdings kann man davon ausgehen, dass auch hier ein gleicher prozentual höherer Anteil am Verbrauch entsteht, zumal die Preise für Autogas mit denen für Kraftstoffe steigen. Berücksichtigt werden müssen die weiteren Preissteigerungen, die auf den Kläger zukommen, der bei der Veräußerung zu erzielende Minderwert und die Laufleistung des Pkw, die sicherlich bei heutigen Modellen mit 250.000 km angenommen werden kann. Auf die Laufleistung bis zum Gutachten kann nach Ansicht des Gerichts nicht abgestellt werden, denn hier ist zu berücksichtigen, dass der Kläger bis zum Gutachten nicht wusste, ob er möglicherweise zum Rücktritt berechtigt gewesen wäre. Eine „normale“ Beanspruchung des Wagens kann deswegen nicht unterstellt werden …