Es gibt kei­nen Er­fah­rungs­satz des In­halts, dass Feh­ler in der Fahr­zeu­ge­lek­trik stets auf ei­nen Fa­bri­ka­ti­ons- oder Kon­struk­ti­ons­feh­ler zu­rück­zu­füh­ren sind. Eben­so exis­tiert kein Er­fah­rungs­satz, wo­nach ein elek­tri­scher Feh­ler bei ei­nem Kraft­fahr­zeug, das ei­ne Stun­de nach Ab­stel­len des Mo­tors in Brand ge­rät, auf ei­ner man­gel­haf­ten Fa­bri­ka­ti­on oder Kon­struk­ti­on durch den Her­stel­ler be­ruht.

OLG Schles­wig, Ur­teil vom 24.04.2012 – 11 U 123/11

Sach­ver­halt: Das LG Kiel (Urt. v. 19.08.2011 – 5 O 274/09) hat die be­klag­te Kfz-Her­stel­le­rin nach dem Brand ei­nes Pkw zum Scha­dens­er­satz in Hö­he von 17.348,45 € ver­ur­teilt. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, das kla­gen­de Ver­si­che­rungs­un­ter­neh­men, bei dem das Fahr­zeug ver­si­chert war, ha­be zwar kei­ne An­sprü­che aus dem Pro­dukt­haf­tungs­ge­setz ge­gen die Be­klag­te, weil der zer­stör­te Opel As­tra ge­werb­lich ge­nutzt wor­den sei. Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch er­ge­be sich aber aus der de­lik­ti­schen Pro­dukt­haf­tung ge­mäß § 823 I BGB.

Die Be­klag­te haf­te we­gen des In­ver­kehr­brin­gens ei­nes feh­ler­haf­ten Pro­dukts. Nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me ha­be das Fahr­zeug ei­nen Pro­dukt­feh­ler i. S. von § 3 Prod­HaftG auf­ge­wie­sen. Auf­grund der Er­läu­te­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen ste­he fest, dass der Brand auf ei­nen elek­tri­schen Feh­ler zu­rück­zu­füh­ren sei. Zwar ha­be der Sach­ver­stän­di­ge den ge­nau­en Brand­herd nicht fest­stel­len kön­nen, da ihm das Fahr­zeug nicht mehr zur Un­ter­su­chung zur Ver­fü­gung ge­stan­den ha­be. Er ha­be je­doch er­ken­nen kön­nen, dass der Brand im Mo­tor­be­reich ent­stan­den sei. Au­ßer­dem ha­be er drei Brand­schwer­punk­te im Mo­tor­raum aus­ma­chen kön­nen, näm­lich den Star­ter, die Bat­te­rie und den Lüf­tungs­mo­tor des Küh­lers. Da das Fahr­zeug bei Aus­bruch des Brands be­reits ei­ne Stun­de ab­ge­stellt ge­we­sen sei, schei­de ein hei­ßer Mo­tor als Brand­ur­sa­che aus. Ei­ne Brand­stif­tung ha­be der Sach­ver­stän­di­ge für na­he­zu aus­ge­schlos­sen ge­hal­ten. Des­halb ste­he fest, dass das Feu­er im Mo­tor­raum auf­grund ei­nes elek­tri­schen Feh­lers ent­stan­den sei. Dar­auf, wel­cher der drei be­schrie­be­nen Brand­her­de tat­säch­lich ur­säch­lich für den spä­te­ren Brand ge­wor­den sei, kom­me es nicht an. Ein Feh­ler in der Elek­trik in ei­nem der drei Bau­tei­le (Star­ter, Bat­te­rie, Lüf­tungs­mo­tor) fal­le in den Ver­ant­wor­tungs­be­reich des Her­stel­lers.

Der Feh­ler ha­be auch schon bei Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs vor­ge­le­gen. Das Fahr­zeug sei bei sei­ner Zer­stö­rung erst ein drei­vier­tel Jahr alt ge­we­sen und ha­be le­dig­lich ei­ne Ki­lo­me­ter­leis­tung von 25.000 km auf­ge­wie­sen. Ent­ste­he in ei­nem fast neu­en, auf lan­ge Nut­zung aus­ge­leg­ten Fahr­zeug bei üb­li­cher Be­nut­zung und in ab­ge­stell­tem Zu­stand ein feh­ler­haf­ter Strom­fluss, der zu ei­nem Ent­flam­men füh­re, so sprä­chen al­le Um­stän­de da­für, dass der ur­säch­li­che elek­tri­sche Feh­ler dem Fahr­zeug schon beim In­ver­kehr­brin­gen an­ge­haf­tet ha­be. Ein Feh­ler in der Elek­trik ei­nes nicht ein­mal ein Jahr al­ten Fahr­zeugs sei nicht ab­nut­zungs­be­dingt. Frem­de Ein­flüs­se sei­en nicht er­kenn­bar; ei­ne un­sach­ge­mä­ße Hand­ha­bung durch die Ei­gen­tü­me­rin sei fern­lie­gend.

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Die Klä­ge­rin kann den gel­tend ge­mach­ten Er­satz­an­spruch we­der auf das Pro­dukt­haf­tungs­ge­setz noch auf die de­lik­ti­sche Pro­dukt­haf­tung stüt­zen.

1. Der An­wen­dungs­be­reich des Pro­dukt­haf­tungs­ge­set­zes nach § 1 I 2 Prod­HaftG ist nicht er­öff­net. Von den Re­ge­lun­gen des Pro­dukt­haf­tungs­ge­set­zes wird le­dig­lich der pri­va­te (End-)Ver­brau­cher ge­mäß § 13 BGB ge­schützt (Pa­landt/Sprau, BGB, 71. Aufl. [2012], § 1 Prod­HaftG Rn. 7). Der ab­ge­brann­te Opel As­tra war ein Fir­men­wa­gen der Ver­si­che­rungs­neh­me­rin der Klä­ge­rin. Das Land­ge­richt ist des­halb von ei­ner ge­werb­li­chen Nut­zung des Fahr­zeugs aus­ge­gan­gen. Hier­ge­gen hat die Klä­ge­rin kei­ne Ein­wen­dun­gen er­ho­ben.

2. Die Klä­ge­rin kann den Er­satz­an­spruch auch nicht auf § 823 I BGB stüt­zen. Zwar er­mög­licht § 823 I BGB dem Ab­neh­mer ei­nes Pro­dukts un­ter dem Ge­sichts­punkt ei­ner Ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht­ver­let­zung die In­an­spruch­nah­me des Her­stel­lers, wenn ein Pro­dukt ei­nen sei­nem Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich zu­zu­ord­nen­den Feh­ler beim In­ver­kehr­brin­gen auf­ge­wie­sen hat und ein Ur­sa­chen­zu­sam­men­hang zwi­schen dem Pro­dukt­feh­ler und dem Scha­den fest­zu­stel­len ist (Pa­landt/Sprau, a. a. O., § 823 Rn. 166). Doch ver­blei­ben nach der erst­in­stanz­lich durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me er­heb­li­che Zwei­fel i. S. von § 286 ZPO, ob die vom Land­ge­richt gem. § 529 I Nr. 1 ZPO für den Se­nat bin­dend fest­ge­stell­ten Pro­dukt­feh­ler dem Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich der Be­klag­ten zu­zu­ord­nen sind und zum Zeit­punkt des In­ver­kehr­brin­gens be­reits be­stan­den ha­ben.

a) Der de­lik­ti­sche Feh­ler­be­griff im Zu­sam­men­hang mit der Pro­dukt­haf­tung ist mit dem Feh­ler­be­griff des § 3 Prod­HaftG iden­tisch (Pa­landt/Sprau, a. a. O, § 823 Rn. 166). Hier­nach liegt ein Feh­ler vor, wenn das Pro­dukt nicht die Si­cher­heit bie­tet, die un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de be­rech­tig­ter­wei­se er­war­tet wer­den kann. Da­bei sind nach § 3 I lit. a bis c Prod­HaftG ins­be­son­de­re die Dar­bie­tung, der Ge­brauch, mit dem bil­li­ger­wei­se ge­rech­net wer­den kann, und der Zeit­punkt, in dem das Pro­dukt in den Ver­kehr ge­bracht wur­de, zu be­rück­sich­ti­gen.

Die Feh­ler­haf­tig­keit des Opel As­tra er­gibt sich ent­ge­gen dem klä­ge­ri­schen Vor­trag nicht aus den Aus­füh­run­gen des Pri­vat­sach­ver­stän­di­gen P, wo­nach der Brand durch ei­ne man­gel­haft aus­ge­führ­te Ver­bin­dungs­stel­le des Ka­bels 30 mit dem Star­terre­lais und dem Ka­bel 31 mit dem Star­ter aus­ge­löst wor­den sein soll. Der ge­richt­li­che Sach­ver­stän­di­ge hat viel­mehr fest­ge­stellt – und dem ist das Land­ge­richt in ei­ner den Se­nat ge­mäß § 529 I ZPO bin­den­den Wei­se zu Recht ge­folgt –, dass die an die­sen Stel­len von der Be­klag­ten ver­wen­de­ten Fe­der­rin­ge dem Stand der Tech­nik ent­spro­chen und ei­ne hin­rei­chend fes­te Ver­bin­dung si­cher­ge­stellt hät­ten. Ei­ne durch die Fe­der­rin­ge be­ding­te zu ge­rin­ge Kon­takt­flä­che ha­be folg­lich nicht be­stan­den, so­dass dem Strom­fluss kein er­höh­ter Wi­der­stand ent­ge­gen­ge­setzt wor­den sei. Hier­durch sei es nicht zu ei­ner über­mä­ßi­gen Er­wär­mung ge­kom­men, was ei­ne Brand­ur­sa­che hät­te dar­stel­len kön­nen.

Der ge­richt­li­che Sach­ver­stän­di­ge hat je­doch fest­ge­stellt, dass ein elek­tri­scher Feh­ler die Brand­ur­sa­che war. Er hat drei ver­schie­de­ne Haupt­brand­stel­len im Mo­tor­raum des Opel As­tra an­hand der von dem Pri­vat­sach­ver­stän­di­gen P an­ge­fer­tig­ten Fo­to­gra­fi­en lo­ka­li­siert, die al­le der Elek­trik des Fahr­zeugs zu­zu­ord­nen sind. Au­ßer im Be­reich des Star­ters gab es wei­te­re ver­stärk­te Brand­bil­dun­gen in den Be­rei­chen der Bat­te­rie und des Lüf­tungs­mo­tors. Wel­ches der drei Bau­tei­le letzt­lich ur­säch­lich war, hat der Sach­ver­stän­di­ge nicht er­mit­telt. Die Fest­stel­lung des Land­ge­richts, dass ein Feh­ler in der Elek­trik ur­säch­lich für den Brand ge­we­sen sei, bin­det den Se­nat ge­mäß § 529 I ZPO, auch wenn der Sach­ver­stän­di­ge die kon­kre­te Ur­sa­che nicht hat be­stim­men kön­nen, da ihm das Fahr­zeug zu Un­ter­su­chungs­zwe­cken nicht mehr zur Ver­fü­gung stand. Des­halb sind die Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts je­doch we­der un­rich­tig noch un­voll­stän­dig. An­de­re Ur­sa­chen für den Fahr­zeug­brand kom­men nicht in Be­tracht. Der Sach­ver­stän­di­ge hält ei­ne Brand­stif­tung als mög­li­che an­de­re Brand­ur­sa­che auf­grund des fo­to­gra­fisch do­ku­men­tier­ten Scha­dens­bil­des für un­wahr­schein­lich. Auch ei­ne Ent­zün­dung we­gen ei­ner ge­brauchs­be­ding­ten Über­hit­zung des Fahr­zeugs ist im Hin­blick auf die un­strei­ti­ge Stand­zeit vor der Ent­zün­dung aus­ge­schlos­sen.

b) Die Brand­ur­sa­che kann je­doch dem Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich des Her­stel­lers – al­so dem der Be­klag­ten – nicht mit der er­for­der­li­chen Si­cher­heit zu­ge­ord­net wer­den. Die ge­gen­tei­li­ge Fest­stel­lung des Land­ge­richts, die Fahr­zeu­ge­lek­trik fal­le in den Ver­ant­wor­tungs­be­reich der Be­klag­ten, wes­halb ein Fa­bri­ka­ti­ons­feh­ler aus dem Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich der Be­klag­ten vor­lie­ge, ist feh­ler­haft und bin­det den Se­nat nicht.

Im Rah­men der de­lik­ti­schen Pro­dukt­haf­tung ist der Her­stel­ler ei­nes Pro­dukts nur für die Feh­ler ver­ant­wort­lich, die in sei­nem Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich ent­ste­hen. Es ob­liegt des­halb der Klä­ge­rin, dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, dass der Feh­ler dort ent­stan­den ist (vgl. MünchKomm-BGB/Wag­ner, 5. Aufl., § 823 Rn. 660). Nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me steht je­doch le­dig­lich fest, dass ein elek­tri­scher Feh­ler in ei­nem der drei Ag­gre­ga­te zu dem Brand führ­te. Es konn­te von dem Sach­ver­stän­di­gen nicht auf­ge­klärt wer­den, ob der Feh­ler durch ei­ne man­gel­haf­te Fa­bri­ka­ti­on der Be­klag­ten, ei­nen Kon­struk­ti­ons­man­gel oder ei­ne an­de­re Ur­sa­che ent­stan­den ist. Der ge­richt­li­che Sach­ver­stän­di­ge konn­te le­dig­lich den be­reits de­mon­tier­ten Star­ter un­ter­su­chen. Die an­de­ren bei­den Ag­gre­ga­te konn­ten von ihm auf mög­li­che Feh­ler nicht un­ter­sucht wer­den, da der Wa­gen zwi­schen­zeit­lich an­der­wei­tig ver­wer­tet wor­den war. Im Be­reich des Star­ters hat der ge­richt­li­che Sach­ver­stän­di­ge ei­nen Kon­struk­ti­ons- bzw. Fa­bri­ka­ti­ons­feh­ler im Be­reich der Ka­bel 30 und 31 aus­ge­schlos­sen. Ob an den an­de­ren Bau­tei­len der­ar­ti­ge Feh­ler vor­la­gen, ist nicht mehr fest­zu­stel­len. Auch die Gut­ach­ten und Stel­lung­nah­men des Pri­vat­sach­ver­stän­di­gen P ge­ge­ben in­so­weit kei­nen An­halt. Im Ge­gen­teil hat die­ser Sach­ver­stän­di­ge kei­nen ur­säch­li­chen Zu­sam­men­hang die­ser Bau­tei­le mit der Brand­ent­ste­hung fest­ge­stellt. Die nach der Be­weis­auf­nah­me in­so­weit ver­blei­ben­de Un­klar­heit geht nach den all­ge­mei­nen Re­geln der Be­weis­last zu­las­ten der Klä­ge­rin.

Ent­ge­gen der von der Klä­ge­rin … ge­äu­ßer­ten Rechts­auf­fas­sung ist der ge­richt­li­che Sach­ver­stän­di­ge nicht vom Se­nat da­zu zu be­fra­gen, ob der an­ge­nom­me­ne Feh­ler in der Fahr­zeu­ge­lek­trik ein sol­cher i. S. von § 3 Prod­HaftG sei. Der Sach­ver­stän­di­ge hat Rechts­fra­gen nicht zu be­ant­wor­ten. Der Sach­ver­stän­di­ge kann auch Fra­gen zu der Brand­ur­sa­che aus den dar­ge­stell­ten Grün­den nicht be­ant­wor­ten, so­dass kei­ne Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen wer­den kön­nen, ob der Feh­ler dem Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich der Be­klag­ten zu­zu­ord­nen ist.

Die Be­weis­last da­für, dass ein Pro­dukt­feh­ler im Ver­ant­wor­tungs­be­reich des Her­stel­lers ent­stan­den ist, ist vor­lie­gend auch nicht um­zu­keh­ren. Zwar kann un­ter be­son­de­ren Um­stän­den zu­guns­ten des Ge­schä­dig­ten ei­ne Be­weis­last­um­kehr in Be­tracht kom­men, wenn der Her­stel­ler auf­grund der ihm im In­ter­es­se des Ver­brau­chers auf­er­leg­ten Ver­kehrs­si­che­rungs­pflicht ge­hal­ten war, das Pro­dukt auf sei­ne ein­wand­freie Be­schaf­fen­heit zu über­prü­fen und den Be­fund zu si­chern, er die­ser Ver­pflich­tung aber nicht nach­ge­kom­men ist (BGH, NJW 1988, 2611 – Mehr­weg-Li­mo­na­den­fla­schen). Doch sind ent­spre­chen­de Fest­stel­lun­gen zu den Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Be­weis­last­um­kehr vor­lie­gend nicht zu tref­fen.

Die Schluss­fol­ge­rung des Land­ge­richts ver­stößt dem­ge­gen­über ge­gen die Re­ge­lung des § 286 ZPO. Das Land­ge­richt ord­net je­den Feh­ler in der Fahr­zeu­ge­lek­trik dem ers­ten An­schein nach dem Ver­ant­wor­tungs­be­reich des Her­stel­lers zu, so­dass es dem Her­stel­ler ob­lä­ge, ei­nen ab­wei­chen­den Ge­sche­hens­ab­lauf dar­zu­le­gen und ge­ge­be­nen­falls zu be­wei­sen, um die­sen ers­ten An­schein zu er­schüt­tern. In­des sind die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen An­scheins­be­weis nicht er­füllt. Be­reits ein Er­fah­rungs­satz, wo­nach Feh­ler in der Fahr­zeu­ge­lek­trik stets auf ei­nen Fa­bri­ka­ti­ons- oder Kon­struk­ti­ons­feh­ler zu­rück­zu­füh­ren sei­en, be­steht nicht. Auch ein Er­fah­rungs­satz, wo­nach ein elek­tri­scher Feh­ler bei ei­nem Kraft­fahr­zeug, das ei­ne Stun­de nach Ab­stel­len des Mo­tors in Brand ge­rät, auf ei­ner man­gel­haf­ten Fa­bri­ka­ti­on oder Kon­struk­ti­on durch den Her­stel­ler be­ruht, kann nicht fest­ge­stellt wer­den. Es man­gelt be­reits an ei­ner sub­stan­zi­ier­ten Dar­le­gung ei­nes ent­spre­chen­den Er­fah­rungs­sat­zes durch die Klä­ge­rin. Auch ist ei­ne Er­kennt­nis­quel­le für ei­nen sol­chen Er­fah­rungs­satz we­der er­sicht­lich noch dar­ge­legt, so­dass ei­ne Be­weis­auf­nah­me zur Fest­stel­lung ei­nes Er­fah­rungs­sat­zes nicht er­fol­gen kann (vgl. hier­zu Zöl­ler/Gre­ger, ZPO, 29. Aufl. [2012], § 286 Rn. 11).

Im Üb­ri­gen spricht ge­gen das Be­ste­hen ei­nes Er­fah­rungs­sat­zes in dem vor­ste­hen­den Sin­ne, dass das Fahr­zeug zwar erst ein drei­vier­tel Jahr alt war, aber be­reits ei­ne Lauf­leis­tung von et­wa 25.000 km auf­wies, als es in Brand ge­riet. Vor die­sem Hin­ter­grund kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass der Mo­tor­raum ge­öff­net und Ar­bei­ten im Mo­tor­raum aus­ge­führt wur­den. Es kann in­fol­ge­des­sen auch nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass in die­sem Zu­sam­men­hang Ver­än­de­run­gen – ge­wollt oder auch un­ge­wollt – an der Fahr­zeu­ge­lek­trik vor­ge­nom­men wur­den, so­dass ein Er­fah­rungs­satz, wie er vom Land­ge­richt be­müht wur­de, nicht zu­grun­de ge­legt wer­den kann.

Die Ent­schei­dung des LG Ver­den vom 10.12.2007 – 8 O 27/07 – steht dem nicht ent­ge­gen. Zwar hat das LG Ver­den in der zum Pro­dukt­haf­tungs­ge­setz er­gan­ge­nen Ent­schei­dung aus­ge­führt, dass es kei­ner bau­teil­be­zo­ge­nen Feh­ler­su­che be­dür­fe, wenn die Ur­säch­lich­keit ei­nes Pro­dukts für die Scha­dens­ent­ste­hung fest­ste­he und zu­gleich den­knot­wen­dig ein tech­ni­scher Man­gel die­ses kon­kre­ten Pro­dukts vor­ge­le­gen ha­ben müs­se. Doch un­ter­schei­det sich der vom LG Ver­den ent­schie­de­ne Fall von dem vor­lie­gen­den be­reits da­durch, dass sich der kon­kre­te tech­ni­sche Man­gel in dem Fall des LG Ver­den auf­grund des Bran­des nicht mehr nach­wei­sen ließ. Ei­ne ent­spre­chen­de Fest­stel­lung ist vor­lie­gend nicht zu tref­fen. Ei­ne ein­ge­hen­de Be­gut­ach­tung des Opel As­tra ist le­dig­lich we­gen der zwi­schen­zeit­lich er­folg­ten Ver­wer­tung des Fahr­zeugs durch den Ver­si­che­rungs­neh­mer der Klä­ge­rin aus­ge­schlos­sen ge­we­sen.

Hin­zu kommt, dass der von der Klä­ge­rin au­ßer­ge­richt­lich be­auf­trag­te Sach­ver­stän­di­ge P in der münd­li­chen Ver­hand­lung er­klärt hat, dass ein ver­gleich­ba­rer Fall ihm bei ei­nem Opel As­tra bis­lang nicht be­kannt ge­wor­den sei, ob­wohl er mit ent­spre­chen­den Fahr­zeug­brän­den re­gel­mä­ßig zu tun ha­be. Es be­steht mit­hin an­ders als in dem Fall des LG Ver­den kein An­halts­punkt für ei­ne ge­ne­rel­le Feh­ler­haf­tig­keit des Pro­dukts.

Auch aus der Ent­schei­dung des LG Bie­le­feld vom 09.06.2010 – 1 O 377/08 – folgt nichts an­de­res. In je­nem Fall stand auf­grund der Be­weis­auf­nah­me fest, dass al­le mög­li­chen Ur­sa­chen für das Ab­bren­nen ei­nes Per­so­nen­kraft­wa­gens fahr­zeu­gim­ma­nent wa­ren und den­klo­gisch ei­nen tech­ni­schen Feh­ler dar­stell­ten. Ei­ne ir­gend­wie ge­ar­te­te Ein­fluss­nah­me von au­ßen konn­te aus­ge­schlos­sen wer­den, so­dass ein An­scheins­be­weis für ei­nen Fa­bri­ka­ti­ons- oder Kon­struk­ti­ons­feh­ler sprach. Ein­fluss­nah­men von au­ßen kön­nen vor­lie­gend hin­ge­gen nicht mit der er­for­der­li­chen Si­cher­heit aus­ge­schlos­sen wer­den, auch wenn nach den Aus­füh­run­gen des ge­richt­li­chen Sach­ver­stän­di­gen ei­ne Brand­stif­tung äu­ßerst un­wahr­schein­lich ist.

c) Zu­dem ist nicht fest­zu­stel­len, dass der Feh­ler in der Fahr­zeu­ge­lek­trik be­reits zum Zeit­punkt des In­ver­kehr­brin­gens des Fahr­zeugs be­stand. Der ent­spre­chen­de Feh­ler­nach­weis ist je­doch vom Ge­schä­dig­ten für den Zeit­punkt des In­ver­kehr­brin­gens des Pro­dukts durch den Her­stel­ler zu füh­ren (BGHZ 80, 186 [196 f.] – De­ro­sal; BGHZ 104, 323 [332] – Li­mo­na­den­fla­sche I; BGHZ 114, 284 [296] – AIDS; BGH, VersR 1996, 1116 [1117]; MünchKomm-BGB/Wag­ner, a. a. O., § 823 Rn. 660). Das Land­ge­richt hat auch in­so­weit zu Un­recht die Grund­sät­ze ei­nes An­scheins­be­wei­ses an­ge­wen­det. Es hat aus­ge­führt, der ers­te An­schein spre­che da­für, dass bei ei­nem „re­la­tiv neu­en“ Au­to ein elek­tri­scher Feh­ler, der ei­ne Stun­de nach dem Ab­stel­len des Mo­tors ei­nen Brand ver­ur­sa­che, be­reits bei In­ver­kehr­brin­gen vor­ge­le­gen ha­be. Die­sen An­schein ha­be die Be­klag­te nicht er­schüt­tert. Ein An­scheins­be­weis kann je­doch nur bei ei­nem ty­pi­schen Ge­sche­hens­ab­lauf zur An­wen­dung kom­men, bei dem ein be­stimm­ter Sach­ver­halt fest­steht, der nach der all­ge­mei­nen Le­bens­er­fah­rung auf ei­ne be­stimm­te Ur­sa­che oder auf ei­nen be­stimm­ten Ab­lauf als maß­geb­lich für den Ein­tritt ei­nes be­stimm­ten Er­folgs hin­weist. Zwar muss die Ur­sa­che ei­ner be­stimm­ten Tat­sa­che für ei­nen be­stimm­ten Er­folg nicht in al­len Fäl­len der be­trach­te­ten Fall­grup­pe im­mer vor­han­den sein, sie muss aber sehr wahr­schein­lich sein (vgl. BGH, NJW 2004, 2623 m. w. Nachw.). Es be­ste­hen be­reits Zwei­fel, ob es ei­nen Er­fah­rungs­satz über­haupt ge­ben kann, wie er vom Land­ge­richt an­ge­nom­men wor­den ist. Je­den­falls lie­gen aber die Vor­aus­set­zun­gen des vom Land­ge­richt an­ge­wand­ten Sat­zes nicht vor. Bei dem Fahr­zeug han­del­te es sich nicht um ein (re­la­tiv) neu­es Fahr­zeug. Das Fahr­zeug war zum Brand­zeit­punkt be­reits ein drei­vier­tel Jahr alt und hat­te ei­ne Lauf­leis­tung von et­wa 25.000 km, dies ent­spricht mehr als der durch­schnitt­li­chen Zwei-Jah­res-Fahr­leis­tung ei­nes Pkw. Die Ein­stu­fung des Land­ge­richts als Neu­wa­gen ist hier­mit nicht zu ver­ein­ba­ren. Dem­entspre­chend ist in der Recht­spre­chung an­er­kannt, dass le­dig­lich ein Fahr­zeug mit ei­nem Al­ter von bis zu ei­nem Mo­nat bzw. bis zu ei­ner ma­xi­ma­len Lauf­leis­tung von 3.000 km noch als Neu­wa­gen ein­ge­stuft wer­den kann (BGH, NJW 1982, 433). Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind vor­lie­gend nicht er­füllt. Selbst wenn die vor­ste­hen­den Gren­zen nicht als starr an­zu­se­hen sind und groß­zü­gig an­ge­wen­det wer­den, lä­gen so­wohl das Al­ter als auch die Lauf­leis­tung des ab­ge­brann­ten Opel As­tra deut­lich ober­halb der vor­ste­hen­den Gren­zen.

3. Da ein An­scheins­be­weis nicht für ei­nen dem Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­reich der Be­klag­ten zu­zu­ord­nen­den Feh­ler beim In­ver­kehr­brin­gen des Fahr­zeugs spricht, braucht nicht ent­schie­den zu wer­den, ob die Be­klag­te den An­scheins­be­weis er­schüt­tert hat, und in­wie­weit die Ver­wer­tung des Fahr­zeugs durch den Ver­si­che­rungs­neh­mer der Klä­ge­rin im Rah­men der Be­weis­wür­di­gung zu be­rück­sich­ti­gen wä­re.

4. Da die Haf­tung der Be­klag­ten we­gen des ab­ge­brann­ten Opel As­tra be­reits dem Grun­de nach nicht fest­ge­stellt wer­den kann, hat die An­schluss­be­ru­fung der Klä­ge­rin kei­nen Er­folg. Sie ist auf die Er­hö­hung des erst­in­stanz­lich zu Un­recht zu­ge­spro­che­nen Scha­dens­er­satz­be­trags ge­rich­tet …

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