Ver­ein­ba­ren die Par­tei­en ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen Ge­braucht­wa­gen nach Ver­trags­schluss und ei­ner Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs durch den Ver­käu­fer ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss, sind An­sprü­che des Käu­fers we­gen bis zur Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs ge­rüg­ter Män­gel aus­ge­schlos­sen.

LG Ber­lin, Ur­teil vom 25.01.2012 – 33 O 259/11

Sach­ver­halt: Mit For­mu­lar­ver­trag vom 12.06.2010 kauf­te der Klä­ger von dem Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Mer­ce­des-Benz C 200 T zum Preis von 10.950 €. Ge­mäß den im Com­pu­ter vor dem Aus­druck vor­ge­nom­me­nen Ein­tra­gun­gen im Ver­trags­for­mu­lar war das Fahr­zeug erst­mals am 23.07.2011 zu­ge­las­sen wor­den, be­trug der Ta­cho­me­ter­stand 13.550 km, und wa­ren am „Stoß­fän­ger vorn“ so­wie an der Mo­tor­hau­be „Krat­zer – Nachla­ckie­rung" vor­han­den. Als Be­ruf des Klä­gers war „selbst­stän­dig als Werk­zeug­ma­cher“ ein­ge­fügt.

Der Ver­trag nahm Be­zug auf die von dem Be­klag­ten ver­wen­de­ten All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen, die in Nr. 6.1 Re­ge­lun­gen zu ei­nem „Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung“ ent­hal­ten.

Das von ihm ge­kauf­te Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am 23.06.2010 über­ge­ben; der Klä­ger un­ter­zeich­ne­te ei­ne so be­zeich­ne­te Ab­nah­me­er­klä­rung.

An­schlie­ßend be­an­stan­de­te er ge­gen­über dem Be­klag­ten wie­der­holt ei­ne Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs. Der Be­klag­te teil­te mit Schrei­ben vom 15.10.2010 an den frü­he­ren an­walt­li­chen Be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers un­ter an­de­rem mit, dass bei Fahr­zeug­über­ga­be die Mo­tor­kon­troll­leuch­te nicht auf­ge­leuch­tet ha­be und die Licht­ma­schi­ne nicht de­fekt ge­we­sen sei, de­ren ge­rin­ge­re Span­nung kei­nen De­fekt dar­stel­le, sich die Spur des Fahr­zeugs et­wa durch „An­stö­ße an Bord­stei­nen“ ver­stel­le, und der No­cken­wel­len­sen­sor zwar Öl an­ge­zo­gen ha­ben mö­ge, dies je­doch auf ei­ne leich­te ver­schleiß­be­ding­te Un­dich­tig­keit zu­rück­zu­füh­ren sein kön­ne, wo­durch der Ka­bel­baum mög­li­cher­wei­se Öl zur Lamb­da­son­de trans­por­tiert ha­be.

Un­ter dem 22.10.2010 ei­nig­ten sich die Par­tei­en schrift­lich auf ei­ne Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs ge­gen Zah­lung von 1.000 €. Sämt­li­che ihm ent­stan­de­nen An­walts­kos­ten soll­te der Klä­ger selbst tra­gen. Schließ­lich un­ter­zeich­ne­te der Klä­ger ei­ne schrift­li­che Er­klä­rung mit fol­gen­dem In­halt:

„Ver­ein­ba­rung zwi­schen Herrn H und Fir­ma F

Herr H er­hält am heu­ti­gen Ta­ge den ge­mäß Auf­trag re­pa­rier­ten o. g. Pkw zu­rück … Das Fahr­zeug wur­de durch Herrn H in ord­nungs­ge­mä­ßem Zu­stand ab­ge­nom­men. So­mit sind sämt­li­che An­sprü­che an Fir­ma F, gleich aus wel­chem Rechts­grund, aus­ge­gli­chen …“

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 18.03.2011 for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten er­folg­los un­ter Frist­set­zung bis zum 31.03.2011 zur Be­sei­ti­gung nä­her be­zeich­ne­ter Män­gel auf. Mit An­walts­schrei­ben vom 03.05.2011 er­klär­te der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te den Be­klag­ten zur Rück­nah­me des Fahr­zeugs so­wie zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses bis zum 16.05.2011 auf.

Mit der Kla­ge be­gehrt der Klä­ger nun­mehr Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nebst Scha­den­er­satz.

Er be­haup­tet, zwar als Werk­zeug­ma­cher be­ruf­lich tä­tig, je­doch nie selbst­stän­dig ge­we­sen zu sein. Bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags sei er be­reits Rent­ner ge­we­sen und nie als Un­ter­neh­mer auf­ge­tre­ten. Bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags sei ihm zu­ge­si­chert wor­den, dass das Fahr­zeug un­fall­frei sei. Bei ei­ner sach­ver­stän­di­gen Un­ter­su­chung am 15.11.2010 ha­be sich her­aus­ge­stellt, dass auch das rech­te hin­te­re Sei­ten­teil nachla­ckiert wor­den, ei­ne Nach­bes­se­rung aber in­so­weit nicht mög­lich sei. Sämt­li­che von ihm ge­rüg­ten Män­gel sei­en be­reits bei Fahr­zeug­über­ga­be vor­han­den ge­we­sen. Für Re­pa­ra­tu­ren und Gut­ach­ter­kos­ten ha­be er, der Klä­ger, ins­ge­samt ei­nen Be­trag von 2.055,15 € auf­ge­wandt; hin­zu kä­men vor­ge­richt­li­che An­walts­kos­ten in Hö­he von 837,52 €.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Dem Klä­ger steht ge­gen den Be­klag­ten kein An­spruch ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 323 I, 346 I BGB auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses oder ge­mäß §§ 437 Nr. 3, 281, 280, 284 BGB auf Scha­dens- oder Auf­wen­dungs­er­satz zu.

Die Gel­tend­ma­chung et­wai­ger An­sprü­che, die dem Klä­ger zu­nächst auf­grund von Sach­män­geln des Fahr­zeugs i. S. von § 434 I BGB zu­ge­stan­den ha­ben könn­ten, wä­re je­den­falls auf­grund der Ver­ein­ba­rung vom 01.11.2010 aus­ge­schlos­sen.

In­so­weit kann of­fen­blei­ben, ob der Kauf­ver­trag vom 12.06.2010 ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. von § 474 BGB zum Ge­gen­stand hat­te. Denn nach § 475 I BGB kann sich der Un­ter­neh­mer le­dig­lich nicht auf ei­ne sol­che von §§ 433-435 BGB, § 437 BGB, §§ 439-443 BGB für den Ver­brau­cher nach­tei­lig ab­wei­chen­de Ver­ein­ba­rung be­ru­fen, die vor Mit­tei­lung des Man­gels an den Un­ter­neh­mer ge­trof­fen wur­de; ge­mäß § 475 III BGB gilt die­se Be­schrän­kung zu­dem un­be­scha­det der §§ 307-309 BGB nicht für den Aus­schluss oder die Be­schrän­kung des An­spruchs auf Scha­den­er­satz. Mit der Er­klä­rung des Klä­gers vom 01.11.2010 ist aber zwi­schen den Par­tei­en ei­ne Ver­ein­ba­rung erst ge­trof­fen wor­den, nach­dem der Klä­ger dem Be­klag­ten je­den­falls be­reits et­wai­ge Män­gel hin­sicht­lich des Auf­leuch­tens der Mo­tor­kon­troll­leuch­te, ei­ner ge­rin­ge­ren Span­nung der Licht­ma­schi­ne, der Fahr­zeugspur, des No­cken­wel­len­sen­sors und dies­be­züg­li­chen Öl­ver­lusts, des Ka­bel­baums so­wie der Lamb­da­son­de an­ge­zeigt hat­te. Dies folgt aus dem Schrei­ben des Be­klag­ten vom 15.10.2010, in dem die­se Män­gel­punk­te aus­drück­lich an­ge­führt sind, und das schließ­lich zu der Ver­ein­ba­rung vom 01.11.2010 ge­führt hat.

Aus maß­geb­li­cher Emp­fän­ger­sicht konn­te und durf­te der Be­klag­te ge­mäß §§ 133, 157 BGB die Er­klä­rung des Klä­gers vom 01.11.2010 nur da­hin ver­ste­hen, dass sämt­li­che et­wai­ge An­sprü­che auf­grund bis da­hin ge­rüg­ter Män­gel mit Rück­nah­me des re­pa­rier­ten Fahr­zeugs aus­ge­schlos­sen sein soll­ten. Dies er­gibt sich dar­aus, dass der Klä­ger zum ei­nen be­stä­tig­te, das Fahr­zeug „in ord­nungs­ge­mä­ßem Zu­stand ab­ge­nom­men“ zu ha­ben, und zum an­de­ren zu­gleich „sämt­li­che An­sprü­che an Fir­ma F, gleich aus wel­chem Rechts­grund aus­ge­gli­chen“ sei­en. Die­ses Ver­ständ­nis der Er­klä­rung des Klä­gers vom 01.11.2010 ist um so mehr ge­recht­fer­tigt, als ihr das Schrei­ben des Be­klag­ten vom 15.10.2010 vor­aus­ge­gan­gen war, in dem die­ser oh­ne­dies sämt­li­che An­sprü­che we­gen der dar­in ge­nann­ten et­wai­gen Män­gel zu­rück­ge­wie­sen und ei­ne Re­pa­ra­tur un­ter hälf­ti­ger Tei­lung der da­für an­fal­len­den Kos­ten an­ge­bo­ten hat­te.

Trotz ent­spre­chen­den ge­richt­li­chen Hin­wei­ses ge­mäß § 139 ZPO vom 11.01.2012 hat der Klä­ger nicht dar­ge­tan, dass nach dem 01.11.2010 wei­te­re, nicht be­reits von der Ver­ein­ba­rung er­fass­te Män­gel auf­ge­tre­ten wä­ren. So­weit der Klä­ger mit Schrift­satz vom 20.01.2012 vor­ge­tra­gen hat, dass ihm nach dem 01.11.2010 noch wie­der­holt durch das Auf­leuch­ten der ro­ten Si­gnal­lam­pe am Ar­ma­tu­ren­brett Män­gel an­ge­zeigt wor­den, der Mo­tor­ka­bel­baum so­wie der No­cken­wel­len­ver­stel­ler de­fekt und der Fahr­be­trieb „nur ein­ge­schränkt mög­lich“ ge­we­sen sei­en, be­zieht sich dies auf et­wai­ge Sach­män­gel, die be­reits aus­drück­lich Ge­gen­stand des Schrei­bens des Be­klag­ten vom 15.10.2010 und da­mit auch der Ver­ein­ba­rung vom 01.11.2010 wa­ren. Zwar wer­den in der gut­ach­ter­li­chen Stel­lung­nah­me vom 15.11.2010, die der Klä­ger zur Stüt­zung sei­nes Sach­vor­trags her­an­zieht, noch an­de­re Punk­te be­an­stan­det. Schon ge­mäß der gut­ach­ter­li­chen Ein­schät­zung selbst ha­be sich je­doch in­so­weit le­dig­lich um Ver­schleiß­er­schei­nun­gen ge­han­delt; im Üb­ri­gen wer­den in der Stel­lung­nah­me nur „mög­li­che“ Ur­sa­chen der Feh­ler­an­zei­ge auf­ge­führt.

So­weit sich der Klä­ger au­ßer­dem dar­auf be­ruft, es ha­be sich (wohl: erst) bei der sach­ver­stän­di­gen Un­ter­su­chung am 15.11.2010 her­aus­ge­stellt, dass auch das „rech­te hin­te­re Sei­ten­teil“ nachla­ckiert wor­den, ei­ne Nach­bes­se­rung aber in­so­weit nicht mög­lich sei, kommt ein Rück­tritt je­den­falls nach § 323 V 2 BGB mit Blick dar­auf nicht in Be­tracht, dass zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses die Erst­zu­las­sung des Fahr­zeugs be­reits na­he­zu neun Jah­re zu­rück lag, das Fahr­zeug ei­nen Ki­lo­me­ter­stand von 135.500 auf­wies, und auch schon in der Kauf­ver­trags­ur­kun­de an­de­re Lack­män­gel ver­merkt wa­ren. Es kommt auch in die­sem Zu­sam­men­hang nicht dar­auf an, ob dem Klä­ger – wie er be­haup­tet – bei Kauf­ver­trags­schluss die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs zu­ge­si­chert wur­de. Denn ge­mäß der gut­ach­ter­li­chen Stel­lung­nah­me vom 15.11.2010, de­ren In­halt als Sach­vor­trag des Klä­gers her­an­zu­zie­hen ist, sei am Fahr­zeug „kein re­pa­rier­ter Un­fall­scha­den fest­zu­stel­len“ ge­we­sen. Ein Scha­den­er­satz­an­spruch des Klä­gers ist we­gen der be­an­stan­de­ten Nachla­ckie­rung eben­so we­nig ge­ge­ben. Dies­be­züg­lich fehlt es je­den­falls an kon­kre­ten An­ga­ben zum Scha­den und zur Scha­dens­hö­he; auch ei­ne Schät­zung nach § 287 ZPO ist nicht mög­lich.

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