- Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer an dessen Fahrzeug entstandene Unfallschäden ersetzen, wenn das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt wurde (§ 670 BGB analog). Um einen Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers handelt es sich unter anderem, wenn der Arbeitgeber ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müsste, oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, das eigene Fahrzeug für eine Fahrt zu nutzen.
- Hält es der Arbeitnehmer im Rahmen einer angeordneten Rufbereitschaft für erforderlich, mit seinem Privatfahrzeug zum Arbeitsort zu fahren, weil dies aus seiner Sicht der schnellste Weg ist, um rechtzeitig dort zu erscheinen, so handelt er regelmäßig auch im Interesse des Arbeitgebers. Die Benutzung des Privatwagens durch den Arbeitnehmer fällt deshalb letztlich in den Risikobereich des Arbeitgebers. Dies hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Erstattung eines an seinem Privatfahrzeug entstandenen Unfallschadens hat.
- Ein Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers scheidet nur dann vornherein aus, wenn die Nutzung des Privatfahrzeugs ausschließlich den Interessen des Arbeitnehmers dient. Das kann zum Beispiel der Fall sein, weil der Arbeitnehmer zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller zur Arbeit gelangen könnte als mit seinem privaten Pkw, oder er nur deshalb auf sein Privatfahrzeug angewiesen ist, weil er sich in einer den Sinn und Zweck der Rufbereitschaft gefährdenden Entfernung vom Arbeitsort aufhält.
BAG, Urteil vom 22.06.2011 – 8 AZR 102/10
Sachverhalt: Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Erstattung des am Pkw des Klägers entstandenen Schadens.
Der Kläger war vom 01.07.2006 bis zum 30.09.2008 in der von der Beklagten betriebenen Klinik als Oberarzt beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 09.05.2006 fanden auf sein Arbeitsverhältnis unter anderem der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) nebst dem Besonderen Teil Krankenhäuser (BT-K) und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung Anwendung.
Am Sonntag, dem 06.01.2008, hatte der Kläger Rufbereitschaftsdienst, den er von seinem Wohnort in A. aus wahrnahm. Während dieses Dienstes wurde er mehrmals, unter anderem gegen 9:00 Uhr, zum Einsatz im Krankenhaus aufgefordert. Auf der Fahrt dorthin hatte er einen Unfall.
Mit Schreiben vom 14.01.2008 an seinen Vorgesetzten W sowie den stellvertretenden Verwaltungsleiter der Klinikumsverwaltung F beantragte der Kläger die Erstattung von Pkw-Reparaturkosten und legte auszugsweise dar:
„… am Sonntag, 06.01.08, befand ich mich in Rufbereitschaft. Es wurde an diesem Tag vor Straßenglätte gewarnt. Ich wurde um ca. 9:00 Uhr zur Patientenaufnahme ins Klinikum gerufen. Auf der ST 2045 von A. nach L. etwa 100 m vor der Abzweigung nach G. … kam ich mit meinem Pkw auf eine Eisplatte und kam ins Rutschen. Der Pkw kam nach links auf die Gegenfahrbahn und rutschte von der Fahrbahn in den Graben. Da ich ohne Hilfe das Fahrzeug nicht aus dem Graben fahren konnte, rief ich Herrn B an, der mir mit einer Seilwinde zu Hilfe kam. Der Pkw konnte so wieder auf die Straße gestellt werden.
Als Zeugen sind … zu benennen. Die Begutachtung des Schadens nahm die Fa. V vor (siehe Anlage). Der Schaden an meinem Pkw beträgt 6.690,80 €.
Ich bitte Sie um Übernahme der Reparaturkosten.“
Am Folgetag wandte sich W unter der Betreffangabe „Unfall von OA A am 06.01.2008 im Rahmen der Rufbereitschaft“ schriftlich an den stellvertretenden Verwaltungsleiter F. In diesem Schreiben heißt es unter anderem:
„… im Rahmen der derzeit in der Neurologie etablierten Rufbereitschaft ist es am 06.01.2008 zu einem Wegeunfall von der Wohnung von Dr. A zur Klinik gekommen. Im Rahmen der Rufbereitschaft ist sein Fahrzeug auf der Staatsstraße 2045 von A. zum Klinikum L. von der Straße abgekommen. Dabei entstand ein Sachschaden an seinem Fahrzeug in Höhe von 6.690,80 € (siehe beiliegenden Kostenvoranschlag). Ein Personenschaden ist nicht entstanden und wird nicht geltend gemacht.
Diese Rufbereitschaft durch die Neurologie ist im Rahmen der Grundversorgung des Krankenhauses etabliert. Ich bitte Sie zu überprüfen, inwieweit dieser im Rahmen der Rufbereitschaft aufgetretene Sachschaden bei einer Dienstfahrt am Fahrzeug versicherungsmäßig durch den Krankenhausträger abgedeckt ist.
Um die näheren Einzelheiten zu besprechen, schlage ich vor, dass wir kurzfristig einen Gesprächstermin miteinander vereinbaren. Im Voraus möchte ich mich für Ihre Hilfe und Unterstützung bedanken, um diesen Schaden entsprechend schnell – auch für den Mitarbeiter – abwickeln zu können.“
Der beiden Schreiben beigefügte Kostenvoranschlag des Autohauses V weist voraussichtliche Reparaturkosten von 6.690,80 € (einschl. MwSt.) aus. Zu einer Schadensregulierung durch die Beklagte oder deren Versicherung kam es in der Folgezeit nicht.
Der Kläger meint, die Beklagte sei dazu verpflichtet, ihm die veranschlagten Reparaturkosten von 5.622,52 € netto sowie die Kosten für die Erstellung des Kostenvoranschlags (75 €) zu ersetzen und eine Schadenspauschale (30 €) zu zahlen, da es sich bei der Fahrt von seinem Wohnort in die Klinik um eine Dienstfahrt gehandelt habe. Der Charakter der Fahrt als Dienstfahrt ergebe sich auch aus dem Schreiben seines Vorgesetzten W vom 15.01.2008. Mit der Entgegennahme des Anrufs, mit welchem er in die Klinik gerufen worden sei, habe er seinen Dienst aufgenommen. Dies folge unter anderem daraus, dass es sich bei den Bereitschaftsdienstzeiten um Arbeitszeit im Sinne der bei der Beklagten bestehenden Betriebsvereinbarung vom 23.12.2005 zur Bereitschaftsdienstregelung handele.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Klageansprüche weiter. Das Rechtsmittel hatte Erfolg und führte zur Zurückweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
Aus den Gründen: Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht die Klage nicht abweisen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und einen Ersatzanspruch nach § 670 BGB abgelehnt, da der Kläger sein Fahrzeug zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Unfall ereignet haben soll, nicht im Betätigungsbereich des Arbeitgebers, sondern in seinem eigenen Betätigungsbereich eingesetzt habe. Es sei die Angelegenheit des Klägers gewesen, wie er während der von ihm geleisteten Rufbereitschaft im Falle des Abrufs der Arbeitsleistung zur Arbeitsstelle gelange. Die Fahrt habe – ungeachtet der Betriebsvereinbarung zur Bereitschaftsdienstregelung und zur Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts vom 23.12.2005 und des Schreibens des Vorgesetzten des Klägers, W – nicht während der Arbeitszeit stattgefunden. Obgleich nach § 8 III TVöD die aufgewendete Wegezeit während der Rufbereitschaft wie Arbeitszeit zu vergüten sei, werde die Wegezeit selbst nicht zur Arbeitszeit.
Da der Kläger frei darüber habe entscheiden können, an welchem Ort er sich während seiner Rufbereitschaft aufhalte und wie er im Falle des Abrufs zur Arbeitsstelle gelangen könne, sei seine Fahrt zur Arbeitsstelle nach erfolgtem Abruf nicht mehr als im Betätigungsbereich des Arbeitgebers liegend anzusehen. Die Notwendigkeit der Fahrzeugnutzung sei allein durch die Entscheidung des Klägers bedingt gewesen, wo er sich während der Rufbereitschaft aufhalten wolle. Erst die Ausübung dieser Aufenthaltsbestimmung habe ergeben, ob und inwieweit der Kläger im Falle seines Abrufs einen mehr oder weniger weiten Weg zur Arbeitsstelle zurücklegen musste und ob er hierfür ein Fahrzeug benötigte.
Die Rufbereitschaft stelle auch gemäß den einschlägigen tariflichen Bestimmungen und der Betriebsvereinbarung zur Bereitschaftsdienstregelung und zur Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts vom 23.12.2005 keine Arbeitszeit dar.
Auch handele es sich nicht deshalb um eine während der Arbeitszeit angefallene Fahrt, weil der Vorgesetzte des Klägers, W, in seinem Schreiben an den stellvertretenden Verwaltungsleiter F die Fahrt als Dienstfahrt bezeichnet habe. Es könne dahinstehen, ob der Vorgesetzte tatsächlich und rechtlich in der Lage gewesen sei, die Fahrt des Klägers als Dienstfahrt anzuerkennen, da er dies nach dem Wortlaut des Schreibens nicht getan habe.
II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, dass als Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB (analog) in Betracht kommt.
Nach § 670 BGB hat der Beauftragte gegen den Auftraggeber Anspruch auf den Ersatz von Aufwendungen, die er zum Zwecke der Ausführung des Auftrags gemacht hat und die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte. Ein Arbeitnehmer hat in entsprechender Anwendung des § 670 BGB Anspruch auf Ersatz von Schäden, die ihm bei Erbringung der Arbeitsleistung ohne Verschulden des Arbeitgebers entstehen. Voraussetzung der Ersatzfähigkeit eines Eigenschadens ist, dass der Schaden nicht dem Lebensbereich des Arbeitnehmers, sondern dem Betätigungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen ist und der Arbeitnehmer ihn nicht selbst tragen muss, weil er dafür eine besondere Vergütung erhält (st. Rspr., vgl. BAG, Urt. v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).
Sachschäden des Arbeitnehmers, mit denen nach Art und Natur des Betriebs oder der Arbeit zu rechnen ist, insbesondere Schäden, die notwendig oder regelmäßig entstehen, sind arbeitsadäquat und im Arbeitsverhältnis keine Aufwendungen i. S. des § 670 BGB. Handelt es sich dagegen um außergewöhnliche Sachschäden, mit denen der Arbeitnehmer nach der Art des Betriebs oder der Arbeit nicht ohne Weiteres zu rechnen hat, so liegt eine Aufwendung nach § 670 BGB vor (vgl. BAG, Urt. v. 20.04.1989 – 8 AZR 632/87, AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 9 = EzA BGB § 670 Nr. 20).
In entsprechender Anwendung des § 670 BGB muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer an dessen Fahrzeug entstandene Unfallschäden ersetzen, wenn das Fahrzeug mit Billigung des Arbeitgebers in dessen Betätigungsbereich eingesetzt wurde. Um einen Einsatz im Betätigungsbereich des Arbeitgebers handelt es sich unter anderem, wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug einsetzen und damit dessen Unfallgefahr tragen müsste (BAG, Urt. v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4), oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordert, das eigene Fahrzeug für eine Fahrt zu nutzen (BAG, Urt. v. 23.11.2006 – 8 AZR 701/05, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2).
2. Im Streitfalle war die Gefahr eines Eigenschadens am Pkw bei Zurücklegung der Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsort nicht dem Lebensbereich des Klägers, sondern dem Betätigungsbereich der Beklagten zuzurechnen. Deshalb scheidet ein Aufwendungsersatzanspruch des Kläger wegen der Beschädigung seines Pkw in entsprechender Anwendung des § 670 BGB nicht grundsätzlich aus.
a) Nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen hat der Arbeitnehmer – soweit keine abweichende Vereinbarung existiert – seine Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte selbst zu tragen (BAG, Urt. v. 21.07.1993 – 4 AZR 471/92, AP TVG § 1 Tarifverträge: Versicherungsgewerbe Nr. 9). Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz sind erforderliche Handlungen des Arbeitnehmers, um die geschuldete Tätigkeit am Arbeitsplatz aufnehmen zu können.
b) Dieser Grundsatz wird vorliegend allerdings dadurch abgeändert, dass der Kläger am 06.01.2008 im Rahmen der von der Beklagten angeordneten Rufbereitschaft zur Arbeitsleistung in das Klinikum abgerufen wurde. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich die Fahrzeit des Klägers zum Krankenhaus rechtlich als Arbeitszeit darstellt.
aa) Es besteht weder der Grundsatz, dass Eigenschäden eines Arbeitnehmers während der Arbeitszeit immer die Erstattungspflicht des Arbeitgebers auslösen, noch ist eine Erstattungspflicht des Arbeitgebers stets ausgeschlossen, nur weil der Schaden außerhalb der Arbeitszeit eingetreten ist. So hat es der Senat für einen Entschädigungsanspruch wegen eines Schadens an einem vom Arbeitnehmer benutzten Privatwagen als allein entscheidungserheblich angesehen, ob ein Vorgesetzter den Arbeitnehmer angewiesen hatte, das eigene Fahrzeug für die Fahrt zur Arbeitsstelle (Baustelle) zu benutzen. Ist die Nutzung auf Verlangen des Arbeitgebers erfolgt, fällt die Fahrt – auch wenn diese außerhalb der Arbeitszeit stattfindet – in den Risikobereich des Arbeitgebers. Ist es dem Arbeitnehmer hingegen freigestellt, ob er zur Arbeitsstelle zu Fuß geht, mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt oder im eigenen Interesse sein Fahrzeug nutzt, erfolgt die Nutzung des Pkw nicht im Betätigungsbereich des Arbeitgebers (vgl. BAG, Urt. v. 23.11.2006 – 8 AZR 701/05, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2). Für die Ersatzpflicht spielt die Frage, ob der Schaden während der Arbeitszeit eingetreten ist, mithin keine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, ob der Schaden im Betätigungsbereich des Arbeitgebers eingetreten ist.
Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist ein Schaden im Betätigungsbereich des Arbeitgebers eingetreten, wenn ohne den Einsatz des Arbeitnehmerfahrzeugs der Arbeitgeber ein eigenes Fahrzeug hätte einsetzen müssen (BAG, Urt. v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4; Urt. v. 23.11.2006 – 8 AZR 701/05, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2; 17.06.1997 – 8 AZR 480/95, AP BGB § 611 Gefährdungshaftung des Arbeitgebers Nr. 14 = EzA BGB § 611 Arbeitgeberhaftung Nr. 6), oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgefordert hat, das eigene Fahrzeug für eine Fahrt zu nutzen (BAG, Urt. v. 23.11.2006 – 8 AZR 701/05, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 670 Nr. 2).
bb) Dass die Beklagte den Kläger angewiesen hatte, für die Fahrten während der Rufbereitschaft den eigenen Pkw zu verwenden, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Der Kläger durfte es jedoch für erforderlich halten, sein Privatfahrzeug für die Fahrt von seinem Wohnort zu seiner Arbeitsstätte zu benutzen, um rechtzeitig am Arbeitsort zu erscheinen.
Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers fand kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung die „Durchgeschriebene Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K)“ vom 01.08.2006 (im Folgenden: TVöD-K) Anwendung. Aus § 6 V TVöD-K folgt unter anderem die Verpflichtung des Klägers, Rufbereitschaftsdienst zu leisten. Nach § 7 IV 1 TVöD-K leisten Beschäftigte Rufbereitschaft, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Unter Arbeitsaufnahme ist in diesem Zusammenhang die Aufnahme der geschuldeten Tätigkeit zu verstehen, also im Falle des Klägers der ärztliche Dienstantritt im Klinikum der Beklagten.
cc) Rufbereitschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort so wählen muss, dass er auf Abruf die Arbeit innerhalb einer Zeitspanne aufnehmen kann, die den Einsatz nicht gefährdet (BAG, Urt. v. 20.05.2010 – 6 AZR 1015/08, AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Bahn Nr. 36). Damit stellt sie keine Freizeit des Arbeitnehmers im eigentlichen Sinne dar. Dass dies auch die Tarifvertragsparteien so sehen, folgt bereits daraus, dass der Rufbereitschaft leistende Arbeitnehmer für diese eine tägliche Pauschale erhält (§ 8 III TVöD-K). Während der Rufbereitschaft hat der Arbeitnehmer – wie während seiner eigentlichen Arbeitszeit – die Verpflichtung, Weisungen seines Arbeitgebers nachzukommen. So hat er sich auf dessen Aufforderung zur Arbeitsstelle zu begeben und dort seine Arbeitsleistung zu erbringen. Da es im Regelfalle nicht in seinem Belieben steht, wann er diese vom Arbeitgeber „abgerufene“ Arbeitsleistung erbringt, sondern weil er dies innerhalb einer den Arbeitseinsatz nicht gefährdenden Zeit tun muss, steht es ihm somit auch nicht frei, wie er sich zur Arbeitsstelle begibt. Er hat regelmäßig die Pflicht, sich auf „schnellstmöglichem Wege“ dorthin zu begeben. Dies gilt insbesondere für den Kläger als Arzt, da dessen Tätigkeit im Krankenhaus nach erfolgtem Abruf während der Rufbereitschaft in der Regel keinen beliebigen Aufschub erlaubt.
Damit unterscheidet sich der Weg zur Arbeitsstelle während der Rufbereitschaft grundlegend von dem allgemeinen Weg zur Arbeit. Bei Letzterem ist der Arbeitnehmer frei, wann, wie und von wo aus er diesen antritt. Der Arbeitgeber hat lediglich ein berechtigtes Interesse daran, dass der Arbeitnehmer pünktlich an der Arbeitsstelle erscheint. Bei der Rufbereitschaft hingegen hat der Arbeitgeber deren Dauer angeordnet, hat Anspruch auf Mitteilung, wo sich der Arbeitnehmer aufhält und bestimmt den Zeitpunkt, ab welchem dieser sich auf den Weg zur Arbeitsaufnahme machen muss. Daraus ergibt sich ein besonderes Interesse des Arbeitgebers daran, dass der Arbeitnehmer innerhalb einer angemessenen Zeitspanne ab dem Abruf der Arbeit dieselbe aufnimmt. Wäre dies nicht der Fall, hätte der Arbeitgeber keine Rufbereitschaft angeordnet.
Hält es nunmehr der Arbeitnehmer für erforderlich, mit seinem Privatfahrzeug im Rahmen der Rufbereitschaft zum Arbeitsort zu fahren, weil dies aus seiner Sicht der schnellste Weg ist, um rechtzeitig dort zu erscheinen, so handelt er regelmäßig auch im Interesse des Arbeitgebers. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Benutzung des Privatwagens nicht auch den Interessen des Arbeitgebers dient, weil der Arbeitnehmer zum Beispiel zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln schneller zur Arbeit gelangen könnte als mit seinem Privat-Pkw, oder weil er sich in einer den Sinn und Zweck der Rufbereitschaft gefährdenden Entfernung vom Arbeitsort aufhält und nur deshalb auf sein Privatfahrzeug angewiesen ist. Nur in einem solchen Falle, in dem die Nutzung des Privatfahrzeugs ausschließlich den Interessen des Arbeitnehmers dient, scheidet eine Entschädigung des Arbeitgebers für Schäden am Privatfahrzeug des Arbeitnehmers aus. Dass ein solcher Ausnahmefall vorliegend gegeben war, ist weder von den Parteien vorgetragen noch aufgrund des festgestellten Sachverhalts ersichtlich. Letztlich ist sogar davon auszugehen, dass die Beklagte die Benutzung des Privatwagens für die Fahrt vom Wohn- zum Arbeitsort durch den Kläger gebilligt hat. Zwar ist nicht vorgetragen, sie habe davon Kenntnis gehabt, dass er im Falle seiner Rufbereitschaft den Weg von zu Hause zum Dienst mit seinem Privat-Pkw zurücklegen werde. Allerdings musste sie hiervon ausgehen, da eine Beförderung durch öffentliche Verkehrsmittel gerade zu Nachtzeiten oder an Wochenenden außerhalb von Städten und Ballungsräumen den kurzfristigen Arbeitsantritt nicht gewährleistet. Davon, dass auch die Beklagte im Interesse der Patienten ihres Krankenhauses an einem „schnellstmöglichen“ Arbeitsantritt des Klägers nach erfolgtem Abruf interessiert war, ist auszugehen.
Da die Benutzung des Privatwagens durch den Kläger aufgrund der von der Beklagten angeordneten Rufbereitschaft – auch – in deren gesteigertem Interesse lag, fällt sie letztlich in deren Risikobereich. Dies hat zur Folge, dass grundsätzlich ein Anspruch des Klägers in entsprechender Anwendung des § 670 BGB gegen die Beklagte auf Erstattung des an seinem Privatfahrzeug entstandenen Unfallschadens gegeben ist.
3. Ob der dem Grunde nach gegebene Aufwendungsersatzanspruch des Klägers nach § 254 I BGB gemindert oder gar ausgeschlossen ist, kann der Senat nicht nach § 563 III ZPO entscheiden. Insoweit bedurfte es der Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht gemäß § 563 I 1 ZPO.
a) Grund für einen Erstattungsanspruch entsprechend § 670 BGB ist, dass der Arbeitgeber das Schadensrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf, wenn er sich dessen eingebrachter Sachen als Arbeitsmittel bedient. Andererseits soll der Arbeitnehmer durch die Einbringung eigener Sachmittel nicht besser gestellt sein, als er bei der Beschädigung betriebseigener Sachmittel stünde. Ein Ersatzanspruch kann daher nur in dem Umfange bestehen, in dem der Arbeitgeber eine Beschädigung seiner eigenen Sachmittel hinzunehmen hätte (innerbetrieblicher Schadensausgleich; vgl. BAG, Urt. v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).
Bei der Bewertung, wann und gegebenenfalls in welchem Umfange Verschulden des Arbeitnehmers den Ersatzanspruch ausschließt oder mindert, kommen die Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich zur Anwendung. Unter Zugrundelegung des Rechtsgedankens des § 254 BGB bedeutet dies, dass im Falle leichtester Fahrlässigkeit eine Mithaftung des Arbeitnehmers entfällt. Bei normaler Schuld des Arbeitnehmers (mittlere Fahrlässigkeit) ist der Schaden grundsätzlich anteilig unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu verteilen und bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Schadensverursachung ist der Ersatzanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ganz ausgeschlossen (vgl. BAG, Urt. v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4 m. w. Nachw.).
Im Prozess über einen Entschädigungsanspruch obliegt dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Umstände, die eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadensverursachung ausschließen, wenn er die volle Erstattung des erlittenen Schadens verlangt. Damit muss er, wenn er vollen Aufwendungsersatz entsprechend § 670 BGB verlangt, darlegen, dass er den Unfall allenfalls leicht fahrlässig verursacht hat (vgl. BAG, Urt. v. 28.10.2010 – 8 AZR 647/09, EzA BGB 2002 § 670 Nr. 4).
b) Da das Landesarbeitsgericht – aus seiner Sicht folgerichtig – keine Feststellungen zur Frage des Verschuldens und zur Schadenshöhe getroffen hat, wird es dies nachzuholen haben.