1. Ein (hier: zu ei­nem Kauf­preis von über 100.000 € er­wor­be­ner) Neu­wa­gen weist ei­nen er­heb­li­chen, den Käu­fer zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­ti­gen­den Man­gel auf, wenn die Mo­tor­leis­tung nicht wie ver­trag­lich ver­ein­bart 291 kW, son­dern nur ma­xi­mal 275 kW be­trägt.
  2. Auch wenn die Mo­tor­leis­tung ei­nes Fahr­zeugs, die sich in Pro­spek­ten und den Fahr­zeug­pa­pie­ren fin­det, auf der Grund­la­ge der Richt­li­nie 80/1269/EWG durch ei­ne di­rek­te Mes­sung er­mit­telt wird, ist die­se Richt­li­nie nicht zwin­gend her­an­zu­zie­hen, wenn es um die Fra­ge geht, ob ein Fahr­zeug we­gen ei­ner ver­min­der­ten Mo­tor­leis­tung man­gel­haft ist. Ins­be­son­de­re schließt die Richt­li­nie ei­ne Mes­sung der Mo­tor­leis­tung auf ei­nem Rol­len­prüf­stand nicht aus.

OLG Köln, Ur­teil vom 02.12.2010 – 21 U 18/10

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­stell­te am 08.11.2002 bei der Be­klag­ten ei­nen Pkw mit ei­ner Mo­tor­leis­tung von 291 kW. Ver­ein­ba­rungs­ge­mäß er­warb die H-Lea­sing GmbH den Wa­gen von der Be­klag­ten zum Preis von 104.115 € und über­ließ ihn auf der Grund­la­ge ei­nes am 14./28.11.2002 ge­schlos­se­nen Lea­sing­ver­tra­ges an­schlie­ßend, ab dem 01.12.2002, dem Klä­ger für 60 Mo­na­te. Der Kauf­preis wur­de in Hö­he ei­ner An­zah­lung von 4.000 € un­mit­tel­bar vom Klä­ger und im Üb­ri­gen von der H-Lea­sing GmbH ge­zahlt. Das Fahr­zeug wur­de am 17.12.2002 an den Klä­ger aus­ge­lie­fert.

Die­ser fuhr da­mit erst im Früh­jahr 2003 und mein­te, beim Be­schleu­ni­gen ei­ne ein­ge­schränk­te Mo­tor­leis­tung fest­zu­stel­len. Er hat­te das Ge­fühl, das neue Fahr­zeug be­schleu­ni­ge eher lang­sa­mer als ein leis­tungs­schwä­che­res Fahr­zeug der­sel­ben Mar­ke, das dem Klä­ger zu­vor zur Ver­fü­gung ge­stan­den hat­te.

Auf Ver­an­las­sung des Klä­gers wur­de des­halb am 06.08.2003 die Mo­tor­leis­tung ge­mes­sen, wo­bei ei­ne Leis­tung von 242 kW fest­ge­stellt wur­de. Dies rüg­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten, die dar­auf­hin ei­nen Luft­tem­pe­ra­tur­sen­sor er­neu­er­te. An­schlie­ßend er­gab ei­ne wei­te­re Mes­sung ei­ne Mo­tor­leis­tung von le­dig­lich 260,70 kW.

Dar­auf­hin rüg­te der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 31.10.2003, dass sein Fahr­zeug nicht die im Be­stell­for­mu­lar vom 08.11.2002 auf­ge­führ­te Mo­tor­leis­tung von 291 kW ha­be, und for­der­te sie un­ter Hin­weis auf die be­reits er­folg­los durch­ge­führ­ten Nach­bes­se­run­gen un­ter Frist­set­zung auf, ihm mit­zu­tei­len, in­wie­weit sie zu ei­ner Kauf­preis­min­de­rung be­reit sei.

Da ihm die Be­klag­te nicht ent­ge­gen­kam, lei­te­te der Klä­ger mit An­trag vom 10.12.2003 ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren ein.

Der in die­sem Ver­fah­ren zu­letzt be­stell­te Sach­ver­stän­di­ge L er­stat­te­te un­ter dem 25.05.2004 ein Gut­ach­ten. Dar­in wies er dar­auf hin, dass sich die Mo­tor­leis­tung ei­nes Kraft­fahr­zeugs, wie sie in den Pro­spek­ten der Fahr­zeug­her­stel­ler und auch im Fahr­zeug­brief ein­ge­tra­gen sei, auf die Leis­tung des Fahr­zeug­mo­tors be­zie­he, die an der Schwung­schei­be vor­lie­ge. Bei der Leis­tungs­mes­sung müs­se der Mo­tor mit den für sei­nen Be­trieb er­for­der­li­chen Ne­be­nag­gre­ga­ten wie Was­ser­pum­pe und Lüf­ter aus­ge­stat­tet sein. Ei­ne ge­naue Leis­tungs­mes­sung, die sich auf die an­ge­ge­be­ne Leis­tung be­zie­he, sei des­halb nur bei de­mon­tier­tem Mo­tor auf ei­nem Mo­tor­prüf­stand mög­lich. Nä­he­rungs­wei­se kön­ne die Mo­tor­leis­tung be­stimmt wer­den, in­dem die Leis­tung an den An­triebs­rä­dern ge­mes­sen wer­de. Die­se sei ge­gen­über der Mo­tor­leis­tung ins­be­son­de­re um die Ver­lust­leis­tung im Ge­trie­be, dem Aus­gleichs­ge­trie­be und den La­ger­stel­len ver­min­dert. Die Min­der­leis­tung wie­der­um kön­ne an­satz­wei­se ge­mes­sen wer­den, in­dem bei aus­ge­kup­pel­tem Mo­tor in ei­ner wei­te­ren Mes­sung die ge­nann­ten Ver­lus­te im An­triebs­strang ge­mes­sen wür­den. Da­bei müss­ten die An­triebs­rä­der des Fahr­zeu­ges ex­tern an­ge­trie­ben wer­den. Da sich we­gen der ver­schie­de­nen Last­be­din­gun­gen und Um­kehr der An­triebs­rich­tung die Ver­zah­nungs- und La­ger­kräf­te än­der­ten, sei ei­ne ge­naue Mes­sung nicht mög­lich. Die Mo­tor­leis­tung kön­ne nur nä­he­rungs­wei­se be­stimmt wer­den, wo­bei je nach Aus­füh­rung des Prüf­stands mit Un­si­cher­hei­ten von ca. ± 5 % zu rech­nen sei. Die vom Klä­ger ver­an­lass­te Mes­sung am 20.08.2003 sei auf ei­nem so­ge­nann­ten Schwung­mas­sen­prüf­stand durch­ge­führt wor­den. Sie zei­ge nicht die ma­xi­ma­le Mo­tor­leis­tung, weil die Leis­tung im höchs­ten Gang des Fahr­zeugs ge­mes­sen wor­den und die Leis­tung durch den Ge­schwin­dig­keits­be­gren­zer bei 250 km/h bei 4.630 U/min be­grenzt wor­den sei. Nach dem Fahr­zeug­schein lie­ge die ma­xi­ma­le Leis­tung des Mo­tors erst bei ei­ner Dreh­zahl von 6.100 U/min.

Der Klä­ger ließ dar­auf­hin un­ter dem 21.06.2004 ei­ne er­neu­te Leis­tungs­dia­gno­se bei der X-GmbH durch­füh­ren. Sie er­gab ei­ne ma­xi­ma­le Mo­tor­leis­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs von 236,9 kW.

Nach ei­ner von ihm auf ei­nem Rol­len­prüf­stand am 23.03.2005 durch­ge­führ­ten Leis­tungs­mes­sung er­stat­te­te der Sach­ver­stän­di­ge L un­ter dem 10.05.2005 ein wei­te­res Gut­ach­ten. Da­nach wur­de mit ei­ner Ge­nau­ig­keit von ± 3 % ei­ne Mo­tor­leis­tung von 268 kW er­mit­telt.

Am 11.10.2005 fand so­dann ei­ne münd­li­che An­hö­rung des Sach­ver­stän­di­gen L statt. Die­ser er­läu­ter­te, dass das auf dem Prüf­stand ge­won­ne­ne Er­geb­nis bei ei­ner Kühl­luft­zu­fuhr, die Ge­schwin­dig­kei­ten von 250 km/h ent­spre­che, an­ders aus­fal­len kön­ne. Der Klä­ger und die Be­klag­te wa­ren sich ei­nig, dass des­halb ei­ne wei­te­re Leis­tungs­mes­sung auf ei­nem an­de­ren Mo­tor­prüf­stand durch­ge­führt wer­den soll­te. Das LG Aa­chen er­mit­tel­te , dass das vom Sach­ver­stän­di­gen Dr.-Ing. L in­so­weit be­nann­te In­sti­tut für Kraft­fahr­we­sen nicht über die er­for­der­li­chen Ka­pa­zi­tä­ten zur Durch­füh­rung von Leis­tungs­mes­sun­gen ei­nes Fahr­zeug­mo­tors mit ei­ner Nenn­leis­tung von 291 kW ver­fügt. Beim TÜV Nord, In­sti­tut für Fahr­zeug­tech­nik und Mo­bi­li­tät, an das das Ge­richt ver­wie­sen wor­den war, wur­de in Er­fah­rung ge­bracht, dass ei­ne Leis­tungs­mes­sung dort zwar mög­lich sei. Die­se sei aber mit ho­hem Ar­beits- und Kos­ten­auf­wand ver­bun­den, da ne­ben dem Mo­tor auch die ge­sam­te Fahr­zeu­ge­lek­tro­nik aus­ge­baut und in den Mo­tor­prüf­stand neu in­stal­liert wer­den müs­se. Bei ei­nem Ta­ges­satz von ca. 2.400 € für die Nut­zung des Prüf­stan­des müs­se mit ei­nem Auf­wand von min­des­tens 15.000 €, vor­aus­sicht­lich aber hö­he­ren Kos­ten, ge­rech­net wer­den. Dies be­stä­tig­te die eben­falls vom Sach­ver­stän­di­gen Dr.-Ing. L be­nann­te M-GmbH & Co. KG, die die Ge­samt­kos­ten so­gar mit ca. 30.000 € be­zif­fer­te.

Den Vor­schlag der Be­klag­ten, die Mes­sun­gen auf ei­nem Prüf­stand der K-Ltd. durch­füh­ren und vom Sach­ver­stän­di­gen über­wa­chen zu las­sen, da dort die not­wen­di­gen Ag­gre­ga­te be­reits auf­ge­baut sei­en, lehn­te der Klä­ger ab, da ei­ne Mes­sung in Eng­land we­gen der ho­hen Fahr­zeug­trans­port­kos­ten und der er­heb­li­chen Ab­we­sen­heits­zei­ten des Sach­ver­stän­di­gen nicht sinn­voll sei und an der Neu­tra­li­tät der K-Ltd. als Her­stel­le­rin des Fahr­zeugs Zwei­fel be­stün­den.

Dar­auf­hin ent­brann­te ein Streit, ob die Mo­tor­leis­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs auf ei­nem Rol­len­prüf­stand über­haupt zu­ver­läs­sig ge­mes­sen wer­den kön­ne, oder ob ein Aus­bau des Mo­tors und ei­ne Zer­le­gung des Fahr­zeugs un­ver­meid­lich sei­en. Auf­grund des­sen be­auf­trag­te das LG Aa­chen den Sach­ver­stän­di­gen L er­neut. Die­ser wie­der­hol­te in sei­nem Gut­ach­ten vom 06.10.2006, dass bei ei­ner norm­ge­rech­ten Leis­tungs­mes­sung die Mo­tor­leis­tung un­mit­tel­bar am Mo­tor­aus­gang ge­mes­sen wür­de und die­ser bei ein­ge­bau­tem Mo­tor nicht zu­gäng­lich sei. Bei ei­ner Mes­sung der Mo­tor­leis­tung an den An­triebs­rä­dern müs­se der Leis­tungs­ver­lust durch den An­triebs­strang, hier be­ste­hend aus der hydro­dy­na­mi­schen Kupp­lung, dem Au­to­ma­tik­ge­trie­be, der Kard­an­wel­le, dem Dif­fe­ren­ti­al­ge­trie­be mit An­triebs­wel­len und den An­triebs­rä­dern, be­rück­sich­tigt wer­den. Die­ser müs­se se­pa­rat ge­mes­sen und der an den An­triebs­rä­dern ge­mes­se­nen Leis­tung zu­ge­schla­gen wer­den. In ei­nem Be­reich von ± 5 % sei die­se Mess­me­tho­de aber als zu­ver­läs­sig ein­zu­stu­fen.

Die dar­auf­hin ver­an­lass­te er­neu­te Mes­sung auf dem rech­ner­ge­steu­er­ten Leis­tungs­prüf­stand mit Kühl­luft­ge­blä­se der Fir­ma P-Ra­c­ing, für den der Her­stel­ler ei­ne Mess­ge­nau­ig­keit von ± 2 % des Mess­werts an­gibt, er­brach­te nach den Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen L vom 06.06.2007 bei drei Leis­tungs­mes­sun­gen am 28.02.2007 Er­geb­nis­se von 217 kW bei of­fe­ner Mo­tor­hau­be und 235 kW bzw. 228 kW bei ge­schlos­se­ner Mo­tor­hau­be.

Auf­grund des­sen er­klär­te der Klä­ger mit Schrei­ben vom 30.07.2007 ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te die Rück­zah­lung des – um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung ge­min­der­ten – Kauf­prei­ses an die H-Lea­sing GmbH Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs, die aus­drück­lich an­ge­bo­ten wur­de. Die Be­klag­te lehn­te die Ab­ho­lung des Fahr­zeugs mit Schrei­ben vom 06.08.2007 ab, da dem Klä­ger ein Recht zum Rück­tritt vom Ver­trag nicht zu­ste­he, und stell­te ihm an­heim, Kla­ge zu er­he­ben.

Im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren er­läu­ter­te der Sach­ver­stän­di­ge L am 16.01.2008 münd­lich, dass er aus al­len Mes­sun­gen, das heißt aus den drei Mes­sun­gen bei der Fir­ma P-Ra­c­ing, der Mes­sung bei der X-GmbH, der Mes­sung bei der Fir­ma O und der Mes­sung beim TÜV, ei­nen Mit­tel­wert er­rech­net ha­be und auf ei­ne Mo­tor­leis­tung von 240 kW so­wie ei­ner Ab­wei­chung von den an­ge­ge­be­nen 291 kW von mi­nus 18 % ge­kom­men sei. Auf­grund des­sen kön­ne er mit 95 %-iger Si­cher­heit sa­gen, dass der tat­säch­li­che Wert der Mo­tor­leis­tung zwi­schen 219 kW und 262 kW und mit 99 %-iger Si­cher­heit zwi­schen 206 kW und 275 kW ge­le­gen ha­be.

Der Klä­ger hat zu­letzt im We­sent­li­chen be­an­tragt, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die H-Lea­sing GmbH 84.289,52 € und an ihn 4.000 € zu zah­len, und zwar Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, dass der Klä­ger nicht wirk­sam von dem zwi­schen der H-Lea­sing GmbH und der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten sei. Er ha­be nicht zu be­wei­sen ver­mocht, dass bei Ab­ga­be der Rück­tritts­er­klä­rung ein – nicht un­er­heb­li­cher – Man­gel i. S. des § 434 BGB vor­ge­le­gen ha­be. Bei ei­ner le­dig­lich un­er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers sei der Rück­tritt aber ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen. Nach der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me sei das Ge­richt nicht da­von über­zeugt, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ei­ne Mo­tor­leis­tung ha­be, die un­ter­halb ei­ner Leis­tung von 275 kW, dem höchs­ten vom Sach­ver­stän­di­gen L mit 99 %-iger Ge­wiss­heit ge­nann­ten Wert, lie­ge. Aus­ge­hend von ei­ner Leis­tung von 275 kW be­tra­ge die Dif­fe­renz zwi­schen der im Pro­spekt an­ge­ge­be­nen Nenn­leis­tung von 291 kW und der tat­säch­lich er­reich­ba­ren Leis­tung 16 kW. Die­se Ab­wei­chung von 5,5 % sei in der Ge­samt­schau als un­er­heb­lich i. S. von § 323 V 2 BGB zu be­zeich­nen und kön­ne nicht zu ei­nem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­ti­gen.

Ge­gen die­ses Ur­teil rich­te­te sich die Be­ru­fung des Klä­gers, der zu­letzt im We­sent­li­chen be­an­tragt hat, die Be­klag­te un­ter Ab­än­de­rung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils zu ver­ur­tei­len, an die H-Lea­sing GmbH 81.993,17 € nebst Zin­sen Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw zu zah­len. Das Rechts­mit­tel hat­te Er­folg.

Aus Grün­den: II. … Dem Klä­ger steht ge­gen­über der Be­klag­ten – nach An­rech­nung der ge­zo­ge­nen Ge­brauchs­vor­tei­le – der noch gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Rück­zah­lung von 81.993,17 € an die H-Lea­sing GmbH, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Pkw …, aus § 346 BGB zu, nach­dem er mit Schrei­ben vom 30.07.2007 wirk­sam ge­mäß den §§ 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB von dem zwi­schen der H-Lea­sing GmbH und der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten ist. Wei­ter war fest­zu­stel­len, dass sich die Be­klag­te mit der An­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw seit dem 07.08.2007 in Ver­zug be­fun­den hat, nach­dem sie die im Rück­tritts­schrei­ben des Klä­gers an­ge­bo­te­ne Rück­ga­be des Fahr­zeugs mit Schrei­ben vom 06.08.2007 ab­ge­lehnt hat­te.

Der Klä­ger, dem die Män­gel­ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che der H-Lea­sing GmbH ge­gen­über der Be­klag­ten zur Gel­tend­ma­chung im ei­ge­nen Na­men mit der Maß­ga­be ab­ge­tre­ten wor­den wa­ren, dass Zah­lun­gen aus ei­ner Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags an die H-Lea­sing GmbH er­fol­gen soll­ten, war zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag … be­rech­tigt, da die­ser Wa­gen von An­fang an auf­grund ei­ner Min­der­leis­tung des Mo­tors ei­nen Sach­man­gel auf­wies, der als nicht un­er­heb­lich i. S. von § 323 V 2 BGB ein­zu­stu­fen ist.

1. Ent­ge­gen der von der Be­klag­ten und der Streit­hel­fe­rin ver­tre­te­nen An­sicht ist zu­nächst fest­zu­hal­ten, dass die Be­stim­mung der Mo­tor­leis­tung auf ei­nem Rol­len­prüf­stand zur Er­mitt­lung, ob und ge­ge­be­nen­falls wel­che Ab­wei­chung von den im der ver­bind­li­chen Be­stel­lung vom 08.11.2002 und im Fahr­zeug­schein je­weils an­ge­ge­be­nen 291 kW vor­lie­gen, auch von­sei­ten des Se­nats als ei­ne ge­eig­ne­te Mess­me­tho­de an­ge­se­hen wird.

Be­reits der vom Bun­des­ver­band frei­er Sach­ver­stän­di­ger e. V. be­nann­ten Prof. Dr.-Ing. Q … hat­te in sei­nem Schrei­ben vom 31.03.2004 für ei­ne rei­ne Prü­fung der Mo­tor­leis­tung des frag­li­chen Pkw … ei­nen Rol­len­prüf­stand für ge­eig­net ge­hal­ten, auch wenn er die di­rek­te Mes­sung der Mo­tor­leis­tung als die ei­gent­lich tech­nisch kor­rek­te Lö­sung be­zeich­ne­te, die er aber vom Auf­wand und den Kos­ten her als kei­nes­falls ver­tret­bar ein­stuf­te. Die­sen ho­hen Ar­beits- und Kos­ten­auf­wand ha­ben die Er­mitt­lun­gen des LG Aa­chen beim TÜV Nord, In­sti­tut für Fahr­zeug­tech­nik und Mo­bi­li­tät, be­stä­tigt, wo er­läu­tert wor­den war, dass für ei­ne der­ar­ti­ge di­rek­te Mes­sung ne­ben dem Mo­tor auch die ge­sam­te Fahr­zeu­ge­lek­tro­nik aus­ge­baut und in den Mo­tor­prüf­stand neu in­stal­liert wer­den müs­se. Bei ei­nem Ta­ges­satz von ca. 2.400 € für die Nut­zung des Prüf­stan­des müs­se mit ei­nem Auf­wand von min­des­tens 15.000 €, vor­aus­sicht­lich aber hö­he­ren Kos­ten, ge­rech­net wer­den. Dies be­stä­tig­te auch die eben­falls vom Sach­ver­stän­di­gen Dr.-Ing. L be­nann­te M-GmbH & Co. KG in D., die die Ge­samt­kos­ten so­gar mit ca. 30.000 € be­zif­fert hat­te.

Die­ser Ein­schät­zung des Sach­ver­stän­di­gen Prof. Dr.-Ing. Q … über die Ge­eig­net­heit des Rol­len­prüf­stands als Mess­me­tho­de hat­te sich auch der Sach­ver­stän­di­ge Dr.-Ing. L be­reits in sei­nem ers­ten, im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren … er­stat­te­ten Gut­ach­ten vom 25.05.2004 an­ge­schlos­sen. Be­reits dort hat­te er in sich schlüs­sig und für den Se­nat nach­voll­zieh­bar aus­ge­führt, dass die Mo­tor­leis­tung ei­nes Kraft­fahr­zeugs, wie sie in den Pro­spek­ten der Fahr­zeug­her­stel­ler und auch im Kraft­fahr­zeug­brief ein­ge­tra­gen sei, sich auf die Leis­tung des Fahr­zeug­mo­tors be­zieht, die an der Schwung­schei­be vor­liegt, so­dass ei­ne ge­naue Leis­tungs­mes­sung, die sich auf die an­ge­ge­be­ne Leis­tung be­zieht, des­halb ei­gent­lich nur bei de­mon­tier­tem Mo­tor auf ei­nem Mo­tor­prüf­stand mög­lich sei. Die Mo­tor­leis­tungs­be­stim­mung auf ei­nem Rol­len­prüf­stand durch Mes­sung der Leis­tung an den An­triebs­rä­dern be­schrieb er aber als ei­nen wei­te­ren An­satz, die Mo­tor­leis­tung nä­he­rungs­wei­se zu mes­sen. Die hier­zu ge­mach­te Er­läu­te­rung, dass bei ei­ner Mes­sung der Leis­tung an den An­triebs­rä­dern die ei­gent­li­che Mo­tor­leis­tung zwar um die Ver­lust­leis­tung in dem Ge­trie­be, dem Aus­gleichs­ge­trie­be und den La­ger­stel­len ver­min­dert sei, die­se Min­der­leis­tung aber wie­der­um an­satz­wei­se ge­mes­sen wer­den kön­ne, in­dem bei aus­ge­kup­pel­tem Mo­tor in ei­ner wei­te­ren Mes­sung die ge­nann­ten Ver­lus­te im An­triebs­strang bei ex­tern an­ge­trie­be­nen An­triebs­rä­der ge­mes­sen wer­den könn­ten, ist für den Se­nat eben­so ver­ständ­lich und plau­si­bel wie die Fest­stel­lung, dass die hier­bei ge­won­ne­nen Mess­er­geb­nis­se die Mo­tor­leis­tung nur nä­he­rungs­wei­se mit ei­ner – je nach Prüf­stand – zu be­rück­sich­ti­gen­den Un­si­cher­heit von ± 5 % wie­der­ge­ben, da sich we­gen der ver­schie­de­nen Last­be­din­gun­gen und Um­kehr der An­triebs­rich­tung, die Ver­zah­nungs- und La­ger­kräf­te än­dern.

Auch wenn die in den Pro­spek­ten und den Fahr­zeug­pa­pie­ren an­ge­ge­be­ne Mo­tor­leis­tung ei­nes streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs von 291 kW auf der Grund­la­ge der Richt­li­nie des Ra­tes vom 16.12.1980 zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über die Mo­tor­leis­tung von Kraft­fahr­zeu­gen (80/1269/EWG) durch di­rek­te Mes­sung am Mo­tor er­mit­telt wor­den war, ist die­se Richt­li­nie im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren – ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten­sei­te – nicht zwin­gend her­an­zu­zie­hen und schließt ins­be­son­de­re ei­ne Er­mitt­lung der Mo­tor­leis­tung auf ei­nem Rol­len­prüf­stand nicht aus. Be­reits in dem von der Be­klag­ten im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren mit Schrift­satz vom 03.09.2007 vor­ge­leg­ten Schrei­ben des TÜV Rhein­land vom 30.08.2007 wird zu­tref­fend dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die EU-Richt­li­nie 80/1269/EWG nur für die Zu­las­sung von Per­so­nen­kraft­wa­gen im Ver­fah­ren zur Er­lan­gung der Typ­ge­neh­mi­gung zwin­gend vor­schreibt, dass die Mo­tor­leis­tung nach den in der EU har­mo­ni­sier­ten Vor­schrif­ten zu mes­sen ist. Da es vor­lie­gend je­doch nicht um die Be­stim­mung der Mo­tor­leis­tung im Rah­men der Er­tei­lung ei­ner der­ar­ti­gen Typ­ge­neh­mi­gung für ei­nen Fahr­zeug­typ geht, ist be­reits das LG Aa­chen im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren und im an­schlie­ßen­den erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­ren zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass die EU-Richt­li­nie 80/1269/EWG der Er­mitt­lung der Mo­tor­leis­tung mit­tels ei­nes Rol­len­prüf­stands von ih­rem An­wen­dungs­be­reich her nicht ent­ge­gen­steht, so­weit die bei die­ser Mess­me­tho­de auf­tre­ten­den Be­son­der­hei­ten be­ach­tet wer­den. Dies hat der Sach­ver­stän­di­ge Dr.-Ing. L mit der Be­rück­sich­ti­gung der Mes­sun­ge­nau­ig­kei­ten der ein­zel­nen Prüf­stän­de aber ge­macht und in sein Re­sü­mee mit ein­be­zo­gen.

2. Im Rah­men der frei­en Be­weis­wür­di­gung nach § 286 ZPO und un­ter Her­an­zie­hung von § 287 ZPO hat das LG Aa­chen mit zu­tref­fen­den Aus­füh­run­gen her­ge­lei­tet, dass nach dem Er­geb­nis der das vor­an­ge­gan­ge­ne selb­stän­di­ge Be­weis­ver­fah­ren ein­schlie­ßen­den Be­weis­auf­nah­me zu­min­dest fest­steht, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug über ei­ne Mo­tor­leis­tung von ma­xi­mal 275 kW ver­fügt …

Ob auf­grund des Um­stands, dass sich aus den sechs vom Sach­ver­stän­di­gen Dr.-Ing. L be­rück­sich­tig­ten Mes­sun­gen un­ter Hin­zu­rech­nung der je­wei­li­gen Ab­wei­chun­gen des je­wei­li­gen Prüf­stan­des ein rech­ne­ri­scher Mit­tel­wert von 248,7 kW

Mo­tor­leis­tungs­mes­sun­gen auf dem Rol­len­prüf­stand
Am Durch Bei Er­geb­nis Ab­wei­chung Ma­xi­mum
20.08.2010 Klä­ger O 260,7 kW ± 5 % 273,7 kW
21.06.2004 Klä­ger X-GmbH 236,9 kW ± 5 %& 248,7 kW
23.03.2005 Sach­ver­stän­di­ger L TÜV-Tech­no­lo­gie­zen­trum 268,0 kW ± 3 % 276,0 kW
28.02.2007 Sach­ver­stän­di­ger L P-Ra­c­ing 217,0 kW ± 2 % 221,3 kW
28.02.2007 Sach­ver­stän­di­ger L P-Ra­c­ing 235,0 kW ± 2 % 239,7 kW
28.02.2007 Sach­ver­stän­di­ger L P-Ra­c­ing 228,0 kW ± 2 % 232,6 kW
  Mit­tel­wert: 248,7 kW

bzw. bei Ein­be­zie­hung der wei­te­ren, vom Klä­ger durch­ge­führ­ten Mes­sung vom 06.08.2003 ein rech­ne­ri­scher Mit­tel­wert von 249,5 kW er­gab,

Mo­tor­leis­tungs­mes­sun­gen auf dem Rol­len­prüf­stand
Am Durch Bei Er­geb­nis Ab­wei­chung Ma­xi­mum
06.08.2010 Klä­ger O 242,0 kW ± 5 % 254,1 kw
20.08.2010 Klä­ger O 260,7 kW ± 5 % 273,7 kW
21.06.2004 Klä­ger X-GmbH 236,9 kW ± 5 % 248,7 kW
23.03.2005 Sach­ver­stän­di­ger L TÜV-Tech­no­lo­gie­zen­trum 268,0 kW ± 3 % 276,0 kW
28.02.2007 Sach­ver­stän­di­ger L P-Ra­c­ing 217,0 kW ± 2 % 221,3 kW
28.02.2007 Sach­ver­stän­di­ger L P-Ra­c­ing 235,0 kW ± 2 % 239,7 kW
28.02.2007 Sach­ver­stän­di­ger L P-Ra­c­ing 228,0 kW ± 2 % 232,6 kW
  Mit­tel­wert: 249,5 kW

oder ob nicht mög­li­cher­wei­se so­gar nur die bei­den Mes­sun­gen mit ge­schlos­se­ner Mo­tor­hau­be auf dem Prüf­stand der Fir­ma P-Ra­c­ing vom 28.02.2007 zu­grun­de zu le­gen sind, da die­se nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen im Hin­blick auf die dort vor­han­de­ne Küh­lung un­ter op­ti­ma­len Be­din­gun­gen er­folgt wa­ren, kann letzt­end­lich aber da­hin­ge­stellt blei­ben, da es hier­auf strei­tent­schei­dend nicht an­kommt.

Auf­grund der Viel­zahl der über ei­nen län­ge­ren Zeit­raum durch­ge­führ­ten Mes­sun­gen und des Um­stan­des, dass kei­ner­lei kon­kre­te An­zei­chen für ei­ne nach­träg­li­che Ma­ni­pu­la­ti­on am Mo­tor er­kenn­bar sind, ist der Se­nat eben­so wie das LG Aa­chen da­von über­zeugt, dass die­se ge­gen­über der im Be­stell­for­mu­lar vom 08.11.2002 ge­nann­ten und auch im Fahr­zeug­schein ein­ge­tra­ge­nen Mo­tor­leis­tung von 291 kW ver­min­der­te Leis­tung von ma­xi­mal 275 kW schon bei Über­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeu­ges vor­han­den war, so­dass von ei­nem an­fäng­li­chen Man­gel der Kauf­sa­che aus­zu­ge­hen ist.

Die vom Sach­ver­stän­di­gen Dr.-Ing. L aus sei­nen zahl­rei­chen Mes­sun­gen und Un­ter­su­chun­gen un­ter Be­rück­sich­ti­gung des be­son­de­ren Mess­ver­fah­rens auf dem Rol­len­prüf­stand so­wie sta­tis­ti­scher und rech­ne­ri­scher Er­wä­gun­gen ge­won­ne­ne Er­geb­nis, das mit 99 %-iger Si­cher­heit ei­ne tat­säch­li­che Mo­tor­leis­tung zwi­schen 206 kW und 275 kW stellt für den Se­nat je­den­falls ei­ne aus­rei­chen­de Schätz­grund­la­ge dar, um im Rah­men von § 287 ZPO da­von aus­zu­ge­hen, dass die Mo­tor­leis­tung mit ma­xi­mal 275 kW min­des­tens 5,5% un­ter der an­ge­ge­be­nen Mo­tor­leis­tung von 291 kW lag.

So­weit von Be­klag­ten­sei­te hier­bei Ein­wen­dun­gen ge­gen die vom Sach­ver­stän­di­gen Dr.-Ing. L durch­ge­führ­ten Mess­er­geb­nis­se er­ho­ben wer­den, kann der Se­nat kei­ne er­heb­li­chen Män­gel er­ken­nen, die ge­gen die Ver­wert­bar­keit der ge­won­ne­nen Er­geb­nis­se spre­chen. Ins­be­son­de­re hin­sicht­lich des bei den Mes­sun­gen am 28.02.2007 fest­ge­stell­ten Ge­ruchs von Kühl­flüs­sig­keit ha­ben die Un­ter­su­chun­gen des Sach­ver­stän­di­gen kei­nen Kühl­flüs­sig­keits­ver­lust am streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug er­ge­ben. An­zei­chen, dass die­ses Fahr­zeug an die­sem Tag nicht ord­nungs­ge­mäß funk­ti­ons­tüch­tig ge­we­sen wä­re, la­gen viel­mehr nicht vor.

3. Be­reits die­se Ab­wei­chung von min­des­tens 5,5 % der Mo­tor­leis­tung stellt nach An­sicht des Se­nats ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 BGB dar, der den Klä­ger – aus ab­ge­tre­te­nen Recht – nach § 437 Nr. 2 BGB be­rech­tig­te, vom Kauf­ver­trag zu­rück­zu­tre­ten, nach­dem die Be­klag­te die Exis­tenz die­ses Man­gels ge­leug­net und selbst Kla­ge an­heim­ge­stellt hat­te.

Der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ist ent­ge­gen der im an­ge­foch­te­nen Ur­teil ver­tre­te­nen Auf­fas­sung nicht ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen, weil die in der Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs be­ste­hen­de Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten un­er­heb­lich sei. Viel­mehr muss ei­ne Ab­wei­chung der Mo­tor­leis­tung von über 5 % ge­ra­de auch bei ei­nem Wa­gen in ei­ner Preis­klas­se von über 100.000 € als durch­aus er­heb­lich an­ge­se­hen wer­den. Bei der bei der Prü­fung der Er­heb­lich­keit ei­nes Man­gels not­wen­di­gen um­fas­sen­den In­ter­es­sens­ab­wä­gung (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 69. Aufl. [2010], § 323 Rn. 32 m. w. Nachw.) kann vor­lie­gend nicht nur maß­geb­lich auf die im Er­geb­nis von­sei­ten des Land­ge­richts nicht ab­schlie­ßend auf­ge­klär­ten Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten oder die po­ten­zi­el­le Wert­min­de­rung ab­ge­stellt wer­den. Viel­mehr müs­sen die kon­kre­ten Be­son­der­hei­ten des Ein­zel­falls mit ein­be­zo­gen wer­den. Der Klä­ger war be­reits Fah­rer ei­nes [Coupés] …, als er sich für [das streit­ge­gen­ständ­li­che Ca­brio­let] mit 291 kW ent­schie­den hat­te. Da Fahr­zeu­ge mit ei­ner der­ar­ti­gen Mo­tor­leis­tung werks­sei­tig hin­sicht­lich der Spit­zen­ge­schwin­dig­keit durch ei­nen Ge­schwin­dig­keits­be­gren­zer bei 250 km/h ab­ge­dros­selt sind, ist of­fen­sicht­lich, dass die Mo­tor­leis­tung für die Be­schleu­ni­gung des Fahr­zeugs im Be­reich bis zu die­ser Spit­zen­ge­schwin­dig­keit we­sent­lich ist.

Zu die­sem Fahr­ver­hal­ten hat der Sach­ver­stän­di­ge Dr.-Ing. L in sei­nem Gut­ach­ten vom 10.05.2005 un­wi­der­spro­chen aus­ge­führt, dass er Be­schleu­ni­gungs- und Ge­schwin­dig­keits­mes­sun­gen durch­ge­führt hat, die er in ei­nem sei­nem Gut­ach­ten bei­ge­füg­ten Ge­schwin­dig­keit-Zeit-Dia­gramm fest­ge­hal­ten hat. Die von ihm er­mit­tel­te mitt­le­re Be­schleu­ni­gungs­zeit aus dem Still­stand bis auf 100 km/h be­trug beim streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug 5,75 Se­kun­den und lag über der Pro­spekt­an­ga­be von 5,6 Se­kun­den. Wei­ter hat der Sach­ver­stän­di­ge die von ihm durch­ge­führ­ten Mes­sun­gen mit ei­nem Test­be­richt über ein Fahr­zeug des glei­chen Typs, je­doch mit ei­ner Leis­tung von 267 kw als Coupé-Aus­füh­rung ver­gli­chen und hier­bei im Er­geb­nis fest­ge­stellt, dass beim streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug et­wa die glei­chen Fahr­leis­tun­gen ge­mes­sen wur­den, wie im Test­be­richt für die­ses Fahr­zeug mit 267 kW an­ge­ge­ben. Der Klä­ger selbst hat hier­zu im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung vom 22.11.2010 aus­ge­führt, dass bei den ers­ten Voll­gas­fahr­ten nach En­de des Win­ters im Früh­jahr 2003 so­gar fest­ge­stellt ha­be, dass sein zu­vor ge­fah­re­nes Coupé trotz sei­ner ca. 40 PS we­ni­ger Mo­tor­leis­tung sei­ner Auf­fas­sung nach schnel­ler ge­we­sen sei.

Be­rück­sich­tigt man die­sen Um­stand, er­gibt sich, dass die vom Klä­ger stets be­män­gel­te Mo­tor­leis­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs nicht mehr als nur un­er­heb­lich i. S. von § 323 V 2 BGB ein­ge­stuft wer­den kann. Ein Käu­fer, der sich ganz be­wusst für ein ihm mit 291 kW an­ge­bo­te­nes Fahr­zeug ent­schei­det, darf viel­mehr be­rech­tig­ter­wei­se dar­auf ver­trau­en, dass ihm bei ei­nen Kauf­preis von über 100.000 € auch ein Fahr­zeug ver­kauft wird, dass von sei­ner Mo­tor­leis­tung nicht nur die Leis­tung bringt, die be­reits das von der Mo­tor­leis­tung klei­ne­re Mo­del er­reicht, da für ihn an­sons­ten der Er­werb des leis­tungs­stär­ke­ren Mo­dells über­haupt kei­nen Sinn ma­chen wür­de. Auch wenn sich die­se Un­ter­schie­de in der Fahr­leis­tung im nor­ma­len All­tags­ge­brauch nicht be­merk­bar ma­chen, darf nicht un­be­rück­sich­tigt blei­ben, dass die mit der An­ga­be von 291 kW ver­spro­che­ne Mehr­leis­tung für den Käu­fer ei­nes der­ar­ti­gen Au­tos in der Spit­zen­klas­se ein ganz we­sent­li­ches Kauf­kri­te­ri­um dar­stellt, bei dem er be­rech­tig­ter­wei­se auch dar­auf ver­trau­en darf, dass das Au­to, für das er sich ent­schie­den hat, auch über ei­ne ent­spre­chend grö­ße­re und leis­tungs­stär­ke­re Mo­tor­leis­tung ver­fügt. Fahr­zeu­ge der Spit­zen­klas­se ver­spre­chen dem Käu­fer ge­ra­de nicht nur das, was er mit je­dem klei­ne­ren und kos­ten­güns­ti­ge­ren Fahr­zeug auch ha­ben kann, son­dern et­was Be­son­de­res. Wenn die­se Be­son­der­heit, wie vor­lie­gend in Form ei­nes leis­tungs­stär­ke­ren Mo­tors, fehlt, kann ei­ne Er­heb­lich­keit die­ses Man­gels nicht ver­neint wer­den.

4. Hin­zu kommt, dass nach An­sicht des Se­nats vom LG Aa­chen die An­for­de­run­gen an die rich­ter­li­che Über­zeu­gungs­bil­dung im Rah­men von § 286 ZPO auch in­so­weit über­spannt wur­den, als nur von ei­ner ma­xi­ma­len Mo­tor­leis­tung von 275 kW aus­ge­gan­gen wur­de. Um ei­ne be­stimm­te Tat­sa­chen­be­haup­tung für er­wie­sen zu hal­ten, ist kei­ne ab­so­lu­te, über je­den Zwei­fel er­ha­be­ne Ge­wiss­heit zu ver­lan­gen (vgl. Zöl­ler/Gre­ger, ZPO, 28. Aufl. [2010], § 286 Rn. 19). Der Se­nat kommt viel­mehr un­ter Be­rück­sich­ti­gung der dar­ge­stell­ten Be­son­der­hei­ten des vor­lie­gen­den Falls auf­grund der Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen Dr.-Ing. L zu der Über­zeu­gung, dass so­gar die nur mit ei­ner 95 %-igen Si­cher­heit er­mit­tel­te ma­xi­ma­le Mo­tor­leis­tung von 262 kW als die Mo­tor­leis­tung als be­wie­sen an­ge­se­hen wer­den muss, die das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug höchs­tens er­reicht. Bei der sich zur an­ge­ge­be­nen Mo­tor­leis­tung von 291 kW er­ge­ben­den Ab­wei­chung von ca. 10 % kann an ei­ner Man­gel­haf­tig­keit des ver­äu­ßer­ten Fahr­zeugs aber erst recht nicht mehr ge­zwei­felt wer­den.

5. So­weit die Be­klag­ten­sei­te auch im Be­ru­fungs­ver­fah­ren den Ein­wand wei­ter­ver­folgt, dem Rück­tritts­be­geh­ren des Klä­gers ste­he § 377 HGB ent­ge­gen, ist zu­nächst dar­auf hin­zu­wei­sen, dass sich die ver­min­der­te Mo­tor­leis­tung bei ei­ner ord­nungs­ge­mä­ßen Über­prü­fung des Fahr­zeugs – wie ge­ra­de die zahl­rei­chen Über­prü­fun­gen im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren be­stä­ti­gen – nicht di­rekt of­fen­bart, da sie bei nor­ma­lem Fahr­ver­hal­ten nicht zu er­ken­nen ist. Dass der Klä­ger den Wa­gen, den er am 17.12.2002 aus­ge­lie­fert be­kom­men hat­te, in der Win­ter­zeit mit der hier üb­li­chen Win­ter­be­rei­fung zu­nächst noch nicht aus­ge­fah­ren hat­te, kann ihm recht­lich nicht zum Vor­wurf ge­macht wer­den. Ob der Klä­ger die­sen ver­deck­ten Man­gel so­dann aber un­ver­züg­lich nach der Ent­de­ckung ge­gen­über der Be­klag­ten an­ge­zeigt hat­te, kann vor­lie­gend eben­so da­hin­ge­stellt blei­ben wie die Fra­ge, ob der kon­kre­te Sach­vor­trag des Klä­gers über die sei­ner­zei­ti­gen Ab­läu­fe von Be­klag­ten­sei­te über­haupt und ins­be­son­de­re nur pau­schal zu­läs­sig be­strit­ten wer­den kann, nach­dem die Be­klag­te die­sen Schil­de­run­gen über die bei ihr er­folg­ten Man­gel­rü­gen und ih­re ei­ge­ne Re­ak­ti­on dar­auf nicht sub­stan­zi­iert ent­ge­gen­ge­tre­ten ist. Ei­ne ver­spä­te­te Män­gel­rü­ge kann nicht mehr gel­tend ge­macht wer­den, nach­dem die Be­klag­te nach der Man­gel­rü­ge auf­grund der … Dia­gno­se „Leis­tungs­ver­lust“ mit dem un­strei­ti­gen Aus­tausch des Luft­tem­pe­ra­tur­sen­sors ei­nen Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­such vor­ge­nom­men hat­te, bei dem sich die Be­klag­te we­der auf den Ver­spä­tungs­ein­wand be­ru­fen noch sich ei­ne Be­ru­fen auf die­sen Ein­wand vor­be­hal­ten hat­te. Da in der Recht­spre­chung des BGH (vgl. Urt. v. 25.11.1998 – VI­II ZR 259/97, NJW 1999, 1259 [1260]) an­er­kannt ist, dass der Ver­käu­fer auf den Ein­wand der Ver­spä­tung ei­ner Män­gel­rü­ge auch still­schwei­gend ver­zich­ten kann und dass die Mög­lich­keit ei­nes der­ar­ti­gen Ver­zichts für den Gel­tungs­be­reich des § 377 HGB ins­be­son­de­re dann zu be­ja­hen ist, wenn der Ver­käu­fer die be­an­stan­de­ten Wa­ren vor­be­halt­los zu­rück­ge­nom­men oder vor­be­halt­los Nach­bes­se­rung ver­spro­chen oder den Ver­spä­tungs­ein­wand nicht er­ho­ben hat, ist je­den­falls da­von aus­zu­ge­hen, dass die Be­klag­te hier­durch still­schwei­gend auf den Ein­wand der ver­spä­te­ten Män­gel­an­zei­ge ver­zich­tet hat …

6. Bei der von der Be­klag­ten ge­schul­de­ten Rück­zah­lung des er­hal­te­nen Kauf­prei­ses von 104.115,00 € muss sich der Klä­ger nach § 346 I, II Nr. 1 BGB für die von ihm ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen ei­nen Be­trag in Hö­he von 22.121,83 € an­rech­nen las­sen, so­dass … noch ein Be­trag in Hö­he von 81.993,17 € an die H-Lea­sing GmbH zu­rück­zu­er­stat­ten ist.

Bei ei­nem Kfz er­ge­ben sich die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen grund­sätz­lich aus den ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern und sind je nach Art des Fahr­zeugs und der vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung mit 0,33–1 % des Brut­to­kauf­prei­ses pro 1.000 km zu be­wer­ten, wo­bei die Ge­brauchs­vor­tei­le zu kür­zen sind, wenn die Ge­brauchs­taug­lich­keit oder der Fahr­kom­fort maß­geb­lich ein­ge­schränkt wa­ren (vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 10. Aufl. [2009], Rn. 632). Vor­lie­gend ist un­ter Be­rück­sich­ti­gung der von Se­nats­sei­te ge­schätz­ten vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung von ca. 200.000–250.000 km und ei­ner Min­de­rung der Ge­brauchs­vor­tei­le durch die im nor­ma­len Fahr­be­trieb sich nur sehr ein­ge­schränkt be­merk­bar ma­chen­den ver­min­der­ten Mo­tor­leis­tung von ei­nem Ge­brauchs­vor­teil von 0,5 % des Brut­to­kauf­prei­ses pro ge­fah­re­ne 1.000 km aus­zu­ge­hen. Bei un­strei­tig ge­fah­re­nen 42.495 km er­gibt sich vor­lie­gend ein zu er­stat­ten­der Ge­brauchs­vor­teil in Hö­he von (104.115 € × 0,5 % × 42.495 km =) 22.121,83 € ent­spre­chend der vom Klä­ger in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 22.11.2010 an­ge­pass­ten Be­rech­nung.

Die Rück­zah­lung der 81.993,17 € hat in vol­ler Hö­he an die H-Lea­sing GmbH zu er­fol­gen, da maß­geb­lich zu be­ach­ten ist, dass der Kauf­ver­trag un­mit­tel­bar zwi­schen der Be­klag­ten und der H-Lea­sing GmbH ab­ge­schlos­sen wur­de und dem Klä­ger die Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che der H-Lea­sing GmbH nur mit der Maß­ga­be zur Gel­tend­ma­chung in ei­ge­nem Na­men ab­ge­tre­ten wor­den wa­ren, dass Zah­lun­gen aus Rück­ab­wick­lung an die H-Lea­sing GmbH er­fol­gen soll­ten …

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