- Mit der Erklärung, dass die Kaufsache – hier: ein Wohnwagen – absolut unfallfrei sei und „in der Außenhaut weder Beulen, Dellen noch sonst was“ aufweise, bringt der Verkäufer zum Ausdruck, dass sich der Käufer hierauf ohne jede Einschränkung verlassen kann. Deshalb ist insoweit nicht nur von einer bloßen Beschaffenheitsvereinbarung, sondern sogar von der Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie i. S. des § 443 I BGB auszugehen.
- Solange der Käufer die Kaufsache noch nicht als Erfüllung i. S. des § 363 BGB angenommen hat, gelten die allgemeinen Leistungsstörungsrechte, sodass nicht auf die Gewährleistungsrechte (§§ 437 ff. BGB) abzustellen ist. Erst mit der Annahme als Erfüllung wandelt sich der Erfüllungsanspruch (§ 433 I 2 BGB) zum Nacherfüllungsanspruch (§§ 439, 437 Nr. 1 BGB).
- Der Streitwert einer auf Übergabe und Übereignung der Kaufsache gerichteten Leistungsklage entspricht dem Wert der Sache (§ 48 I GKG i. V. mit § 6 ZPO). Dieser ist auch dann zugrunde zu legen, wenn es dem Kläger letztlich nur um die Herstellung eines mangelfreien Zustands geht; denn auch in diesem Fall ist die Klage auf Verschaffung der Sache selbst gerichtet.
OLG Brandenburg, Urteil vom 01.09.2010 – 4 U 9/10
Sachverhalt: Der Kläger nimmt den Beklagten aus einem Kaufvertrag auf mangelfreie Herausgabe eines Wohnwagens in Anspruch. Ferner begehrt er die Erstattung von vorgerichtlichen Anwaltskosten sowie die Feststellung, dass der Beklagte mit der Herausgabe des Wohnwagens und der Annahme des Kaufpreises in Verzug ist.
Der Beklagte bot den streitgegenständlichen Wohnwagen bei eBay zum Verkauf an. In der Anzeige wies er darauf hin, dass der Wagen kein Neuwagen mehr sei. Wer einen neuen Wohnwagen wolle, solle „zum Händler gehen“. Am 01.04.2009 fragte der Kläger an, ob der Wohnwagen irgendwelche Schäden oder Vorschäden habe. Hierauf antwortete der Beklagte, dass der Wagen absolut unfallfrei sei und „in der Außenhaut weder Beulen noch Dellen oder sonst was“ habe. Daraufhin erwarb der Kläger am 05.04.2009 den Wohnwagen mit einem Gebot in Höhe von 8.050,34 €.
Der Kläger fuhr sodann am 10.04.2009 zu dem Beklagten, um den Wohnwagen abzuholen. Vor Ort stellte er fest, dass der Wagen auf dem Dach eine mit Silikon geflickte Fläche aufweist. Ferner bemerkte der Kläger eine kleinere Beule am Fahrzeug und eine Schramme auf einer Schranktür im Innenraum. Infolgedessen lehnte der Kläger die Übernahme des Fahrzeugs gegen Zahlung des Kaufpreises ab und fuhr unverrichteter Dinge zurück. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers verlangte daraufhin mit Schreiben vom 16.04.2009 unter Fristsetzung bis zum 30.04.2009 die Überlassung eines mangelfreien Wohnwagens Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises.
Der Kläger hat behauptet, auf dem Dach des Wohnwagens befänden sich ca. 70 Dellen und Beulen von ca. 0,3 cm bis 0,75 cm Durchmesser und bis zu einem Zentimeter Tiefe. Die Schadensbeseitigungskosten würden 3.000 € betragen.
Das Landgericht hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens insoweit stattgegeben, als es den Beklagten verurteilt hat, an den Kläger den gebrauchten Wohnwagen „ohne die ca. 40 kleineren Verdellungen auf 0,7 m2 der Dachhaut zwischen der linken Außenkante und dem Dachfenster mit sehr geringer Tiefe und Durchmessern von ca. 1–3 cm“ Zug um Zug gegen Zahlung von 8.050,34 € herauszugeben. Ferner hat es den Beklagten zur Zahlung von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 229,55 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass der Beklagte sich mit der Herausgabe des Wohnwagens und der Annahme des Kaufpreises in Verzug befindet. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte, der weiterhin die vollständige Klageabweisung begehrt, mit der Berufung. Das Rechtsmittel hatte nur zu einem geringen Teil Erfolg. Auch die Anschlussberufung des Klägers war nur teilweise erfolgreich.
Aus den Gründen: II. … 2. a) Die Klage ist hinsichtlich des auf Herausgabe und mangelfreie Verschaffung des Wohnwagens gerichteten Hauptsachebegehrens im Umfang der durch das Landgericht vorgenommenen Verurteilung auch begründet.
Soweit es den Antrag des Klägers auf Herausgabe des Wohnwagens betrifft, ist der Beklagte bereits aufgrund seines Anerkenntnisses zu verurteilen. Dem steht nicht entgegen, dass aufgrund der späteren „Klageerweiterung“ des Klägers, mit der er nicht nur die bloße Herausgabe des Wagens begehrt, sondern vielmehr die Herausgabe in mangelfreiem Zustand, der Erlass eines Anerkenntnisurteils nicht mehr möglich war, da sich der Klageantrag und das Anerkenntnis sodann nicht mehr entsprochen haben. Denn auch in einem solchen Fall ist der Entscheidung der anerkannte Anspruch ohne Sachprüfung zugrunde zu legen (BGH, Urt. v. 05.04.1989 – IVb ZR 26/88, NJW 1989, 1934 [1935]).
aa) Darüber hinaus steht dem Kläger gemäß § 433 I 2 BGB ein (ursprünglicher) Erfüllungsanspruch auf Übergabe und Übereignung einer mangelfreien Sache zu.
Das Vertragsverhältnis ist hier nicht durch einen etwaigen Rücktritt des Klägers gemäß §§ 346 ff. BGB in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt worden. Nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht kann der Käufer dem Verkäufer für die Lieferung einer mangelfreien Sache eine Frist setzen und nach deren Ablauf gemäß § 323 I BGB vom Vertrag zurücktreten und/oder nach §§ 280 I und III, 281 Schadensersatz statt der Leistung verlangen (BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2007, § 433 Rn. 41). Ein solcher Rücktritt, der nicht in der bloßen Zurückweisung der Kaufsache und der Ablehnung von deren Annahme als Erfüllung i. S. des § 363 BGB erblickt werden kann, setzt jedoch grundsätzlich voraus, dass zuvor eine Frist zur Erfüllung gesetzt worden ist. Dass der Kläger dem Beklagten zuvor eine Frist zur Erfüllung gesetzt hat, ist jedoch nicht ersichtlich. Auch die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 323 II BGB eine Fristsetzung entbehrlich ist, sind nicht erkennbar. Insbesondere trägt der Beklagte selbst nicht vor, dass er am 10.04.2009 die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert habe. Vielmehr bezieht er sich lediglich darauf, dass der Kläger nicht zur Annahme der Leistung bereit gewesen sei. Mangels Fristsetzung oder Entbehrlichkeit derselben ging ein etwaig erklärter Rücktritt des Klägers aber ins Leere.
Der Kläger kann hier auf der Grundlage des originären Erfüllungsanspruchs gemäß § 433 I 2 BGB die Verschaffung einer mangelfreien Wohnwagens verlangen. Der Kaufvertrag ist noch nicht in das Stadium der Nacherfüllung übergegangen. Solange der Käufer die Kaufsache noch nicht als Erfüllung i. ?S. des § 363 BGB angenommen hat, gelten noch die allgemeinen Leistungsstörungsrechte, sodass nicht auf die Gewährleistungsrechte gemäß §§ 437 ff. BGB abzustellen ist. Erst mit der Annahme als Erfüllung wandelt sich der Erfüllungsanspruch des § 433 I 2 BGB zum Nacherfüllungsanspruch der §§ 439, 437 Nr. 1 BGB (BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2007, § 433 Rn. 39). Eine derartige Annahme als Erfüllung ist im vorliegenden Fall aber noch nicht erfolgt. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerseite unter dem 16.04.2009 ein Nacherfüllungsverlangen an den Beklagten gerichtet hat. Denn die Annahme als Erfüllung setzt hier auch die Übergabe der Sache voraus (BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2007, § 433 Rn. 43; jurisPK-BGB/Kerwer, 4. Aufl. [2008], § 363 Rn. 4). Zu einer Übergabe des Wohnwagens ist es aber bislang nicht gekommen.
Da im vorliegenden Fall die Annahme als Erfüllung auch die Übergabe voraussetzt, bedarf die Streitfrage, ob § 437 Nr. 1 BGB schon dann anwendbar ist, wenn die Annahme als Erfüllung erfolgt ist, oder erst dann, wenn der Gefahrenübergang gemäß §§ 446, 447 BGB geschehen ist, keiner Klärung (vgl. zum Meinungsstand BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2007, § 437 Rn. 5 f.; MünchKomm-BGB/Westermann, 5. Aufl., § 437 Rn. 6 f.).
Eine analoge Anwendung des Gewährleistungsrechts kommt ebenfalls nicht in Betracht. Eine solche ist vor dem Zeitpunkt des § 363 BGB prinzipiell nicht möglich. Denn diese Vorschriften beruhen maßgeblich darauf, dass der Käufer die mangelhafte Sache erhalten und angenommen hat und dadurch sowohl für ihn als auch für den Verkäufer ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde. Es besteht keinerlei Grund, dem Käufer das Wahlrecht zwischen Reparatur und Lieferung einer anderen Sache schon zuzusprechen, bevor er die Sache erhalten hat. Auch die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie (VerbrGüterKRL) erzwingt keine analoge Anwendung von § 439 I BGB, da sie die Rechte des Verbrauchers nur für den Fall festlegt, dass das Verbrauchsgut zum Zeitpunkt der Lieferung nicht vertragsgemäß ist (Art. 3 I VerbrGüterKRL; BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2007, § 433 Rn. 434).
Der vom Beklagten dem Kläger angebotene Wohnwagen ist nicht frei von Mängeln. Durch die Anfrage des Klägers, ob der Wohnwagen irgendwelche Schäden oder Vorschäden habe, und die hierauf gerichtete Antwort des Beklagten, dass der Wagen absolut unfallfrei sei und „in der Außenhaut weder Beulen, noch Dellen oder sonst was“ habe, ist zwischen den Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 I 1 BGB zustande gekommen. Nicht erforderlich hierfür ist ein besonderer Einstandswille des Verkäufers, wie er früher für die Zusicherung verlangt wurde (MünchKomm-BGB/Westermann, a. a. O., § 434 Rn. 12). Vielmehr genügt ein Einvernehmen der Vertragsparteien, dass die Sache eine bestimmte Beschaffenheit aufweist. Die Äußerung des Beklagten ist hier vom objektiven Empfängerhorizont her so zu verstehen, dass die Außenhaut des Fahrzeuges keinerlei Beeinträchtigungen aufweist. Hierbei ist es unerheblich, ob angesichts des Alters des Fahrzeugs das vorgefundene Erscheinungsbild lediglich ein solches üblicher Gebrauchsspuren ist. Denn durch seine Erklärung hat der Beklagte deutlich gemacht, dass der von ihm angebotene Wohnwagen bezüglich seiner Außenhaut in makellosem Zustand ist. Der Inhalt dieser Erklärung wird auch nicht etwa dadurch in Zweifel gezogen, dass der Beklagte in seiner Anzeige darauf hinwies, dass es sich nicht um einen neuen Wohnwagen handelt. Zwischen den Inhalten beider Bekundungen besteht kein Widerspruch, da ein tadelloser Zustand der Außenhaut es nicht ausschließt, dass der Wohnwagen im Übrigen die seinem Alter entsprechenden Gebrauchsspuren aufweist.
Soweit der Beklagte nunmehr darauf abstellt, dass er lediglich das Vorhandensein von Beulen, Dellen, etc. in und nicht auf der Außenhaut verneint habe, ändert auch dieser Einwand nichts am Inhalt der Vereinbarung. Schon nach dem objektiven Erklärungsgehalt des Worts „Delle“ lässt sich eine Unterscheidung zwischen Dellen in und auf der Außenhaut nicht treffen. Bei einer Delle handelt es sich um eine flache Vertiefung in einer Oberfläche. Eine Delle liegt somit bei jeder Vertiefung der Außenhaut vor. Nicht erforderlich ist dafür, dass die Vertiefung so stark ist, dass sie sogar zu einem Riss oder einem Loch in der Außenhaut führt.
Der Kläger hat hier den Wohnwagen bei eBay aufgrund der Äußerung des Beklagten ersteigert. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Anfrage nach Schäden oder Vorschäden deshalb an den Beklagten richtete, weil der Wohnwagen konstruktionsbedingt zu Undichtigkeiten neigt. Diese Intention des Klägers ist nämlich in seiner Anfrage vom 01.04.2009, die auf die Hintergründe von Schäden oder Vorschäden nicht Bezug nahm, nicht zum Ausdruck gekommen. Sie hat daher auch nicht den Inhalt der Erklärung des Beklagten bestimmt. Dies wird insbesondere auch daran deutlich, dass der Beklagte sogar noch die Frage aufwarf, was der Kläger denn mit „Schäden“ meine.
Da der Wohnwagen aufgrund der Verdellungen im Dachbereich die vereinbarte Beschaffenheit nicht aufweist, ist er gemäß § 434 I 1 BGB mit einem Sachmangel behaftet. Hierfür ist unerheblich, dass es sich bei dem Kaufgegenstand gegebenenfalls um ein Liebhaber- bzw. Sammlerobjekt handelt. Denn verspricht der Verkäufer seinem Vertragspartner eine bestimmte Beschaffenheit, so haftet er bei ihrem Nichtvorliegen auch dann, wenn ein Liebhaber oder Sammler das Objekt auch sonst für denselben Kaufpreis erworben hätte. Vor diesem Hintergrund ist es auch unerheblich, dass der Sachverständige keine Erfahrungen mit Liebhaber- oder Sammlerfahrzeugen hatte. Die Haftung ist allein die rechtliche Folge der vom Beklagten abgegebenen Erklärung, an die er sich im Rechtsverkehr festhalten lassen muss. Es ist gerade Ausdruck der privatautonomen Gestaltungsfreiheit der Vertragsparteien, dass sie für das Kaufobjekt einen Vertrag mit ganz bestimmten Bedingungen aushandeln.
Über die bloße Beschaffenheitsvereinbarung hinaus ist hier sogar von der Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie i. S. des § 443 I BGB auszugehen. Die Übernahme einer Garantie setzt – wie früher die Zusicherung einer Eigenschaft – voraus, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein der vereinbarten Beschaffenheit der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit einzustehen (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346). Mit seiner Erklärung, dass die Kaufsache „in der Außenhaut weder Beulen, Dellen noch sonst was“ aufweise, hat der Beklagte aber zum Ausdruck gebracht, dass sich der Kläger hierauf ohne jede Einschränkung verlassen kann. Mithin hat er damit auch seine Bereitschaft zu erkennen geben, für das Fehlen derartiger Beeinträchtigungen des Kaufgegenstands einstehen zu wollen. Die Garantie der Abwesenheit eines Mangels steht dabei der garantierten Beschaffenheit gleich (Jauernig/Berger, BGB, 13. Aufl., § 437 Rn. 24).
Der Beklagte kann sich hier auch nicht auf einen Haftungsausschluss berufen. Einen solchen hat er nicht zum Gegenstand seiner eBay-Anzeige gemacht. Der bloße Hinweis, dass der Hänger nicht neu sei, schließt nicht die Gewährleistung aus, sondern verdeutlicht lediglich, dass mit den altersentsprechenden Gebrauchsspuren gerechnet werden muss, soweit keine besonderen Vereinbarungen getroffen sind. Unabhängig davon wäre ein etwaiger Haftungsausschluss bei gleichzeitigem Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung auch grundsätzlich dahin auszulegen, dass er sich nicht auf diese bezieht (BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346). Da sogar vom Vorliegen einer Beschaffenheitsgarantie auszugehen ist, greift ein Haftungsausschluss auch wegen § 444 BGB nicht ein.
Der Anspruch auf Verschaffung einer mangelfreien Sache ist auch nicht gemäß § 275 I BGB wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen. Insbesondere scheitert die Möglichkeit der Leistungserbringung nicht daran, dass die genaue Anzahl der zu beseitigenden Dellen nicht feststeht. Vielmehr liegt … unabhängig von der Anzahl der Dellen eine mangelfreie Leistung erst dann vor, wenn das Dach in dem im Antrag genannten Bereich keinerlei Dellen mehr aufweist. Gemeint ist hiermit aber nicht ein Zustand, der auch bei fehlerfreier Fabrikation des Wohnwagens bestehende Welligkeiten der Dachoberfläche ausschließt. Denn um solche handelt es sich im vom Klageantrag betroffenen Bereich nicht. Vielmehr ist ausweislich des Sachverständigengutachtens davon auszugehen, dass die Verdellungen durch äußere Einwirkungen auf das Dach herbei geführt worden sind.
Soweit der Beklagte erstmalig mit Schriftsatz vom 26.04.2010 und nochmals mit Schriftsatz vom 03.08.2010 vorträgt, dass durch die Beseitigung der Dellen die Kabinenstabilität des Wohnwagens nicht mehr gegeben sei, kann auch hieraus nicht die Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung abgeleitet werden. Einerseits findet sich für eine derartige Problematik keinerlei Anhaltspunkt im Sachverständigengutachten. Andererseits handelt es sich hierbei um neuen Vortrag, der in der Berufungsinstanz nicht mehr zu berücksichtigen ist. Es sind keine Gründe ersichtlich, unter denen gemäß § 531 II ZPO hier das Vorbringen neuer Verteidigungsmittel zuzulassen ist.
Unabhängig davon, dass nicht ersichtlich ist, dass der Beklagte sich hier überhaupt auf die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung beruft – vielmehr negiert er schon die Mangelhaftigkeit der Kaufsache überhaupt –, kann er auch unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes keine Leistungsfreiheit erlangen. Da eine Annahme als Erfüllung nicht stattgefunden hat, kann sich der Beklagte nicht auf § 439 III BGB berufen, sondern wird nur unter den Voraussetzungen des § 275 II und III BGB von der Leistung frei (vgl. BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2007, § 433 Rn. 43). Angesichts dessen, dass ausweislich des eingeholten Sachverständigengutachtens die Reparaturkosten 1.600 € betragen, hingegen der Minderwert des Fahrzeuges lediglich mit 400 € zu bestimmen ist, mag zwar die Überlegung im Raume stehen, ob das Kosten-Nutzen-Kalkül hier die Einrede der Unverhältnismäßigkeit rechtfertigen würde. Das Maß grober Unverhältnismäßigkeit ist aber erst dann erreicht, wenn ganz offensichtlich kein vernünftiger Mensch daran denken würde, den unter den gegebenen Umständen erforderlichen Aufwand zu treiben. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass kraft seines Forderungsrechts der Gläubiger die Naturalerfüllung ohne Weiteres beanspruchen kann. Diese Berechtigung besteht auch dann, wenn die Bewirkung der geschuldeten Leistung sich als „unwirtschaftlich“ darstellt (MünchKomm-BGB/Ernst, 5. Aufl., § 275 Rn. 89 f.). Angesichts dessen, dass die Reparaturkosten hier bei Weitem nicht den Wert des Fahrzeuges erreichen, der Beklagte dem Kläger gerade zugesagt hatte, dass der Wohnwagen frei von Dellen ist, und er dass Nichtvorliegen dieser Eigenschaft auch zu vertreten hat, kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Schaffung einer dellenfreien Dachfläche sich als grob unverhältnismäßig darstellt.
Der Kläger muss sich schließlich auch keinen Wertausgleich anrechnen lassen. Sofern das komplette Dach neu lackiert werden muss, geht dies nicht über das hinaus, was der Beklagte als Verkäufer zur Herstellung der Mangelfreiheit schuldet und was er nach der gesetzlichen Regelung unentgeltlich zu erbringen hat (vgl. auch Ball, NZV 2004, 217 [222]; Tiedtke/Schmitt, DStR 2004, 2060 [2061]; BeckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2007, § 439 Rn. 23).
bb) Soweit der Kläger mit der Anschlussberufung auch die Übergabe des Wohnwagens unter Beseitigung der Schramme in der Schranktür begehrt, hat er hierauf keinen Anspruch. Die vorstehenden Ausführungen hinsichtlich der Beschaffenheitsvereinbarung bzw. Beschaffenheitsgarantie können nicht auf die Schramme in der Schranktür übertragen werden. Die Erklärung des Beklagten bezog sich lediglich auf die Eigenschaften der Außenhaut. Im Übrigen galt aber sein Hinweis in dem Angebot, dass es sich nicht um einen Neuwagen handelt. Auch ohne diesen Hinweis stellen aber die üblichen Gebrauchsspuren keinen Mangel dar. Da es sich um einen vereinzelten Kratzer handelt, der noch dazu ausweislich des Sachverständigengutachtens schwach ausgebildet ist, ist er selbst unter Berücksichtigung seiner Größe bei einem mehr als sechs Jahre alten Wohnwagen als übliche Gebrauchsspur einzuordnen.
b) Der Kläger dringt ferner mit seinem Begehren durch festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Annahme des Kaufpreises in Verzug befindet. Eine derartige Klage ist zulässig. Das Interesse auf Feststellung des Annahmeverzugs folgt aus §§ 756, 765 ZPO (BGH, WM 1987, 1496 [1498]). Die hierauf gerichtete Klage ist auch begründet, da sich der Beklagte tatsächlich in Verzug mit der Annahme des Kaufpreises befindet. Spätestens mit der Klageerhebung – genau genommen aber auch schon mit dem Schreiben vom 16.04.2009 – hat der Kläger dem Beklagten die Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Verschaffung der mangelfreien Kaufsache angeboten. Da der Beklagte seinerseits nicht bereit war, die ihm obliegende Verpflichtung zu erfüllen, kam er gemäß § 298 BGB in Annahmeverzug. Hierfür genügte wegen der bestimmten und eindeutigen Erfüllungsverweigerung des Beklagten ein wörtliches Angebot des Klägers (vgl. auch BGH, NJW 1997, 581 [582]).
c) Hingegen hat die Berufung des Beklagten insoweit Erfolg, als die Klage auch auf Feststellung gerichtet ist, dass sich der Beklagte mit der Herausgabe des Wohnwagens in Verzug befindet. Eine solche auf Feststellung eines Schuldnerverzugs gerichtete Klage ist bereits unzulässig. Der Schuldnerverzug ist ein Unterfall der Verletzung der Leistungspflicht, nämlich die rechtswidrige Verzögerung der geschuldeten Leistung aus einem vom Schuldner zu vertretenden Grund und zugleich eine gesetzlich definierte Voraussetzung unterschiedlicher Rechtsfolgen, also lediglich „Vorfrage“ für die Beurteilung dieser Rechtsfolgen. Ein gegenüber dem ursprünglichen Schuldverhältnis eigenständiges „Verzugsverhältnis“ kennt das Gesetz nicht. Dass der nicht leistende Schuldner „in Schuldnerverzug“ ist, bedeutet nämlich nicht mehr, als dass er (vom Sonderfall des § 286 II BGB abgesehen) erstens gemahnt wurde (nicht feststellungsfähige Tatsache) und zweitens das weitere Unterbleiben der Leistung zu vertreten hat (§ 280 I 2 BGB). Letzteres ist bloßes Element eines Rechtsverhältnisses und folglich ebenso wenig feststellungsfähig wie etwa die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens. Die Zulässigkeit einer derartigen Klage lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass eine Klage auf Feststellung des Annahmeverzugs als zulässig erachtet wird. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Ausnahme, die allein aus Gründen der Zweckmäßigkeit und mit dem schutzwürdigen Interesse des Klägers zu rechtfertigen ist, den für die Vollstreckung nach §§ 756, 765 ZPO erforderlichen Nachweis des Annahmeverzugs bereits im Erkenntnisverfahren erbringen zu können (BGH, Urt. v. 19.04.2000 – XII ZR 332/97, NJW 2000, 2280 [2281]).
d) Dem Kläger steht jedoch – insoweit ist seine Anschlussberufung erfolgreich – gemäß § 280 I BGB als Schadensersatz neben der Leistung (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, NJW 2007, 1346 [1350]) ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 718,40 € zu. Der Beklagte ist seiner aus dem Kaufvertrag resultierenden Pflicht, dem Kläger eine mangelfreie Sache zu verschaffen, nicht nachgekommen, ohne sich insoweit entlastet zu haben (§ 280 I 2 BGB).
Dem Erstattungsanspruch des Geschädigten hinsichtlich der ihm entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten ist im Verhältnis zum Schädiger grundsätzlich der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Forderung entspricht (BGH, Urt. v. 07.11.2007 – VIII ZR 341/06, NJW 2008, 1888; Urt. v. 18.01.2005 – VI ZR 73/04, NJW 2005, 1112; Urt. v. 31.01.1963 – III ZR 183/61, BGHZ 39, 73).
Maßgeblich für die Berechnung der Anwaltskosten ist daher in erster Linie der Wert des klägerischen Herausgabebegehrens. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist hier aber nicht nur der Betrag von 1.602,97 €, welcher für die Mangelbeseitigung aufzuwenden wäre, zugrunde zu legen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob in Fällen, in denen es lediglich um eine Nacherfüllung geht, der Streitwert entsprechend der Wertdifferenz zwischen der angebotenen und der gelieferten Sache festzusetzen ist (so LG Lüneburg und LG Osnabrück, AGS 2009, 90). Denn gemäß den oben erfolgten Ausführungen hat der Vertrag hier noch nicht das Nacherfüllungsstadium erreicht, sondern befindet sich immer noch auf der Ebene des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs. Der Unterschied des Nacherfüllungsanspruches zum Erfüllungsanspruch besteht aber im Wesentlichen gerade darin, dass Gegenstand des Nacherfüllungsanspruchs nicht mehr die Lieferung der mangelfreien Kaufsache, sondern nur noch die Herstellung ihrer Mangelfreiheit ist. Hingegen umfasst der Erfüllungsanspruch neben der Herstellung der Mangelfreiheit der Sache auch noch deren Übergabe und Übereignung. Daher ist hier für den Streitwert der für den Wohnwagen vereinbarte Kaufpreis in Höhe von 8.050,34 € zugrunde zu legen. Denn der Streitwert einer Leistungsklage auf Übergabe und Übereignung der Kaufsache entspricht gemäß § 48 I GKG i. V. mit § 6 ZPO dem Wert der Sache. Dass letztlich nur die Frage der Herstellung eines mangelfreien Zustands zwischen den Parteien streitig ist, ändert nichts daran, dass die Klage auch auf Verschaffung der Sache selbst gerichtet, mithin ihr Wert für die Streitwertbemessung maßgeblich ist …
Soweit die Antragstellung mit der Einschränkung der Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgte, führt dies nicht zu einer Wertminderung. Vielmehr richtet sich der Streitwert allein nach dem Wert der mit der Klage geltend gemachten Forderung (MünchKomm-BGB/Emmerich, 5. Aufl., § 322 Rn. 14). Dem auf Feststellung des Annahmeverzugs gerichteten Antrag ist neben dem auf eine Zug-um-Zug- Verurteilung gerichteten Leistungsantrag kein eigenständiger Wert beizumessen (KG, Beschl. v. 22.07.2008 – 2 U 80/07; Beschl. v. 21.03.2005 – 8 W 65/04, MDR 2005, 898). Die außerdem geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten erhöhen gemäß § 43 GKG ebenfalls nicht den Streitwert, da es sich hierbei um bloße Nebenforderungen handelt (BGH, Beschl. v. 15.05.2007 – VI ZB 18/06, r+s 2008, 42; Beschl. v. 23.01.2008 – IV ZB 8/07) …
Soweit der Beklagte bestreitet, dass der Kläger die Kosten bereits verauslagt hat, ist dies für die Entscheidung unerheblich. Denn ein etwaiger Freistellungsanspruch gemäß § 250 Satz 2 BGB hat sich inzwischen jedenfalls in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Die Fristsetzung ist hier aufgrund der ernsthaften und endgültigen Weigerung des Beklagten, die Kosten zu übernehmen, entbehrlich (vgl. auch Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., Vorb. v. § 249 Rn. 46; § 250 Rn. 2).