Wird der Man­gel der Kauf­sa­che in­ner­halb ei­ner hier­zu von dem Käu­fer ge­setz­ten Frist zur Nach­er­fül­lung be­ho­ben, er­lischt das Recht des Käu­fers zum Rück­tritt vom Ver­trag auch dann, wenn es we­gen ei­nes arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens des Ver­käu­fers im Hin­blick auf den Man­gel des er­folg­lo­sen Ab­laufs ei­ner Frist zur Nach­er­fül­lung als Vor­aus­set­zung für ei­nen Rück­tritt vom Ver­trag nicht be­durft hät­te.

BGH, Ur­teil vom 12.03.2010 – V ZR 147/09

Sach­ver­halt: Das Grund­stück X in E. ist nach dem Woh­nungs­ei­gen­tums­ge­setz ge­teilt. Ei­ne der Woh­nun­gen ge­hör­te den Be­klag­ten, ei­ne an­de­re Herrn Dr. K und Frau O. Die­se un­ter­rich­te­ten die Ver­wal­te­rin da­von, dass in ih­re Woh­nung Feuch­tig­keit ein­tre­te. Die Woh­nungs­ei­gen­tü­mer be­schlos­sen dar­auf­hin am 31.10.2006, den Ar­chi­tek­ten H zu be­auf­tra­gen, die Ur­sa­che des Feuch­tig­keits­ein­tritts und die zur Be­sei­ti­gung not­wen­di­gen Kos­ten fest­zu­stel­len.

Mit No­tar­ver­trag vom 11.12.2006 ver­kauf­ten die Be­klag­ten ih­re Woh­nung un­ter Aus­schluss von An­sprü­chen we­gen Sach­män­geln für 279.000 € an die Klä­ge­rin. Da­bei un­ter­lie­ßen sie es, auf die Feuch­tig­keits­be­ein­träch­ti­gung der Woh­nung K/O und den Be­schluss der Woh­nungs­ei­gen­tü­mer vom 31.10.2006 hin­zu­wei­sen. Die Klä­ge­rin be­zahl­te den Kauf­preis und be­zog die Woh­nung.

In der Fol­ge­zeit er­mit­tel­te H die auf die Woh­nungs­ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft ent­fal­len­den Kos­ten für die Be­sei­ti­gung der Feuch­tig­keits­be­ein­träch­ti­gung der Woh­nung K/O. In der Ver­samm­lung vom 23.04.2007 be­schlos­sen die Woh­nungs­ei­gen­tü­mer un­ter Be­tei­li­gung der Klä­ge­rin, die sich der Stim­me ent­hielt, die von H vor­ge­schla­ge­nen Maß­nah­men aus­zu­füh­ren und H mit den not­wen­di­gen Ar­chi­tek­ten­leis­tun­gen zu be­auf­tra­gen.

Mit Schrei­ben an die Be­klag­ten vom 14.08.2007 mach­te die Klä­ge­rin ver­schie­de­ne Män­gel des ihr ver­kauf­ten Woh­nungs­ei­gen­tums, un­ter an­de­rem die Feuch­tig­keits­be­ein­träch­ti­gung der Woh­nung K/O gel­tend und for­der­te die Be­klag­ten zur „Nach­er­fül­lung“ bis zum 04.09.2007 auf. In ih­rer Ant­wort vom 03.09.2007 ver­nein­ten die Be­klag­ten im We­sent­li­chen die von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­ten Män­gel. Im Hin­blick auf die in der Woh­nung K/O auf­ge­tre­te­ne Feuch­tig­keit er­klär­ten sie, die auf die Klä­ge­rin zu­kom­men­den Kos­ten zu über­neh­men und bo­ten an, hier­für Si­cher­heit zu leis­ten.

In ih­rer Ant­wort vom 09.10.2007 er­klär­te die Klä­ge­rin den Rück­tritt vom Ver­trag. Mit der Kla­ge ver­langt sie nach nä­he­rer Maß­ga­be Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses und Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Be­ru­fung und Re­vi­si­on der Klä­ge­rin sind oh­ne Er­folg ge­blie­ben.

Aus den Grün­den: [6]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt ver­neint ein Recht der Klä­ge­rin zum Rück­tritt vom Ver­trag. Es meint, mit Aus­nah­me der Feuch­tig­keits­be­ein­träch­ti­gung des Ge­mein­schafts­ei­gen­tums im Be­reich der Woh­nung K/O be­stün­den die von der Klä­ge­rin be­haup­te­ten Män­gel nicht. Den Man­gel am Ge­mein­schafts­ei­gen­tum im Be­reich der Woh­nung K/O hät­ten die Be­klag­ten arg­lis­tig ver­schwie­gen. Das ha­be die Klä­ge­rin trotz des ver­ein­bar­ten An­spruch­aus­schlus­ses grund­sätz­lich be­rech­tigt, vom Ver­trag zu­rück­zu­tre­ten, oh­ne ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung zu set­zen. An der trotz­dem ge­setz­ten Frist müs­se sie sich je­doch fest­hal­ten las­sen. Die vor­be­halt­lo­se Er­klä­rung der Be­klag­ten, die auf die Klä­ge­rin im Zu­sam­men­hang mit der Be­he­bung des Man­gels zu­kom­men­den Kos­ten zu über­neh­men und hier­für Si­cher­heit zu leis­ten, ste­he ei­ner Be­he­bung des Man­gels gleich.

[7]    II. Das hält re­vi­si­ons­recht­li­cher Nach­prü­fung stand.

[8]    Ein Recht der Klä­ge­rin, im Hin­blick auf den ver­schwie­ge­nen Man­gel am Ge­mein­schafts­ei­gen­tum trotz der Er­klä­rung der Be­klag­ten vom 03.09.2007 zu­rück­zu­tre­ten, be­steht nicht.

[9]    Der Käu­fer kann we­gen ei­nes Sach­man­gels der ver­kauf­ten Sa­che grund­sätz­lich nur dann von dem Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten, wenn er dem Ver­käu­fer frucht­los Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat, §§ 437 Nr. 2, 323 I BGB. Die­ser Grund­satz gilt nicht aus­nahms­los. Ei­ne Aus­nah­me greift na­ment­lich dann ein, wenn be­son­de­re Um­stän­de vor­lie­gen, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen die so­for­ti­ge Aus­übung des Rück­tritts­rechts recht­fer­ti­gen, § 323 II Nr. 3 BGB. So kann es sich ins­be­son­de­re ver­hal­ten, wenn der Ver­käu­fer bei Ab­schluss des Ver­trags ei­ne Täu­schungs­hand­lung be­gan­gen hat. Ei­ne sol­che Hand­lung ist grund­sätz­lich ge­eig­net, das Ver­trau­en des Käu­fers in die Ord­nungs­mä­ßig­keit der Nach­er­fül­lung zu zer­stö­ren, und lässt aus die­sem Grund das Ver­lan­gen der Nach­er­fül­lung für den Käu­fer in der Re­gel un­zu­mut­bar sein (Se­nat, Beschl. v. 08.12.2006 – V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836; BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VI­II ZR 210/06, NJW 2008, 1371; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 69. Aufl., § 323 Rn. 22).

[10]   So liegt es in­des­sen nicht, wenn der Käu­fer dem Ver­käu­fer nach Ent­de­ckung des ver­schwie­ge­nen Man­gels ei­ne Frist zu des­sen Be­he­bung setzt. Da­mit gibt er zu er­ken­nen, dass sein Ver­trau­en in die Be­reit­schaft zur ord­nungs­ge­mä­ßen Nach­er­fül­lung trotz des arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens des Ver­käu­fers wei­ter­hin be­steht. Kommt der Ver­käu­fer in­ner­halb der Frist dem Ver­lan­gen des Käu­fers nach und wird der Man­gel be­ho­ben, schei­det der Rück­tritt des Käu­fers vom Ver­trag aus, weil die ver­kauf­te Sa­che – nun­mehr – ver­trags­ge­recht ist.

[11]   So ist es hier. Die Er­klä­run­gen der Be­klag­ten im Schrei­ben vom 03.09.2007 ha­ben den Ein­tritt der Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Rechts der Klä­ge­rin, we­gen des Man­gels am Ge­mein­schafts­ei­gen­tum vom Ver­trag zu­rück­zu­tre­ten, ent­fal­len las­sen …

[12]   Ist der Käu­fer ei­ner in­so­weit man­gel­haf­ten Ei­gen­tums­woh­nung von dem Man­gel al­lein fi­nan­zi­ell be­trof­fen, steht der Er­fül­lung des An­spruchs auf Nach­er­fül­lung gleich, wenn der Ver­käu­fer den Käu­fer von den Kos­ten zur Be­sei­ti­gung des Man­gels frei­stellt, die die­ser ge­gen­über der Ei­gen­tü­mer­ge­mein­schaft zu tra­gen hat. Dies gilt je­den­falls dann, wenn fest­steht, dass die Ar­bei­ten zur Män­gel­be­sei­ti­gung in an­ge­mes­se­ner Zeit vor­ge­nom­men wer­den und dass die Frei­stel­lung ge­si­chert ist. So war es hier, zu­mal die Be­klag­ten der Klä­ge­rin an­ge­bo­ten hat­ten, für die Kos­ten­frei­stel­lung Si­cher­heit zu leis­ten …

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