Den in­fol­ge der Lie­fe­rung ei­ner man­gel­be­haf­te­ten Sa­che ent­stan­de­nen Nut­zungs­aus­fall­scha­den kann der am Ver­trag fest­hal­ten­de Käu­fer nach §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB er­setzt ver­lan­gen.

BGH, Ur­teil vom 19.06.2009 – V ZR 93/08

Sach­ver­halt: Mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag vom 02.07.2002 kauf­te der Klä­ger von der Be­klag­ten ein be­bau­tes Grund­stück. In Nr. 5.1. des Ver­trags heißt es un­ter an­de­rem:

„Des wei­te­ren ga­ran­tiert der Ver­käu­fer, daß we­der der ge­gen­wär­ti­gen Grund­stücks­nut­zung noch dem Be­stand der mit­ver­kauf­ten Bau­wer­ke öf­fent­lich-recht­li­che Vor­schrif­ten ent­ge­gen­ste­hen, daß ins­be­son­de­re al­so der ge­gen­wär­ti­ge Bau­stand for­mell und ma­te­ri­ell bau­ord­nungs­ge­mäß ist.“

Nach­dem der bis­he­ri­ge Mie­ter im Herbst 2003 aus­ge­zo­gen war, be­müh­te sich der Klä­ger um ei­ne er­neu­te Ver­mie­tung. Er fand in F ei­nen In­ter­es­sen­ten, der am 26.07.2004 ei­nen Miet­ver­trag un­ter­zeich­ne­te. Nr. 3.2. die­ses Ver­trags lau­tet:

„Das Miet­ob­jekt ist bis­her als Bü­ro­haus und La­ger (Ver­lags­haus) ge­nutzt wor­den; die­se Nut­zungs­art ga­ran­tiert der Ver­mie­ter.“

Die Miet­zeit soll­te am 01.08.2004 be­gin­nen und zehn Jah­re (mit Ver­län­ge­rungs­op­ti­on) be­tra­gen. Ab dem 01.01.2005 soll­te ein mo­nat­li­cher Miet­zins von 9.000 € ent­rich­tet werden.​Bereits An­fang Ju­li 2004 hat­te sich der Klä­ger um ei­ne Be­schei­ni­gung über das Nicht­vor­lie­gen ei­ner Zweck­ent­frem­dung von Wohn­raum (sog. Ne­ga­ti­vat­test) be­müht, de­ren Er­tei­lung je­doch auf Schwie­rig­kei­ten stieß. Zu­dem stell­te sich her­aus, dass für die Nut­zung des Rück­ge­bäu­des als Bü­ro­räu­me kei­ne Bau­ge­neh­mi­gung vor­lag. Der Klä­ger sah von der Un­ter­zeich­nung des Miet­ver­trags mit F ab und for­der­te die Be­klag­te zur Über­sen­dung von Un­ter­la­gen zur Er­lan­gung des Ne­ga­ti­vat­tests so­wie zur Be­schaf­fung ei­ner Bau­ge­neh­mi­gung auf. Die Be­klag­te kam bei­den Auf­for­de­run­gen frist­ge­recht nach. Das Ne­ga­ti­vat­test lag am 29.09.2004 vor, die Bau­ge­neh­mi­gung ei­nen Mo­nat spä­ter. Da ein Miet­ver­trag mit F nicht mehr zu­stan­de kam, ver­mie­te­te der Klä­ger das Ge­bäu­de ab dem 01.01.2005 an­der­weit. Der ver­ein­bar­te Net­to­miet­zins be­trägt mo­nat­lich 7.000 €.

Der Klä­ger ver­langt Scha­dens­er­satz un­ter an­de­rem in Hö­he des Miet­min­der­er­lö­ses so­wie die Fest­stel­lung, dass die Be­klag­te zum Er­satz wei­te­rer Schä­den ver­pflich­tet ist, die aus dem Nicht­zu­stan­de­kom­men des Ver­trags mit F re­sul­tie­ren. Hier­zu be­haup­tet er, F ha­be je­den­falls ab Mit­te Ok­to­ber 2004 kein In­ter­es­se mehr an ei­ner An­mie­tung ge­habt, so­dass er, der Klä­ger, ge­hal­ten ge­we­sen sei, das Ob­jekt an­der­weit zu ver­mie­ten.

Die Vor­in­stan­zen ha­ben der Kla­ge nur in ge­rin­gem Um­fang statt­ge­ge­ben. Mit der Re­vi­si­on ver­folgt der Klä­ger den Zah­lungs­an­trag in Hö­he von 67.987,72 € so­wie den Fest­stel­lungs­an­trag wei­ter. Das Rechts­mit­tel hat­te Er­folg und führ­te zur Auf­he­bung und Zu­rück­ver­wei­sung.

Aus den Grün­den: [8]    1. Die Ver­nei­nung der gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­an­sprü­che hält ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Über­prü­fung nicht stand.

[9]    a) Das gilt zu­nächst für die – nicht durch Rechts­nor­men be­leg­te – An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, der gel­tend ge­mach­te Scha­dens­er­satz­an­spruch hän­ge da­von ab, dass die zur Nach­er­fül­lung ge­setz­te Frist er­folg­los ver­stri­chen sei. Zwar hängt ein Scha­dens­er­satz­an­spruch nach § 437 Nr. 3 i. V. mit §§ 280 III, 281 BGB grund­sätz­lich von die­sem Er­for­der­nis ab. Auch kön­nen bei der scha­dens­er­satz­recht­li­chen Ab­wick­lung nach § 281 BGB Nut­zungs­aus­fall­schä­den als Rech­nungs­pos­ten in die Scha­dens­bi­lanz ein­zu­be­zie­hen sein. Dies setzt je­doch vor­aus, dass der Gläu­bi­ger Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­langt (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2007 – VI­II ZR 16/07, BGHZ 174, 290 [293]; Stau­din­ger/Ot­to, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 280 Rn. E 34; fer­ner OLG Cel­le, NJW-RR 2008, 1635 [1637]; wei­ter­ge­hend P. Hu­ber, in: Hu­ber/Faust, Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung, Rn. 13/105 f., 108). Geht es hin­ge­gen – wie hier – nur um Scha­dens­er­satz ne­ben der Leis­tung, stellt sich ei­ne ganz an­de­re Pro­ble­ma­tik, näm­lich die bis­lang nicht höchst­rich­ter­lich ge­klär­te Fra­ge (da­zu BGHZ 174, 290 [293]), ob der am Ver­trag fest­hal­ten­de Käu­fer Er­satz we­gen Nut­zungs­aus­falls nach § 280 I BGB ver­lan­gen kann, oder ob § 280 II BGB mit sei­ner Ver­wei­sung auf die Ver­zugs­vor­aus­set­zun­gen ein­schlä­gig ist. Die Be­ant­wor­tung die­ser Fra­ge ist um­strit­ten.

[10]   aa) Teil­wei­se wird ver­tre­ten, in der Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che lie­ge ei­ne Ver­zö­ge­rung der nach § 433 I 2 BGB ge­schul­de­ten man­gel­frei­en Leis­tung. Schä­den, die der Käu­fer er­lei­de, weil er in­fol­ge des Man­gels die Kauf­sa­che nicht wie ge­plant nut­zen kön­ne, sei­en da­her erst mit Ein­tritt des Ver­zugs er­satz­fä­hig (§ 437 Nr. 3, §§ 280 I, II, 286 BGB). Der Ver­käu­fer, der nicht leis­te und erst ab Ver­zug­s­ein­tritt scha­dens­er­satz­pflich­tig sei, dür­fe nicht bes­ser ste­hen als der­je­ni­ge, der im­mer­hin ei­ne man­gel­haf­te Leis­tung er­brin­ge (AnwK-BGB/Dau­ner-Lieb, 2005, § 280 Rn. 60 ff.; AnwK-BGB/Bü­den­be­n­der, 2005, § 437 Rn. 74; Jau­er­nig/Stad­ler, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 4; Jau­er­nig/Ber­ger, 12. Aufl., § 437 Rn. 17; Schmidt-Kes­sel, in: Prüt­ting/We­gen/Wein­reich, BGB, 4. Aufl., § 280 Rn. 58; D. Schmidt, in: Prüt­ting/We­gen/Wein­reich, 4. Aufl., § 437 Rn. 32; Brox/Wal­ker, Be­son­de­res Schuld­recht, 33. Aufl., § 4 Rn. 106; Faust, in: Hu­ber/Faust, Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung, Rn. 3/223; Oet­ker/Maultzsch, Ver­trag­li­che Schuld­ver­hält­nis­se, 3. Aufl., § 2 Rn. 267 ff.; Schlech­triem, Schuld­recht BT, 6. Aufl., § 3 Rn. 90; Schultz, in: Wes­ter­mann [Hrsg.], Das Schuld­recht 2002, S. 17, [83 f.]; Ar­nold/Dötsch, BB 2003, 2250 [2253]; Dau­ner-Lieb, Fest­schr. f. Horst Kon­zen, S. 63 [64 ff.]; Flie­gner, JR 2002, 314 [322]; Gri­go­leit/Riehm, AcP 203 [2003], 727 [754]; dies., JuS 2004, 745 [747]; Oechs­ler, NJW 2004, 1825 [1828]; Pe­ter­sen, Ju­ra 2002, 461 [462 f.]; Schur, ZGS 2002, 243 [244]; Teich­mann/Weid­mann, Fest­schr. f. Walt­her Had­ding, S. 287 [300 f.]; Wie­ser, JR 2002, 269 [270]; vgl. Buck, in Wes­ter­mann [Hrsg.], Das Schuld­recht 2002, S. 105 [156 f.]). Al­ler­dings hal­ten ei­ni­ge Ver­tre­ter die­ser An­sicht ei­ne Mah­nung in Kon­stel­la­tio­nen der vor­lie­gen­den Art nach § 286 II Nr. 4 BGB ge­ne­rell für ent­behr­lich (Gri­go­leit/Riehm, AcP 203 [2003], 727 [755]; dies., JuS 2004, 745 [747 f.]; Teich­mann/Weid­mann, a. a. O., S. 287 [300 f.]; vgl. Dau­ner-Lieb, Fest­schr. f. Horst Kon­zen, S. 63 [81 f.]). Zu dem­sel­ben Er­geb­nis ge­lan­gen auch die­je­ni­gen, die bei Vor­lie­gen ei­ner Ga­ran­tie für das Vor­han­den­sein ei­ner Ei­gen­schaft da­von aus­ge­hen, in der Ga­ran­tie­er­klä­rung lie­ge das Ver­spre­chen, für al­le Fol­gen des Feh­lens der Ei­gen­schaft oh­ne Wei­te­res ein­zu­ste­hen (so AnwK-BGB/Dau­ner-Lieb, a. a. O., § 281 Rn. 41 m. w. Nachw.; da­ge­gen MünchKomm-BGB/Ernst, 5. Aufl., § 281 Rn. 60).

[11]   bb) Die herr­schen­de Mei­nung geht dem­ge­gen­über da­von aus, dass der Käu­fer Er­satz des man­gel­be­ding­ten Nut­zungs­aus­falls nach § 437 Nr. 3, § 280 I BGB und da­mit un­ab­hän­gig von ei­nem Ver­zug des Ver­käu­fers ver­lan­gen kann (OLG Hamm, Urt. v. 23.02.2006 – 28 U 164/05, ju­ris; LG Kre­feld, Urt. v. 24.09.2007 – 1 S 21/07, DAR 2008, 90 f.; Un­berath, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 280 Rn. 30; Faust, in: Bam­ber­ger/Roth, a. a. O., § 437 Rn. 67; Er­man/Wes­ter­mann, BGB, 12. Aufl., § 280 Rn. 11a, 12; Er­man/Gru­ne­wald, a. a. O., vor § 437 Rn. 9, § 437 Rn. 19; Hk-BGB/Schul­ze, 4. Aufl., § 280 Rn. 6; Hk-BGB/Sa­en­ger, a. a. O., § 437 Rn. 11; MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 280 Rn. 53 ff.; MünchKomm-BGB/Em­me­rich, a. a. O, vor § 281 Rn. 25; MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, a. a. O., § 437 Rn. 33; Pa­landt/Hein­richs, BGB, 68. Aufl., § 280 Rn. 18, 20; Pa­landt/Wei­den­kaff, 68. Aufl., § 437 Rn. 35 f.; Stau­din­ger/Ot­to, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 280 Rn. E 34; Gru­ne­wald, in: Dau­ner-Lieb/Kon­zen/K. Schmidt [Hrsg.], Das neue Schuld­recht in der Pra­xis, S. 313 [316]; Voll­kom­mer, ebd., S. 123 [124]; Em­me­rich, Das Recht der Leis­tungs­stö­run­gen, 6. Aufl., § 17 Rn. 5; Haas, in: Haas/Me­di­cus/Rolland/Schä­fer/Wendt­land, Das neue Schuld­recht, Rn. 5/246; Hell­we­ge, Die §§ 280 ff. BGB, S. 86 ff.; Ca­na­ris, in E. Lo­renz [Hrsg.], Karls­ru­her Fo­rum 2002: Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung, S. 5 [37]; St. Lo­renz, in: E. Lo­renz [Hrsg.], Karls­ru­her Fo­rum 2005: Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung – Er­fah­run­gen seit dem 01.01.2002, S. 5 [44 f.]; ders., ZIP 2003, 321 [323, 326]; Lo­renz/Riehm, Lehr­buch zum neu­en Schuld­recht, Rn. 546; Rei­ni­cke/Tiedt­ke, Kauf­recht, 7. Aufl., Rn. 520; Dau­ner-Lieb/Dötsch, DB 2001, 2535 [2537]; Ebert, NJW 2004, 1761 f.; Gru­ber, ZGS 2003, 130 [133 f.]; Hirsch, Ju­ra 2003, 289 [294]; U. Hu­ber, Fest­schr. f. Pe­ter Ul­mer, S. 1165 [1181 f.]; ders., Fest­schr. f. Pe­ter Schlech­triem, S. 521 [525]; Kat­zen­stein, Ju­ra 2004, 584 [592, 596]; Lo­renz, NJW 2002, 2497 [2501 Fn. 32, 2503]; ders., NJW 2005, 1889 [1891]; ders., NJW 2007, 1 [2]; Me­di­cus, JuS 2003, 521 [528]; ders., Bür­ger­li­ches Recht, 20. Aufl., Rn. 299; Münch, Ju­ra 2002, 361 [368]; Reischl, JuS 2003, 250 [251]; Schro­eter, AcP 207 [2007], 28 [54 f.]; Schu­bel, JuS 2002, 313 [319]; Schul­ze/Ebers, JuS 2004, 462 [465 f.]; Tiedt­ke/Schmitt, BB 2005, 615, 617, 619; v. West­pha­len, BB 2008, 2 [4]; wohl auch Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 437 Rn. 11 f., vgl. aber Rn. 54).

[12]   cc) Der Se­nat ent­schei­det die Rechts­fra­ge da­hin, dass man­gel­be­ding­ter Nut­zungs­aus­fall des am Ver­trag fest­hal­ten­den Käu­fers nach §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB er­satz­fä­hig ist, so­dass of­fen­blei­ben kann, ob mit Blick auf sämt­li­che der noch gel­tend ge­mach­ten Schä­den die Ver­zugs­vor­aus­set­zun­gen vor­ge­le­gen ha­ben.

[13]   (1) Ei­ner am sprach­li­chen Sinn­ge­halt des § 280 BGB ori­en­tier­ten Aus­le­gung las­sen sich kei­ne ent­schei­den­de Hin­wei­se für die Ent­schei­dung des Mei­nungs­streits ent­neh­men. Si­cher ist zu­nächst nur, dass un­ter den Be­griff der Pflicht­ver­let­zung (§ 280 I BGB) auch die Lie­fe­rung ei­ner mit ei­nem – hier be­heb­ba­ren – Sach­man­gel be­haf­te­ten Sa­che fällt, weil der Ver­käu­fer nach § 433 I 2 BGB ver­pflich­tet ist, dem Käu­fer ei­ne man­gel­freie Sa­che zu ver­schaf­fen (vgl. BGHZ 163, 381 [385]). An­de­rer­seits ist der Ge­gen­auf­fas­sung zu­zu­ge­ben, dass ei­ne zwar recht­zei­ti­ge, aber man­gel­be­haf­te­te Lie­fe­rung bei dif­fe­ren­zie­ren­der Be­trach­tung im Hin­blick auf die feh­len­de Man­gel­frei­heit be­griff­lich durch­aus als ver­zö­ger­te Leis­tung i. S. von § 280 II BGB ver­stan­den wer­den kann (vgl. da­zu auch Faust, in: Bam­ber­ger/Roth, a. a. O., § 437 Rn. 67). Nur ist das nicht das Ver­ständ­nis des Ge­setz­ge­bers.

[14]   (2) Aus den Ma­te­ria­li­en er­gibt sich mit al­ler Klar­heit, dass der Er­satz von Schä­den der hier in Re­de ste­hen­den Art nicht von dem Vor­lie­gen der Ver­zugs­vor­aus­set­zun­gen ab­hän­gig sein soll­te. In der Be­grün­dung zu dem Ge­setz­ent­wurf heißt es un­zwei­deu­tig (BT-Drs. 14/6040, S. 225):

„§ 437 Nr. 3 RE ver­weist auch auf § 280 II RE, der den Er­satz von Ver­zö­ge­rungs­schä­den von den zu­sätz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des § 286 RE ab­hän­gig macht. Das ent­fal­tet in­so­weit kei­ne Wir­kung, als die Pflicht­ver­let­zung i. S. des § 280 I 1 RE dar­in liegt, dass der Ver­käu­fer ent­ge­gen sei­ner ver­trag­li­chen Ver­pflich­tung aus § 433 I 2 RE ei­ne man­gel­haf­te Sa­che ge­lie­fert hat. Ei­ne An­wen­dung des § 286 RE ist in­so­weit in § 280 I RE nicht vor­ge­se­hen. Lie­fert der Ver­käu­fer al­so bei­spiels­wei­se schuld­haft ei­ne man­gel­haf­te Ma­schi­ne und ver­zö­gert sich des­we­gen de­ren In­be­trieb­nah­me, so ist der Be­triebs­aus­fall­scha­den un­ab­hän­gig von den wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen des Ver­zugs un­mit­tel­bar nach § 280 I RE zu er­set­zen.“

[15]   (3) Das ge­setz­ge­be­ri­sche An­lie­gen hat dar­über hin­aus sei­nen Nie­der­schlag auch in der Sys­te­ma­tik des Ge­set­zes ge­fun­den. § 437 BGB re­gelt, wel­che Rech­te der Käu­fer bei Lie­fe­rung ei­ner man­gel­be­haf­te­ten Sa­che hat, und be­stimmt in Nr. 3 im We­ge der Ver­wei­sung die Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen der Käu­fer Scha­dens­er­satz und den Er­satz ver­geb­li­cher Auf­wen­dun­gen ver­lan­gen kann. Hier­zu ver­weist das Ge­setz auf die Vor­schrif­ten der §§ 440, 280, 281, 283, 284 und 311a BGB. Ge­ra­de nicht Be­zug ge­nom­men wird da­ge­gen auf die Re­ge­lung des § 286 BGB. Zwar er­gibt sich über § 280 II BGB ei­ne mit­tel­ba­re Ver­wei­sung auch auf § 286 BGB. Das gilt in­des­sen – über § 280 III BGB – auch für die §§ 281 und 283 BGB, auf die § 437 Nr. 3 BGB je­doch un­mit­tel­bar Be­zug nimmt. Auch das be­legt, dass man­gel­be­ding­ter Nut­zungs­aus­fall­scha­den un­ab­hän­gig von den Ver­zugs­vor­aus­set­zun­gen er­satz­fä­hig sein soll.

[16]   (4) Un­ter­mau­ert wird das Norm­kon­zept des Ge­setz­ge­bers schließ­lich durch te­leo­lo­gi­sche Er­wä­gun­gen.

[17]   (a) Von der In­ter­es­sen­la­ge ist zu un­ter­schei­den, ob der Schuld­ner le­dig­lich un­tä­tig bleibt, oder ob er zwar leis­tet, die Leis­tung aber feh­ler­haft er­bringt. Vor den Fol­gen ei­ner Säum­nis kann sich der Käu­fer re­gel­mä­ßig da­durch schüt­zen, dass er ei­nen ka­len­der­mä­ßig be­stimm­ten Ter­min für die Lie­fe­rung ver­ein­bart oder den Ver­käu­fer bei Aus­blei­ben der Leis­tung mahnt. Die­se Mög­lich­kei­ten be­ste­hen bei ei­ner man­gel­haf­ten Lie­fe­rung re­gel­mä­ßig nicht, weil der Man­gel viel­fach erst be­merkt wer­den wird, wenn die Kauf­sa­che ih­rer Ver­wen­dung zu­ge­führt wird. Ein man­gel­be­ding­ter Nut­zungs­aus­fall lässt sich dann häu­fig nicht mehr ab­wen­den (Ca­na­ris, ZIP 2003, 321 [323, 326]; Em­me­rich, a. a. O., § 17 Rn. 5; Gri­go­leit/Riehm, AcP 203 [2003], 727 [755 f.]; Gru­ber, ZGS 2003, 130 [133]; Me­di­cus, JuS 2003, 521 [528]). Bei der Lie­fe­rung ei­ner man­gel­be­haf­te­ten Sa­che dringt der Schuld­ner da­mit in ge­fähr­li­che­rer Wei­se in die Gü­ter­sphä­re des Gläu­bi­gers ein, weil die Ver­zö­ge­rung als sol­che für den Gläu­bi­ger leich­ter be­herrsch­bar ist (zu­tref­fend Ca­na­ris, ZIP 2003, 321 [323]). Die­ser In­ter­es­sen­be­wer­tung ent­spricht es, dass der BGH be­reits zum frü­he­ren Werk­ver­trags­recht ent­schie­den hat, dass durch ein Werk ver­ur­sach­te (ent­fern­te) Man­gel­fol­ge­schä­den un­ab­hän­gig von den Vor­aus­set­zun­gen der §§ 325, 326 und § 635 BGB a.F. nach den Re­geln der po­si­ti­ven For­de­rungs­ver­let­zung zu er­set­zen sind (Urt. v. 12.12.2001 – X ZR 39/00, NJW 2002, 816 [817]). Tra­gen­de Er­wä­gung war auch dort, dass das Vor­lie­gen des Man­gels viel­fach erst nach Auf­tre­ten des Scha­dens be­merkt wer­den wird.

[18]   (b) Die­se Sicht ent­spricht auch den un­ter­schied­li­chen Kon­zep­ten, die der Ge­setz­ge­ber für den Aus­gleich der In­ter­es­sen des Gläu­bi­gers und des Schuld­ners bei der Ver­zö­ge­rung der Leis­tung ei­ner­seits und bei der Schlecht­leis­tung an­de­rer­seits ge­wählt hat. Scha­dens­er­satz­an­sprü­che we­gen Ver­zö­ge­rung der Leis­tung stellt der Ge­setz­ge­ber nach § 280 II BGB des­halb un­ter die zu­sätz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen des Ver­zugs, weil die Leis­tung bei Feh­len ei­ner ver­trag­lich fest­ge­leg­ten Leis­tungs­zeit nicht so­fort er­bracht wer­den muss, son­dern erst dann, wenn der Gläu­bi­ger dies ver­langt (§ 271 I BGB). Mit Blick auf die Ver­pflich­tung zur Lie­fe­rung der Sa­che in man­gel­frei­em Zu­stand be­darf es ei­ner sol­chen Kon­kre­ti­sie­rung in zeit­li­cher Hin­sicht da­ge­gen nicht (Gri­go­leit/Riehm, AcP 203 [2003], 727 [756]; dies., JuS 2004, 745 [747]). Sie ist nach § 433 I 2 BGB von vorn­her­ein ge­schul­det, wo­bei sich die Soll­be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che oh­ne Wei­te­res ent­we­der aus dem Ver­trag oder aber – bei Feh­len ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung – aus dem An­for­de­rungs­pro­fil der § 434 I 2 und § 434 I 3, § 435 BGB er­gibt.

[19]   Ei­ne haf­tungs­recht­li­che Über­for­de­rung des Ver­käu­fers tritt da­durch nicht ein. Zwar hat der Ge­setz­ge­ber bei den nach § 280 I BGB zu er­set­zen­den Schä­den – an­ders als bei § 280 II BGB – kei­ne zu­sätz­li­chen An­for­de­run­gen an die Pflicht­wid­rig­keit ge­stellt. Die im In­ter­es­se ei­nes an­ge­mes­se­nen In­ter­es­sen­aus­gleichs ge­bo­te­ne Haf­tungs­be­gren­zung wird je­doch durch das Er­for­der­nis des Ver­tre­ten­müs­sens (§ 280 I 2 BGB) si­cher­ge­stellt. Die im Ver­kehr er­for­der­li­che Sorg­falt (§ 276 II BGB) ver­langt von dem Ver­käu­fer re­gel­mä­ßig kei­ne Un­ter­su­chung der Kauf­sa­che; der Ver­käu­fer muss sich auch nicht das Ver­schul­den sei­ner Lie­fe­ran­ten nach § 278 BGB zu­rech­nen las­sen (BGH, Urt. v. 15.07.2008 – VI­II ZR 211/07, NJW 2008, 2837 [2840]). Hö­he­re An­for­de­run­gen er­ge­ben sich nur, wenn der Ver­käu­fer – wie hier – ei­ne Ga­ran­tie über­nom­men hat (§ 276 I 1 BGB), wenn er An­halts­punk­te für die Man­gel­haf­tig­keit der Sa­che hat, oder wenn sonst be­son­de­re Um­stän­de vor­lie­gen, die ei­ne hö­he­re Sorg­falt ge­bie­ten. Da­von ab­ge­se­hen wird ein sach­ge­rech­ter In­ter­es­sen­aus­gleich auch da­durch ge­währ­leis­tet, dass ei­nem Mit­ver­schul­den des Käu­fers, der et­wa die Man­gel­haf­tig­keit der Sa­che er­kannt, den Ver­käu­fer dar­über aber nicht in­for­miert hat, über § 254 BGB Rech­nung ge­tra­gen wird (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 280 Rn. 58; St. Lo­renz, in E. Lo­renz [Hrsg.], Karls­ru­her Fo­rum 2005: Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung – Er­fah­run­gen seit dem 01.01.2002, S. 5 [45]; Ca­na­ris, ZIP 2003, 321 [326 Fn. 30]; Gri­go­leit/Riehm, AcP 203 [2003], 727 [758]; dies., JuS 2004, 745 [748]; Gru­ber, ZGS 2003, 130 [133 f.]).

[20]   b) Durch­grei­fen­den Be­den­ken be­geg­net auch die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, die Schlechter­fül­lung des Kauf­ver­trags sei nicht ur­säch­lich für die gel­tend ge­mach­ten Schä­den …

[24]   2. Kann das Be­ru­fungs­ur­teil nach al­lem schon aus ma­te­ri­ell­recht­li­chen Grün­den kei­nen Be­stand ha­ben (§ 562 I ZPO), kommt es nicht mehr ent­schei­dend dar­auf an, dass auch die Rü­ge der Re­vi­si­on durch­greift, das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be den in der münd­li­chen Ver­hand­lung be­an­trag­ten Schrift­satz­nach­lass ver­fah­rens­feh­ler­haft ab­ge­lehnt …

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