Ein Neuwagen, in dessen Inneres bei Regen Wasser eintritt, ist auch dann i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB mangelhaft, wenn es zu Wassereintritt nur bei starkem Dauerregen kommt und selbst dann nur geringe Mengen an Wasser in den Fahrzeuginnenraum gelangen. Denn es gehört zu den absoluten Mindestanforderungen an ein Neufahrzeug, gleich welcher (Preis-)Klasse es angehört, dass es in allen Bereichen dicht ist.

LG Berlin, Urteil vom 27.03.2009 – 8 O 172/08
(nachfolgend: KG, Beschluss vom 20.07.2009 – 8 U 96/09)

Sachverhalt: Die Klägerin erwarb von der Beklagten auf der Grundlage einer Bestellung vom 21.06.2006 einen Neuwagen (smart fortwo coupé) zum Preis von 12.433,70 €. Das Fahrzeug wurde ihr am 28.11.2006 übergeben. Im Dezember 2006 ließ die Klägerin für 1.200 € eine Standheizung in das Coupé einbauen.

Am 18.08., am 27.08. und am 31.08.2007 sowie am 17.09.2007 begab sich die Klägerin mit ihrem Fahrzeug zu der Beklagten und verlangte jeweils mit der Begründung Nachbesserung, dass im Bereich der Heckklappe bzw. des Heckfensters Wasser in den Pkw eingetreten sei.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.11.2007 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte – vergeblich – zur Rückabwicklung dieses Vertrages bis zum 07.12.2007 auf. Gleichzeitig verlangte die Klägerin von der Beklagten den Ersatz ihrer Aufwendungen für die Standheizung und für eine Feinstaubplakette (5 €).

Die Klägerin behauptet, sie habe erstmals am 16.08.2007 bei starkem Dauerregen bemerkt, dass Wasser durch die Dichtung der Heckscheibe im Bereich des oberen rechten Heckklappenscharniers in das Fahrzeuginnere eintrete. Weitere Wassereintritte habe es am 21.08., am 31.08, am 03.09 und am 12.11.2007 gegeben.

Die Beklagte hält dem entgegen, dass jeglicher Vortrag dazu fehle, dass das Fahrzeug den von der Klägerin behaupteten Mangel bereits bei der Übergabe aufgewiesen habe, obwohl die Vermutung des § 476 BGB nicht zugunsten der Klägerin eingreife. Abgesehen davon sei das Fahrzeug im Bereich der Heckklappe dicht und trete dort kein Wasser in das Fahrzeuginnere ein. Bei einer Überprüfung des Fahrzeugs, die am 10.01.2008 in ihren – der Beklagten – Geschäftsräumen erfolgt sei, sei jedenfalls keine Undichtigkeit festgestellt worden. Schließlich meint die Beklagte, dass der Rücktritt auch an § 323 V 2 BGB scheitere, da der gerichtliche Sachverständige – unstreitig – den Kostenaufwand für eine Reparatur des Fahrzeugs mit 50 € bis 285,36 € brutto beziffert habe.

Die Klage hatte überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen: Der Klägerin steht aus den §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323, 346 ff. BGB ein Anspruch auf Zahlung von 12.747,79 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs gegen die Beklagte zu.

Von dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag ist die Klägerin wirksam zurückgetreten.

1. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Gericht zunächst davon überzeugt, dass das Fahrzeug einen Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB aufweist. Der Sachverständige hat überzeugend und von der Beklagten im Ergebnis nicht angegriffen festgestellt, dass bei Beregnung des Heckklappenbereichs Wasser zwischen die Heckscheibe und die dort im oberen Bereich aufgeklebte Kunststoffplatte eindringt, welches sich in einer dort befindlichen Mulde der Abdeckung für den Heckscheibenwischer sammelt und nach einer Beregnungszeit von rund 50 Minuten in den Innenraum gelangt, das heißt auf die dort befindliche Ablage tropft.

Dies stellt einen Sachmangel gemäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar, da ein Kraftfahrzeug, in das auch nur geringe Mengen an Wasser in den Fahrzeuginnenraum eintreten und dies auch nur bei starkem, dauerhaftem Regen keine Beschaffenheit aufweist, die bei Fahrzeugen gleicher Art üblicherweise auftritt und die vor allem ein Käufer nach Art der Sache, als Neufahrzeug, erwarten kann.

2. Der Mangel war auch bereits bei Gefahrübergang (§ 446 BGB) am 28.11.2006 vorhanden.

Zwar greift die Vermutungsregel des § 476 BGB nicht zugunsten der Klägerin ein, da sich der Mangel unstrittig nicht innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang, sondern erst im August 2007, also nach rund acht Monaten, erstmals gezeigt hat. Der Sachverständige hat jedoch auch insoweit in für das Gericht überzeugenderweise dargestellt, dass die Ursache für die vorhandene Undichtigkeit bereits bei der Fertigung des Fahrzeugs im Herstellerwerk durch eine technisch nicht einwandfrei vorgenommene Verklebung zwischen Heckscheibe und Kunststoffplatte wenn nicht bereits vorhanden, so doch jedenfalls bereits angelegt war; es sei bei der Verklebung dieser beiden Teile, die zerstörungsfrei nicht voneinander getrennt werden können, offensichtlich nicht sauber gearbeitet worden. Der Sachverständige hat zudem klar und widerspruchsfrei ausgeführt, dass er nachträgliche Eingriffe („Manipulationsspuren“) im fraglichen Bereich nicht habe feststellen können. Mit der Bewertung des Sachverständigen hält auch das Gericht eine derartige nachträgliche Manipulation für völlig unwahrscheinlich, jedenfalls gibt es dafür nicht die geringsten Anhaltspunkte.

Der Sachverständige hat zwar nach dem Wortlaut des Protokolls der mündlichen Verhandlung zunächst bekundet, dass man sich bereits zur exakten Feststellung, ob die Undichtigkeit bereits im Zeitpunkt der Herstellung „angelegt“ gewesen sei, die Klebestelle genau ansehen müsse. Auf die Nachfrage des Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat er jedoch – in Übereinstimmung mit seinen schriftlichen Ausführungen – klargestellt, dass er auch ohne weitergehende Untersuchungen keinen Zweifel daran habe, dass der Mangel bereits im Zeitpunkt der Übergabe „angelegt“ gewesen sei. Die vorgenannte protokollierte Erklärung ist daher dahin gehend zu verstehen, dass er damit zum Ausdruck bringen wollte, weitergehende Untersuchungen seien nur für die konkrete Feststellung notwendig, ob die Undichtigkeit bereits bei der Übergabe tatsächlich „vorhanden“ gewesen sei. Derartige Untersuchungen sind jedoch aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen zur „Angelegtheit“ des Mangels entbehrlich.

Gegen ein Vorhandensein („Angelegtsein“) des Mangels im Zeitpunkt der Übergabe spricht auch nicht zwingend der Umstand, dass ein Wassereintritt von der Klägerin erstmals rund acht Monate nach der Übergabe bemerkt worden ist. Für ein derart verzögertes Auftreten der Mangelerscheinung bestehen neben der Möglichkeit, dass sich die (angelegte) Undichtigkeit gegebenenfalls erst nach diesem Zeitraum konkret herausgebildet hat, vielmehr zahlreiche weitere Alternativen, so beispielsweise, dass das Fahrzeug von der Klägerin in diesem Zeitraum nicht bei längerem Regen bewegt worden ist.

3. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung bedurfte es gemäß § 440 Satz 1 BGB nicht, weil unstrittig mehrfache Nachbesserungsversuche der Beklagten erfolglos geblieben sind und die Nacherfüllung somit i. S. des § 440 Satz 2 BGB fehlgeschlagen ist.

4. Der Rücktritt ist auch nicht nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen.

Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Beschl. v. 08.05.2007 – VIII ZR 19/05, NJW 2007, 2111) stellt ein Sachmangel eine unerhebliche Pflichtverletzung dar, wenn der Mangel den Wert oder die Tauglichkeit der Kaufsache nur unerheblich mindert. Ob eine erhebliche oder nur unerhebliche Pflichtverletzung (Sachmangel) vorliegt, bestimmt sich in einem Fall der Mangelhaftigkeit im Sinne der objektiven Kriterien des § 434 I 2 Nr. 2 BGB nach objektiven Gesichtspunkten, insbesondere nach dem objektiven Ausmaß der Qualitätsabweichung und der sich daraus ergebenden Beeinträchtigung des Äquivalenzinteresses des Käufers. Maßgeblicher Zeitpunkt für diese Beurteilung ist dabei der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VIII ZR 166/07 Rn. 19).

Danach ist, auch wenn sich die Reparaturkosten nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen lediglich auf einen Betrag zwischen 50 € und rund 285 € brutto belaufen (also auf maximal 2,3 % des Kaufpreises), nicht von einer lediglich unerheblichen Pflichtverletzung auszugehen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass es bis zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am 27.11.2007 aus bis dahin ungeklärter Ursache zu mehrfachen Wassereinbrüchen gekommen ist und es der Beklagten trotz vierfacher Nachbesserungsversuche nicht gelungen ist, diese zu beseitigen. Dementsprechend war der erforderliche Reparaturaufwand für die Klägerin zu diesem Zeitpunkt in keiner Weise einschätzbar. Auch war die Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs aus Sicht der Klägerin eingeschränkt, da sie zumindest bei längeren „Regenfahrten” mit erneutem Wassereintritt rechnen musste und – mangels Kenntnis der Zusammenhänge – aus ihrer Sicht zudem nicht die Möglichkeit ausgeschlossen war, dass sich der Mangel vergrößert, es also zu erheblicheren Wassereintritten kommt.

Auch der Umstand, dass die Wassereintritte nur nach längerem Verbleib des Fahrzeugs im Regen erfolgt sind und keinen großen Umfang hatten, stehen der Beurteilung als erhebliche Pflichtverletzung (Sachmangel) nicht entgegen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Klägerin ein Neufahrzeug erworben hat und bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise einem Neufahrzeugkäufer bei Gebrauchsstörungen seines Fahrzeugs ein geringeres Maß an negativen Auswirkungen zuzumuten ist, als es bei dem Käufer eines Gebrauchtwagens möglicherweise der Fall ist. Die Dichtigkeit eines Fahrzeugs in allen Bereichen – wobei hier die Ablage, auf die das eingetretene Wasser tropft, zudem Teil der Fahrgastzelle ist – ist für einen verständigen Durchschnittskäufer eines Neufahrzeugs aus Sicht des Gerichts eine absolute Mindestvoraussetzung, und zwar unabhängig davon, welcher (Preis-)Klasse dieses Fahrzeug angehört. Es ist jedenfalls kein Grund dafür zu erkennen, warum ein durchschnittlicher Käufer mit Wassereintritten rechnen muss und dementsprechend veranlasst sein könnte, derartige Undichtigkeiten hinzunehmen.

5. Neben der Rückgabe des Fahrzeugs kann die Klägerin nach den §§ 437 Nr. 3, 284 BGB Ersatz der von ihr getätigten Aufwendungen in Höhe von 1.205 € verlangen.

Der Käufer einer mangelhaften Sache hat auch dann gemäß § 284 BGB Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen, wenn er wegen des Mangels vom Kaufvertrag zurücktritt (§ 325 BGB). Der Anspruch ist nicht gemäß § 347 II BGB auf den Ersatz notwendiger Verwendungen oder solcher Aufwendungen beschränkt, durch die der Verkäufer bereichert wird (vgl. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 275/04, NJW 2005, 2848). Aufwendungen des Käufers auf eine gekaufte Sache, die sich später als mangelhaft erweist, sind in der Regel vergeblich, wenn der Käufer die Kaufsache wegen ihrer Mangelhaftigkeit zurückgibt oder sie jedenfalls nicht bestimmungsgemäß nutzen kann und deshalb auch die Aufwendungen nutzlos sind.

Die Aufwendungen der Klägerin durch den Kauf und Einbau einer Standheizung zum Preis von 1.200 € und den Erwerb einer Feinstaubplakette für 5 € sind gemäß § 284 BGB frustrierte Aufwendungen, die die Klägerin im Vertrauen auf den Rechtsbestand des Erwerbs billigerweise machen durfte. Beide Gegenstände nutzen dem Fahrzeug dauerhaft und zählten nicht lediglich zu den üblichen Verbrauchskosten.

6. Gemäß § 346 I Halbsatz 2 BGB muss sich die Klägerin nach der allgemein anerkannten Formel

$$\text{Gebrauchsvorteil} = {\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{mutmaßliche Gesamtlaufleistung}}}$$

jedoch gezogene Nutzungen in Höhe von 1.088,91 € anrechnen lassen.

Dabei schätzt das Gericht die zu erwartende Gesamtlaufleistung auf 150.000 km (§ 287 ZPO), da es sich bei dem erworbenen Smart um ein Kleinfahrzeug mit einer lediglich geringen Motorleistung von 45 kW und einem Hubraum von 698 cm³ handelt, welches auch unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung voraussichtlich keine höhere Gesamtlaufleistung erreichen wird.

Bei der Berechnung der Nutzungsentschädigung sind weiter die vergeblichen Aufwendungen der Klägerin – kaufpreiserhöhend – in die Bewertung mit einzubeziehen, da diese der Klägerin ebenfalls zugutegekommen sind.

Unter Berücksichtigung der von der Klägerin bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gefahrenen 11.876 Kilometer … ergibt sich daraus eine Nutzungsentschädigung von 1.088,91 €. Zugunsten der Klägerin verbleiben daher noch 12.549,79 €.

7. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus den §§ 286 I, 288 I BGB.

8. Dagegen steht der Klägerin kein Anspruch auf Freistellung von den ihr entstandenen vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 899,40 € zu. …

Hinweis: Mit Beschluss vom 20.07.2009 – 8 U 96/09 – hat das Kammergericht darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen. In dem Hinweisbeschluss heißt es unter anderem:

„Der Senat folgt den zutreffenden Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, die durch das Berufungsvorbringen nicht entkräftet worden sind. Zur Berufungsbegründung ist auszuführen:

1. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass bei Beregnung des Heckklappenbereichs des streitgegenständlichen Pkw … Wasser zwischen die Heckscheibe und die dort im oberen Bereich aufgeklebte Kunststoffplatte eindringt, welches sich in einer dort befindlichen Mulde der Abdeckung für den Heckscheibenwischer sammelt und nach einer Beregnungszeit von rund 50 Minuten in den Innenraum gelangt, das heißt auf die dort befindliche Ablage tropft. Dies stellt (jetzt auch nach Auffassung der Beklagten) einen Sachmangel des Fahrzeugs dar.

2. Das Landgericht hat auch rechtsfehlerfrei festgestellt, dass dieser Mangel bereits bei Gefahrübergang am 28.11.2006 vorhanden war.

Nach § 286 I ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Der Richter kann sich dabei in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. BGH, Urt. v. 14.01.1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, 935 [937]). In rechtlicher Hinsicht ist dabei nur zu überprüfen, ob der Richter sich mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- und Naturgesetze, Erfahrungssätze oder gesetzliche Beweisregeln verstößt (vgl. BGH, Urt. v. 14.01.1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, 935 [937]; KG, Urt. 03.11.2003 – 22 U 136/03, MDR 2004, 533).

Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze in keiner Weise zu beanstanden. Gegenteiliges zeigt auch die Berufung nicht auf. Insbesondere war das Landgericht aus Rechtsgründen nicht gehalten, jede mögliche Art der Untersuchung zu beauftragen, zumal die eingeholten Sachverständigengutachten für sich genommen nicht mangelhaft oder widersprüchlich waren. Da das Landgericht die durchgeführte Beweisaufnahme rechtsfehlerfrei als ausreichend zur Überzeugungsbildung gewertet hat, hat es zutreffend davon abgesehen, gemäß § 412 I ZPO eine weitere Untersuchung zu veranlassen.

3. Die vorgenannte Feststellung ist für den Senat maßgeblich.

Nach § 529 I Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen vor, wenn aus Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt. Dies gilt grundsätzlich auch für Tatsachenfeststellungen, die auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen worden sind. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Gutachtens können sich aus dem Gutachten oder der Person des Gutachters ergeben, insbesondere wenn das Gutachten in sich widersprüchlich oder unvollständig ist, wenn der Sachverständige erkennbar nicht sachkundig war, sich die Tatsachengrundlage durch zulässigen neuen Sachvortrag geändert hat, oder wenn es neue wissenschaftliche Erkenntnismöglichkeiten zur Beantwortung der Sachverständigenfrage gibt (vgl. BGH, Urt. v. 15.07.2003 – VI ZR 361/02, NJW 2003, 3480 [3481]).

Derartige Zweifel liegen hier nicht vor. Zwar hat das Landgericht davon abgesehen, zusätzlich zu den durchgeführten Untersuchungen eine Untersuchung der Klebestelle, die nur durch Zerstörungen möglich gewesen wäre, zu beauftragen. Es besteht auch theoretisch immer die Möglichkeit, dass sich bei weiteren Untersuchungen auch weitere Erkenntnisse ergeben, die zumindest theoretisch zu anderen Schlussfolgerungen führen können. Dies reicht aber nicht aus, um Zweifel i. S. von § 529 I Nr. 1 ZPO zu begründen, da es auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens an einer gewissen Wahrscheinlichkeit hierfür fehlt.

Der Sachverständige Dr.-Ing. T hat auf Seite 8 seines Ergänzungsgutachtens vom 14.11.2008 festgestellt, dass Heckscheibe und Kunststoffplatte nicht zerstörungsfrei getrennt werden konnten und bislang nicht getrennt oder demontiert wurden, woraus er geschlossen hat, dass der Fehler bei Übergabe jedenfalls angelegt gewesen sein musste. Auf Seite 9 hat er ausgeführt, dass keine (mechanischen) Veränderungen an der Abdichtung vorgenommen worden sind. Dies hat er bei seiner Anhörung vom 27.03.2009 bekräftigt, indem er ausgeführt hat, Eingriffe durch den Nutzer in diesem Bereich für völlig unwahrscheinlich zu halten, keine Manipulationsspuren festgestellt zu haben und eine unsachgemäße Bedienung der Heckklappe als Ursache für ausgeschlossen zu halten. Er hat es als für ihn feststehend gewertet, dass die Undichtigkeit bereits im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs angelegt war. Dabei handelt es sich nicht lediglich um eine Mutmaßung oder Vermutung des Sachverständigen, sondern um eine Schlussfolgerung aus den festgestellten Tatsachen auf Grundlage seiner Sachkunde.

Hieraus ergibt sich keine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine andere Ursache, die durch eine weitere Untersuchung aufgedeckt werden könnte. Dies wird auch in der Berufungsbegründung nicht aufgezeigt. Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, warum die Klägerin erstmals am 16.08.2007 den Eintritt von Wasser bemerkt hat, sodass weder der Sachverständige noch das Landgericht Anlass dafür hatten, dieser Frage nachzugehen. Neben den vom Landgericht … genannten Gründen kommt beispielsweise auch in Betracht, dass zuvor ebenfalls Wasser eingetreten war und die Klägerin dies nur nicht bemerkt hatte.

4. Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung, auf die verwiesen wird, festgestellt, dass es sich nicht um einen unerheblichen Mangel i. S. von § 323 V 2 BGB handelt. Dabei kommt es nicht maßgeblich darauf an, dass die voraussichtlichen Kosten der Mangelbeseitigung mit Neuteilen nach der Kalkulation des Sachverständigen 285,36 € brutto betragen würden, der Sachverständige auch eine Abdichtung mit Dichtmittel für möglich hält, die nach seiner Schätzung circa 50 € brutto kosten würde, und dass der Kaufpreis 12.433,70 € betrug. In erster Linie ist auf die Einschränkung der Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VIII ZR 166/07, NJW 2009, 508 [509]). Diese ist nicht unerheblich, zumal beim Eindringen von Feuchtigkeit in den Innenraum mit der Gefahr weitergehender Schäden zu rechnen ist (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.06.2004 – 12 U 112/04, DAR 2005, 31). Das Fahrzeug ist deshalb nicht nur für längere Regenfahrten kaum geeignet, sondern sollte je nach Witterungsverhältnissen auch nicht im Freien geparkt werden.

Das Landgericht hat auch zutreffend berücksichtigt, dass die Beklagte den Mangel trotz vierfacher Nachbesserungsversuche nicht beseitigen konnte. Das Landgericht hat den Vortrag der Beklagten zutreffend gewürdigt. Die Klägerin hat … Beseitigungsversuche der Beklagten im Jahr 2007 vorgetragen (Einstellen von Heckklappe bzw. Heckscheibe, Austausch der Dichtung im Bereich der Heckklappe). Das ergibt sich auch aus dem als Anlage K 16 eingereichten Reparaturauftrag. Zudem hat sie vorgetragen, die Beklagte habe nach der vierten Reklamation behauptet, Mängelbeseitigungsarbeiten durchgeführt zu haben. Dies war erstinstanzlich gemäß § 138 II und III ZPO unstreitig, da die Beklagte dies nicht bestritten hat, sondern lediglich … behauptet hat, bei einer Untersuchung am 10.01.2008, also nach der Rücktrittserklärung, keine Mängel festgestellt zu haben. Sollte die Beklagte die Nachbesserungsversuche jetzt erstmals bestreiten wollen, wäre sie hiermit ausgeschlossen(§ 531 II ZPO).

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann der Wassereintritt nicht als lediglich geringfügig und damit unerheblich angesehen werden. Es kann dahinstehen, ob das Eindringen lediglich geringer Wassermengen hinzunehmen ist, wie die Beklagte offenbar meint. Dass auf den Bildern 10–13 des Gutachtens vom 02.09.2008 keine großen Wassermengen zu sehen sind, liegt daran, dass der Sachverständige die Beregnung abgebrochen hat, als er den Wassereinbruch festgestellt hat (S. 10 des Gutachtens vom 02.09.2008). Da es nach den Feststellungen des Landgerichts erst zu Wassereinbrüchen kommt, wenn sich die Mulde der Abdeckung mit Wasser gefüllt hat (s. auch S. 6 des Ergänzungsgutachtens vom 14.11.2008), kann gerade nicht festgestellt werden, dass es bei weiterem Regen bei geringfügigen Wassereinbrüchen bleiben würde (zur Beweislast des Verkäufers im Rahmen des § 323 V 2 BGB vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.01.2008 – I-1 U 152/07, NJW-RR 2008, 1199 [1201]; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl. [2009], Rn. 545; BeckOK-BGB/Grothe, Stand: 01.02.2007, § 323 Rn. 45).

Die Beklagte hat zutreffend erkannt, dass nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 05.11.2008 – VIII ZR 166/07, NJW 2009, 508 [509]) ein Mangel nicht unerheblich ist, wenn ein Käufer deswegen vom Kauf Abstand nehmen würde. Warum dies nur für Gebrauchtwagen, nicht aber für Neuwagen gelten soll, ist nicht ersichtlich und ergibt sich auch nicht aus der zitierten Entscheidung. Es ist zwar zutreffend, dass ein Neuwagenkäufer höhere Anforderungen an den Zustand des Fahrzeugs stellen wird als ein Gebrauchtwagenkäufer. Das liegt schon wegen des in der Regel wesentlich höheren Kaufpreises in der Natur der Sache und muss auch bei der Frage, welche Mängel erheblich sind, Berücksichtigung finden. Es erscheint daher abwegig, wenn die Beklagte bei einem Neuwagenkauf darauf abstellen will, ob sich der durchschnittliche Käuferkreis eines entsprechenden Gebrauchtwagens vom Kauf abhalten lassen würde. Ein Käufer eines Neuwagens würde sich nicht mit dem Eintritt von Wasser in den Innenraum abfinden und vom Kauf Abstand nehmen. Das müsste im Übrigen auch für den Käufer eines entsprechenden Gebrauchtwagens angenommen werden, zumal der Mangel … bei vier Nachbesserungsversuchen nicht beseitigt werden konnte.“

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