- Im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit sind die Parteien eines Kaufvertrags nicht gehindert, eine Vereinbarung zu treffen, die den Verkäufer verpflichtet, den Kaufvertrag durch Rückgewähr aller empfangenen Leistungen Zug um Zug gegen Rückgewähr der an den Käufer erbrachten Leistungen rückgängig zu machen. Eine Einigung über den Umfang der zurückzugewährenden Leistungen ist nicht erforderlich. Es genügt, dass sich der Verkäufer mit einer Rückabwicklung des Vertrags – die dann nach den Regeln der §§ 346 ff. BGB erfolgt – einverstanden erklärt.
- Während bei Fahrzeugen der gehobenen Klasse und bei Dieselfahrzeugen eine voraussichtliche Gesamtlaufleistung von 200.000 km oder mehr angenommen werden kann, ist bei einem Fahrzeug der Mittelklasse eine höhere Laufleistung als 150.000 km nicht zu erwarten.
- Ein Urteil, das eine vom Kläger zu leistende Nutzungsentschädigung nicht exakt beziffert, sondern den Beklagten verpflichtet, an den Kläger einen bestimmten Betrag „abzüglich 0,1747 € pro Kilometer“ gemäß Tachostand des zurückzugebenden Fahrzeugs zu zahlen, ist nicht vollstreckungsfähig.
OLG Koblenz, Urteil vom 18.12.2008 – 6 U 564/08
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Neuwagen.
Die Klägerin erwarb im Jahre 2005 von der Beklagten einen Neuwagen zum Preis von 26.079 € und nahm zu diesem Zweck ein Darlehen bei der P-Bank auf. Nachdem die Klägerin Mängel an dem Fahrzeug gerügt hatte, erklärte sich die Beklagte mit Schreiben vom 26.07.2007 (überschrieben mit „Unstreitigstellung“) bereit, den Kaufvertrag rückabzuwickeln. Zugleich kündigte sie an, sie werde von dem zurückzuzahlenden Kaufpreis ein Nutzungsentgelt in Höhe von 0,5 % des Bruttokaufpreises pro angefangene 1.000 km Laufleistung in Abzug bringen.
Die Klägerin meint, die Beklagte schulde ihr die Rückzahlung des Kaufpreises, die Erstattung der an die P-Bank gezahlten Zinsen und die Herausgabe der erlangten Zinsvorteile. Zugunsten der Beklagten sei eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,5 % des Fahrzeugneupreises pro gefahrene 1.000 km in Abzug zu bringen.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 20.312,93 € abzüglich 0,1747 € pro Kilometer, der gemäß Tachostand des zurückzugebenden Fahrzeugs 33.000 km übersteigt, und zuzüglich Zinsen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pkw, zu zahlen.
Gegen dieses Urteil haben die Beklagte und ihre Streithelferin Berufung eingelegt. Sie begehren die Abweisung der Klage, soweit die Klägerin einen höheren Betrag als 6.124,37 € abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,17473 € pro gefahrenen Kilometer im Zeitpunkt der Rückgabe des Pkw geltend macht. Zur Begründung tragen sie vor, eine Vereinbarung über die Rückabwicklung des Kaufvertrags sei nicht zustande gekommen. Die Voraussetzungen eines gesetzlichen Rücktrittsrechts seien nicht dargetan. Im Übrigen sei es in Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 358, 359 BGB interessengerecht, den Anspruch der Klägerin auf die an die finanzierende Bank erbrachten Leistungen sowie den von der Beklagten gezogenen Zinsvorteil zu beschränken und hiervon die geschuldete Nutzungsentschädigung abzuziehen.
Mit ihrer Anschlussberufung will die Klägerin erreichen, dass die Beklagte verurteilt wird, an sie 21.775,97 € abzüglich 0,1304 € pro Kilometer, der gemäß Tachostand des zurückzugebenden Fahrzeugs 33.000 km übersteigt, nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Pkw zu zahlen. Die Klägerin ist der Ansicht, die zu entrichtende Nutzungsentschädigung betrage nur 0,1304 € pro Kilometer, da von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 200.000 km auszugehen sei.
Die Rechtsmittel hatten nur zu einem geringen Teil Erfolg.
Aus den Gründen: Die Klägerin hat Anspruch auf Rückgewähr des an die Beklagte geleisteten Kaufpreises, Erstattung der im Zusammenhang mit dem Kauf entstandenen Finanzierungskosten und Herausgabe der der Beklagten entstandenen Zinsvorteile. Die Beklagte hat demgegenüber Anspruch auf Herausgabe des Kaufgegenstands und Zahlung einer Nutzungsentschädigung (§§ 346 I, 347 II, 348 BGB).
1. Der von den Parteien geschlossene Kaufvertrag über den Pkw … ist durch Vereinbarung der Parteien wirksam in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt worden.
Die Beklagte machte der Klägerin durch die mit „Unstreitigstellung“ überschriebene schriftliche Erklärung vom 26.07.2007 das Angebot zu einer Rückabwicklungsvereinbarung. Dieses nahm die Klägerin spätestens mit der Geltendmachung ihrer Rechte aus dieser Vereinbarung zumindest stillschweigend an. Das Schreiben der Beklagten vom 26.07.2007 enthält die Erklärung:
„Wir bestätigen Ihnen hiermit nun auch schriftlich, dass wir bereit sind, den Kaufvertrag vom 24.11.2005 über den …, Fahrgestellnummer … rückabzuwickeln.“
Inhalt dieser Vereinbarung ist die Verpflichtung der Beklagten, den Kaufvertrag durch Rückgewähr aller empfangenen Leistungen Zug um Zug gegen Rückgewähr der an die Gegenseite erbrachten Leistungen rückgängig zu machen. Gewollt ist ersichtlich eine Rückabwicklung nach den Regeln der §§ 346 ff. BGB. Da das Rückabwicklungsverhältnis nicht durch einseitige Erklärung gemäß §§ 323, 437 BGB herbeigeführt wurde, entspricht die Vereinbarung einer Wandlungsvereinbarung nach § 465 BGB a.F. Wie bei dieser ist eine Einigung auf den Umfang der zurückzugewährenden Leistungen nicht Inhalt der Abrede, sondern diese beschränkt sich darauf, dass der Verkäufer sich mit der Rückabwicklung einverstanden erklärt. Im Rahmen der Vertragsfreiheit sind die Parteien auch nach Außerkrafttreten der früheren Gewährleistungsbestimmungen nicht daran gehindert, solch eine Vereinbarung zu treffen, in der die auszutauschenden Leistungen noch nicht bestimmt sind. Wollte man darin eine einvernehmliche Aufhebung des Kaufvertrags sehen, ergäbe sich nichts anderes (vgl. dazu MünchKomm-BGB/Emmerich, BGB, 5. Aufl., § 311 Rn. 34).
Das Schreiben der Beklagten ist auch in seiner Gesamtheit nicht dahin auszulegen, dass die Beklagte sich nur unter Festlegung auf bestimmte zu erbringende Zahlungen zur Rückgängigmachung des Kaufvertrags verpflichten wollte. An das Angebot zur Rückabwicklung schließen sich folgende Passagen an:
„Im Rahmen dieser Rückabwicklung wird das Fahrzeug frei von Schäden zurückgenommen. Bitte vereinbaren Sie einen Termin zur Rückgabe des Fahrzeugs und Überprüfung auf Vorhandensein von Schäden.
Nach Rückgabe und Überprüfung werden wir Ihnen den Kaufpreis in Höhe von 26.079,00 € abzgl. Nutzungsentgelts und ggf. abzüglich der Instandsetzung für Schäden auf ein von Ihnen zu benennendes Konto überweisen. Das Nutzungsentgelt berechnet sich wie folgt: 0,5 % des Bruttokaufpreises pro angefangene 1.000 km Laufleistung. Maßgeblich ist der km-Stand bei Fahrzeugrückgabe: 30.800 km.“
Darin kommt nicht zum Ausdruck, die Beklagte erkläre ihre Bereitschaft zur Rückabwicklung unter der Bedingung, dass die von ihr vorgeschlagene Berechnung der in Abzug zu bringenden Nutzungsentschädigung von der Klägerin akzeptiert werde. Einem solchen Verständnis des Schreibens steht zum einen der Wortlaut des Textes entgegen: Die Bestätigung, dass die Beklagte zu einer Rückabwicklung bereit sei, ist mit den darauf folgenden Passagen sprachlich nicht verknüpft, sondern wird vorweg ohne jede Einschränkung erklärt. Dies zeigt sich zudem in der gewählten Überschrift „Unstreitigstellung“, welche dafür spricht, dass lediglich der Streit darüber beigelegt sein sollte, ob überhaupt eine Rückabwicklung stattfinde, dass also eine Einigung über deren Voraussetzungen, nicht aber ein abschließender Vertrag über die zu erbringenden Zahlungen gewollt war. Auch der Sachzusammenhang lässt nicht erkennen, dass es bei dem Kaufvertrag hätte verbleiben sollen, falls es nicht zu einer Einigung über die Höhe der Nutzungsentschädigung kommen sollte. Dies wäre nicht vereinbar mit dem letzten Absatz des Schreibens:
„Weitere Ansprüche halten wir für nicht gegeben. Wir schlagen Ihnen vor, die Rückabwicklung auf Basis der vorstehenden Berechnung nun durchzuführen. Sollten Sie der Meinung sein, weitere Ansprüche zu haben, bleibt es Ihnen unbenommen, diese gesondert geltend zu machen.“
Darin zeigt sich, dass die Beklagte sich mit einer Rückabwicklung auch für den Fall einverstanden erklären wollte, dass über die Höhe der Geldleistungen kein Einvernehmen erzielt würde.
Der Klägerin stehen daher aufgrund der vorgenannten Vereinbarung alle Ansprüche nach den §§ 346 ff. BGB zu, ohne dass sie die Voraussetzungen eines gesetzlichen Rücktrittsrechts nach § 437 Nr. 2 BGB dartun müsste.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß § 346 I BGB Anspruch auf Rückzahlung des entrichteten Kaufpreises von 26.079,00 €.
Entgegen der Auffassung der Beklagten sowie der Streithelferin beschränkt der Anspruch der Klägerin sich nicht auf die von ihr an die finanzierende Bank gezahlten Raten und die von der Beklagten gezogenen Zinsvorteile. Eine entsprechende Anwendung der §§ 358, 359 BGB ist ausgeschlossen. Diese Bestimmungen gelten nur für den Fall des Widerrufs eines Vertrags nach § 355 BGB. Als Sondervorschriften sind die Bestimmungen über verbundene Verträge einer Analogie grundsätzlich nicht zugänglich. Dass sie nicht zu dem Untertitel betreffend den Rücktritt, sondern zu dem gesonderten Untertitel „Widerruf und Rückgaberecht bei Verbraucherverträgen“ gehören, zeigt, dass diese Bestimmungen nach dem Willen des Gesetzgebers für Fälle des allgemeinen Rücktrittsrechts nicht gelten sollen. Dies entspricht auch dem Zweck der Bestimmungen, den Verbraucherschutz gerade in den speziellen Fällen eines Widerrufsrechts bei Haustürgeschäften, Verbraucherkreditverträgen u. ä. zu gewährleisten.
Soweit die Streithelferin geltend macht, es habe nicht einer Klage auf Rückzahlung des Kaufpreises bedurft, um der Klägerin das zu verschaffen, „was ihr letztlich zusteht“, mag dahinstehen, ob die Beklagte die volle Kostentragungspflicht durch ein sofortiges Teilanerkenntnis hätte abwenden können. Jedenfalls wäre der Streitwert auch dann, wenn die Ablösung des Restkredits von der Beklagten zu übernehmen wäre und die Zahlungsklage nur auf den Differenzbetrag gerichtet gewesen wäre, nicht geringer gewesen. Denn die Klägerin hätte in diesem Fall nicht nur Anspruch auf Erstattung der gezahlten Raten, sondern darüber hinaus auch einen Anspruch auf Freistellung von der restlichen Darlehensverpflichtung geltend machen können. Denn das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Kredit gewährenden Bank bestand unabhängig von der Rückabwicklung des Kaufvertrags fort.
3. Neben der Rückzahlung des Kaufpreises schuldet die Beklagte der Klägerin Erstattung der von dieser für den Kauf aufgewandten Finanzierungskosten mindestens in Höhe des vom Landgericht insofern zugesprochenen Betrags, nämlich 1.049,10 €.
Dieser Anspruch ergibt sich, wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, aus § 347 II 2 BGB. Denn soweit die Klägerin der Beklagten nach § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB die Herausgabe gezogener Nutzungen schuldet, die sie ohne die Aufwendungen zur Vertragsdurchführung nicht hätte machen können, kann sie von der Rückgewährgläubigerin gemäß § 347 II 2 BGB Ersatz verlangen (vgl. dazu Staudinger/Kaiser, BGB, Neubearb. 2004, § 347 Rn. 56).
Zur Finanzierung des Kaufpreises wandte die Klägerin Zinsen und Gebühren in Höhe von 1.975,23 € auf.
Die Klägerin hatte bei der P-Bank einen Kredit in Höhe von 26.079 € netto aufgenommen und zahlte hierauf von Mai 2006 bis September 2007 monatliche Raten von 334,44 €. Vereinbart war ein Zinssatz von 3,27 %, nicht dagegen, wie vom Landgericht angenommen, von 3,99 %. Letzteres ist vielmehr laut „Auto-Darlehens-Vertrag“ vom 05.04.2006 der Effektivzins unter Berücksichtigung der Bearbeitungsgebühr. Da die Raten zugleich der Tilgung des Darlehens und der Zahlung der Zinsen dienten, ergibt sich folgende Berechnung:
Rate | Kapitalanteil | Zinsanteil | Restschuld | |
26.079,00 € | ||||
1. Rate (05.05.2006) | 334,44 € | 263,37 € | 71,07 € | 25.815,63 € |
2. Rate (05.06.2006) | 334,44 € | 264,09 € | 70,35 € | 25.551,54 € |
3. Rate (05.07.2006) | 334,44 € | 264,81 € | 69,63 € | 25.286,73 € |
4. Rate (05.08.2006) | 334,44 € | 265,53 € | 68,91 € | 25.021,20 € |
5. Rate (05.09.2006) | 334,44 € | 266,26 € | 68,18 € | 24.754,94 € |
6. Rate (05.10.2006) | 334,44 € | 266,98 € | 67,46 € | 24.487,96 € |
7. Rate (05.11.2006) | 334,44 € | 267,71 € | 66,73 € | 24.220,25 € |
8. Rate (05.12.2006) | 334,44 € | 268,44 € | 66,00 € | 23.951,81 € |
9. Rate (05.01.2007) | 334,44 € | 269,17 € | 65,27 € | 23.682,64 € |
10. Rate (05.02.2007) | 334,44 € | 269,90 € | 64,54 € | 23.412,74 € |
11. Rate (05.03.2007) | 334,44 € | 270,64 € | 63,80 € | 23.142,10 € |
12. Rate (05.04.2007) | 334,44 € | 271,38 € | 63,06 € | 22.870,72 € |
13. Rate (05.05.2007) | 334,44 € | 272,12 € | 62,32 € | 22.598,60 € |
14. Rate (05.06.2007) | 334,44 € | 272,86 € | 61,58 € | 22.325,74 € |
15. Rate (05.07.2007) | 334,44 € | 273,60 € | 60,84 € | 22.052,14 € |
16. Rate (05.08.2007) | 334,44 € | 274,35 € | 60,09 € | 21.777,79 € |
17. Rate (05.09.2007) | 334,44 € | 275,10 € | 59,34 € | 21.502,69 € |
5.685,48 € | 4.576,31 € | 1.109,17 € |
Bis einschließlich Mai 2007 entrichtete die Klägerin also Zinsen in Höhe von 1.109,17 €. In der Folgezeit fielen auf den noch offenen Betrag von 21.502,69 € bis September 2007 weitere Zinsen in Höhe von 351,57 € an. Eine Kontrollrechnung ergibt jedoch, dass die Klägerin einen um 7,09 € geringeren Zinsbetrag zahlte. Sie überwies an die Kredit gebende Bank am 14.03.2008 einen Betrag von 22.368,75 €. Darin sind enthalten das Restkapital (21.502,69 €) und die vereinbarte Bearbeitungsgebühr von 521,58 €. Der überwiesene Betrag enthält somit Zinsen nur in Höhe von 344,48 €. Zusammen mit den bis Mai gezahlten Zinsen (1.109,17 €) und der Bearbeitungsgebühr (521,58 €) ergeben sich Zinsen und Gebühren von insgesamt 1.975,23 €.
Hiervon ist der Klägerin durch das Urteil des Landgerichts nur ein Teil zugesprochen worden, nämlich Zinsen in Höhe von 3,99 % aus 26.079 € für die Zeit vom 05.06.2006 bis zum 08.06.2007, das heißt ein Betrag von 1.049,10 €. Da die Klägerin gegen das Urteil bezüglich der zu erstattenden Finanzierungskosten kein Rechtsmittel eingelegt hat, muss es bei diesem Betrag bleiben.
3. Die Beklagte hat der Klägerin gemäß § 346 I BGB die Nutzungen herauszugeben, die sie aus dem an sie gezahlten Betrag gezogen hat. Dabei handelt es sich um ersparte Kreditzinsen mindestens in Höhe der vom Landgericht insofern zugesprochenen Zinsen, das heißt für die Zeit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung von 2.773,13 €.
Die P-Bank zahlte an die Beklagte auf den mit der Klägerin vereinbarten Kaufpreis am 05.06.2006 einen Betrag von 21.775,97 €. Die von der Beklagten aufzubringenden Refinanzierungszinsen betragen 5,5 %. Beides ist unstreitig. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vom 27.11.2008 (2 Jahre und 332 Tage) zog die Beklagte aus dem Geldbetrag somit einen Vorteil in Höhe von 2.966,58 €. Diese Summe hat die Beklagte daher an die Klägerin herauszugeben.
Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Streithelferin beschränkt sich ihre Verpflichtung nicht auf die von ihr bis zum 08.06.2007 gezogenen Nutzungen. Denn die Beklagte arbeitet mit dem ihr zur Verfügung gestellten Kapital über diesen Zeitpunkt hinaus bis zur Rückzahlung an die Klägerin. Dafür, dass ihr die Zinsvorteile infolge einer internen Vereinbarung mit ihrer Bank ab dem 08.06.2007 wieder verloren gingen, wie von der Streithelferin wohl geltend gemacht, werden keine Tatsachen vorgetragen.
Zur Herausgabe der Zinsvorteile, welche die Beklagte nach dem 27.11.2008 zog, war sie nicht zu verurteilen, da ihr – wie noch auszuführen sein wird – derzeit auch Nutzungsvorteile nur bis zu diesem Zeitpunk zugesprochen werden konnten (vgl. dazu Staudinger/Kaiser, a. a. O., § 347 Rn. 56).
Durch das angefochtene Urteil wurde der Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen in Höhe von 5,5 % aus 20.312,93 EUR ab 05.06.2006 zugesprochen. Bis zum 27.11.2008 entspricht das einem Betrag von 2.773,13 €. Auch insofern ist das Urteil von der Klägerin nicht angefochten worden.
4. Den Ansprüchen der Klägerin steht ein Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der Nutzungsvorteile gegenüber, welche der Klägerin durch die Verwendung des gekauften Fahrzeugs entstanden sind (§ 346 I und II Nr. 1 BGB). Der Anspruch wird auf 6.413,06 € geschätzt.
In der Rechtsprechung ist weitgehend anerkannt, dass der Wert der Nutzung eines Fahrzeugs anhand des Neuwertes des Fahrzeugs und der zu erwartenden Gesamtlaufleistung als lineare Wertminderung nach folgender Formel zu errechnen ist:
$$\text{Gebrauchsvorteil} = {\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{zurückgelegte Fahrstrecke}}{\text{voraussichtliche Gesamtlaufleistung}}}$$
Das neue Fahrzeug hatte einen Wert von 26.079,00 €. Die Klägerin hat damit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung 36.709 km zurückgelegt. Als Lebenserwartung des Pkw nimmt der Senat wie das Landgericht eine Laufleistung von 150.000 km an.
Während die ältere Rechtsprechung auf der Grundlage einer Lebenserwartung des Fahrzeugs von lediglich 100.000 km zu einem Wert von 1 % des Neuwerts je 1.000 km gelangte, werden heute meist ausgehend von 150.000 km 0,67 % des Neuwerts je 1.000 km zugrunde gelegt. Jedoch ist bei Fahrzeugen der gehobenen Klasse oder bei Dieselfahrzeugen auch die Annahme einer Laufleistung von 200.000 km und mehr möglich (vgl. MünchKomm-BGB/Gaier, 5. Aufl., § 346 Rn. 27 mit Angabe von Rspr.). Da es sich hier aber um ein Mittelklassefahrzeug handelt, ist eine höhere Laufleistung als 150.000 km nicht zu erwarten.
Das Landgericht hat daher die geschuldete Nutzungsentschädigung zu Recht auf der Grundlage von – aufgerundet – 0,67 % von 26.079 € pro 1.000 km oder 0,1747 €/km errechnet. Die zurückgelegte Strecke von 36.709 km entspricht daher einem Nutzungswert von 6.413,06€. Dieser Betrag ist an die Beklagte herauszugeben.
6. Der Klägerin ist also vom Landgericht zu Recht zugesprochen worden:
Kaufpreis | 26.079,00 € |
Finanzierungskosten | 1.049,10 € |
Zinsvorteile der Beklagten bis 27.11.2008 | 2.773,13 € |
Summe | 29.901,23 € |
Diesem Zahlungsanspruch der Klägerin steht gegenüber der Anspruch auf Nutzungsvorteile bis 27.11.2008: 6.413,06 €. Da die Parteien sich darauf geeinigt haben, dass ihre gegenseitigen Geldansprüche zu verrechnen sind, verbleibt folgender Anspruch der Klägerin: 23.488,17 €. Diesen Betrag hat die Beklagte der Klägerin Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Pkw zu zahlen.
Die Beklagte kann sich gegenüber dem Zahlungsanspruch der Klägerin nicht darauf berufen, dass diese zur Rückübereignung des gekauften Pkw nicht in der Lage sei, weil das Fahrzeug der finanzierenden Bank zur Sicherheit übereignet worden sei. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein solcher Einwand bereits deshalb nicht greift, weil es der Klägerin zu überlassen ist, wie sie die Eigentumsverschaffung bewerkstelligt. Überdies hat die Klägerin das Eigentum an dem Fahrzeug mittlerweile erlangt, wie sie durch Vorlage des Kfz-Briefs bewiesen hat.
7. Das angefochtene Urteil war neu zu fassen, soweit die Beklagte zur Zahlung eines Betrags abzüglich 0,1747 € pro Kilometer gemäß Tachostand (über 33.000 km) des zurückzugebenden Fahrzeugs verurteilt worden ist. Denn das Urteil wäre nach Auffassung des Senats so nicht vollstreckungsfähig. Die in Abzug zu bringenden Nutzungsentschädigung war deshalb zu beziffern.
Ein Titel ist nur dann zur Vollstreckung geeignet, wenn er inhaltlich hinreichend bestimmt ist. Maßgeblich hierfür ist in erster Linie der Tenor, gegebenenfalls unter Heranziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen. Ein zu vollstreckender Zahlungsanspruch ist hinreichend bestimmt, wenn er betragsmäßig festgelegt ist oder sich aus dem Vollstreckungstitel ohne Weiteres errechnen lässt. Dies ist der Fall, wenn die Berechnung mithilfe „offenkundiger“ – zum Beispiel aus dem Bundesgesetzblatt oder dem Grundbuch ersichtlicher – Umstände möglich ist (BGH, NJW 1995, 1162). Ist die Berechnung nur unter Heranziehung von außerhalb des Titels liegenden Umständen möglich, die nicht in diesem Sinne offenkundig sind, so ist es den Vollstreckungsorganen grundsätzlich verwehrt, hierauf zurückzugreifen. Deshalb können zum Beispiel Urkunden, auch Teile der Prozessakten, nur beachtet werden, wenn sie zum Bestandteil des Urteils gemacht worden sind; eine Bezugnahme auf nicht zum Bestandteil gemachte Urkunden reicht nicht aus (Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl., § 704 Rn. 6). Ein solches „Dokument“ stellt der Tachometer des herauszugebenden Fahrzeugs dar.
Entgegen der in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretenen Meinung (z. B. OLG Karlsruhe, Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, NJW 2003, 1950 [1951]; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 469) ist der Tenor, der auf den Tachostand im Zeitpunkt der Rückgabe des Fahrzeugs Bezug nimmt, keineswegs eindeutig. So kann es zum Beispiel im Falle einer Vollstreckung nach wörtlichem Angebot gemäß § 756 II ZPO für den Gerichtsvollzieher unklar sein, welcher Tachostand maßgeblich sein soll. Das Argument, durch einen so gefassten Urteilstenor würde einer Vollstreckungsgegenklage vorgebeugt (so OLG Karlsruhe, Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, NJW 2003, 1950 [1951]), trifft nicht zu. Würde ein solches Urteil als Vollstreckungstitel zugelassen, so käme mangels hinreichender Bestimmtheit des abzuziehenden künftig anfallenden Betrags allenfalls eine Vollstreckung wegen der bezifferten Forderung, also ohne den Abzug in Betracht; der Schuldner wäre hinsichtlich der ihm zustehenden weiteren Nutzungsentschädigung darauf angewiesen, diese im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen (vgl. zu Ermäßigungsklauseln in einer vollstreckbaren Urkunde: BGH, NJW 1997, 2887 [2888]; Musielak/Lackmann, a. a. O., § 704 Rn. 7).
Zwar wird es allgemein als zulässig angesehen, einen Beklagten zur Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung bis zur Rückgabe der genutzten Sache zu verurteilen. Dies entspricht den sonstigen zahlreichen Fällen der Titulierung laufender Leistungen (Unterhalt, Renten, Mietzins usw.), die, auch wenn es so nicht in den Tenor aufgenommen wird, materiell-rechtlich unter dem Vorbehalt wesentlich gleichbleibender Verhältnisse stehen, und bei deren Änderung die Initiative zur Korrektur des Titels in der Regel durch Abänderungs- oder Vollstreckungsgegenklage nach §§ 323, 767 ZPO dem Vollstreckungsschuldner überlassen bleibt (BGH, NJW 1999, 954). Diese Fälle sind jedoch nicht vergleichbar mit dem vorliegenden, in welchem die Beklagte nicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung sondern zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags abzüglich einer Nutzungsentschädigung verurteilt worden ist, die zudem nicht eindeutig für bestimmte Zeiträume festgesetzt ist.
Einer Auslegung, durch die das Urteil einen vollstreckungsfähigen Inhalt erhalten könnte, ist der Urteilstenor nicht zugänglich. In der Rechtsprechung ist allerdings anerkannt, dass es der Vollstreckungsfähigkeit eines notariellen Vertrags nicht entgegensteht, wenn sich die Höhe der titulierten Forderung aufgrund materiell-rechtlicher Regelungen in derselben Notarurkunde ermäßigen kann. Voraussetzung hierfür ist, dass diese materiell-rechtlichen Regelungen nicht Gegenstand der Unterwerfungserklärung sind (BGH, NJW 1996, 2165 [2166]). Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor. Aus dem Tenor des angefochtenen Urteils kann ein vollstreckbarer Teil die bezifferte Forderung nicht herausgetrennt werden. Denn der Zusatz „abzüglich 0,1747 € pro Kilometer …“ ist sowohl sprachlich als auch inhaltlich Bestandteil der Urteilsformel.
Wenngleich das Urteil bezüglich des oben bezeichneten Zusatzes von der Beklagten nicht angefochten worden ist, kann der Senat dennoch den Tenor in diesem Punkt abändern. Die Bestimmung des § 528 Satz 2 ZPO hindert das Berufungsgericht im vorliegenden Fall nicht daran, das angefochtene Urteil in eine vollstreckungsfähige Form zu bringen. Zwar hat das Gebot der Berücksichtigung zwingenden, von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensrechts grundsätzlich keinen Vorrang vor dem Verschlechterungsverbot (vgl. BGH, NJW 1986, 1494 ff.). Eine Ausnahme muss jedoch für solche prozessualen Mängel gelten, die wie hier die Unwirksamkeit des teilweise angefochtenen Urteils zur Folge haben oder geeignet sind, den Eintritt seiner materiellen Rechtskraft zu hindern (Musielak/Ball, 6. Aufl., § 528 Rn. 17).
8. Die Beklagte unterliegt nach allem mit ihrer Berufung in folgendem Umfang:
Kaufpreis | 26.079,00 € | |
Finanzierungskosten der Klägerin | + | 1.049,10 € |
27.128,10 € | ||
zugestanden von der Beklagten | − | 6.124,37 € |
21.003,73 € | ||
Zinsvorteile der Beklagten | + | 2.773,13 € |
zugestanden von der Beklagten (bis 08.06.2007) | − | 1.442,21 € |
Nutzungsvorteile der Klägerin | − | 6.413,06 € |
zugestanden von der Beklagten (bis 27.11.2008) | + | 6.413,06 € |
erfolgloser Teil der Berufung | 22.334,65 € |
Erfolg hat die Berufung nur, soweit die Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Herausgabe von Zinsvorteilen für die Zeit nach dem 27.11.2008 wendet.
Die Anschlussberufung der Klägerin ist erfolgreich, soweit für die Zeit nach dem 27.11.2008 ein geringerer Abzug als 0,1747 €/km geltend gemacht wird. Im Übrigen war die Anschlussberufung zurückzuweisen …