Eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung, wie § 323 II Nr. 1 BGB sie voraussetzt, liegt nur vor, wenn die Ablehnung als das letzte Wort des Schuldners aufzufassen ist und eine Änderung seines Entschlusses ausgeschlossen erscheint. An eine solche Deutung sind strenge Anforderungen zu stellen. Es reicht regelmäßig nicht aus, dass der Schuldner behauptete Mängel leugnet.
OLG Koblenz, Urteil vom 13.11.2008 – 5 U 900/08
Sachverhalt: Der Beklagte betreibt eine Pferdezucht. Am 29.08.2006 kaufte der Kläger dort eine vierjährige Stute zum Preis von 7.000 €. Seinem Vortrag nach hatte der Beklagte zuvor erklärt, das Pferd sei ruhig und könne von Kindern geritten werden. Entgegen dieser Aussage habe sich das Tier dann aber zunehmend nervös gebärdet. So habe es etwa zehn Tage nach dem Kauf wegen Hundegebells gescheut und im weiteren Verlauf Reiter abgeworfen. Vor diesem Hintergrund habe der Beklagte entsprechend einer von vornherein getroffenen Abrede im November 2006 die Rückabwicklung des Kaufvertrags zugesagt. Diese Zusage sei im Folgemonat bestätigt worden. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.01.2007 teilte der Kläger dem Beklagten mit, „dass die Zusicherungen, die vor Kauf und auch am Tag des Kaufs von Ihnen abgegeben worden sind, nicht zutreffen“. Sodann wurde unter Bezug darauf, dass bereits im Dezember 2006 eine dahin gehende Erklärung erfolgt sei, „erneut der Rücktritt vom Kaufvertrag ausgesprochen“.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger den Beklagten im Wesentlichen auf Erstattung des Kaufpreises von 7.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen die Rückgabe der Stute in Anspruch genommen. Er hat seine Rechte auf die behauptete Rückabwicklungszusage des Beklagten, einen gesetzlichen Vertragsrücktritt und die Erwägung gestützt, dass der Vertrag vom 29.08.2006 wegen Wuchers nichtig sei. Das Landgericht ist dem nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: II. 1. Die Parteien haben am 29.08.2006 einen rechtswirksamen Kaufvertrag miteinander geschlossen, der den Beklagten berechtigt, den vom Kläger geleisteten Kaufpreis von 7.000 € zu behalten. Das Vorbringen des Klägers, der Vertrag sei wegen Wuchers nichtig (§ 138 I BGB), ist ohne Substanz. Es ist schon nicht nachvollziehbar dargetan, dass der für die Stute vereinbarte Kaufpreis in einem auffälligen Verhältnis zum damaligen Markwert des Tiers gestanden hätte . Das Vorbringen des Klägers erschöpft sich im Wesentlichen in Zahlenangaben. Greifbare Beurteilungskriterien, an die ein Sachverständigengutachten rückblickend anknüpfen könnte, fehlen …
2. Dem Kaufvertrag ist auch nicht nachträglich die Grundlage entzogen worden. Die Rücktrittserklärung des Klägers war wirkungslos. Sie wurde weder durch die gesetzlichen Mängelgewährleistungsvorschriften noch durch die Parteivereinbarungen getragen.
a) Die Voraussetzungen der §§ 434, 437 Nr. 3, § 323 BGB sind nicht erfüllt. Das gilt ohne Rücksicht darauf, ob das verkaufte Pferd im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mit Fehlern behaftet war. Deshalb kann sowohl dahinstehen, inwieweit dem Kläger diesbezüglich die Vermutung des § 476 BGB zugutekommt (vgl. dazu BGH, NJW 2006, 2250 [2252 f.]), als auch offenbleiben, welche Abreden die Parteien zur Beschaffenheit des Tiers getroffen haben. Mithin geht die Rüge des Klägers fehl, das Landgericht sei gehalten gewesen, in diesem Zusammenhang in eine Beweisaufnahme einzutreten. In dem angefochtenen Urteil ist herausgestellt, dass der Kläger versäumt hat, dem Beklagten die nach § 323 I BGB erforderliche Frist zur Nacherfüllung zu setzen. Das hatte der Beklagte von vornherein eingewandt. Insofern bedurfte es in diesem Punkt keines richterlichen Hinweises. Wenn der Kläger nun erstmals in der Berufungsinstanz behauptet, eine Nacherfüllung sei unmöglich gewesen und zudem vom Beklagten noch verweigert worden, ist das unbehelflich. Das gilt schon unter dem formellen Gesichtspunkt der §§ 529 I, 531 II ZPO. Darüber hinaus ist das Vorbringen materiell ohne Durchschlagskraft …
Genauso wenig trägt der Hinweis auf eine Leistungsverweigerung des Beklagten. Der Kläger gibt an, er habe den Beklagten „anlässlich einer Ausstellung oder eines Turniers … auf die weitere Ausbildungsnotwendigkeit der Stute angesprochen“. Dieser habe „die Nachbesserung aber abgelehnt und behauptet, das sei seine, des Klägers, Sache und gehe ihn nichts an“. Das reicht nicht hin, um die Voraussetzungen des § 323 II Nr. 1 BGB zu bejahen und damit auf das Erfordernis einer Fristsetzung zur Nacherfüllung zu verzichten. Freilich lässt sich aus dieser – behaupteten – Äußerung ebenso wie aus der hiesigen Prozessführung des Beklagten herauslesen, dass die Mangelhaftigkeit der Kaufsache und eine daraus entspringende Mängelgewährleistungspflicht bestritten worden sind. Aber damit wurde die Leistung noch nicht, wie es das Gesetz verlangt, „ernsthaft und endgültig verweigert“. Eine entsprechende Verweigerung liegt nur vor, wenn die Ablehnung als das letzte Wort des Schuldners aufzufassen ist, so dass eine Änderung seines Entschlusses ausgeschlossen erscheint (Staudinger/Otto, BGB, Neubearb. 2004, § 281 Rn. B 107). An eine solche Deutung sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH, NJW 1986, 661). Ihnen ist regelmäßig noch nicht genügt, wenn der Schuldner – wie es der Beklagte hier getan hat – eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung seinerseits einwendet, indem er den vom Gläubiger behaupteten Vertragsinhalt oder vorgetragene Mängel leugnet (BGH, NJW-RR 1993, 882 [883]; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 281 Rn. 14). Das gilt jedenfalls so lange, wie seine Verteidigung nicht aus der Luft gegriffen ist und ihm ihre Haltlosigkeit nicht ohne Weiteres einsichtig gemacht wurde. So stellen sich die Dinge auch im vorliegenden Fall dar. Es gibt keinen greifbaren Anhalt dafür, dass sich das Pferd vor Abschluss des Kaufvertrags auffällig gezeigt hätte. Der Kläger selbst war nach den durchgeführten Proberitten zufrieden. Die von ihm geschilderten Schwierigkeiten traten erst längere Zeit nach der Übergabe auf. Darin, dass das Tier bereits kurzfristig, nämlich etwa zehn Tage nach dem Kauf, durch Hundegebell scheu geworden sein soll, lag noch keine relevante Auffälligkeit. Vor diesem Hintergrund ist der Standpunkt des Beklagten, seine Vertragsleistung sei regelgerecht gewesen, nicht offensichtlich abwegig.
b) Einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrags unabhängig von den gesetzlichen Mängelgewährleistungsregelungen hat der Kläger nicht …