Führt eine Werkstatt Arbeiten an einem defekten Navigationsgerät nach den Vorgaben des Herstellers durch, indem sie die empfohlenen Prüfungsschritte anhand einer speziellen Prüf-CD durchführt, so kann ihr keine Pflichtverletzung angelastet werden. Solange sich ein Vertragshändler an die Vorgaben eines Herstellers hält, müssen vielmehr besondere Umstände vorliegen, um die Annahme einer Pflichtverletzung zu begründen. Das Nichtbenutzen einer Reinigungs-CD stellt keinen solchen Umstand dar, wenn der Hersteller die Überprüfung bzw. Reparatur seiner Geräte mihilfe einer Reinigungs-CD ausdrücklich als nicht zulässig ansieht.
AG Saarbrücken, Urteil vom 08.07.2008 – 37 C 108/08
Sachverhalt: Der Kläger, ein Rechtsanwalt, ist Eigentümer eines Pkw. Er lässt seit etwa sechs Jahren notwendige Wartungsarbeiten in der von der Beklagten betriebenen Reparaturwerkstatt durchführen.
Das im Fahrzeug des Klägers als Teil einer Kombination fest installierte Navigationsgerät war ab Mitte 2007 zeitweise ausgefallen. Der Kläger behauptet, nach einiger Fahrzeit habe es meist die Funktion wieder aufgenommen. Die Ausfälle seien dann aber häufiger geworden und die Ausfallzeiten länger. Schließlich habe das Gerät überhaupt nicht mehr funktioniert, sondern habe über das Display nur Meldungen wie „CD-Lesefehler“ oder „keine Navigations-CD im Gerät“ ausgegeben. Schließlich sei überhaupt keine Navigation mehr möglich gewesen.
Auf entsprechende Vorsprache des Klägers habe die Beklagte das Fahrzeug für einen Tag in die Werkstatt genommen. Sodann sei mitgeteilt worden, dass der Defekt seine Ursache im Gerät selbst – also nicht in einer Nebenkomponente – habe, und dass das Gerät eingeschickt und gegebenenfalls repariert oder ausgetauscht werden müsse. Dies würde auf jeden Fall mindestens 800 € kosten. Für die Erstellung des Testergebnisses – dieses sei dem Kläger schon vorher bekannt gewesen – habe die Beklagte dem Kläger 47,48 € berechnet. Diese habe der Kläger bezahlt.
Der Kläger habe daraufhin ein mobile Navigationsgerät zum Preis von 249,99 € gekauft. Dieses habe jedoch unter anderem wegen des kleineren Displays einen gegenüber dem fest eingebauten Gerät stark eingeschränkten Komfort geboten. Danach habe der Kläger zufällig erfahren, dass es sogenannte Reinigungs-CDs gebe. Sie seien in der Lage, durch ein- oder mehrfachen Durchlauf im Abspielgerät die darin enthaltene Linse zu reinigen. Er, der Kläger, habe sich zwei solcher CDs besorgt. Nach insgesamt ca. acht Durchläufen mit einer Gesamtdauer von weniger als einer Minute seien Navigationsgerät und CD-Player saniert gewesen, und zwar nach gegenwärtigem Stand dauerhaft.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass eine Kfz-Firma, die eine Vielzahl von Fahrzeugen mit der im Klägerfahrzeug vorhandenen Ausrüstung wartet, bei der Art des hier vorliegenden und auch so geschilderten Defekts als allererste Maßnahme eine Reinigungs-CD einzusetzen habe, bevor Kosten auslösende Arbeiten durchgeführt werden. Der finanzielle Umfang des Einsatzes der Reinigungs-CD sei gering, das heißt ein in Gegenwart des Klägers unverzüglich durchgeführter Reinigungslauf oder allenfalls die Empfehlung, eine solche Reinigungs-CD anzuschaffen, wäre mit großer Wahrscheinlichkeit dem Kläger als Kunden nicht berechnet worden.
Geschäftsführer und die Kundendienstleute der Beklagten hätten keine Kenntnis von der Möglichkeit dieser Reinigungs-CD gehabt. Alle anderen, die beruflich mit CDs – seien es Navigations-CDs oder andere CDs – zu tun haben, einschließlich dem Kraftfahrzeugsachverständigen, sei die Existenz von Reinigungs-Discs bekannt gewesen. Für ihre Unkenntnis müsse die Beklagte haften und dem Kläger die nutz- und sinnlos aufgewandten Testkosten und die unnötig erbrachten Aufwendungen für das Mobilgerät erstatten. Denn Inhalt des mit der Beklagten geschlossenen Vertrags sei die Wiederherstellung der Funktion des Navigations- und CD-Wiedergabegeräts gewesen. Grund und Ursache der Fehlfunktion seien unbekannt gewesen. Daher habe der Kläger darauf vertrauen dürfen, dass der Unternehmer nur solche Maßnahmen ergreift, die zur Beseitigung des Mangels erforderlich sind. Der Unternehmer habe dafür einzustehen, dass er die anerkannten Regeln seines Handwerks beherrscht und sich über die technische Neuentwicklungen in seinem Arbeitsbereich informiert und für die Instandsetzung den preiswertesten Weg wählt. Diese Hauptpflicht sei hier verletzt worden.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 280 BGB auf Rückzahlung der 47,48 € Testgebühr bzw. auf Zahlung von 249,99 € für das vom Kläger angeschaffte mobile Navigationsgerät. Es fehlt an einer Pflichtverletzung der Beklagten.
Zwar folgt das Gericht im Grundsatz dem Hinweis des Klägers, dass die Beklagte bei ihren Arbeiten zunächst die billigste noch vertretbare Möglichkeit einer Reparatur in Betracht ziehen muss. Diese Verpflichtung ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis mit dem Kunden. Es muss auch als etwas erstaunlich bezeichnet werden, dass die Beklagte bei einem Fahrzeug der genannten Marke nur in der Lage ist, einen relativ groben Test durchzuführen. Bei einer angezeigten Fehlfunktion bleibt nur die Möglichkeit, dass das ganze System ausgebaut wird und generalüberholt werden muss bei zu erwartenden Reparaturkosten bis zu 800 €. Oder aber man muss nach Darstellung der Beklagten sich ein Austauschsystem zu einem Preis von 1.645 € beschaffen.
Ob, wie vom Kläger behauptet und von der Beklagtenseite bestritten, durch eine einfache Reinigungs-CD der Fehler dauerhaft hätte beseitigt werden können, kann dahinstehen. Denn Voraussetzung für einen Anspruch des Klägers wäre eine Pflichtverletzung der Beklagtenseite. Eine solche Pflichtverletzung hat der Kläger nicht nachgewiesen.
Aufgrund der Beweisaufnahme, insbesondere der Aussage des Zeugen Z, steht für das Gericht fest, dass die Beklagte die erforderlichen Prüfungsschritte ordnungsgemäß durchgeführt hat. Der Zeuge ist seit fünf Jahre Serviceleiter bei der Beklagten. Seit acht Jahren ist er Kfz-Meister. Der Zeuge hat nachvollziehbar dargelegt, dass es sich beim Navigationssystem um Zulieferungskomponenten handelt. Dafür gebe es spezielle Prüf-CDs. Diese habe man auch eingesetzt. Die Prüfung habe eine Fehlfunktion ergeben. Dies habe man dem Kunden mitgeteilt. Es gebe, so der Zeuge, eine klare Anweisung vom Werk, keine Reinigungs-CD oder eine gebrannte CD einzusetzen. Dies wisse er, der Zeuge, aus allen Lehrgängen, die er gemacht habe. Das Problem sei der Laserkopf. Der könne bei einer normalen Reinigungs-CD in Beschädigung geraten. Dieser sei kunststoffbeschichtet. Wenn dann Plastik auf Plastik gehe, könne das Probleme machen. Man habe nach dem Vorgang aufgrund der Reklamation des Kunden extra noch beim Werk angerufen. Man habe die Information erhalten, dass man derartige Reinigungs-CDs nicht einsetzen dürfe. Sie, die Beklagte, dürfe überhaupt nicht das Gerät öffnen.
Der Kläger, der selbst entsprechende Nachforschungen getätigt hat, hat bestätigt, dass das Werk auch weiterhin den Einsatz von derartigen Reinigungs-CDs untersagt.
Dann ist jedoch auch kein Raum für eine Pflichtverletzung der Beklagtenseite. Nach Auffassung des Gerichts kann man im Ansatz einer Fachfirma, die Vertragshändler ist, keinen Vorwurf machen, wenn sie sich an die Vorgaben des Herstellers hält. Allgemein ist die Frage der Überprüfung durch eine Vertragsfirma formal geregelt. So gibt es bestimmte Inspektionen bei einem bestimmten Kilometerstand, die vom Hersteller vorgegeben werden und die einzuhalten sind. Solange sich ein Vertragshändler mit nachvollziehbaren Gründen an derartige Vorgaben des Herstellers hält, müssten Besonderheiten vorliegen, um eine Pflichtverletzung zu begründen. Derartige Besonderheiten sind nicht nachgewiesen und sind auch nicht ersichtlich.
Die Beklagtenseite hat deutlich gemacht, warum die Einlegung einer Reinigungs-CD problematisch sein kann. Wesentlich ist dabei auch der unbestrittene Umstand, dass auch nach Kenntnis dieses Vorgangs die Hersteller weiter an dem Verbot von Reinigungs-CDs festhalten. In den Fahrzeugen ist immer mehr Technik eingebaut, die jedenfalls in Teilbereichen aus vielen Zulieferkomponenten besteht und die daher nicht dem Ursprungsbereich entspricht, den zum Beispiel Kfz-Meister als typische Mitarbeiter einer Autowerkstatt eigenständig überprüfen und überblicken können. Man kann daher einer Kfz-Werkstatt in rechtlicher Hinsicht nichts vorwerfen, wenn sie in diesen Bereichen die sichere Variante wählt und sich an die Vorgaben hält, die durch die Herstellerfirma formuliert werden.
Auch insoweit gibt es zwar Missbrauchsgrenzen. Missbrauchsgrenzen könnten zum Beispiel dort bestehen, wo für jeden sachkundigen Kfz-Meister sofort erkennbar ist, wo die Ursache für eine Fehlfunktion des Systems liegt und wo es erkennbar kostengünstigere Möglichkeiten gibt, durch die teure Reparaturen vermieden werden können. Dafür gibt es im vorliegenden Fall jedoch keine gerichtsverwertbaren Anhaltspunkte.
Die Frage der Reinigungs-CD wird, wie dargestellt, weiterhin von dem Hersteller in der Weise beantwortet, dass dies keine zulässige Überprüfungs- bzw. Reparaturmaßnahme sei. Auch die vom Kläger angedeutete Methode, mit einem Staubsauger zu versuchen, das Navigationsgerät wieder in Ordnung zu bringen, findet keine Entsprechung in den Vorgaben des Herstellerwerks.
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Beklagte die Vorgaben ordnungsgemäß abgearbeitet, die ihr vom Hersteller gemacht wurden. Eine Pflichtverletzung ist daher im Ergebnis nicht zu bejahen. Der Anspruch des Klägers ist mangels Pflichtverletzung daher abzuweisen. Der Betrag von 47,48 € für den durchgeführten Test ist auch als angemessen zu bezeichnen. Mangels Pflichtverletzung besteht daher auch kein Anspruch auf Übernahme der Kosten für das vom Kläger angeschaffte mobile neue Navigationsgerät …