Ein Mo­tor­rad, das als auf den Händ­ler zu­ge­las­se­nes Vor­führ­fahr­zeug ei­ne Lauf­leis­tung von 35 km auf­weist, ist ei­ne „ge­brauch­te Sa­che“ i. S. des § 475 II BGB. Die Ge­währ­leis­tungs­frist kann des­halb im Kauf­ver­trag wirk­sam auf ein Jahr ab­ge­kürzt wer­den.

LG Bre­men, Ur­teil vom 19.06.2008 – 6 O 1308/07

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt von der Be­klag­ten die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ein Mo­tor­rad.

Die be­tref­fen­de Ma­schi­ne wur­de am 07.03.2006 erst­mals von der Be­klag­ten, ei­ner BMW-Ver­trags­händ­le­rin, auf sich selbst als Vor­führ­fahr­zeug zu­ge­las­sen. Am 02.05.2006 un­ter­zeich­ne­te der Klä­ger ei­ne „Be­stel­lung für den Kauf ei­nes ge­brauch­ten Fahr­zeugs“, wo­nach er das Mo­tor­rad, das ei­nen Neu­wert von 23.455 € hat­te, zum Preis von 20.521,30 € kauf­te. Zum da­ma­li­gen Zeit­punkt war die Ma­schi­ne 35 km ge­lau­fen. In der Be­stel­lung wird ver­wie­sen auf die Ver­kaufs­be­din­gun­gen für ge­brauch­te Fahr­zeu­ge. Dort ist un­ter an­de­rem ge­re­gelt, dass Sach­män­gel­an­sprü­che des Käu­fers in ei­nem Jahr ab Aus­lie­fe­rung des Kauf­ge­gen­stan­des ver­jäh­ren.

Am 06.06.2006 wur­de das Mo­tor­rad auf den Klä­ger zu­ge­las­sen. An­schlie­ßend such­te der Klä­ger mehr­fach die Werk­statt der Be­klag­ten auf, um be­haup­te­te Män­gel be­he­ben zu las­sen. Dort be­fin­det sich die Ma­schi­ne bis heu­te; sie ist ab­ge­mel­det. Mit Schrei­ben sei­ner jet­zi­gen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 03.07.2007 setz­te der Klä­ger der Be­klag­ten ei­ne Frist für die Rück­ab­wick­lung des Ver­trags bis zum 20.07.2007.

Mit sei­ner Kla­ge macht der Klä­ger Rück­zah­lung des um ei­nen Nut­zungs­vor­teil von 1.168 € be­rei­nig­ten Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Mo­tor­rads gel­tend und ver­langt fer­ner den Er­satz au­ßer­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten in Hö­he von 1.023,13 €. Er macht gel­tend, das Mo­tor­rad wei­se bis heu­te di­ver­se Män­gel auf. So sei der Sei­ten­stän­der un­be­nutz­bar, weil dann Öl in den Zy­lin­der lau­fe, das beim Star­ten ver­bren­ne und zu un­zu­läs­si­gen Ab­gas­wer­ten füh­re. Au­ßer­dem sei in der Ver­gan­gen­heit drei Mal die Brems­an­la­ge aus­ge­fal­len. Fer­ner ver­brau­che die Ma­schi­ne auch im Ru­he­zu­stand Strom, Zier­leis­ten lös­ten sich, der Schalt­he­bel sei schwer­gän­gig, und der Gas­zug ha­be un­zu­läs­sig wei­tes Spiel. Die Be­klag­te hat die Ein­re­de der Ver­jäh­rung er­ho­ben. Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te kei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 V BGB.

Da­bei kann of­fen­blei­ben, ob die in die­sen Vor­schrif­ten ge­nann­ten Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Rück­ab­wick­lung vor­lie­gen; ins­be­son­de­re braucht nicht ent­schie­den zu wer­den, ob das Mo­tor­rad tat­säch­lich man­gel­haft war. Denn selbst wenn Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che des Klä­gers ge­ge­ben wä­ren, stün­de ih­nen die von der Be­klag­ten er­ho­be­ne Ein­re­de der Ver­jäh­rung ent­ge­gen.

Nach [den] Ver­kaufs­be­din­gun­gen für ge­brauch­te Fahr­zeu­ge ver­jäh­ren die Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che des Käu­fers in ei­nem Jahr ab Aus­lie­fe­rung des Kauf­ge­gen­stands. Die­se Re­ge­lung greift auch im vor­lie­gen­den Fall ein, denn Ge­gen­stand des Kauf­ver­trags war kein neu­es, son­dern ein ge­brauch­tes Mo­tor­rad, so­dass die Ver­kür­zung der ge­setz­li­chen Ver­jäh­rungs­frist auf ein Jahr zu­läs­sig ist (§ 475 II BGB).

Der Klä­ger kann in­so­weit nicht da­mit durch­drin­gen, das Mo­tor­rad ha­be le­dig­lich ei­ne Lauf­leis­tung von 35 km auf­ge­wie­sen und sei des­halb noch als neu zu qua­li­fi­zie­ren … Die Fra­ge, ob ein Kauf­ge­gen­stand oder ge­braucht ist, rich­tet sich da­nach, ob die Sa­che in Be­nut­zung ge­nom­men wur­de (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2006 – VI­II ZR 3/06, NJW 2007, 674 [676]; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 66. Aufl. [2007], § 675 Rn. 11). „Be­nutzt“ wird ein Mo­tor­rad da­durch, dass es ge­fah­ren wird. Vor­lie­gend wur­den un­strei­tig 35 km mit der Ma­schi­ne zu­rück­ge­legt, und das Mo­tor­rad wur­de für Vor­führ­zwe­cke ge­nutzt. Es ist da­mit ei­ne zwar ge­rin­ge, aber doch nicht so un­we­sent­li­che Be­nut­zung er­folgt, dass das Mo­tor­rad als ge­braucht an­zu­se­hen ist. Das zeigt sich bei fol­gen­der Kon­troll­über­le­gung: Hät­te der Klä­ger bei der Be­klag­ten ein in­di­vi­du­ell für ihn zu fer­ti­gen­des neu­es Mo­tor­rad be­stellt, und hät­te die Be­klag­te ver­sucht, die Be­stel­lung da­durch zu er­fül­len, dass sie das hier streit­ge­gen­ständ­li­che Mo­tor­rad an­bie­tet, so hät­te der Klä­ger selbst dann, wenn das Mo­tor­rad hin­sicht­lich Mo­to­ri­sie­rung und Aus­stat­tung voll­stän­dig der Be­stel­lung ent­spricht, zu Recht ein­ge­wandt, dass es sich nicht um das ge­wünsch­te neue Mo­tor­rad han­delt, son­dern um ein ge­brauch­tes.

Da so­mit die Ver­jäh­rungs­frist am 06.06.2007 en­de­te, konn­te die am 16.07.2007 bei Ge­richt ein­ge­gan­ge­ne Kla­ge die Ver­jäh­rung nicht mehr hem­men.

II. Die vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ste­hen dem Klä­ger nicht zu, weil die Be­klag­te sich nicht in Ver­zug be­fand …

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