Durch Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer wird die Verjährung im Gewährleistungsrecht nur in Bezug auf den Mangel gehemmt, der Gegenstand der Verhandlungen war.
OLG Brandenburg, Urteil vom 10.10.2007 – 3 U 33/07
Sachverhalt: Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen und behauptet, ihm sei ein teilweise reparierter Unfallschaden arglistig verschwiegen worden.
Der schriftliche Kaufvertrag der Parteien beinhaltet eine Regelung zur Verkürzung der Verjährung der Ansprüche wegen Sachmängeln auf ein Jahr ab Ablieferung. Die Kaufvertragsurkunde beinhaltet den handschriftlichen Zusatz: „Auf reparierten Unfallschaden wurde hingewiesen.“ Wie im Kaufvertrag vorgesehen, ließ die Beklagte nach Vertragsschluss eine DEKRA-Siegelprüfung durchführen. Der entsprechende DEKRA-Bericht vom 24.09.2002 beinhaltete keine Hinweise auf den Unfallschaden. Aufgrund einer Beanstandung des Klägers ließ die Beklagte das Getriebe des erworbenen Fahrzeugs reparieren. Im März 2003 verlangte der Kläger von der Beklagten die Übernahme der Kosten weiterer Reparaturen. Dem kam die Beklagte durch Übernahme der Reparaturkosten an der Hydraulikpumpe des Wagens teilweise nach. Im August 2003 beanstandete der Kläger eine Öl-Undichtigkeit des Motors mit einem entsprechenden Gewährleistungsverlangen. Die Beklagte lehnte die Gewährleistung mit Schreiben vom 19.08.2003 ab.
Zunächst hat der Kläger im gerichtlichen Mahnverfahren eine Kaufpreisminderung von 4.000 € beansprucht. Der auf Grundlage eines am 23.12.2003 eingegangenen Antrags am 19.01.2004 erlassene Mahnbescheid des AG Weißwasser wurde am 22.01.2004 zugestellt. Mit dem anspruchsbegründenden Schriftsatz vom 08.12.2004 hat der Kläger mit der Behauptung, die Beklagte habe einen schweren Frontschaden des Fahrzeugs sowie einen Heckschaden bei Vertragsschluss arglistig verschwiegen, sodann Rechte aus einem Rücktritt vom Kaufvertrag geltend gemacht.
Das Landgericht hat die Beklagte mit dem angegriffenen Urteil zur Zahlung von 11.543,22 € nebst Zinsen verurteilt, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw. Es hat die Beklagte weiter verurteilt, an den Kläger 596,52 € zu zahlen. Die Berufung der Beklagten, die sich unter anderem auf Verjährung beruft, hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage.
Aus den Gründen: II. … [D]er Rücktritt ist wegen Verjährung des fiktiven Nacherfüllungsrechts des Klägers gemäß §§ 214, 438 IV, 218, 438 I Nr. 3, 475 II BGB ausgeschlossen. Grundsätzlich beträgt die Verjährungsfrist für Mängelrechte des Käufers zwei Jahre (§ 438 I Nr. 3 BGB). Vorliegend haben die Parteien die Verjährungsfrist der Mängelrechte jedoch mit dem Kaufvertrag auf ein Jahr verkürzt, was gemäß § 475 II BGB beim Verbrauchsgüterkauf gebrauchter Sachen zulässig ist. Die Gewährleistungsfrist wegen der Mängel, auf die der Kläger den Rücktritt stützt, ist abgelaufen. Die Frist begann bei Übergabe des Fahrzeugs am 05.10.2002 zu laufen. Es kann dahinstehen, ob die Zustellung des Mahnbescheids, mit dem der Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung eines Betrags von 4.000 € aus Kaufpreisminderung geltend gemacht hat, überhaupt gemäß § 213 BGB geeignet war, auch eine Hemmung der Verjährung des Rücktrittsrechts gemäß § 204 I Nr. 3 BGB zu bewirken. Bedenken ergeben sich insoweit, da die Verjährungshemmung durch Rechtsverfolgung gemäß § 204 BGB auch im Hinblick auf konkurrierende Gewährleistungsrechte gemäß § 213 BGB nur in Höhe des geltend gemachten Betrags eintritt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 213 Rn. 2 m. w. Nachw.) und die Annahme eines Teilrücktrittsrechts gemäß §§ 437 Nr. 2, 346 BGB, dessen Erlöschen gemäß § 218 BGB an die Verjährung des Nacherfüllungsanspruches anknüpft, zweifelhaft erscheint. Diese Frage kann aber dahinstehen. Denn auch zur Zeit der Zustellung des Mahnbescheids vom 19.1.2004 und des Eingangs des Mahnbescheidsantrages bei Gericht am 23.12.2003 (§ 167 ZPO) war die einjährige Verjährungsfrist bereits abgelaufen …
Dem steht es nicht entgegen, dass die Beklagte auf entsprechende Mängelrügen des Klägers an dem Wagen Getriebereparaturarbeiten durchführte und der Kläger nach deren Fertigstellung mit Schreiben von 23.3.2003 weitere Mängel rügte, nämlich im Wesentlichen fehlende oder defekte Verkleidungsteile, eine Undichtigkeit der Hydraulikpumpe und Motorölverlust. Auch wenn die Beklagte auf diese Beanstandungen hin die Kosten der Reparatur der Hydraulikpumpe übernahm, kann aus alledem nicht geschlossen werden, dass der Lauf der Verjährungsfrist auf diese Beanstandungen hin während der Reparaturarbeiten gemäß § 203 BGB wegen des Schwebens von Verhandlungen gehemmt gewesen wäre. Denn eine Verjährungshemmung durch Verhandlungen über den Anspruch gem. § 203 Satz 1 BGB tritt im Gewährleistungsrecht jeweils nur in Bezug auf den einzelnen Mangel ein (vgl. Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2004, § 203 Rn. 14 m. w. Nachw.). Vorliegend stützt der Kläger, nachdem die Mängel an dem Getriebe und an der Hydraulikpumpe im Rahmen der Nacherfüllung behoben wurden, seinen Rücktritt auf die Beschaffenheit des Fahrzeugs als „Unfallwagen“ und die nach seinem Vortrag vorhandenen Chassis-Stauchungen und Front- und Heckschäden. Über diese vorgetragenen Mängel haben die Parteien indessen nicht gemäß § 203 BGB verhandelt.
Ein arglistiges Verschweigen der behaupteten Sachmängel, welches gemäß §§ 438 III, 195 BGB zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist auf drei Jahre und zu einer Unwirksamkeit der vertraglichen Verkürzung der Frist (§ 202 I BGB) führen würde, kann nach der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht als erwiesen angesehen werden. Das arglistige Verschweigen des Verkäufers setzt eine Kenntnis des Verkäufers oder zumindest ein „Fürmöglichhalten“ des Mangels zur Zeit des Vertragsschlusses sowie die Nichtmitteilung des Mangels an den Käufer voraus. Für den objektiven Tatbestand des Verschweigens, nämlich das Unterlassen der Mitteilung des Mangels, ist der Käufer, vorliegend der Kläger, beweisbelastet (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl. [2005], Rn. 1619 m. w. Nachw.), da es sich um eine Voraussetzung der Unwirksamkeit der vertraglichen Verjährungsverkürzung und um eine Ausnahme von der Regelverjährungsfrist des § 438 I BGB handelt. Der Beweis für das Unterlassen der Mitteilung eines erheblichen Frontschadens des gekauften Autos ist dem Kläger nicht gelungen. Hervorzuheben ist, dass der Senat hierbei nicht – wie im Termin zur mündlichen Verhandlung erörtert – von der Beweiswürdigung des Landgerichts abweicht, sondern lediglich die Beweislastverteilung anders beurteilt als das Landgericht. Insoweit teilt der Senat zunächst die Auffassung des Landgerichts, dass die Klausel in der Kaufvertragsurkunde „auf reparierten Unfallschaden wurde hingewiesen" für sich allein noch keine ausreichende Belehrung des Käufers über den Unfallschaden darstellt. Dass ein bloßer Hinweis darauf, dass es sich um ein Unfallauto handelt, keine ausreichende Information des Käufers über vorhandene Unfallschäden bildet, da ein solcher allgemeiner Hinweis verharmlosend wirkt, ist auch in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. LG Berlin, Urt. v. 20.12.2005 – 5 O 210/05). Welcher Art und Schwere der Unfallschaden war, ist in der Vertragsurkunde nicht angegeben. Unstreitig ist zwischen den Parteien lediglich, dass der Verkäufer der Beklagten, der Zeuge K, bei den Vertragsgesprächen zumindest auf die unfallbedingte Reparatur des Kühlers hingewiesen hat, woraus auf einen Frontschaden des Fahrzeugs zu schließen war. Die Beklagte behauptet insoweit, der Zeuge K habe auch auf den ihr bekannten Umfang der Reparaturkosten von etwa 5.000 DM hingewiesen. Auf Grundlage des – bestrittenen – Beklagtenvortrags wäre hiernach zumindest ein arglistiges Verschweigen durch Verharmlosen des Vorschadens ausgeschlossen. Der Kläger behauptet demgegenüber, der Zeuge K habe auf Nachfrage angesichts der jungen Codierung des Kühlers geäußert, dass es sich um eine Unfallreparatur handele. Nach der umfassenden Beweisaufnahme in erster Instanz kann ein Unterlassen der Mitteilung des nicht unerheblichen Frontschadens nicht festgestellt werden. Denn der Zeuge K hat im Wesentlichen bekundet, er habe das, was im Computer eingetragen gewesen sei, auch mitgeteilt. An den Inhalt der Computereintragungen im Einzelnen konnte sich der Zeuge K zwar nicht erinnern, der Inhalt der abgespeicherten Eintragungen im Computersystem der Beklagten ist jedoch von der Beklagten dahin dargestellt worden, wegen eines Unfalls hauptsächlich im Frontbereich sei der Wagen für etwa 5.000 DM repariert worden. Den Vortrag der Beklagten zum Inhalt der Eintragungen im Computersystem hat der Kläger nicht bestritten, sondern lediglich dessen Mitteilung durch den Zeugen K. Soweit der Zeuge K angegeben hat, an sich schreibe er Informationen wie „Reparatur für 5.000 DM“ in den Kaufvertrag hinein, wenn er solche Informationen habe, spricht dies nicht bereits gegen die Annahme, dass ein derartiger Hinweis erfolgt ist. Denn der Kaufvertrag gibt den Informationsgehalt des Verkaufsgesprächs zu den Schäden offensichtlich nicht vollständig wieder, wie sich bereits aus dem Umstand ergibt, dass der Zeuge K bei Vertragsschluss unstreitig über den unfallbedingt reparierten bzw. ausgetauschten Kühler gesprochen hatte. Außerdem hat der Zeuge in der Vertragsurkunde auch nicht angegeben, dass es sich bei dem Unfallschaden um einen Frontschaden gehandelt hat, obgleich ihm diese Information nach seiner Aussage zur Verfügung stand.
Demgegenüber hat die Zeugin G, die Ehefrau des Klägers, ausgesagt, der Zeuge K habe einen Unfallschaden überhaupt nicht erwähnt, sondern nur auf den ausgetauschten Kühler hingewiesen.
Die Aussage der Zeugin G ist jedenfalls nicht überzeugender als die des Zeugen K. Zwar weist die ausführliche Aussage des Zeugen K verschiedene Ungenauigkeiten auf, was die Aussage jedoch nicht insgesamt entwertet. Die Aussage der Zeugin G weist demgegenüber eine deutliche Belastungstendenz gegen die Beklagte auf, die an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage zweifeln lässt, zumal die Zeugin als Ehefrau des Klägers auch nicht völlig frei von Eigeninteressen am Ausgang des Rechtsstreits ist. Denn der Kläger selbst räumt eine Äußerung des Verkäufers ein, nach der ein reparierter Unfallschaden vorliege, was die Zeugin G jedoch ausschloss, indem sie äußerte, der Verkäufer habe einen Unfallschaden nicht erwähnt.
Das Beweisergebnis zur Frage des Verschweigens des schwereren Frontschadens ist hiernach offen, wie es auch das Landgericht gesehen hat. Das arglistige Verschweigen als Voraussetzung für die Verlängerung der Verjährungsfrist hat der Kläger nicht beweisen können.
Auch soweit der Kläger sein Rücktrittsrecht aus dem Vorliegen einer nicht vollständig reparierten Verformung der Längsträger des Fahrzeugs sowie aus dem Vorliegen eines Heckschadens als Sachmangel gemäß § 434 I 1 BGB ableitet, steht der Wirksamkeit des Rücktritts die Verjährung des Nachbesserungsanspruchs entgegen (§§ 214, 438 IV, 218, 438 I Nr. 3, 437 Nr. 2 BGB). Hierbei kann dahinstehen, ob die Chassisschäden tatsächlich bereits bei Übergabe des Fahrzeugs durch die Beklagte vorgelegen haben, wie der Kläger behauptet und die Beklagte bestreitet. Denn auch insoweit ist die vereinbarte einjährige Verjährungsfrist ebenso abgelaufen. Eine Verlängerung der Verjährungsfrist gemäß § 438 III BGB wegen arglistigen Verschweigens scheidet in diesem Zusammenhang ebenfalls aus. Insoweit fehlt es an der erforderlichen Kenntnis der Beklagten hinsichtlich dieser behaupteten Mängel. Soweit das Landgericht annimmt, die Beklagte habe sich nicht mit der von ihr vorgenommenen Lackschicht-Dickenmessung und der Einholung der Angaben des letzten Halters begnügen dürfen, sondern weitere Ermittlungen anstellen müssen, so teilt der Senat diese Bewertung nicht. Insoweit ist hervorzuheben, dass die Beklagte ihrer Untersuchungspflicht, die durch das Bemerken der Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der erhöhten Lackstärke entstand, durch Nachfrage beim letzten Halter erfüllt hat. Dieser hat auf die für etwa 5.000 DM durchgeführte Reparatur im Frontbereich hingewiesen. Angesichts des Fahrzeugalters von mehr als vier Jahren und der Laufleistung von mehr als 100.000 km bei Vertragsschluss erscheint es unangemessen, noch weitergehende, kostenintensive Untersuchungspflichten des Autohändlers anzunehmen. Zudem steht nicht fest, dass eventuelle weitere Untersuchungen zur Aufdeckung weitergehender Mängel geführt hätten, da die Verformungen der Längsträger selbst im Rahmen der DEKRA-Siegelprüfung nicht festgestellt wurden und auch der Parteigutachter des Klägers den Unfallschaden als fachgerecht repariert ansah. Dies gilt entsprechend für den reparierten Heckschaden. Auch insoweit ist die erforderliche Kenntnis der Beklagten nach dem Inhalt des Berichts der DEKRA-Siegelprüfung und des Parteigutachtens nicht feststellbar. Zwar hat der Zeuge K bei seiner Vernehmung auch erklärt, er meine, auf Front- und Heckschäden hingewiesen zu haben. Aus dieser Erklärung kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Beklagte Kenntnis hatte von Heckschäden. Denn diese Angaben des Zeugen K zu den Heckschäden hat sich keine Partei zu eigen gemacht. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich der Kläger diese Angaben stillschweigend zu eigen gemacht hat, da er nachdrücklich weitergehende Angaben des Zeugen K zum Umfang der Unfallschäden bestreitet …