1. Die Tat­sa­che, dass der Rück­ge­währ­schuld­ner bei ei­nem Ver­kehrs­un­fall auch selbst ge­schä­digt wur­de, recht­fer­tigt für sich ge­nom­men nicht den Schluss, dass der Schuld­ner die Sorg­falt ge­wahrt hat, die er in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten an­zu­wen­den pflegt (§ 277 BGB). Denn der öf­fent­li­che Stra­ßen­ver­kehr kann sei­ner Na­tur nach kei­nen Spiel­raum für in­di­vi­du­el­le Sorg­lo­sig­keit oder per­sön­li­che Ei­gen­ar­ten und Ge­wohn­hei­ten dul­den.
  2. Falls nicht ei­ner der in § 531 II ZPO ge­nann­ten Zu­las­sungs­grün­de ge­ge­ben ist, ist ei­ne erst­mal im Be­ru­fungs­rechts­zug er­ho­be­ne Ver­jäh­rungs­ein­re­de auch dann nicht zu­zu­las­sen, wenn sie auf der Grund­la­ge un­strei­ti­gen Tat­sa­chen­vor­brin­gens zu be­ur­tei­len ist (ent­ge­gen BGH, Urt. v. 19.01.2006 – III ZR 105/05, NJW-RR 2006, 630 Rn. 6).

OLG Karls­ru­he, Ur­teil vom 12.09.2007 – 7 U 169/06

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten im März 2003 ein Mo­tor­rad (Ka­wa­sa­ki ZZ­R600) zum Preis von 7.990 € zu­züg­lich Ne­ben­kos­ten in Hö­he von 130 €.

Am 29.04.2005 wur­de der Klä­ger mit der Ma­schi­ne ei­nen Ver­kehrs­un­fall ver­wi­ckelt. In die­sem Zu­sam­men­hang stellt er fest, dass das Mo­tor­rad, für des­sen Re­pa­ra­tur Kos­ten in Hö­he von 3.112 € brut­to auf­zu­wen­den sind, 1999 pro­du­ziert und 2000 nach Deutsch­land im­por­tiert wur­de. Mit Schrei­ben vom 19.05.2005 trat der Klä­ger des­halb vom Kauf­ver­trag zu­rück und for­der­te die Be­klag­te (er­folg­los) zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Mo­tor­ra­des, auf.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge mit der Maß­ga­be statt­ge­ge­ben, dass der Klä­ger der Be­klag­ten Wert­er­satz in Hö­he der un­strei­ti­gen Re­pa­ra­tur­kos­ten (3.112 €) leis­ten muss. Im Üb­ri­gen – näm­lich so­weit der Klä­ger den An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten fest­ge­stellt ha­ben woll­te – hat es die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. 1. Der Klä­ger ist nach § 437 Nr. 2 Fall 1, § 440 Satz 1, § 323 I BGB zum Rück­tritt be­rech­tigt, da die ge­kauf­te Sa­che man­gel­haft und die Set­zung ei­ner Frist zur Nach­er­fül­lung ge­mäß § 439 BGB ent­behr­lich war.

a) Das am 24.03.2003 als Neu­fahr­zeug ver­kauf­te Mo­tor­rad war un­strei­tig be­reits im Jahr 1999 her­ge­stellt und im Jahr 2000 nach Deutsch­land im­por­tiert wor­den und da­mit man­gel­haft i. S. von § 434 I BGB (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, NJW 2004, 160; Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 180/05, NJW 2006, 2694, 2695).

b) Das vor Aus­übung des Rück­tritts grund­sätz­lich er­for­der­li­che (vgl. § 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 I BGB) Ver­lan­gen nach Nach­er­fül­lung ge­mäß § 439 I BGB war hier ent­behr­lich.

aa) Die Be­klag­te hat nach Prü­fung des an sie mit Schrei­ben vom 19.05.2005 ge­rich­te­ten Rück­tritts­be­geh­rens mit Schrei­ben vom 25.05.2005 jeg­li­che Ge­währ­leis­tung oh­ne je­de Ein­schrän­kung ab­ge­lehnt, so­dass der Klä­ger kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung set­zen muss­te (§ 440 Satz 1, § 323 II Nr. 1 BGB). Die da­von ab­wei­chen­de Deu­tung des Schrei­bens durch die Be­klag­te über­zeugt an­ge­sichts des ein­deu­ti­gen Wort­lauts nicht. Un­zu­tref­fend ist auch die Auf­fas­sung, die Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung ha­be vor dem Rück­tritt mit Schrei­ben vom 19.05.2005 er­klärt wer­den müs­sen. Maß­ge­bend ist al­lein, ob zum Zeit­punkt der Ent­schei­dung die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Rück­tritt vor­lie­gen, denn die­ser kann in­ner­halb der Ge­währ­leis­tungs­fris­ten je­der­zeit er­neut er­klärt wer­den.

bb) Zu­dem war hier der so­for­ti­ge Rück­tritt nach §; 440 Satz 1, § 323 II Nr. 3 BGB durch be­son­de­re Um­stän­de ge­recht­fer­tigt, da die Be­klag­te den Klä­ger über die Neu­wer­tig­keit des ge­kauf­ten Mo­tor­ra­des arg­lis­tig ge­täuscht hat und in die­sem Fall der Käu­fer ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se dar­an hat, von ei­ner wei­te­ren Zu­sam­men­ar­beit mit dem Ver­käu­fer Ab­stand zu neh­men, um sich vor even­tu­el­len neu­er­li­chen Täu­schungs­ver­su­chen zu schüt­zen (BGH, Beschl. v. 08.12.2006 – V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 = VersR 2007, 1006).

Von ei­nem arg­lis­ti­gen Han­deln der Be­klag­ten ist hier des­halb aus­zu­ge­hen, weil ihr un­strei­tig so­wohl das Pro­duk­ti­ons­da­tum als auch das Da­tum des Im­ports be­kannt wa­ren und sie zu­min­dest da­mit ge­rech­net und bil­li­gend in Kauf ge­nom­men hat, dass der Käu­fer, hät­te er das tat­säch­li­che Al­ter des ge­kauf­ten Mo­tor­rads ge­kannt, den Ver­trag nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ab­ge­schlos­sen hät­te. In die­sem Zu­sam­men­hang ist oh­ne Be­deu­tung, ob die Be­klag­te das Al­ter des Fahr­zeugs recht­lich zu­tref­fend als Man­gel im Sin­ne des Ge­set­zes ein­ge­ord­net hat, denn die den Feh­ler be­grün­den­den Um­stän­de kann­te sie (vgl. BGH, Beschl. v. 08.12.2006 – V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836). Um­stän­de, aus de­nen sich ei­ne Kennt­nis des Klä­gers vom Al­ter des Fahr­zeugs hät­te er­ge­ben kön­nen, sind nicht er­sicht­lich und von der Be­klag­ten auch nicht vor­ge­bracht. Der ent­spre­chen­den Be­haup­tun­gen des Klä­gers ist sie nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten. Die un­kla­re For­mu­lie­rung im au­ßer­ge­richt­li­chen Schrei­ben vom 25.05.2005, sie stel­le in­fra­ge, dass dem Klä­ger nicht be­wusst ge­we­sen sei, dass das Fahr­zeug nicht mehr fa­brik­neu war, er­gibt kei­ne Um­stän­de, die ge­eig­net wä­ren, den Arg­list­vor­wurf ent­fal­len zu las­sen, zu­mal die Be­klag­te im Rechts­streit dar­auf nicht zu­rück­kommt.

2. Der Klä­ger hat mit Schrei­ben sei­nes Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 19.05.2005 wirk­sam den Rück­tritt er­klärt (§ 349 BGB) mit der Fol­ge, dass die bei­der­sei­ti­gen Leis­tun­gen Zug um Zug rück­ab­zu­wi­ckeln sind (§§ 346 I, 348 BGB). Da­bei hat der Klä­ger auf­grund der Be­schä­di­gung des Mo­tor­rads grund­sätz­lich Wert­er­satz zu leis­ten (§ 346 II 1 Nr. 3 BGB). Die­se Ver­pflich­tung ent­fällt nach § 346 III 1 Nr. 3 BGB, was hier al­lein in Be­tracht kommt, nicht, weil der Klä­ger die Be­klag­ten nicht dar­auf ver­wei­sen kann, dass er die Sorg­falt be­ach­tet hat, die er in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten an­zu­wen­den pflegt (§ 277 BGB).

a) Der An­nah­me des Land­ge­richts, der Klä­ger müs­se Wert­er­satz in Hö­he der Re­pa­ra­tur­kos­ten leis­ten, lässt sich zwar nicht ent­ge­gen­hal­ten, dass die Recht­spre­chung des BGH zur Ein­schrän­kung des § 277 BGB bei der Teil­nah­me am all­ge­mei­nen Stra­ßen­ver­kehr im Rah­men des § 346 III 1 Nr. 3 BGB nicht an­wend­bar ist, wie der Klä­ger meint, denn das er­gibt sich we­der aus der Be­grün­dung zum Ge­set­zes­ent­wurf (BT-Drs. 14/6040, S. 196) noch aus In­halt und Sinn und Zweck der Norm. Die Li­te­ra­tur geht des­halb zu Recht da­von aus, dass die Grund­sät­ze des § 277 BGB an­wend­bar sind (Er­man/Bez­zen­ber­ger, BGB, 11. Aufl., § 346 Rn. 56; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 66. Aufl., § 346 Rn. 13b; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 9. Aufl., Rn. 444; vgl. auch MünchKomm-BGB/Gai­er, 5. Aufl., § 346 Rn. 18 ff., der selbst für An­wen­dung der Maß­stä­be des § 254 BGB plä­diert).

b) Al­ler­dings weist der Klä­ger zu Recht dar­auf hin, dass der BGH bis­her in stän­di­ger Recht­spre­chung die An­wen­dung des § 277 BGB nur in den Fäl­len ein­ge­schränkt hat, in de­nen so­wohl der Schä­di­ger als auch der Ge­schä­dig­te am Stra­ßen­ver­kehr teil­ge­nom­men ha­ben und es im Rah­men die­ser ge­mein­sa­men Teil­nah­me am Stra­ßen­ver­kehr zum Scha­den kam (BGH, Urt. v. 20.12.1966 – VI ZR 53/65, BGHZ 46, 313, 317 = NJW 1967, 558, 559; Urt. v. 11.03.1970 – IV ZR 772/68, NJW 1970, 1271, 1272; … eben­so Pa­landt/Hein­richs, BGB, 66. Aufl., § 277 Rn. 2; Er­man/H. P. Wes­ter­mann, BGB, 11. Aufl., § 277 Rn. 3; MünchKomm-BGB/Grund­mann, 5. Aufl., § 277 Rn. 2; wei­ter­ge­hend die Auf­fas­sung von Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 444, auf die sich das Land­ge­richt be­ruft: Haf­tung für je­de Fahr­läs­sig­keit bei der Teil­nah­me am all­ge­mei­nen Stra­ßen­ver­kehr mit un­zu­tref­fen­dem Ver­weis auf die oben zi­tier­te Recht­spre­chung des BGH, aus der sich dies ge­ra­de nicht er­gibt).

c) Folgt man der Auf­fas­sung des Klä­gers, müss­te er kei­nen Wert­er­satz leis­ten, denn er hat noch recht­zei­tig (Schrift­satz vom 01.03.2006 S. 2) die Be­ach­tung der ei­gen­üb­li­chen Sorg­falt ein­ge­wandt und dies mit dem Hin­weis be­grün­det, er ha­be sich zu­gleich selbst ge­schä­digt.

Zwar ist ihm nur ein­fa­che Fahr­läs­sig­keit zur Last zu le­gen, denn er ist auf ein vor­aus­fah­ren­des Fahr­zeug auf­ge­fah­ren, so­dass der Be­weis des ers­ten An­scheins für ei­nen schuld­haf­ten Ver­kehrs­ver­stoß spricht. Sein un­kla­rer Hin­weis, es sei nicht ge­klärt, in­wie­weit das Al­ter des Fahr­zeugs bzw. der Be­rei­fung ur­säch­lich ge­we­sen sei­en, über­zeugt nicht und er­gibt kei­ne kon­kre­ten An­halts­punk­te, die ge­eig­net wä­ren, den An­scheins­be­weis zu er­schüt­tern. Der Klä­ger muss­te nach sei­nen ei­ge­nen An­ga­ben ver­kehrs­be­dingt re­la­tiv stark ab­brem­sen und konn­te da­bei of­fen­sicht­lich sein Mo­tor­rad nicht be­herr­schen, ob­wohl er sein Fahr­ver­hal­ten dar­auf ein­rich­ten muss­te, je­der­zeit hin­ter ei­nem vor­aus­fah­ren­den Fahr­zeug an­hal­ten zu kön­nen (§ 4 I 1 StVO). An­halts­punk­te da­für, dass dar­in zu­gleich ein grob fahr­läs­si­ges Ver­hal­ten zu se­hen sein könn­te, das ihn auch bei An­wen­dung des Sorg­falts­maß­stabs aus § 277 BGB nicht ent­las­ten könn­te, er­ge­ben sich aus dem Par­tei­vor­trag nicht, da de­tail­lier­ter Vor­trag zum Her­gang des Un­falls fehlt.

d) Al­ler­dings ist die ein­schrän­ken­de Aus­le­gung des § 277 BGB und da­mit auch von § 346 III 1 Nr. 3 BGB nicht auf Fäl­le aus­zu­deh­nen, bei de­nen kei­ne ge­mein­sa­men Teil­nah­me am Stra­ßen­ver­kehr vor­liegt. Denn die hin­ter der Haf­tungs­be­schrän­kung ste­hen­de Über­le­gung, dem zur Rück­ge­währ ver­pflich­te­ten Käu­fer kön­ne nicht mehr Sorg­falt zu­ge­mu­tet wer­den, als die­ser sie in ei­ge­ner Sa­che an­zu­wen­den pflegt, weist kei­nen un­mit­tel­ba­ren recht­li­chen Be­zug zu den Rah­men­be­din­gun­gen auf, die die Teil­nah­me am all­ge­mei­nen Stra­ßen­ver­kehr steu­ern, so­dass das ge­setz­ge­be­ri­sche Be­stre­ben, den Ge­fah­ren des Stra­ßen­ver­kehrs nicht zu­letzt durch stren­ge Haf­tungs­be­stim­mun­gen ent­ge­gen­zu­wir­ken und kei­nen Spiel­raum für in­di­vi­du­el­le Sorg­lo­sig­keit zu er­öff­nen, nicht tan­giert wird. Auch die Not­wen­dig­keit, ei­ne scha­den­stif­ten­de Hand­lung kei­ner un­ter­schied­li­chen Be­ur­tei­lung zu un­ter­wer­fen, be­steht nicht, denn die Be­stim­mung des Sorg­falts­maß­stabs im Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis ist von der Be­stim­mung des Sorg­falts­maß­stabs im Ver­hält­nis der Ver­kehrs­teil­neh­mer un­ter­ein­an­der un­ab­hän­gig. Die die Teil­nah­me am all­ge­mei­nen Stra­ßen­ver­kehr re­geln­den Nor­men be­zwe­cken nicht den Schutz des Ver­käu­fers, der auf­grund ei­nes auf ei­nen Man­gel der ge­kauf­ten Sa­che ge­stütz­ten Rück­tritts zur Rück­nah­me der Sa­che ver­pflich­tet ist.

e) Selbst wenn man – an­ders als der Se­nat – die Pri­vi­le­gie­rung hin­sicht­lich des Sorg­falts­maß­stabs in § 346 III 1 Nr. 3 BGB bei der Teil­nah­me am Stra­ßen­ver­kehr ein­schrän­ken woll­te, er­gä­be sich ei­ne Ver­pflich­tung des Klä­gers zum Wert­er­satz. Zwar wird aus ei­ner zu­gleich er­folg­ten Ei­gen­schä­di­gung pri­ma fa­cie ge­schlos­sen, dass der Schuld­ner in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten nicht sorg­fäl­ti­ger zu ver­fah­ren pflegt (OLG Zwei­brü­cken, Urt. v. 11.04.2002 – 4 U 122/01, NJW-RR 2002, 1456, 1457; Pa­landt/Hein­richs, a. a. O., § 277 Rn. 3; MünchKomm-BGB/Grund­mann, a. a. O., § 277 Rn. 4 i. V. mit Fn. 11; wohl auch BGH, Urt. v. 17.05.1960 – VI ZR 121/59, VersR 1960, 802, 804). Die­se Ver­mu­tung kann je­doch auf den Be­reich des all­ge­mei­nen Stra­ßen­ver­kehrs nicht aus­ge­dehnt wer­den, in die­sem Son­der­fall ist die­se all­ge­mei­ne Schluss­fol­ge­rung nicht ge­recht­fer­tigt.

Die Re­geln für die Teil­nah­me am all­ge­mei­nen Stra­ßen­ver­kehr las­sen das stän­di­ge ge­setz­ge­be­ri­sche Be­stre­ben, den Ge­fah­ren des Stra­ßen­ver­kehrs nicht zu­letzt durch stren­ge Haf­tungs­be­stim­mun­gen ent­ge­gen­zu­wir­ken, er­ken­nen, so­dass die Zu­las­sung ei­nes in­di­vi­du­el­len Sorg­falts­maß­stabs die­sem ge­setz­ge­be­ri­sche Be­stre­ben zu­wi­der lie­fe. Der öf­fent­li­che Stra­ßen­ver­kehr kann sei­ner Na­tur nach kei­nen Spiel­raum für in­di­vi­du­el­le Sorg­lo­sig­keit oder per­sön­li­che Ei­gen­ar­ten und Ge­wohn­hei­ten dul­den (BGH, Urt. v. 20.12.1966 – VI ZR 53/65, BGHZ 46, 313, 317 = NJW 1967, 558, 559; Urt. v. 11.03.1970 – IV ZR 772/68, NJW 1970, 1271, 1272; vgl. auch BGH, Urt. v. 11.11.1968 – VI­II ZR 151/66, BGHZ 51, 57 = NJW 1974, 2124, 2125). Auf­grund des stren­gen Haf­tungs­re­gimes ver­bun­den mit ei­nem ho­hen Scha­dens­ri­si­ko bei un­sorg­fäl­ti­gem Ver­hal­ten recht­fer­tigt ein Ver­kehrs­un­fall, bei dem der Schuld­ner auch selbst ge­schä­digt wird, al­lein noch nicht den Schluss, dass der Schuld­ner in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten nicht sorg­fäl­ti­ger zu han­deln pflegt. Zu­dem wür­de ein Ver­kehrs­teil­neh­mer, der für sich in An­spruch nimmt, sei­ne in sons­ti­gen An­ge­le­gen­hei­ten ge­pfleg­te in­di­vi­du­el­le Sorg­lo­sig­keit auch im Stra­ßen­ver­kehr wal­ten zu las­sen, sich der stän­di­gen Ge­fahr ei­ner Ver­fol­gung we­gen Ord­nungs­wid­rig­kei­ten oder gar we­gen der Ver­wirk­li­chung von Straf­tat­be­stän­den (ins­be­son­de­re § 315c StGB) aus­zu­set­zen, wo­von nicht oh­ne Wei­te­res aus­ge­gan­gen wer­den kann. Es ist da­her im Re­gel­fall da­von aus­zu­ge­hen, dass ein Ver­kehrs­teil­neh­mer im ei­ge­nen In­ter­es­se der von Ge­set­zes we­gen ver­lang­ten Sorg­falt im Stra­ßen­ver­kehr nach­kommt. Ei­ne Sorg­falts­pflicht­ver­let­zung im Ein­zel­fall kann des­halb, selbst wenn die­se zu ei­nem Un­fall ge­führt hat, den Schluss nicht recht­fer­ti­gen, die Ver­let­zung ver­kehrs­recht­li­cher Vor­schrif­ten und die da­mit ein­her­ge­hen­de Be­schä­di­gung der ei­ge­nen Sa­che ent­spre­che der Sorg­falt, die der Rück­ge­währ­pflich­ti­ge in ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten wah­re.

Die An­nah­me, ein Ver­kehrs­teil­neh­mer setz­te sich re­gel­mä­ßig durch un­sorg­fäl­ti­ges Ver­hal­ten die­sen Ge­fah­ren aus, ist des­halb nur bei Vor­lie­gen be­son­de­rer Um­stän­den mög­lich und setzt ent­spre­chen­den Vor­trag der Par­tei vor­aus, die sich auf die Re­du­zie­rung des Sorg­falts­maß­stabs nach § 277 BGB bzw. § 346 III 1 Nr. 3 BGB be­ruft. Sol­cher Vor­trag, aus dem sich er­ge­ben könn­te, dass nicht nur ein Ver­sa­gen im Ein­zel­fall vor­liegt, son­dern der Un­fall auf ei­ne ge­ne­rel­le und vom Klä­ger all­ge­mein ge­üb­te Un­ter­schrei­tung der Sorg­falts­an­for­de­run­gen zu­rück­zu­füh­ren ist, fehlt, ob­wohl der Klä­ger dar­auf hin­ge­wie­sen wur­de (Ver­fü­gung vom 20.07.2007) und die­se Pro­ble­ma­tik Ge­gen­stand der Er­ör­te­run­gen zur Rechts­la­ge so­wohl in der Sit­zung vom 25.07.2007 als auch in der vom 12.09.2007 war.

Da­mit hat der in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­ge Klä­ger (OLG Karls­ru­he, Urt. v. 14.04.1994 – 4 U 274/93, NJW 1994, 1966; Stau­din­ger/Lö­wisch, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 277 Rn. 6; MünchKomm-BGB/Grund­mann, a. a. O., § 277 Rn. 4 m. w. Nachw.; Pa­landt/Hein­richs, a. a. O., § 277 Rn. 3) die Be­ach­tung der ei­ge­nen üb­li­chen Sorg­falt nicht aus­rei­chend dar­ge­legt und be­wie­sen, so­dass auch bei An­wen­dung von § 277 BGB die Pflicht zum Wert­er­satz aus § 346 III 1 Nr. 3 BGB nicht ent­fällt.

3. Den Wert­er­satz hat das Land­ge­richt zu­tref­fend und von den Par­tei­en nicht an­ge­grif­fen mit den un­strei­ti­gen Re­pa­ra­tur­kos­ten in Hö­he von 3.112 € in An­satz ge­bracht. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung des un­strei­ti­gen Ge­samt­kauf­prei­ses von 8.120 € und ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 176,87 € er­gibt sich der Ur­teils­be­trag von 4.831,13 €. Die­se Be­rech­nung wird im Be­ru­fungs­rechts­zug nicht an­ge­grif­fen. …

4. Auch so­weit sich der Klä­ger ge­gen die Ab­wei­sung sei­nes An­trags auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs wen­det, ist die Be­ru­fung nicht be­grün­det.

Selbst wenn man trotz feh­len­den Vor­trags da­zu auf­grund der im Be­ru­fungs­rechts­zug vor­ge­leg­ten Un­ter­la­gen die Vor­aus­set­zun­gen des An­nah­me­ver­zugs nach § 294 BGB oder § 295 BGB prü­fen woll­te, wä­re das Ur­teil im Er­geb­nis nicht zu be­an­stan­den. Ein tat­säch­li­ches An­ge­bot i. S. des § 294 BGB hat nicht statt­ge­fun­den. Zwar könn­te man in der auf ei­ne Zug-um-Zug-Leis­tung ge­rich­te­ten Kla­ge ein wört­li­ches An­ge­bot i. S. von § 295 BGB se­hen, das auf­grund der un­ein­ge­schränk­ten Ab­leh­nung jeg­li­cher Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che durch die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 25.5.2005 grund­sätz­lich aus­rei­chend wä­re, denn da­mit gab die Be­klag­te zu­gleich zu er­ken­nen, dass sie das ge­kauf­te Mo­tor­rad auf kei­nen Fall zu­rück­neh­men wer­de. Al­ler­dings muss auch das wört­li­che An­ge­bot der tat­säch­lich ge­schul­de­ten Leis­tung ent­spre­chen, was hier des­halb nicht der Fall war, weil der Klä­ger nur be­reit war, das Mo­tor­rad ge­gen Er­stat­tung des ge­sam­ten Kauf­prei­ses zu­rück­zu­ge­ben, wo­zu die Be­klag­te auf­grund der zwi­schen­zeit­lich ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen und der Be­schä­di­gung nicht ver­pflich­tet war. Da­bei kann of­fen­blei­ben, ob in­so­weit die Grund­sät­ze zur Wirk­sam­keit ei­ner Mah­nung bei ei­ner Zu­viel­for­de­rung her­an­zu­zie­hen sind, denn auch dann hät­te der Klä­ger die Be­klag­te nicht in An­nah­me­ver­zug ge­setzt. Zwar mag auf­grund der un­ein­ge­schränk­ten Ab­leh­nung von Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen da­von aus­zu­ge­hen sein, dass die Be­klag­te auch bei ei­nem wört­li­chen An­ge­bot, in dem die Hö­he des zu­rück­zu­er­stat­ten­den Kauf­prei­ses rich­tig be­rech­net wor­den wä­re, nicht ge­leis­tet hät­te. Ent­schei­dend ist je­doch, dass nach den Ge­samt­um­stän­den der Klä­ger nicht be­reit ge­we­sen wä­re, die­se Leis­tung der Be­klag­ten an­zu­neh­men wie sein Pro­zess­ver­hal­ten be­legt, das durch sein Be­har­ren auf voll­stän­di­ger Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses al­len­falls un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung ge­kenn­zeich­net ist. In ei­nem sol­chen Fall fehlt es an ei­ner wirk­sa­men In­ver­zug­set­zung (BGH, Urt. v. 25.06.1999 – V ZR 190/98, NJW 1999, 3115, 3116 = MDR 1999, 1128; Urt. v. 05.10.2005 – X ZR 276/02, NJW 2006, 769, 771 = MDR 2006, 435 = BauR 2006, 524; Urt. v. 12.07.2006 – X ZR 157/05, NJW 2006, 3271, 2272 = MDR 2007, 200). Da­mit sind die Vor­aus­set­zun­gen des An­nah­me­ver­zugs nicht er­füllt, das Fest­stel­lungs­be­geh­ren des Klä­gers ist je­den­falls un­be­grün­det.

5. Die Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che des Klä­gers sind nicht ver­jährt.

a) Mit der erst­mals im Schrift­satz vom 27.06.2007 er­ho­be­nen Ver­jäh­rungs­ein­re­de ist die Be­klag­te nach § 531 II Nr. 3 ZPO aus­ge­schlos­sen, denn es ist man­gels ei­nes ge­gen­tei­li­gen Vor­trags von Nach­läs­sig­keit aus­zu­ge­hen. Die Ver­jäh­rungs­ein­re­de ge­hört zu den Ver­tei­di­gungs­mit­teln, de­ren recht­zei­ti­ge Gel­tend­ma­chung durch § 531 II ZPO si­cher­ge­stellt wer­den soll, denn das Be­ru­fungs­ge­richt soll das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil auf der Grund­la­ge des Sach- und Streit­stands im ers­ten Rechts­zug grund­sätz­lich … nur auf Rechts­feh­ler kon­trol­lie­ren. Der Be­ru­fungs­rechts­zug dient hin­ge­gen nicht da­zu, ei­ner Par­tei durch Er­gän­zung oder Er­wei­te­rung der An­griffs- oder Ver­tei­di­gungs­mit­tel zu er­mög­li­chen, ei­ne Än­de­rung des Ur­teils auf­grund ei­ner an­de­ren Tat­sa­chen­grund­la­ge zu er­rei­chen. Es kommt des­halb nicht dar­auf an, ob die Tat­sa­chen, auf die sich die Er­he­bung der Ver­jäh­rungs­ein­re­de grün­det, un­strei­tig sind, denn die Be­gren­zung des Pro­zess­stoffs, wie sie sich aus §§ 529, 531 ZPO er­gibt, nimmt neu­en un­strei­ti­gen Par­tei­vor­trag nicht aus und die rei­ne Rechts­kon­trol­le, die in die­sen Fäl­len nach dem aus­drück­li­chen und ein­deu­ti­gen Wil­len des Ge­setz­ge­bers zu er­fol­gen hat, lässt da­für kei­nen Spiel­raum (wie hier BGH, Urt. v. 21.12.2005 – X ZR 165/04, BGHR 2006, 599, 601 f. = MDR 2006, 766; of­fen­ge­las­sen von BGH, Urt. v. 27.02.2007 – XI ZR 56/06, BGHR 2007, 615, 616; a. A. BGH, Urt. v. 19.01.2006 – III ZR 105/05, BGHZ 166, 29, 31 = NJW-RR 2006, 630 = MDR 2006, 822).

b) Auch wenn man ent­ge­gen § 531 II Nr. 3 ZPO und der In­ten­ti­on des Ge­setz­ge­bers die Ver­jäh­rungs­ein­re­de der Be­klag­ten be­rück­sich­ti­gen woll­te, än­der­te sich am Er­geb­nis nichts. Die Vor­aus­set­zun­gen der Ver­jäh­rung nach §§ 438 I Nr. 3, II BGB sind nicht aus­rei­chend subs­z­an­ti­iert dar­ge­legt. Zum Ver­jäh­rungs­be­ginn durch Ab­lie­fe­rung der Kauf­sa­che fehlt kon­kre­ter Vor­trag, da­zu ge­nügt nicht, dass die Be­klag­te da­von aus­geht, ei­ne Lie­fe­rung sei kur­ze Zeit nach dem Kauf er­folgt (Schrift­satz vom 27.06.2007, S. 3). Zu­dem hat die Be­klag­te arg­lis­tig ge­han­delt, denn sie hat den ihr be­kann­ten Man­gel des Mo­tor­ra­des ver­schwie­gen, ob­wohl sie zu­min­dest da­mit rech­ne­te, dass der Klä­ger bei Kennt­nis des Her­stel­lungs­da­tums den Kauf­ver­trag nicht oder nicht so ab­ge­schlos­sen hät­te. Dem ist die Be­klag­te nicht (je­den­falls nicht sub­stan­zi­iert) ent­ge­gen­ge­tre­ten. Die des­halb gel­ten­de Ver­jäh­rungs­frist von drei Jah­ren (§ 438 III 1, § 195 BGB) wur­de durch die am 29.10.2005 er­folg­te Zu­stel­lung der Kla­ge recht­zei­tig ge­hemmt (§ 204 I Nr. 1 BGB).

III. Die Be­ru­fung des Klä­gers bleibt da­mit oh­ne Er­folg. …

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