Der Kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens ist je­den­falls dann kein „Ge­schäft für den, den es an­geht“ – al­so ein Ge­schäft, bei dem dem Ver­käu­fer gleich­gül­tig ist, mit wem es zu­stan­de kommt –, wenn bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges le­dig­lich ei­ne An­zah­lung auf den Kauf­preis ge­leis­tet wird und der rest­li­che Kauf­preis erst ei­ni­ge Ta­ge spä­ter Zug um Zug ge­gen Über­ga­be des Fahr­zeugs ge­zahlt wird.

OLG Cel­le, Ur­teil vom 01.11.2006 – 7 U 55/06

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt von dem be­klag­ten Ge­braucht­wa­gen­händ­ler die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen VW Po­lo.

Der Be­klag­te bot das Fahr­zeug im In­ter­net zu ei­nem Preis von 6.350 € oh­ne Hin­weis auf ei­nen Un­fall­scha­den an. S, der Sohn des Klä­gers, be­gab sich dar­auf­hin am 01.10.2004 zu dem Be­klag­ten, der ihn dar­auf hin­wies, dass der Wa­gen vor­ne links ei­nen Un­fall­scha­den er­lit­ten ha­be. S zahl­te auf den Kauf­preis ei­nen Be­trag von 200 € an. Hier­über stell­te der Be­klag­te ei­ne Quit­tung aus, auf der le­dig­lich der Fa­mi­li­en­na­me des Klä­gers und sei­nes Soh­nes steht und auf der ver­merkt ist: „auf Un­fall­scha­den links wur­de hin­ge­wie­sen“. Am 06.10.2004 hol­te S den Wa­gen in Be­glei­tung des Klä­gers bei dem Be­klag­ten ab und zahl­te den Rest­kauf­preis von 5.800 €. Hier­über stell­te der Be­klag­te wie­der­um ei­ne Quit­tung aus, dies­mal auf den voll­stän­di­gen Na­men des Klä­gers.

Noch im Ok­to­ber 2004 stell­te sich her­aus, dass das Fahr­zeug nicht nur ei­nen leich­ten Un­fall­scha­den er­lit­ten hat­te, son­dern ei­nen Scha­den (Del­le im Längs­trä­ger, Stau­chung in der Hal­te­rung des Mo­tor­trä­gers), der mit grö­ße­rem Re­pa­ra­tur­auf­wand be­sei­tigt wor­den war. Der Klä­ger er­klär­te des­halb am 20.10.2004 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag.

Er hat be­haup­tet, sein Sohn ha­be ge­gen­über dem Be­klag­ten zum Aus­druck ge­bracht, er – S – kau­fe das Fahr­zeug für sei­nen Va­ter.

Das Land­ge­richt hat der im We­sent­li­chen auf Zah­lung von 5.950 € ge­rich­te­ten Kla­ge größ­ten­teils statt­ge­ge­ben und un­ter an­de­rem aus­ge­führt, der Klä­ger ha­be sich wirk­sam von sei­nem Sohn ver­tre­ten las­sen. Zwar ha­be er nicht be­wie­sen, dass S in sei­nem Na­men ge­han­delt ha­be. S ha­be den Be­klag­ten bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags am 01.10.2004 nach ei­ge­nen An­ga­ben nicht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass er im Na­men des Klä­gers hand­le. Dies sei al­ler­dings un­schäd­lich, weil es sich bei dem Kfz-Kauf um ein Bar­ge­schäft des täg­li­chen Le­bens – ein „Ge­schäft für den, den es an­geht“ – ge­han­delt ha­be.

Die Be­ru­fung des Be­klag­ten hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Die Kla­ge ist un­be­grün­det. Der Klä­ger ist nicht ak­tiv­le­gi­ti­miert.

1. Ent­schei­dend ist bei der Fest­stel­lung der Ak­tiv­le­gi­ti­ma­ti­on auf den Zeit­punkt ab­zu­stel­len, in dem der Ver­trag zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en ab­ge­schlos­sen wur­de.

a) Die­sen hat das Land­ge­richt zu­tref­fend mit dem 01.10.2004 an­ge­nom­men …

b) Ei­ne Auf­he­bung die­ses am 01.10.2004 ab­ge­schlos­se­nen Ver­tra­ges und ein Neu­ab­schluss ei­nes Ver­tra­ges am 06.10.2004 sind nicht er­sicht­lich. Es fehlt an zu­rei­chen­den tat­säch­li­chen An­halts­punk­ten, dass die Ver­trags­par­tei­en des 01.10.2004 die­sen Kauf­ver­trag auf­he­ben und ei­nen neu­en, dann ge­ge­be­nen­falls für den Klä­ger als Ver­tre­te­nen, ab­schlie­ßen woll­ten. Es kann dem­nach da­hin­ste­hen, ob der Zeu­ge S im zwei­ten Ter­min ei­ne Stell­ver­tre­tung of­fen­ge­legt hat.

2. Der Klä­ger hat die von ihm be­haup­te­te Ver­tre­tung durch sei­nen Sohn am 01.10.2004 we­der aus­rei­chend dar­ge­legt noch be­wie­sen.

a) An die­sem Tag hat der Sohn des Klä­gers nicht auf das Ver­tre­tungs­ver­hält­nis hin­ge­wie­sen. Die an­ders­lau­ten­de Be­haup­tung in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat war neu und ist ge­mäß § 531 II Nr. 3 ZPO zu­rück­zu­wei­sen. Et­was an­de­res er­gibt sich ent­ge­gen dem Vor­brin­gen des Klä­gers in dem nicht nach­ge­las­se­nen Schrift­satz vom 12.10.2006 auch nicht aus der Be­weis­auf­nah­me vom 08.08.2006. Zwar hat der Zeu­ge S be­kun­det, er ha­be im Rah­men der Ver­trags­ver­hand­lun­gen dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Wa­gen für den Klä­ger sein soll. Dies hat er im Ver­lauf sei­ner Aus­sa­ge je­doch wie folgt kon­kre­ti­siert: „Beim ers­ten Be­such hat­te ich noch nicht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ich den Wa­gen für mei­nen Va­ter kau­fen woll­te.“ Der ers­te Be­such fand am 01.10.2004 statt …

Aus­rei­chen­de An­halts­punk­te für ei­nen Hin­weis auf ei­ne Stell­ver­tre­tung bie­tet auch die Quit­tung vom 01.10.2004 nicht. Auf die­ser steht nur der Fa­mi­li­en­na­me.

b) Der Se­nat teilt nicht die An­nah­me des Land­ge­richts, vor­lie­gend hät­te es sich um ein „Ge­schäft für den, den es an­geht“ ge­han­delt.

aa) Die­ses liegt vor, wenn der Be­voll­mäch­tig­te nicht zu er­ken­nen gibt, ob er für sich oder ei­nen an­de­ren han­delt, aber für ei­nen an­de­ren auf­grund ei­ner er­teil­ten Voll­macht han­deln will, und es dem Ge­schäfts­geg­ner gleich­gül­tig ist, mit wem das Ge­schäft zu­stan­de kommt. An­er­kannt ist die­ses Rechts­in­sti­tut ins­be­son­de­re bei Bar­ge­schäf­ten des täg­li­chen Le­bens, und zwar vor al­lem beim ding­li­chen Rechts­er­werb. Bei schuld­recht­li­chen Ge­schäf­ten fin­den die Grund­sät­ze des Ge­schäfts für den, den es an­geht, nur in Aus­nah­me­fäl­len An­wen­dung (BGH, Urt. v. 25.03.2003 – XI ZR 224/02, NJW-RR 2003, 921 [un­ter II 2 a]). Ein sol­cher Aus­nah­me­fall liegt hier nicht vor.

(1) Er­folgt der Ver­kauf ei­nes Pkw durch Aus­wahl und Ver­trags­schluss vor Ort, ist ent­spre­chend dem oben an­ge­ge­be­nen Grund­satz in der Re­gel da­von aus­zu­ge­hen, dass der Ver­käu­fer Wert auf die Kennt­nis sei­nes Ver­trags­part­ners legt. Ein Ge­schäft für den, den es an­geht, ist in die­sem Fall nicht mit der al­lei­ni­gen Be­grün­dung zu be­ja­hen, dass der Zahl­be­trag in bar über­ge­ben wur­de. Bei dem Kauf ei­nes Pkw ist der Ver­käu­fer – an­ders zum Bei­spiel als beim Kauf ei­nes Ra­di­os – in der Re­gel dar­an in­ter­es­siert, wer die­ses Au­to kauft. Der Ei­gen­tums­über­gang hat Fol­gen im Hin­blick auf die Um­mel­dung und Neu­zu­las­sung des Fahr­zeugs, al­so für Ver­si­che­run­gen und Steu­ern. Der Na­me des Käu­fers war dem Be­klag­ten auch be­kannt, wie sich aus der Quit­tung vom 01.10.2004 er­gibt. Er hat­te mit ei­nem Herrn na­mens N ver­han­delt und den Ver­trag ge­schlos­sen. Ein wei­ter­ge­hen­der An­lass zu Er­kun­di­gun­gen über die Per­son sei­nes Ver­trags­part­ners ist nicht er­sicht­lich.

(2) Zwar mag ein Aus­nah­me­fall bei Vor­lie­gen ei­nes ein­ak­ti­gen Ge­schäfts an­zu­neh­men sein. Dies be­darf je­doch für die­sen Fall kei­ner Ent­schei­dung. Vor­lie­gend han­delt es sich um ein zwei­ak­ti­ges Ge­schäft, da Ver­trags­schluss ei­ner­seits und Über­ga­be des Fahr­zeugs so­wie Zah­lung des we­sent­li­chen Teils des Kauf­prei­ses aus­ein­an­der­fal­len.

(3) Das LG Ber­lin (Urt. v. 16.10.2003 – 30 O 340/03, ju­ris) hat zwar bei ei­nem Au­to­kauf ein Ge­schäft für den, den es an­geht be­jaht. Dies hat es aber da­mit be­grün­det, dass es sich an­ge­sichts der be­son­de­ren Ver­trags­ab­wick­lung (Ver­kauf über das In­ter­net) um ei­nen Aus­nah­me­fall ge­han­delt hat, da es dem Ver­käu­fer bei die­ser Art des Ver­kaufs egal ist, wer sein Ver­trags­part­ner wird. Dies ist auf den vor­lie­gen­den Fall nicht über­trag­bar, da der Ab­schluss des Ver­tra­ges vor Ort und nicht über das In­ter­net er­folg­te; nur die An­zei­ge war im In­ter­net ver­öf­fent­licht.

3. Es kommt des­we­gen nicht dar­auf an, ob der Hin­weis des Be­klag­ten auf den Un­fall­scha­den des Fahr­zeugs in der Quit­tung vom 01.10.2004 aus­reicht oder le­dig­lich ei­ne Ba­ga­tel­li­sie­rung dar­stellt …

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