1. Wer im Rahmen einer Fahrzeug-Restwertbörse im Internet ein Kaufangebot gegenüber einem ihm unbekannten Anbieter abgibt, bringt damit unwiderlegbar zum Ausdruck, dass ihm gleichgültig ist, mit wem er (möglicherweise) einen Kaufvertrag über das Fahrzeug schließt. Der Kaufvertrag kommt deshalb auch dann mit dem Anbieter zustande, wenn dieser sich vertreten lässt und der Vertreter das Kaufangebot im eigenen Namen annimmt (verdecktes Geschäft für den, den es angeht).
  2. Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens darf zwar zum Alter des Fahrzeugs keine (bewusst) unrichtigen Angaben machen, wenn er sich nicht dem Vorwurf einer arglistigen Täuschung aussetzen will. Er handelt aber nicht arglistig, wenn er zum Alter des Fahrzeugs gar keine Angaben macht, sondern nur das Datum der Erstzulassung angibt (im Anschluss an OLG Zweibrücken, Urt. v. 05.05.1998 – 5 U 28/97, NJW-RR 1998, 1211).

LG Berlin, Urteil vom 16.10.2003 – 30 O 340/03

Sachverhalt: Der Kläger bot im Juni 2003 ein in seinem Eigentum stehendes Kraftfahrzeug in einem Datenbanksystem für Kraftfahrzeuge und Fahrzeugteile im Internet zum Kauf an. Das System ist so ausgestaltet, dass Interessenten mit einer Gültigkeitsdauer versehene Gebote abgeben können, wobei es dem Anbieter freisteht, das jeweilige Gebot während der Gültigkeitsdauer anzunehmen. Bereits mit Abgabe des Gebotes verpflichtet sich der Interessent, das Fahrzeug abzuholen und den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, falls sein Gebot angenommen wird.

Für das Fahrzeug des Klägers bot die Beklagte am 12.06.2003 einen Kaufpreis von 20.110 € brutto; die Gültigkeitsdauer dieses Gebots betrug 15 Tage. Das zweithöchste Gebot betrug 13.550 €.

Mit Telefax vom 26.06.2003 erklärte die Autohaus A-GmbH, sie nehme das Gebot der Beklagten an. Einen Hinweis darauf, dass die Annahme im Namen des Klägers erfolge, enthält das Telefax nicht.

Nachdem die Beklagte in der Folgezeit zunächst erklärt hatte, das Fahrzeug lediglich zum Preis von 17.500 € erwerben zu wollen, forderte der Kläger sie mit Schreiben vom 01.07.2003 unter Fristsetzung zum 04.07.2003 zur Zahlung von 20.110 € Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeugs auf. Dem kam die Beklagte nicht nach. Daraufhin erklärte der Kläger mit Schreiben vom 09.07.2003 den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte mit der Begründung, er habe sein Fahrzeug für 13.600 € an die Autohaus A-GmbH veräußert, Schadensersatz in Höhe von 6.510 €.

Am 20.08.2003 erklärte die Beklagte die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung. Sie wirft dem Kläger vor, er habe in seinem Inserat lediglich (zutreffend) angegeben, dass das zum Verkauf stehende Fahrzeug im April 2003 erstzugelassen worden sei, aber verschwiegen, dass das Fahrzeug bereits im November 2001 hergestellt worden sei.

Die auf Zahlung von 6.510 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte Erfolg.

Aus den Gründen: Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 6.510 € gemäß den §§ 433, 323 I, 325, 280 I, III, 281 I BGB.

Zwischen den Parteien ist ein Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug zum Preis von 20.110 €zustande gekommen, denn das verbindliche Kaufangebot der Beklagten vom 12.06.2003 ist durch den Kläger – vertreten durch das Autohaus A – am 26.06.2003 angenommen worden.

Gemäß § 164 I BGB wirkt eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll. Grundsätzlich beruht das Recht der Stellvertretung danach auf dem Offenheitsgrundsatz, das heißt, eine wirksame Vertretung setzt in der Regel voraus, dass die Willenserklärung erkennbar im Namen des Vertretenen abgegeben wird. Eine Einschränkung des Offenheitsgrundsatzes besteht aber nach der ratio des Gesetzes beim sogenannten Geschäft für den, den es angeht. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass der handelnde Bevollmächtigte nicht zu erkennen gibt, ob er für sich oder einen anderen handelt, aber für einen anderen handeln will, und es dem Geschäftsgegner gleichgültig ist, mit wem das Geschäft zustande kommt. Anerkannt ist dies von der Rechtsprechung insbesondere bei Bargeschäften des täglichen Lebens, und zwar vor allem beim dinglichen Rechtserwerb. Bei schuldrechtlichen, insbesondere kreditorischen Geschäften sind die Grundsätze des Geschäfts für den, den es angeht, hingegen nur in Ausnahmefällen anzuwenden, da dem Vertragschließenden die Person seines Geschäftsgegners in der Regel nicht gleichgültig ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.05.1991 – VIII ZR 212/90, WM 1991, 1678).

Ein solcher Ausnahmefall ist aber aufgrund der besonderen Vertragsabwicklung des streitgegenständlichen Geschäfts über das Internet vorliegend gegeben. Denn durch die Beklagte wurde ein verbindliches Kaufangebot an einen unbekannten Anbieter abgegeben. Damit hat sie unwiderlegbar zum Ausdruck gebracht, dass ihr der Vertragspartner, das heißt die Person des Verkäufers des Fahrzeugs, gleichgültig war, denn sie hatte keinen Einfluss darauf, mit wem der Vertrag zustande kommen würde, was sie auch wusste. Ihr Vorbringen, sie habe den Vertrag nicht mit dem Kläger abschließen wollen, da dieser Kfz-Sachverständiger sei, was insoweit unstreitig ist, geht daher ins Leere. Der Kläger war auch nicht gehalten, seine Berufsbezeichnung bei Einstellung der Verkaufsofferte ins Internet anzugeben. Denn wenn es der Beklagten, wie sie wohl geltend machen will, darauf ankam, Fahrzeuge nur von Personen zu erwerben, die insoweit nicht über Fachkenntnisse verfügen, hätte sie von der Abgabe eines verbindlichen Kaufangebotes an unbekannte Anbieter Abstand nehmen können und müssen.

Der Kaufvertrag ist auch nicht gemäß den §§ 123 I, 142 I BGB wegen arglistiger Täuschung nichtig, denn eine Offenbarungspflicht bezüglich des Alters des Fahrzeugs bestand nicht. Dies folgt daraus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht um einen Neuwagen, sondern um ein Gebrauchtfahrzeug und zudem um einen Unfallwagen handelt.

Nach der Rechtsprechung des BGH richtet sich der Umfang der Offenbarungspflicht bei Gebrauchtfahrzeugen nicht nach den Anforderungen für Neuwagen. Vielmehr gilt im Gebrauchtwagenkaufrecht, dass ein höheres Alter des Fahrzeugs, wenn dadurch nicht dessen Eignung zum gewöhnlichen Gebrauch eingeschränkt wird, keinen Fehler im Sinne des Gewährleistungsrechts darstellt, sondern nur eine zusicherungsfähige Eigenschaft i. S. von § 459 II BGB a.F. Dementsprechend darf zwar keine unrichtige Angabe über das Alter des Fahrzeugs gemacht werden, es ist aber nicht arglistig, hierzu überhaupt keine Angaben zu machen (OLG Zweibrücken, Urt. v. 05.05.1998 – 5 U 28/97, NJW-RR 1998, 1211).

Nach § 323 I BGB war der Kläger, nachdem der Kaufpreis durch die Beklagte nicht bezahlt worden ist, berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten.

Daneben steht ihm gemäß den §§ 325, 280 I, III, 281 I BGB ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung zu. Der Kläger ist danach so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Kaufvertrag durch die Beklagte ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Danach hätte der Kläger einen Kaufpreis von 20.110 € erzielt. Nach dem Vorbringen des Klägers ist das Fahrzeug zum Preis von 13.600 € an das Autohaus A veräußert worden. Damit ist dem Kläger ein Schaden in Höhe der Klageforderung entstanden. Soweit die Beklagte bestreitet, dass das Fahrzeug zum Preis von 13.600 € veräußert worden sei, ist dies unerheblich. Erheblich wäre das Vorbringen der Beklagten vielmehr nur dann, wenn sie substanziiert geltend machen würde, dass das Fahrzeug zu einem höheren Preis veräußert worden sei oder aber eine Veräußerung überhaupt nicht stattgefunden habe, das Fahrzeug beim Kläger verblieben sei und einen Wert von mehr als 13.600 € habe. All dies behauptet sie aber nicht. Im Hinblick darauf, dass der vom Kläger behauptete Verkaufspreis noch über dem zweithöchsten über das Internet abgegebene Kaufangebot liegt, bestehen dafür auch keine Anhaltspunkte.

Entgegen der Ansicht der Beklagten war der Kläger auch nicht im Rahmen der Schadensminderungspflicht gehalten, das Fahrzeug zum Preis von 17.500 € an die Beklagte zu veräußern. Denn der Kläger hatte keine Veranlassung, nachdem bereits ein wirksamer Kaufvertrag zu einem Preis von 20.110 € zustande gekommen war, darauf mehr als 2.500 € nachzulassen und das Fahrzeug für 17.500 € an die Beklagte zu verkaufen.

Der Kläger war auch nicht verpflichtet, nach Rücktritt vom Vertrag und Verkauf des Fahrzeugs zum behaupteten Preis von 13.600 € an das Autohaus A, nochmals bei der Beklagten nachzufragen, ob sie gegebenenfalls bereit sei, das Fahrzeug nunmehr für 17.500 € zu erwerben, denn nachdem sich die Beklagte bereits einmal als vertragsuntreu erwiesen hatte, war dem Kläger dies nicht zuzumuten, und die Beklagte konnte solches unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch nicht erwarten …

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