1. Ei­ne Kauf­sa­che ist nicht nur dann man­gel­haft, wenn sie we­gen ei­ner man­gel­haf­ten Mon­ta­ge­an­lei­tung nicht feh­ler­frei mon­tiert wer­den kann (§ 434 II 2 BGB). Ein Man­gel der Kauf­sa­che selbst ist viel­mehr auch dann ge­ge­ben, wenn zur Kauf­sa­che (hier: ei­nem Whirl­pool) ei­ne Be­die­nungs­an­lei­tung ge­hört und die­se in we­sent­li­chen Punk­ten un­voll­stän­dig oder feh­ler­haft ist, so­dass beim der Be­die­nungs­an­lei­tung ent­spre­chen­den Ge­brauch der – an­sons­ten feh­ler­frei­en – Kauf­sa­che Fehl­funk­tio­nen auf­tre­ten.
  2. Für ein ord­nungs­ge­mä­ßes Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen ge­nügt es, dass der Käu­fer die „Sym­pto­me“ des Man­gels hin­rei­chend ge­nau be­schreibt. Die Ur­sa­che die­ser Sym­pto­me braucht der Käu­fer nicht zu be­nen­nen. Viel­mehr ist es ge­ge­be­nen­falls Sa­che des Ver­käu­fers zu er­ken­nen, dass ur­säch­lich für ei­ne be­stimm­te Fehl­funk­ti­on ei­ne un­zu­läng­li­che Be­die­nungs­an­lei­tung ist.

OLG Mün­chen, Ur­teil vom 09.03.2006 – 6 U 4082/05

Sach­ver­halt: Die Klä­ger ha­ben von der Be­klag­ten ei­nen Whirl­pool er­wor­ben und in ih­rer Woh­nung ein­bau­en las­sen. Sie be­haup­ten, der Whirl­pool sei trotz meh­re­rer Nach­bes­se­rungs­ver­su­che man­gel­haft, weil aus dem Lei­tungs­sys­tem nach wie vor schwar­ze Par­ti­kel ins Ba­de­was­ser ge­schwemmt wür­den, und ver­lan­gen des­halb die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges.

Das Land­ge­richt hat die Be­klag­te ver­ur­teilt, den Klä­gern den um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung von 303,90 € ver­min­der­ten Kauf­preis Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Whirl­pools zu er­stat­ten. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, dass der Whirl­pool we­gen ei­ner un­zu­läng­li­chen Be­die­nungs­an­lei­tung von An­fang an man­gel­haft ge­we­sen und die­ser Man­gel trotz meh­re­rer Nach­bes­se­rungs­ver­su­che nicht be­sei­tigt wor­den sei, son­dern je­den­falls zum Zeit­punkt des von den Klä­gern am 02.05.2003 er­klär­ten Rück­tritts noch vor­han­den ge­we­sen sei. Da­bei hat sich das Land­ge­richt vor al­lem auf das Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. G ge­stützt. Die­ser kom­me zwar ei­ner­seits zu dem Er­geb­nis, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Whirl­pool in tech­ni­scher Hin­sicht ein­wand­frei funk­tio­nie­re; an­de­rer­seits ha­be der Sach­ver­stän­di­ge aber fest­ge­stellt, dass sich bei nor­ma­ler Be­nut­zung des Whirl­pools im Lei­tungs­sys­tem ein „Bio­film“ bil­de, der nach ei­ni­ger Zeit schwärz­li­che Par­ti­kel ab­son­de­re und ins Ba­de­was­ser ge­lan­gen las­se. Die aus­weis­lich der Be­die­nungs­an­lei­tung vor­ge­se­he­ne Rei­ni­gungs­maß­nah­me – die re­gel­mä­ßi­ge Bei­ga­be von Ak­tiv­sau­er­stoff-Ta­blet­ten – rei­che nicht aus, um dies zu ver­hin­dern; viel­mehr müs­se dar­über hin­aus das Lei­tungs­sys­tem et­wa ein­mal im Mo­nat mehr­stün­dig mit ei­nem be­son­ders leis­tungs­star­ken Rei­ni­gungs­mit­tel durch­ge­spült wer­den. Auf der Ba­sis die­ser Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen er­wei­se sich die Be­die­nungs­an­lei­tung in ei­nem we­sent­li­chen Punkt als un­zu­rei­chend, und die­ser Feh­ler der Be­die­nungs­an­lei­tung stel­le ei­nen Man­gel der Kauf­sa­che selbst dar. Es spie­le da­her kei­ne Rol­le, ob die Klä­ger tat­säch­lich im­mer die in der Be­die­nungs­an­lei­tung ge­nann­ten Rei­ni­gungs­ta­blet­ten bei­ge­ge­ben hät­ten, und es sei auch un­er­heb­lich, ob in den Be­die­nungs­an­lei­tun­gen an­de­rer Her­stel­ler sol­che Hin­wei­se auf wei­ter­ge­hen­de Rei­ni­gungs­maß­nah­men ent­hal­ten sei­en. Eben­so we­nig kom­me es dar­auf an, ob durch die vom Sach­ver­stän­di­gen vor­ge­schla­ge­nen Maß­nah­men tat­säch­lich die be­an­stan­de­te Par­ti­kel­bil­dung ver­hin­dert wer­den kön­ne. Die Be­klag­te müs­se den Klä­gern da­her Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be al­ler Be­stand­tei­le des Whirl­pools den ge­zahl­ten Kauf­preis er­stat­ten. Ge­min­dert wer­de der Zah­lungs­an­spruch der Klä­ger le­dig­lich um den Wert der von den Klä­gern zwi­schen­zeit­lich ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen. Die­sen Wert hat das Erst­ge­richt aus­ge­hend von ei­ner Ge­samt­le­bens­dau­er des Whirl­pools von zwölf Jah­ren und ei­ner sechs­mo­na­ti­gen Nut­zung durch die Klä­ger auf 303,90 € ge­schätzt.

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten und ih­rer Streit­hel­fe­rin hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Die Klä­ger sind vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten und ver­lan­gen des­sen Rück­ab­wick­lung ge­mäß §§ 434, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB. Das Land­ge­richt ist in­so­weit zu Recht zu dem Er­geb­nis ge­kom­men, dass ein Sach­man­gel i. S. des § 434 I BGB vor­ge­le­gen hat.

a) Das Land­ge­richt hat sich hier­bei am Er­geb­nis der Be­gut­ach­tung durch den ge­richt­lich be­auf­trag­ten Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. G ori­en­tiert. Das ist nicht zu be­an­stan­den, weil die Be­ru­fungs­füh­rer ge­gen die­se Fest­stel­lun­gen kei­ne sub­stan­zi­ier­ten Ein­wen­dun­gen vor­ge­bracht ha­ben. Sie ver­tre­ten le­dig­lich die Auf­fas­sung, dass ge­ra­de auf der Ba­sis der Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen kein Sach­man­gel vor­lie­ge. Dem kann je­doch nicht ge­folgt wer­den.

Der Sach­ver­stän­di­ge hat ei­ner­seits aus­ge­führt, dass sich beim Be­trieb ei­nes Whirl­pools mehr oder we­ni­ger zwangs­läu­fig ein so­ge­nann­ter Bio­film bil­det, und dass die­ser die Ur­sa­che für die hier auf­ge­tre­te­nen Ver­un­rei­ni­gun­gen des Ba­de­was­sers dar­stel­let. Er hat wei­ter dar­ge­legt, dass die in der den Klä­gern über­ge­be­nen Be­die­nungs­an­lei­tung vor­ge­schrie­be­ne Bei­ga­be von Ak­tiv­sau­er­stoff-Ta­blet­ten selbst dann, wenn sie so wie emp­foh­len re­gel­mä­ßig er­folgt, nicht aus­reicht, um die­se Bio­film­bil­dung zu ver­hin­dern. An­de­rer­seits hat er be­stimm­te an­de­re, wei­ter­ge­hen­de Rei­ni­gungs­maß­nah­men auf­ge­zeigt, die in­so­weit Er­folg ver­spre­chend wä­ren.

b) Dies be­deu­tet, dass die den Klä­gern über­ge­be­ne Be­die­nungs­an­lei­tung un­zu­rei­chend ge­we­sen ist. Es liegt auf der Hand, dass sich der Be­sit­zer ei­nes Ge­räts, das nicht zum All­tags­be­darf ge­hört, an­hand der Be­die­nungs­an­lei­tung dar­über in­for­mie­ren muss, wel­che Rei­ni­gungs­maß­nah­men er wie oft tref­fen muss. Wenn er dort un­ge­nü­gen­de In­for­ma­tio­nen er­hält, so­dass sich lang­fris­tig mas­si­ve Ver­schmut­zun­gen bil­den, dann ist die Kauf­sa­che nicht zu der ge­wöhn­li­chen bzw. nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­ten Ver­wen­dung ge­eig­net.

Ei­ne un­zu­rei­chen­de Be­die­nungs­an­lei­tung kann kei­nes­wegs nur im Fal­le des § 434 II 2 BGB (Mon­ta­ge­an­lei­tung) ei­nen Man­gel der Kauf­sa­che dar­stel­len. Wenn die sinn­vol­le Ver­wen­dung ei­nes Kauf­ge­gen­stan­des ei­ne ver­ständ­li­che Be­die­nungs­an­lei­tung vor­aus­setzt, dann ist je­den­falls das völ­li­ge Feh­len ei­ner sol­chen Be­die­nungs­an­lei­tung ein Man­gel der Kauf­sa­che (BGH, Urt. v. 05.07.1989 – VI­II ZR 334/88, NJW 1989, 3222; OLG Mün­chen, Urt. v. 03.09.1998 – 6 U 5694/97, CR 1999, 221; OLG Bre­men, Urt. v. 08.11.2000 – 1 U 14/00, OLGR 2002, 338). Wenn ei­ne Be­die­nungs­an­lei­tung zwar vor­han­den ist, aber we­gen er­heb­li­cher Lü­cken ih­rem Zweck nicht ge­nügt, dann kann nichts an­de­res gel­ten.

2. Die Klä­ger muss­ten der Be­klag­ten vor der Rück­tritts­er­klä­rung kei­ne wei­te­re Nach­frist zur Ver­trags­er­fül­lung (§§ 437, 323 I BGB) set­zen, weil die Nach­bes­se­rung nach ins­ge­samt drei er­folg­lo­sen Ver­su­chen end­gül­tig fehl­ge­schla­gen war (§ 440 BGB).

Die Be­ru­fungs­füh­rer kön­nen den Klä­gern in­so­weit nicht vor­hal­ten, dass der Man­gel der Be­die­nungs­an­lei­tung nie­mals ge­rügt wor­den sei, weil sich die Klä­ger bei ih­ren Be­an­stan­dun­gen im­mer nur auf die Ver­un­rei­ni­gun­gen des Ba­de­was­sers be­zo­gen ha­ben. Die Klä­ger konn­ten die Ur­sa­che die­ser Ver­un­rei­ni­gun­gen nicht wis­sen und des­halb nicht er­ken­nen, dass kein tech­ni­scher Feh­ler des Whirl­pools, son­dern ein Feh­ler in der Be­die­nungs­an­lei­tung vor­lag; es reich­te da­her aus, dass sie die „Sym­pto­me“ des Man­gels an­ge­ge­ben ha­ben (BGH, Urt. v. 03.12.1998 – VII ZR 405/97, NJW 1999, 1330 m. w. Nachw.). Der Man­gel war da­mit kon­kret ge­nug be­zeich­net. Es wä­re Sa­che der Be­klag­ten oder der Streit­hel­fe­rin ge­we­sen, bei den ver­schie­de­nen Nach­bes­se­rungs­ver­su­chen die Un­zu­läng­lich­keit der Rei­ni­gungs­an­wei­sun­gen in der Be­die­nungs­an­lei­tung zu er­ken­nen und den Klä­gern die nö­ti­gen er­gän­zen­den Hin­wei­se zu ge­ben. Dies ha­ben sie nicht ge­tan, son­dern sich auf ei­ge­ne, zu­sätz­li­che Rei­ni­gungs­maß­nah­men be­schränkt, die – in­so­weit im Ein­klang mit den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen – das Pro­blem im­mer nur vor­über­ge­hend lö­sen konn­ten. Der Man­gel ist letzt­lich erst durch die Fest­stel­lun­gen des ge­richt­li­chen Sach­ver­stän­di­gen, die den Klä­gern die nö­ti­gen Kennt­nis­se ver­schaff­ten, be­sei­tigt wor­den; an der Wirk­sam­keit des zu­vor be­reits er­klär­ten Rück­tritts konn­te das aber nichts mehr än­dern.

Auf die Fra­ge, ob die er­for­der­li­chen zu­sätz­li­chen Rei­ni­gungs­maß­nah­men für die Klä­ger zu­mut­bar ge­we­sen wä­ren, kommt es da­her nicht an. Eben­so we­nig kommt es dar­auf an, ob der In­stal­la­teur S den Klä­gern bei Ein­bau des Whirl­pools münd­lich ent­spre­chen­de Hin­wei­se ge­ge­ben hat. Selbst wenn sol­che Hin­wei­se ge­fal­len sein soll­ten, konn­te das die Un­zu­läng­lich­keit der schrift­li­chen Be­die­nungs­an­lei­tung nicht be­sei­ti­gen. Vom Käu­fer ei­ner der­ar­ti­gen An­la­ge kann nicht er­war­tet wer­den, dass er sich münd­li­che Hin­wei­se, die ihm an­läss­lich der In­stal­lie­rung er­teilt wer­den und die über die schrift­li­che Be­die­nungs­an­lei­tung hin­aus­ge­hen, lü­cken­los merkt.

3. Bei­de Par­tei­en schul­den ein­an­der als Fol­ge des wirk­sa­men Rück­tritts die Rück­ge­währ der emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen (§ 346 I BGB). Die Klä­ger kön­nen da­her Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ver­lan­gen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Whirl­pools und ge­min­dert um den Wert der von ih­nen ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen. Das Erst­ur­teil war da­her auf­recht­zu­er­hal­ten.

Nicht zu be­an­stan­den ist auch die Hö­he des Be­tra­ges, den das Erst­ge­richt im We­ge der Schät­zung für die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen vom Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch ab­ge­zo­gen hat. Hier­ge­gen ha­ben die Be­ru­fungs­füh­rer kei­ne stich­hal­ti­gen Ein­wen­dun­gen vor­ge­bracht. Ins­be­son­de­re ist es oh­ne Wei­te­res nach­voll­zieh­bar, dass die Klä­ger nach dem Auf­tre­ten der Män­gel – al­so nach sechs Mo­na­ten – den Whirl­pool nicht mehr in nen­nens­wer­tem Um­fang ge­nutzt ha­ben …

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