1. Ein Sach­man­gel der Kauf­sa­che kann sich dem Käu­fer auch dann erst nach Ge­fahr­über­gang „zei­gen“, wenn er ihn im Fal­le ei­ner ein­ge­hen­den Un­ter­su­chung schon bei der Über­ga­be hät­te ent­de­cken kön­nen.
  2. Die Ver­mu­tung, dass ein Sach­man­gel be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen hat, ist nicht schon dann mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, wenn der Man­gel ty­pi­scher­wei­se je­der­zeit auf­tre­ten kann und des­halb kei­nen hin­rei­chend si­che­ren Rück­schluss dar­auf zu­lässt, dass er schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war.
  3. Die Ver­mu­tung, dass ein Sach­man­gel be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen hat, kann auch für äu­ße­re Be­schä­di­gun­gen der Kauf­sa­che wie et­wa ei­nen Ka­ros­se­rie­scha­den ei­nes ver­kauf­ten Kraft­fahr­zeugs ein­grei­fen. Sie ist je­doch dann mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, wenn es sich um äu­ßer­li­che Be­schä­di­gun­gen han­delt, die auch dem fach­lich nicht ver­sier­ten Käu­fer auf­fal­len müs­sen.

BGH, Ur­teil vom 14.09.2005 – VI­II ZR 363/04

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten über die Be­rech­ti­gung des Klä­gers zum Rück­tritt von ei­nem Kfz-Kauf­ver­trag.

Die Be­klag­te be­treibt ei­nen Neu- und Ge­braucht­wa­gen­han­del so­wie ei­ne Werk­statt mit La­ckie­re­rei. Am 28.10.2003 kauf­te der Klä­ger – der nicht in Aus­übung ei­ner ge­werb­li­chen oder selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit han­del­te – von ihr ei­nen als Vor­führ­wa­gen ge­nutz­ten Pkw Ford Fi­es­ta Am­bi­en­te (Bau­jahr 2001, Erst­zu­las­sung 2002) mit ei­ner Lauf­leis­tung von 13.435 Ki­lo­me­tern zum Preis von 11.500 €. Das Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am sel­ben Tag ge­gen Zah­lung des Kauf­prei­ses über­ge­ben. Hier­bei un­ter­zeich­ne­ten der Klä­ger und der bei der Be­klag­ten be­schäf­tig­te Kraft­fahr­zeug­meis­ter K ein for­mu­lar­mä­ßi­ges Über­ga­be­pro­to­koll, in dem der Fahr­zeug­zu­stand durch An­kreu­zen be­stimm­ter Klas­si­fi­zie­run­gen fest­ge­hal­ten wur­de. Bis auf die Rei­fen und Fel­gen, für die die Klas­si­fi­zie­rung 2 – „Oh­ne Män­gel und funk­ti­ons­tüch­tig, Ge­brauchs­spu­ren und Ver­schleiß sind al­ters­ge­recht und lauf­leis­tungs­be­dingt, kein Re­pa­ra­tur­be­darf“ – an­ge­kreuzt wur­de, sind al­le auf­ge­führ­ten Bau­tei­le, dar­un­ter Ka­ros­se­rie, Sit­ze und Pols­ter, der Klas­si­fi­zie­rung 1 – „Ein­wand­frei­er Zu­stand, nur ge­rin­ge Ge­brauchs­spu­ren und Ver­schleiß, re­gel­mä­ßig ge­war­tet, voll funk­ti­ons­tüch­tig“ – zu­ge­ord­net. Hand­schrift­lich ist ein leich­ter Krat­zer über der Bei­fah­rer­tür mit dem Zu­satz „Lack aus­ge­bes­sert“ ver­merkt. Nach dem For­mu­l­ar­text ist das Über­ga­be­pro­to­koll „Grund­la­ge für die ein­jäh­ri­ge Sach­män­gel­haf­tung des Ver­käu­fers ge­gen­über dem Käu­fer“.

Mit Schrei­ben vom 26.11.2003 for­der­te der Klä­ger die Be­klag­te un­ter Frist­set­zung bis zum 10.12.2003 auf, sich zur Be­sei­ti­gung fol­gen­der Män­gel be­reit zu er­klä­ren: Schad­haf­te Fel­ge hin­ten rechts; Un­eben­heit am Rand des vor­de­ren rech­ten Kot­flü­gels; Lack­be­schä­di­gung am Rand des hin­te­ren lin­ken Kot­flü­gels; Fle­cken auf der hin­te­ren Sitz­bank und auf dem Bei­fah­rer­sitz. Die Be­klag­te er­klär­te sich in­ner­halb der ge­setz­ten Frist be­reit, die Fel­ge hin­ten rechts aus­zu­tau­schen und die Rück­bank zu rei­ni­gen. Die vom Klä­ger wei­ter be­haup­te­ten Män­gel be­stritt sie. Zu der von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­nen Nach­bes­se­rung kam es nicht. Mit Schrei­ben vom 10.02.2004 er­klär­te der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te die Be­klag­te auf, das Fahr­zeug ge­gen Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses bis zum 25.02.2004 zu­rück­zu­neh­men. Dies lehn­te die Be­klag­te ab. Der Klä­ger hat dar­auf­hin Kla­ge auf Rück­zah­lung des um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung für ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter ver­min­der­ten Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Fahr­zeugs er­ho­ben. Fer­ner hat er be­an­tragt fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te sich mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug be­fin­de.

Die Kla­ge hat­te in den Vor­in­stan­zen Er­folg. Die vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on der Be­klag­ten führ­te zur Auf­he­bung und Zu­rück­ver­wei­sung.

Aus den Grün­den: B. … I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat sei­ne Ent­schei­dung im We­sent­li­chen wie folgt be­grün­det:

Der Klä­ger sei nach §§ 437 Nr. 2323 BGB be­rech­tigt, vom Kauf­ver­trag zu­rück­zu­tre­ten. Das ihm von der Be­klag­ten ver­kauf­te Fahr­zeug sei man­gel­haft. Der Zu­stand der Ka­ros­se­rie ent­spre­che we­gen der Ver­for­mung des vor­de­ren rech­ten Kot­flü­gels und der Stoß­stan­ge nicht der in dem Über­ga­be­pro­to­koll ver­ein­bar­ten Klas­si­fi­zie­rung 1. Das­sel­be gel­te für den Lack­scha­den am lin­ken hin­te­ren Rad­lauf. Die hin­te­re rech­te Fel­ge er­fül­le we­gen ei­ner Ver­for­mung nicht die in­so­weit ver­ein­bar­te Klas­si­fi­zie­rung 2. Rück­bank und Bei­fah­rer­sitz sei­en fle­ckig.

Ge­mäß § 476 BGB sei zu ver­mu­ten, dass die Ver­for­mung des vor­de­ren rech­ten Kot­flü­gels und der Stoß­stan­ge be­reits bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs am 28.10.2003 vor­han­den ge­we­sen sei. Die Vor­schrift fin­de auf den vor­lie­gen­den Ver­brauchs­gü­ter­kauf ei­ner ge­brauch­ten Sa­che An­wen­dung. Sie er­fas­se auch den hier ge­ge­be­nen Fall, dass der Käu­fer ei­nen bei Ge­fahr­über­gang er­kenn­ba­ren Man­gel erst nach­träg­lich be­mer­ke. Die Ver­mu­tung, dass die Ver­for­mung an Kot­flü­gel und Stoß­fän­ger vorn rechts schon bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger vor­han­den ge­we­sen sei, sei nicht mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar. Zwar feh­le es für den Zeit­punkt des Ein­tritts ei­ner durch äu­ße­re Kraft­ein­wir­kung ver­ur­sach­ten Be­schä­di­gung an ei­nem all­ge­mei­nen Er­fah­rungs­satz, weil ei­ne sol­che Be­schä­di­gung je­der­zeit, al­so auch erst nach der Über­ga­be an den Käu­fer ein­ge­tre­ten sein kön­ne. Die Vor­schrift des § 476 BGB be­ru­he aber nicht al­lein auf dem all­ge­mei­nen Er­fah­rungs­satz, dass das, was sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach Ge­fahr­über­gang zei­ge, schon im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­han­den ge­we­sen sei. Sie be­zwe­cke viel­mehr den Schutz der Ver­brau­cher und tra­ge dem Um­stand Rech­nung, dass ei­nem Ge­wer­be­trei­ben­den der Nach­weis, dass ein Man­gel bei Ge­fahr­über­gang noch nicht vor­ge­le­gen ha­be, im Re­gel­fall leich­ter fal­le als dem Ver­brau­cher der Be­weis des Ge­gen­teils. Die Ver­mu­tung des § 476 BGB sei da­her nicht schon dann we­gen der Art des Man­gels aus­ge­schlos­sen, wenn kein Er­fah­rungs­satz da­für be­ste­he, dass er schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den ge­we­sen sei. Hin­zu­kom­men müs­se viel­mehr, dass der Un­ter­neh­mer den Man­gel – an­ders als im vor­lie­gen­den Fall – bei Ge­fahr­über­gang nicht ha­be er­ken­nen kön­nen.

Die Be­klag­te ha­be nicht nach­zu­wei­sen ver­mocht, dass der Ka­ros­se­rie­man­gel vorn rechts bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger noch nicht be­stan­den ha­be. Das bei der Über­ga­be ge­fer­tig­te Pro­to­koll, auf das sie sich hier­für be­ru­fen ha­be, sei be­züg­lich der Fle­cken auf den Sit­zen un­rich­tig; dar­aus sei zu schlie­ßen, dass es ins­ge­samt nicht mit der ge­bo­te­nen Sorg­falt er­stellt wor­den sei. Au­ßer­dem ha­be es für die nach dem Pro­to­koll vor­zu­neh­men­de pau­scha­le Be­schrei­bung zum Zwe­cke der Klas­si­fi­zie­rung ei­ner Über­prü­fung der Ka­ros­se­rie im Ein­zel­nen nicht be­durft; es sei des­halb nicht zu er­war­ten ge­we­sen, dass der be­tei­lig­te Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten den Man­gel fest­stel­len und im Pro­to­koll ver­mer­ken wer­de.

Die Rück­tritts­vor­aus­set­zun­gen des § 323 I BGB sei­en er­füllt. Ei­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung sei in An­be­tracht der Wei­ge­rung der Be­klag­ten, den Ka­ros­se­rie­man­gel vorn rechts zu be­sei­ti­gen, ge­mäß § 323 II Nr. 1 BGB ent­behr­lich ge­we­sen. Der Rück­tritt sei nicht nach § 323 V 2 BGB we­gen Un­er­heb­lich­keit des Man­gels aus­ge­schlos­sen. In ers­ter In­stanz ha­be die Be­klag­te die Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung nicht dar­ge­legt. An­ders lau­ten­de Be­haup­tun­gen in der Be­ru­fungs­be­grün­dungs­schrift könn­ten nach § 531 II ZPO nicht be­rück­sich­tigt wer­den. Auch ha­be die Be­klag­te zu dem für die Man­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­chen Auf­wand nicht in­ner­halb der Be­ru­fungs­be­grün­dungs­frist, son­dern erst mit ei­nem we­ni­ge Ta­ge vor der Be­ru­fungs­ver­hand­lung ein­ge­reich­ten Schrift­satz vor­ge­tra­gen.

Of­fen­blei­ben kön­ne, ob die Be­schä­di­gung am Rad­lauf hin­ten links und die Ver­for­mung der hin­te­ren rech­ten Fel­ge schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den ge­we­sen sei­en, und ob der Klä­ger die ihm von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne Teil­nach­er­fül­lung hät­te ent­ge­gen­neh­men müs­sen. Ob der Be­klag­ten we­gen der sons­ti­gen Schä­den Wert­er­satz- oder Scha­dens­er­satz­an­sprü­che zu­ste­hen könn­ten, be­dür­fe kei­ner Ent­schei­dung, weil die Be­klag­te sol­che An­sprü­che nicht gel­tend ge­macht ha­be.

II. Die­se Be­ur­tei­lung hält der recht­li­chen Nach­prü­fung in ei­nem ent­schei­den­den Punkt nicht stand.

1. Rechts­feh­ler­frei ist das Be­ru­fungs­ge­richt al­ler­dings zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass das vom Klä­ger er­wor­be­ne Fahr­zeug in­so­fern man­gel­haft ist, als der vor­de­re rech­te Kot­flü­gel und der Stoß­fän­ger leicht nach in­nen ver­formt sind, und dass zu ver­mu­ten ist, dass die­ser Sach­man­gel be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war.

a) Die Ver­for­mung im Be­reich des vor­de­ren rech­ten Kot­flü­gels und des Stoß­fän­gers stellt, so­fern sie be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war, ei­nen Sach­man­gel des Fahr­zeugs i.S. des § 434 I 1 BGB dar. Denn nach der mit der Er­stel­lung des Über­ga­be­pro­to­kolls ge­trof­fe­nen Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung der Par­tei­en soll­te un­ter an­de­rem die Ka­ros­se­rie des Fahr­zeugs der dort ver­wen­de­ten (höchs­ten) Klas­si­fi­zie­rung 1 ent­spre­chen, sich al­so in ein­wand­frei­em Zu­stand be­fin­den. Dar­an fehlt es nach den von der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fe­nen, auf der Be­gut­ach­tung durch ei­nen Sach­ver­stän­di­gen in der ers­ten In­stanz be­ru­hen­den tatrich­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen, weil Kot­flü­gel und Stoß­fän­ger vorn rechts durch ei­ne seit­li­che Kraft­ein­wir­kung leicht nach in­nen ver­formt sind.

b) Dass die­se Ver­for­mung be­reits bei Ge­fahr­über­gang – das heißt bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger (§ 446 Satz 1 BGB) – vor­han­den war, ist, wie das Be­ru­fungs­ge­richt rich­tig er­kannt hat, nach § 476 BGB zu ver­mu­ten.

aa) § 476 BGB fin­det ge­mäß § 474 I BGB auf den hier zu be­ur­tei­len­den Kauf ei­nes Kraft­fahr­zeugs, ei­ner be­weg­li­chen Sa­che, durch den Klä­ger als Ver­brau­cher (§ 13 BGB) von der Be­klag­ten, die als Kraft­fahr­zeug­händ­le­rin Un­ter­neh­me­rin (§ 14 BGB) ist, An­wen­dung. Auch die Re­vi­si­on zieht dies nicht in Zwei­fel.

bb) Nach § 476 BGB wird ver­mu­tet, dass ein Sach­man­gel, der sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten seit Ge­fahr­über­gang zeigt, be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war, es sei denn, die­se Ver­mu­tung ist mit der Art der Sa­che oder des Man­gels un­ver­ein­bar.

(1) Die Re­vi­si­on ver­tritt hier­zu un­ter Hin­weis auf das Se­nats­ur­teil vom 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, BGHZ 159, 215 = ZGS 2004, 309 = NJW 2004, 2229 – die Auf­fas­sung, die Ver­mu­tung grei­fe schon des­we­gen nicht ein, weil die Ka­ros­se­rie­ver­for­mung auch – nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs – durch den Klä­ger ver­ur­sacht wor­den sein kön­ne und der Klä­ger nicht be­wie­sen ha­be, dass die Ver­for­mung schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den ge­we­sen sei und da­mit ei­nen Sach­man­gel dar­stel­le. Mit die­sem Ein­wand dringt die Re­vi­si­on nicht durch.

Rich­tig ist al­ler­dings, dass den Käu­fer, der un­ter Be­ru­fung auf das Vor­lie­gen ei­nes Sach­man­gels Rech­te ge­mäß § 437 BGB gel­tend macht, nach­dem er die Kauf­sa­che ent­ge­gen­ge­nom­men hat, auch nach neu­em Schuld­recht die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die ei­nen Sach­man­gel be­grün­den­den Tat­sa­chen trifft, und dass die Be­weis­last­um­kehr nach § 476 BGB nicht für die Fra­ge gilt, ob über­haupt ein Sach­man­gel vor­liegt. Die Vor­schrift setzt viel­mehr ei­nen bin­nen sechs Mo­na­ten seit Ge­fahr­über­gang auf­ge­tre­te­nen Sach­man­gel vor­aus und ent­hält ei­ne le­dig­lich in zeit­li­cher Hin­sicht wir­ken­de Ver­mu­tung, dass die­ser Man­gel be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­han­den war (Se­nat, Urt. v. 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, BGHZ 159, 215 [un­ter II 2a] m. w. Nachw.).

In dem am 02.06.2004 ent­schie­de­nen Fall griff die Ver­mu­tung des­we­gen nicht ein, weil in den Tat­sa­chen­in­stan­zen nicht hat­te ge­klärt wer­den kön­nen, ob die durch ein Über­sprin­gen des zu lo­cke­ren Zahn­rie­mens am Stirn­rad der No­cken­wel­le aus­ge­lös­te Fehl­steue­rung der Mo­tor­ven­ti­le, die zur Zer­stö­rung des Mo­tors ge­führt hat­te, auf ei­nen Ma­te­ri­al- oder Mon­ta­ge­feh­ler des Zahn­rie­mens – ei­nen Sach­man­gel – zu­rück­zu­füh­ren oder ob die Lo­cke­rung des Zahn­rie­mens durch ei­nen Fahr­feh­ler des Fahr­zeug­käu­fers – Ein­le­gen ei­nes klei­ne­ren Gangs bei ho­her Mo­tor­dreh­zahl – ver­ur­sacht wor­den war. Im vor­lie­gen­den Fall steht die Ur­sa­che der Ka­ros­se­rie­ver­for­mung da­ge­gen fest. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat auf der Grund­la­ge des in ers­ter In­stanz ein­ge­hol­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens fest­ge­stellt, dass die Ver­for­mung auf ei­ne seit­li­che Kraft­ein­wir­kung zu­rück­zu­füh­ren ist. Die­se Fest­stel­lung greift die Re­vi­si­on nicht an. Bei die­ser Aus­gangs­la­ge hängt die Be­ant­wor­tung der Fra­ge, ob es sich um ei­nen Sach­man­gel han­delt, folg­lich al­lein da­von ab, ob die Kraft­ein­wir­kung vor der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger oder erst nach der­sel­ben statt­ge­fun­den hat. Woll­te man auch für die­se Kon­stel­la­ti­on for­dern, der Käu­fer müs­se zu­nächst be­wei­sen, dass es sich bei der Ka­ros­se­rie­ver­for­mung um ei­nen Sach­man­gel – und nicht um die Fol­ge ei­ner ei­ge­nen un­sach­ge­mä­ßen Be­hand­lung oder, was in­so­weit kei­nen Un­ter­schied macht, ei­ner Be­schä­di­gung durch Drit­te nach Ge­fahr­über­gang – han­de­le, so lie­fe die Be­weis­last­um­kehr des § 476 BGB weit­ge­hend leer. Ein sol­ches Er­geb­nis stün­de in Wi­der­spruch zum Wil­len des na­tio­na­len und eben­so des eu­ro­päi­schen Ge­setz­ge­bers, den Ver­brau­cher­schutz im Hin­blick auf Sach­män­gel beim Kauf be­weg­li­cher Sa­chen zu stär­ken (Be­grün­dung zum Ent­wurf des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes, BT-Dr. 14/6040, S. 245; Er­wä­gungs­grün­de 1 ff. der Richt­li­nie 1999/44/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 25.05.1999 zu be­stimm­ten As­pek­ten des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs und der Ga­ran­ti­en für Ver­brauchs­gü­ter, AB­lEG Nr. L 171, S. 12).

Der Grund­satz, dass den Käu­fer die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die ei­nen Sach­man­gel be­grün­den­den Tat­sa­chen trifft, und dass die Be­weis­last­um­kehr nach § 476 BGB ei­ne le­dig­lich in zeit­li­cher Hin­sicht wir­ken­de Ver­mu­tung da­für be­grün­det, dass der Man­gel be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­han­den war, ist des­halb da­hin zu ver­ste­hen, dass dem Käu­fer die Be­weis­last­um­kehr nach § 476 BGB dann zu­gu­te­kommt, wenn die Fra­ge, ob ein Sach­man­gel vor­liegt, al­lein da­von ab­hängt, dass ei­ne Ab­wei­chung von der Soll­be­schaf­fen­heit, die sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach der Über­ga­be der Sa­che an den Käu­fer zeigt, be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war.

(2) Oh­ne Er­folg bleibt auch der wei­te­re Ein­wand der Re­vi­si­on, die Be­weis­last­um­kehr nach § 476 BGB gel­te nur für Sach­män­gel, die bei Ge­fahr­über­gang zwar be­reits vor­han­den, aber noch nicht er­kenn­bar oder „noch nicht auf­ge­tre­ten“ sei­en. Für ei­ne da­hin ge­hen­de Ein­schrän­kung des An­wen­dungs­be­reichs sind dem Wort­laut der Vor­schrift kei­ne An­halts­punk­te zu ent­neh­men; sie wä­re auch mit der vom Ge­setz­ge­ber an­ge­streb­ten Ver­bes­se­rung des Ver­brau­cher­schut­zes nicht zu ver­ein­ba­ren. Denn ein Man­gel kann sich dem Käu­fer auch dann erst nach Ge­fahr­über­gang „zei­gen“, wenn er ihn im Fal­le ei­ner ein­ge­hen­den Un­ter­su­chung schon bei der Über­ga­be hät­te ent­de­cken kön­nen. Al­ler­dings kann für Män­gel, die dem Käu­fer be­reits bei der Über­ga­be hät­ten auf­fal­len müs­sen, die Be­weis­last­um­kehr nach § 476 BGB des­we­gen aus­ge­schlos­sen sein, weil die Ver­mu­tung, dass ein sol­cher Man­gel be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war, mit der Art ei­nes der­ar­ti­gen Man­gels un­ver­ein­bar ist (da­zu un­ten zu cc).

cc) Die Ver­mu­tung, dass die Ver­for­mung des vor­de­ren rech­ten Kot­flü­gels und des Stoß­fän­gers schon bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger vor­han­den war, ist we­der mit der Art der Sa­che noch mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar.

(1) Wie der Se­nat be­reits ent­schie­den hat, fin­det die Vor­schrift des § 476 BGB auch auf den Ver­kauf ge­brauch­ter Sa­chen An­wen­dung (Se­nat, Urt. v. 02.06.2004 – VI­II ZR 329/03, BGHZ 159, 215; eben­so MünchKomm-BGB/Lo­renz, 4. Aufl., § 476 Rn. 16 m. w. Nachw. auch zur Ge­gen­mei­nung).

(2) Die Re­vi­si­on ver­tritt un­ter Be­ru­fung auf ei­ne im Schrift­tum ver­brei­te­te An­sicht die Auf­fas­sung, bei ei­ner äu­ße­ren Be­schä­di­gung der Kauf­sa­che wie et­wa ei­nem Un­fall­scha­den ei­nes Kraft­fahr­zeugs grei­fe die Ver­mu­tung des § 476 BGB nicht ein, weil es sich da­bei um ei­nen Man­gel han­de­le, der ty­pi­scher­wei­se je­der­zeit ein­tre­ten kön­ne und da­her kei­nen hin­rei­chend wahr­schein­li­chen Rück­schluss auf sein Vor­lie­gen be­reits zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs zu­las­se (so in: MünchKomm-BGB/Lo­renz, a. a. O., § 476 Rn. 17; ders., NJW 2004, 3020 [3022]; Faust, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, § 476 Rn. 4; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 9. Aufl., Rn. 1312; i. E. auch Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 476 Rn. 35). Die­ser Auf­fas­sung ist das Be­ru­fungs­ge­richt zu Recht nicht ge­folgt.

Schon der Wort­laut der Vor­schrift lässt er­ken­nen, dass die Ver­mu­tung im Re­gel­fall zu­guns­ten des Käu­fers ein­grei­fen und nur aus­nahms­wei­se we­gen der Art der Sa­che oder des Man­gels aus­ge­schlos­sen sein soll. Mit die­sem Re­gel-Aus­nah­me-Ver­hält­nis wä­re es nicht zu ver­ein­ba­ren, die Ver­mu­tung im­mer schon dann schei­tern zu las­sen, wenn es um ei­nen Man­gel geht, der je­der­zeit auf­tre­ten kann, und es dem­zu­fol­ge an ei­ner hin­rei­chen­den Wahr­schein­lich­keit da­für fehlt, dass er be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war. Die Ver­mu­tungs­re­ge­lung lie­fe dann re­gel­mä­ßig ge­ra­de in den Fäl­len leer, in de­nen der Ent­ste­hungs­zeit­punkt des Man­gels nicht zu­ver­läs­sig fest­ge­stellt wer­den kann. Durch ei­ne der­ar­ti­ge Ein­engung der Be­weis­last­um­kehr wür­de der mit der Re­ge­lung in­ten­dier­te Ver­brau­cher­schutz weit­ge­hend aus­ge­höhlt.

Ob dem Be­ru­fungs­ge­richt auch dar­in zu fol­gen ist, dass in den vor­ste­hend er­ör­ter­ten Fäl­len die Ver­mu­tung dann nicht ein­greift, wenn der Ver­käu­fer den Man­gel, so­fern die­ser schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war, nicht er­ken­nen konn­te (eben­so Wiet­os­ka, ZGS 2004, 8 [10]), be­darf kei­ner Ent­schei­dung. Nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts war die Ver­for­mung der Ka­ros­se­rie im vor­de­ren rech­ten Be­reich des Fahr­zeugs für den Mit­ar­bei­ter K der Be­klag­ten er­kenn­bar. Die­se Be­ur­tei­lung wird von der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fen.

Die Ver­mu­tung, dass ein Man­gel be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen hat, ist je­doch dann mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, wenn es sich um äu­ßer­li­che Be­schä­di­gun­gen der Kauf­sa­che han­delt, die auch dem fach­lich nicht ver­sier­ten Käu­fer auf­fal­len müs­sen. Denn in ei­nem sol­chen Fall ist zu er­war­ten, dass der Käu­fer den Man­gel bei der Über­ga­be be­an­stan­det. Hat er die Sa­che oh­ne Be­an­stan­dung ent­ge­gen­ge­nom­men, so spricht dies folg­lich ge­gen die Ver­mu­tung, der Man­gel sei schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den ge­we­sen (Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, a. a .O., § 476 Rn. 34; vgl. auch Bü­den­be­n­der, in: An­walt­kom­men­tar, § 476 Rn. 16; Haas, in: Haas/Me­di­cus/Rolland/Schä­fer/Wendt­land, Das neue Schuld­recht, 2002, Kap. 5 Rn. 439). Um ei­ne der­ar­ti­ge Be­schä­di­gung han­delt es sich nach den da­zu ge­trof­fe­nen, von der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fe­nen tatrich­ter­li­chen Fest­stel­lun­gen hier in­des­sen nicht. Nach den Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts, auf die das Be­ru­fungs­ur­teil ge­mäß § 540 I 1 Nr. 1 ZPO Be­zug nimmt, be­steht die Ver­for­mung dar­in, dass Kot­flü­gel und Stoß­fän­ger vor­ne rechts nicht bün­dig an­ein­an­der an­schlie­ßen, son­dern leicht nach in­nen ver­bo­gen sind. Die­se ge­ring­fü­gi­ge Be­schä­di­gung muss­te dem Klä­ger bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs nicht auf­fal­len. Auch das Land­ge­richt hat sie aus­weis­lich der Ent­schei­dungs­grün­de sei­nes Ur­teils erst  „bei ge­nau­er Be­trach­tung des Fahr­zeugs im Ter­min … und nach Hin­weis des Sach­ver­stän­di­gen auf die Scha­dens­stel­le auch selbst wahr­neh­men (kön­nen)“.

c) Ver­geb­lich wen­det sich die Re­vi­si­on schließ­lich ge­gen die Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts, die Be­klag­te ha­be durch die Vor­la­ge des von den Par­tei­en bei der Über­ga­be ge­mein­sam er­stell­ten Pro­to­kolls über den Fahr­zeug­zu­stand nicht nach­zu­wei­sen ver­mocht, dass die Be­schä­di­gung im vor­de­ren rech­ten Fahr­zeug­be­reich da­mals noch nicht vor­han­den ge­we­sen sei. Da­bei be­darf kei­ner Ent­schei­dung, ob das Über­ga­be­pro­to­koll be­züg­lich ei­nes Flecks auf der Rück­bank un­rich­tig ist und ob dies, wie das Be­ru­fungs­ge­richt an­nimmt, den Schluss recht­fer­tigt, es sei ins­ge­samt nicht mit der ge­bo­te­nen Sorg­falt er­stellt wor­den. Das Be­ru­fungs­ge­richt hält das Über­ga­be­pro­to­koll in Be­zug auf Ein­zel­hei­ten des Ka­ros­se­rie­zu­stands näm­lich auch des­halb für nicht aus­sa­ge­kräf­tig, weil nach dem Pro­to­koll ei­ne ge­naue Über­prü­fung der Ka­ros­se­rie im ein­zel­nen nicht er­for­der­lich ge­we­sen sei, viel­mehr ei­ne pau­scha­le Be­schrei­bung durch ei­ne ent­spre­chen­de Klas­si­fi­zie­rung ge­nügt ha­be. Aus die­sem Grund, so fol­gert das Be­ru­fungs­ge­richt, sei auch nicht zu er­war­ten, dass der Mit­ar­bei­ter K der Be­klag­ten den Man­gel, wenn die­ser be­reits vor­han­den ge­we­sen wä­re, er­kannt und in das Pro­to­koll auf­ge­nom­men hät­te. Die­sen – plau­si­blen – Er­wä­gun­gen tritt die Re­vi­si­on nicht ent­ge­gen.

Da­von ab­ge­se­hen er­streckt sich die Be­weis­kraft des Über­ga­be­pro­to­kolls oh­ne­hin nicht auf den Zu­stand des Fahr­zeugs bei des­sen Über­ga­be an den Klä­ger. Als Pri­vat­ur­kun­de er­bringt das Pro­to­koll ge­mäß § 416 ZPO vol­len Be­weis le­dig­lich da­für, dass die in ihm ent­hal­te­nen Er­klä­run­gen von den Aus­stel­lern ab­ge­ge­ben wor­den sind. Dies ist nicht mehr als ein In­diz für die von der Be­klag­ten zu be­wei­sen­de (Haupt-)Tat­sa­che, dass der Ka­ros­se­rie­scha­den vor­ne rechts bei der Fahr­zeug­über­ga­be noch nicht vor­han­den war. Auch die­se In­dizwir­kung ist in­des­sen er­heb­lich ab­ge­schwächt, weil der Scha­den, wie be­reits aus­ge­führt wur­de, für den Lai­en nur schwer zu er­ken­nen ist und es des­halb nicht fern­liegt, dass er zwar schon vor­han­den war, vom Klä­ger bei der Er­stel­lung des Pro­to­kolls aber nicht be­merkt wor­den ist.

2. Das Be­ru­fungs­ur­teil kann aber des­we­gen kei­nen Be­stand ha­ben, weil das Be­ru­fungs­ge­richt sich ver­fah­rens­feh­ler­haft über den Vor­trag der Be­klag­ten hin­weg­ge­setzt hat, die Be­schä­di­gung des Kot­flü­gels und des Stoß­fän­gers vorn rechts, de­ren Be­sei­ti­gung al­len­falls 100 € kos­te, über­schrei­te die Ba­ga­tell­gren­ze nicht und be­rech­ti­ge den Klä­ger da­her ge­mäß § 323 V 2 BGB nicht zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag.

Die erst­mals mit der Be­ru­fungs­be­grün­dung vor­ge­brach­te, auf die Un­er­heb­lich­keit des Man­gels hin­deu­ten­de Be­haup­tung der Be­klag­ten, bei der Be­schä­di­gung vorn rechts han­de­le es sich um ei­ne „zwar er­kenn­ba­re, aber kaum wahr­nehm­ba­re“ Ver­for­mung, ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts nicht nach § 531 II ZPO aus­ge­schlos­sen. § 531 II ZPO ist auf sol­che Tat­sa­chen, die zwar erst­mals im Be­ru­fungs­rechts­zug vor­ge­tra­gen, dort aber un­strei­tig wer­den, nicht an­wend­bar (BGH, Urt. v. 18.11.2004 – IX ZR 229/03, WM 2005, 99 [un­ter II 2b]). Den Aus­füh­run­gen des Be­ru­fungs­ge­richts ist nichts da­für zu ent­neh­men, dass der Klä­ger die­se Be­haup­tung, die sich zu­dem mit den Fest­stel­lun­gen des Land­ge­richts deckt, be­strit­ten hat.

Der Ein­wand ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts auch nicht des­we­gen un­be­acht­lich, weil die Be­klag­te zu dem für die Man­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­chen Kos­ten­auf­wand nicht in­ner­halb der Be­ru­fungs­be­grün­dungs­frist, son­dern erst mit ei­nem we­ni­ge Ta­ge vor der Be­ru­fungs­ver­hand­lung ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz vom 27.10.2004 vor­ge­tra­gen hat. Wie sich aus § 530 ZPO er­gibt, kön­nen An­griffs- und Ver­tei­di­gungs­mit­tel auch noch nach Ab­lauf der Be­ru­fungs­be­grün­dungs­frist vor­ge­tra­gen wer­den. Sie kön­nen dann al­ler­dings ent­spre­chend § 296 I und IV ZPO zu­rück­ge­wie­sen wer­den, wenn ih­re Be­rück­sich­ti­gung die Er­le­di­gung des Rechts­streits ver­zö­gern wür­de. Dies setzt vor­aus, dass der Geg­ner die ver­spä­tet vor­ge­brach­te Be­haup­tung be­strit­ten hat. Auch da­zu ist den Aus­füh­run­gen des Be­ru­fungs­ge­richts nichts zu ent­neh­men.

Das vom Be­ru­fungs­ge­richt über­gan­ge­ne Vor­brin­gen der Be­klag­ten ist ent­schei­dungs­er­heb­lich. Falls es zu­trifft, dass die Kos­ten für die Be­sei­ti­gung der Ver­for­mung des Kot­flü­gels und des Stoß­fän­gers vorn rechts bei al­len­falls 100 € lie­gen, han­delt es sich bei die­sem Man­gel um ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten i. S. des § 323 V 2 BGB, aus der der Klä­ger kein Recht zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag her­lei­ten kann. Da­bei kann of­fen­blei­ben, ob für die Fra­ge der Er­heb­lich­keit ei­nes – wie hier – be­heb­ba­ren Man­gels im Sin­ne die­ser Be­stim­mung stets auf die Kos­ten der Man­gel­be­sei­ti­gung ab­zu­stel­len ist, und bei wel­chem Pro­zent­satz vom Kauf­preis oder vom Wert der Sa­che in man­gel­frei­em Zu­stand die Gren­ze zur Er­heb­lich­keit zu zie­hen ist. Nach der Be­haup­tung der Be­klag­ten liegt der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand hier bei nur knapp 1 % des Kauf­prei­ses und da­mit oh­ne Zwei­fel un­ter­halb der Ba­ga­tell­gren­ze.

Die vom Klä­ger dar­über hin­aus be­an­stan­de­ten Män­gel des Fahr­zeugs sind zu­min­dest nach dem der­zei­ti­gen Sach- und Streit­stand für die Fra­ge, ob das Rück­tritts­recht nach § 323 V 2 BGB we­gen Un­er­heb­lich­keit der Pflicht­ver­let­zung aus­ge­schlos­sen ist, nicht zu be­rück­sich­ti­gen. We­gen der Schad­haf­tig­keit der rech­ten hin­te­ren Fel­ge und des Flecks auf der Rück­bank des Fahr­zeugs be­steht schon des­we­gen kein Rück­tritts­recht des Klä­gers, weil die Be­klag­te sich nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts in­so­weit in­ner­halb der vom Klä­ger ge­setz­ten Frist zur Nach­bes­se­rung be­reit er­klärt hat (§ 323 I BGB). Ob das Be­ru­fungs­ge­richt die vom Klä­ger wei­ter be­an­stan­de­ten Fle­cken auf dem Bei­fah­rer­sitz als Sach­man­gel an­sieht, geht aus dem Be­ru­fungs­ur­teil nicht her­vor. Nach der Be­ur­tei­lung des vom Land­ge­richt an­ge­hör­ten Sach­ver­stän­di­gen han­delt es sich um üb­li­che Ge­brauchs­spu­ren und da­mit auch nach der Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung der Par­tei­en nicht oh­ne Wei­te­res um Män­gel. Ob der Lack­scha­den am hin­te­ren lin­ken Rad­lauf be­reits bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger vor­han­den war, was die Be­klag­te be­strei­tet, hat das Be­ru­fungs­ge­richt of­fen­ge­las­sen; für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ist da­her zu un­ter­stel­len, dass es sich hier­bei nicht um ei­nen der Be­klag­ten an­zu­las­ten­den Man­gel han­delt.

III. Nach al­le­dem kann das Be­ru­fungs­ur­teil kei­nen Be­stand ha­ben (§ 562 I ZPO). Der Se­nat kann nicht ab­schlie­ßend in der Sa­che ent­schei­den, weil es da­zu wei­te­rer tatrich­ter­li­cher Fest­stel­lun­gen be­darf. Der Rechts­streit ist da­her an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 563 I 1 ZPO).

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