- Macht der Käufer Rechte gemäß § 437 BGB geltend, nachdem er die Kaufsache entgegengenommen hat, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen.
- Dass sich bei frontangetriebenen Fahrzeugen an den hinteren Reifen häufig „Sägezähne“ bilden, ist kein Mangel. Vielmehr kann es bei einem frontangetriebenen Fahrzeug trotz korrekter Achsgeometrie und korrektem Luftdruck zu dieser unregelmäßigen Abnutzung kommen, und auch deutliche Abrollgeräusche gehören zu den normalen Eigentümlichkeiten eines Fahrzeugs dieser Art.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.06.2005 – I-1 U 28/05
Sachverhalt: Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen.
Er bestellte unter dem 27.11.2002 bei der C-GmbH in Duisburg, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, einen gebrauchten Alfa Romeo 156 2.4 JTD zum Preis von 25.450 €. Das am 31.01.2002 auf die C-GmbH erstzugelassene Fahrzeug war werkseitig tiefergelegt. Die Einzelheiten dazu und zur zugelassenen Bereifung ergeben sich aus den Eintragungen im Fahrzeugbrief.
Nachdem der Kläger das Fahrzeug am 05.12.2002 mit einem Kilometerstand von 14.980 übernommen hatte, traten im Frühjahr des folgenden Jahres Probleme mit der Bereifung auf. Am 22.04.2003 suchte der Kläger deshalb mit seinem Fahrzeug die Werkstatt der C-GmbH auf, wo die Vorderachse optisch vermessen wurde. Anschließend wurden beide Vorderreifen erneuert. Darüber, wer die Kosten für diese Maßnahme zu tragen hatte, konnte man sich zunächst nicht einigen. Im Mai und im Juli 2003 führte der Kläger sein Fahrzeug erneut der C-GmbH vor. Was diese jeweils unternommen hat und welches Ergebnis dabei erzielt wurde, stellen die Parteien unterschiedlich dar.
Bis Anfang Dezember 2003 benutzte der Kläger sein Fahrzeug ohne Beanstandungen. Am 01.12.2003 brachte er es zur Firma A, um eine „große“ Inspektion durchführen zu lassen. In der Rechnung vom 04.12.2003 ist vermerkt: „Alle vier Reifen haben Auswaschungen und sollten erneuert werden.“
Gestützt darauf und mit Rücksicht auf die früheren Probleme mit den Reifen erklärte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 08.12.2003 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 22.210,22 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe kein Rücktrittsrecht zu, weil das Fahrzeug – wie sich aus dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen S ergebe – bei Übergabe an den Kläger nicht mangelhaft gewesen sei. Die Klage könne auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung einer Hinweispflicht keinen Erfolg haben. Der Kläger habe selbst nicht behauptet, dass der Beklagten bekannt gewesen sei, dass das Fahrzeug infolge der Tieferlegung einem verstärkten Verschleiß unterliegen könnte.
Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Denn unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ist die Beklagte dazu verpflichtet, den um die Nutzungsvergütung geminderten Kaufpreis an den Kläger zurückzuzahlen und den Pkw zurückzunehmen.
1. Soweit die Klage auf die Vorschriften über die Sachmängelhaftung gestützt ist, gilt Folgendes:
Der Kläger ist weder zum Rücktritt vom Kauf berechtigt, noch kann er die Rückabwicklung des Kaufvertrages im Wege des großen Schadensersatzes verlangen. Was der Kläger als Mangel i. S. des § 434 BGB rügt, stellt auch nach Auffassung des Senats keinen Sachmangel im Sinne dieser Vorschrift dar.
Macht der Käufer – wie hier der Kläger – unter Berufung auf das Vorliegen eines Sachmangels Rechte gemäß § 437 BGB geltend, nachdem er die Kaufsache entgegengenommen hat, trifft ihn auch nach neuem Schuldrecht die Darlegungs- und Beweislast für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen (vgl. BGH, Urt. v. 02.06.2004 – VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299 = DAR 2004, 515 m. Anm. Reinking, DAR 2004, 550). Wie schon das Landgericht kann auch der Senat nicht feststellen, dass überhaupt ein Sachmangel vorliegt. Es geht im Streitfall also nicht um die Umkehr der Beweislast nach § 476 BGB. Vielmehr fehlt es bereits am Nachweis, dass der Pkw überhaupt sachmangelhaft ist.
a) Wie der Kläger mit Schriftsatz vom 04.04.2005 klargestellt hat, bemängelt er nicht die „Sägezahnbildung“ an den Hinterreifen. Insoweit hat der Sachverständige S von „normalem Verschleiß einer Hinterachsbereifung“ gesprochen. Es handele sich um einen „durchaus typischen Verschleißzustand für frontangetriebene Fahrzeuge“.
In der Tat ist der „sägezahnförmige“ Abrieb an den Reifen der Hinterachse bei frontgetriebenen Fahrzeugen keine Ausnahmeerscheinung. Trotz korrekter Achsgeometrie und korrektem Luftdruck kann es zu diesem Verschleißbild kommen. Darin sieht auch der Senat keinen Sicherheitsmangel. Die mit einer „Sägezahnbildung“ häufig einhergehende Beeinträchtigung des Geräuschkomforts wird zum einen vom Kläger nicht gerügt, zum anderen könnte sie als Sachmangel auch nicht anerkannt werden. Nach dem Gutachten des Sachverständigen S waren ab einer Geschwindigkeit von ca. 50–60 km/h „deutliche Abrollgeräusche“ festzustellen. Darin sieht der Senat keine Abweichung von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit, sondern eine „normale“ Eigentümlichkeit bei einem Fahrzeug dieser Art.
b) Wie der Kläger selbst betont, geht es ihm nicht um die Beschaffenheit der Hinterreifen; entscheidend sei das „Geschehen an den Vorderreifen“. Doch auch insoweit kann der Senat aus tatsächlichen wie aus rechtlichen Gründen das Vorhandensein eines Sachmangels nicht feststellen. Dabei hatte er zu unterscheiden zwischen der Ursache der „massiven Verschleißerscheinungen“ (Sachverständiger S) an der jeweils inneren Schulter der Vorderreifen einerseits und dem Verschleißbild als Folgeerscheinung andererseits. Weder unter dem einen noch unter dem anderen Gesichtspunkt liegt ein Sachmangel i. S. des § 434 I BGB vor. Gleiches gilt bei einer Gesamtschau beider Momente.
aa) Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung ist § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Denn die Parteien des Kaufvertrags haben weder ausdrücklich noch stillschweigend vereinbart, dass die Beschaffenheit des Fahrzeugs nicht so sein soll, wie sie tatsächlich ist. Für eine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung hat der Kläger schon nichts vorgetragen. Dafür ist auch in den überreichten Unterlagen nichts ersichtlich. Insbesondere enthält die Gebrauchtwagenbestellung vom 27.11.2002 keine Angaben, die Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung über den hier interessierenden Punkt sein könnten. Die Tieferlegung des Fahrzeugs bzw. das Sportfahrwerk werden nicht gesondert aufgeführt, auch nicht in der Zeile „Sonderausstattung, Zubehör“. Auch zur Bereifung fehlen jegliche Detailinformationen.
Dass die Parteien des Kaufvertrags sich stillschweigend/konkludent auf eine Soll-Beschaffenheit geeinigt haben, die mit der tatsächlichen Beschaffenheit nicht übereinstimmt, ist gleichfalls nicht vorgetragen. Auch dafür sieht der Senat keine konkreten Anhaltspunkte im Vertrag und in den Begleitumständen des Kaufs.
Prüfungsmaßstab ist auch nicht § 434 I 2 Nr. 1 BGB, wonach eine Sache frei von Sachmängeln ist, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Mit „vertraglich vorausgesetzter Verwendung“ ist nicht die gewöhnliche Verwendung gemeint. Denn sie ist Prüfmaßstab in § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Unter „vertraglich vorausgesetzte Verwendung“ kann demnach nur eine Verwendung zu verstehen sein, die außerhalb der gewöhnlichen Verwendung liegt, also von besonderer Natur ist. Dabei genügt eine nur faktische Übereinkunft über den Verwendungszweck (s. auch amtliche Begründung: BT-Drs. 14/6040, S. 213). Dass der Kläger und die C-GmbH als damalige Verkäuferin sich in diesem Sinne über eine besondere, individuelle Verwendung des Fahrzeugs einig gewesen sind und dass es zu dieser Verwendung untauglich ist, kann der Senat dem Klagevorbringen nicht entnehmen.
bb) Haben die Vertragsparteien – wie hier – keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen und liegt auch keine Abweichung von der vertraglich vorausgesetzten Verwendung vor, so ist anhand der Kriterien des § 434 I 2 Nr. 2 BGB zu prüfen, ob die Kaufsache von vertragswidriger Beschaffenheit ist oder nicht. Ein Sachmangel liegt hiernach vor, wenn das Fahrzeug sich für die gewöhnliche Verwendung nicht eignet oder ihm ein Beschaffenheitsmerkmal fehlt, das bei einer Sache gleicher Art üblich ist und/oder das der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.
Auch nach diesem objektiven Prüfungsmaßstab kann der Senat einen Sachmangel nicht feststellen.
Die Formulierung „gewöhnliche Verwendung“ soll deutlich machen, dass es auf die normale (übliche) Einsatzmöglichkeit ankommt (vgl. AnwK-BGB/Büdenbender, § 434 Rn. 28). Schon aus technischer Sicht ist sie bei einem gebrauchten Kfz nicht durch jeden Fall von Verschleiß infrage gestellt. Erst wenn der Verschleißzustand einen bestimmten Grad erreicht und sich als Störung der Funktionstauglichkeit und/oder Beeinträchtigung der Verkehrs- und Betriebssicherheit konkret auswirkt oder auszuwirken unmittelbar droht, kann in technischer Hinsicht von einem Eignungsmangel gesprochen werden. Bis zum Erreichen dieser Stufe ist das Fahrzeug zum Fahren geeignet und damit verwendungstauglich und unter diesem Blickwinkel – auch nach der Verkehrsanschauung – frei von einem Mangel im rechtlichen Sinne.
In diesem Zusammenhang gewinnt die Tatsache Bedeutung, dass die C-GmbH beide Vorderreifen im April 2003 ausgewechselt hat. Das hat der Kläger ausdrücklich klargestellt und ergibt sich im Übrigen auch aus den unterschiedlichen Produktionszeiträumen, wie sie im Gutachten des Sachverständigen S unter 4.2.1 erfasst sind. Diese erneuerten Vorderreifen wiesen bei der Überprüfung durch den Sachverständigen S „massive Verschleißerscheinungen“ auf. In welchem Zustand der Sachverständige die Vorderreifen vorgefunden hat, ist durch die Lichtbilder belegt, die Gegenstand des schriftlichen Gutachtens sind. Beschädigungen an den Vorderreifen hat der Sachverständige demgegenüber nicht festgestellt. Insbesondere waren keine Ausbrüche an der Reifenflanke vorhanden, wie sie der Kläger im April 2003 am rechten vorderen Reifen festgestellt haben will.
Die Unregelmäßigkeiten als solche, so wie von dem Sachverständigen S an der Vorderbereifung festgestellt, rechtfertigen nicht die Annahme eines Sachmangels i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Die gesetzlich geforderten Mindestprofiltiefen waren gegeben. Auch anderweitig waren die Reifen technisch nicht zu beanstanden. Zur gewöhnlichen Verwendung waren sie selbst noch in demjenigen Zustand geeignet, in dem der Sachverständige sie bei abgelesenem Kilometerstand von 48.263 untersucht hat. Ausgeliefert wurde der Wagen bei einem Kilometerstand von rund 15.000, während die beiden Vorderreifen bei einem Kilometerstand von weniger als 23.000 aufgezogen worden sind. Sofern sie fabrikneu waren, wovon der Senat ausgeht, hatten die Vorderreifen also zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den Sachverständigen eine Laufleistung von etwa 25.000 km.
Mit der Feststellung, dass die Vorderreifen selbst nach dieser Laufleistung verkehrstechnisch noch zulässig waren, ist es allerdings nicht getan. Der Senat hatte auch und vor allem der vom Kläger in das Zentrum seiner Mängelrüge gerückten Behauptung nachzugehen, die Vorderreifen müssten verschleißbedingt rascher erneuert werden, als dies normalerweise und auch entsprechend seiner Erwartung erforderlich sei. Nicht frei von einem Sachmangel sei das Fahrzeug deshalb, so der Kläger, weil es eine Beschaffenheit aufweise, die er bei einem Fahrzeug dieser Art nicht habe erwarten müssen.
Dieser Sichtweise vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Im Ausgangspunkt ist dem Kläger allerdings darin zuzustimmen, dass es hier weniger um eine Frage der Technik als vielmehr der rechtlichen Bewertung geht. In technischer Hinsicht ist freilich von Bedeutung, dass die Ursache des atypischen Verschleißes an den Vorderreifen zumindest auch in der Tieferlegung des Fahrzeugs zu sehen ist. Als weitere Ursache hat der Sachverständige S ein Fahren mit zu niedrigem Reifeninnendruck angegeben. Zugunsten des Klägers unterstellt der Senat insoweit den Sachvortrag in seinem Schriftsatz vom 04.04.2005. Daraus, dass an dem Vorderreifen jeweils ein Druck von nur 1,9 bar vorhanden war, als der Sachverständige den Druck gemessen hat, hat der Senat also keine dem Kläger nachteiligen Schlüsse gezogen. Gleichwohl muss es bei der landgerichtlichen Entscheidung bleiben. Denn soweit die Ursache des höheren Verschleißes an der Vorderbereifung in der Tieferlegung des Fahrzeugs liegt, ist die Annahme eines Sachmangels i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB nicht gerechtfertigt.
Zur gewöhnlichen Verwendung im Sinne dieser Vorschrift gehört zwar auch, dass Fahrzeugteile wie Reifen nicht ungewöhnlich schnell verschleißen und damit erneuerungsbedürftig werden, sodass der Käufer mit Zusatzkosten belastet wird, mit denen er bei seiner Kaufentscheidung vernünftigerweise nicht gerechnet hat. Das Kriterium der „gewöhnlichen Verwendung“ kann indessen nicht isoliert betrachtet werden. Es steht in einer Wechselbeziehung zum Gesichtspunkt der üblichen Beschaffenheit und zum weiteren Merkmal der Käufererwartung. Bei der gebotenen ganzheitlichen Betrachtungsweise, die sämtliche drei Kriterien des § 434 I 2 Nr. 2 BGB in richtlinienkonformer Auslegung in den Blick nimmt, hat der Senat das Vorhandensein eines Sachmangels verneint.
Soweit es um das Merkmal der Beschaffenheit geht, die bei „Sachen der gleichen Art üblich ist“, ist nicht von einem fabrikneuen Fahrzeug auszugehen. Vergleichsfahrzeug ist ein gebrauchtes Fahrzeug, das bauart- und typgleich ist und auch nach Alter und Laufleistung dem Kaufobjekt soweit wie möglich entspricht. Unter diesem Blickwinkel ist zu berücksichtigen, dass der Wagen des Klägers serienmäßig mit einem Sportfahrwerk ausgestattet ist. Das war dem Kläger, wie er selbst einräumt, auch von Anfang an bekannt. Was er nicht gewusst haben will und was ihm auch nicht erkennbar gewesen sei, das seien die mit der Tieferlegung verbundenen Auswirkungen gewesen, insbesondere im Hinblick auf den erhöhten Verschleiß an den Vorderreifen. Dass ein erheblich häufigerer Reifenwechsel als sonst üblich stattfinden müsse, habe er nicht erwartet und auch nicht erwarten können.
Das sieht der Senat in dem entscheidenden Punkt anders.
Was das Merkmal „Käufererwartung“ angeht, so ist auf den Erwartungshorizont eines Durchschnittskäufers abzustellen (vgl. BT-Drs. 14/6014, S. 214). Dass nur die berechtigte Erwartung schutzwürdig ist, steht dabei außer Frage. Was ein Käufer vernünftigerweise nicht erwarten kann, bleibt außer Betracht.
Geprägt wird die Erwartung eines Gebrauchtfahrzeugkäufers nicht nur vom Alter und von der Laufleistung des Fahrzeugs. Auch seine Ausstattung spielt eine Rolle. Ein Sportfahrwerk und eine Ausrüstung mit Breitreifen lassen nicht nur auf eine bestimmte Fahrweise des Verkäufers/Vorbesitzers schließen. Sie signalisieren einem durchschnittlichen Käufer auch, dass eine sportliche Fahrweise mit höheren Kosten für Kraftstoff und Reifen verbunden ist. Schon die sportliche Ausstattung als solche hat eine derartige Signalwirkung. Auch wer von Achsgeometrie, von Sturz und Vorspur keinerlei Kenntnisse hat und wer den Einfluss einer Tieferlegung auf die Bereifung nicht kennt, wird aus seiner Laiensphäre heraus mit gewissen Besonderheiten im Vergleich mit „normalen“ Pkw.
Was der Kläger nach den Feststellungen des Sachverständigen& S im Hinblick auf die Vorderbereifung vorgefunden hat, liegt nicht außerhalb des verständigerweise zu Erwartenden. In diesem Zusammenhang konnte nicht unberücksichtigt bleiben, dass die beiden Vorderreifen im Zeitpunkt der Begutachtung durch den Sachverständigen bereits circa 25.000 km gelaufen waren, ohne die Grenze des verkehrstechnisch Zulässigen überschritten zu haben. Während die Firma A schon bei Kilometerstand 33.440 eine Auswechslung auch der Vorderreifen (bis dahin circa 10.000 km gelaufen) empfohlen hat, waren sie für den Sachverständigen S selbst nach weiteren 15.000 km noch nicht erneuerungsbedürftig. Nach welcher Fahrstrecke ein Wechsel fällig geworden ist, kann der Senat nicht abschätzen. Jedenfalls haben die Vorderreifen mindestens 25.000 km „gehalten“, was bei einem Sportfahrwerk und Breitreifen bei sportlicher Fahrweise kein schlechter Wert ist.
Da der Senat bereits einen Sachmangel verneint, kommt es nicht mehr darauf an, ob die begehrte Rückabwicklung an der Vorschrift des § 323 V 2 BGB scheitert. Hiernach kann ein Käufer vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die in der mangelhaften Lieferung liegende Pflichtverletzung nur unerheblich ist. Keiner Entscheidung bedarf auch, ob der grundsätzliche Vorrang der Nacherfüllung dem Verlangen nach Rückabwicklung des Kaufs entgegen steht.
2. In Übereinstimmung mit dem Landgericht sieht der Senat außerhalb der Sachmängelhaftung nach § 437 BGB in Verbindung mit den dort genannten Einzelvorschriften keine Rechtfertigung des Klagebegehrens. Insbesondere scheidet eine Haftung unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen aus (§ 280 I BGB i. V. mit §§ 311 II, 241 II BGB).
Dass die C-GmbH ihn arglistig bzw. vorsätzlich getäuscht habe, behauptet selbst der Kläger nicht. Jedenfalls enthält sein erstinstanzliches Vorbringen keine unter Beweis gestellten Tatsachen, die auf eine arglistige Täuschung schließen lassen könnten. Auch die Berufungsbegründung des Klägers lässt entsprechenden Sachvortrag vermissen. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 04.04.2005 die Vermutung äußert, die C-GmbH habe von Anfang an bewusst einen zu geringen Reifenluftdruck vorgegeben, um Auffälligkeiten des Schleifgeräuschs bei normalem Luftdruck zu kaschieren, handelt es sich um neuen Vortrag. Er kann nicht berücksichtigt werden (§ 531 II ZPO).
Allerdings hat der Kläger bereits in erster Instanz die Frage einer Hinweispflichtverletzung aufgeworfen. Wäre er von der Verkäuferin darauf hingewiesen worden, dass er in kürzeren Abständen die Reifen wechseln müsse, hätte er vom Kauf Abstand genommen.
Ein Anspruch des Klägers aus § 280 I BGB i. V. mit § 311 II BGB besteht schon deshalb nicht, weil sich der unterbliebene Hinweis der Verkäuferin auf einen Umstand bezieht, der mit der Beschaffenheit des Fahrzeugs im Zusammenhang steht. Folglich ist der Vorrang des Sachmängelgewährleistungsrechts zu beachten. Dass der Senat einen Sachmangel verneint hat, hebt die Sperrwirkung nicht auf. Entscheidend ist, dass der Umstand, auf den sich die angebliche vorvertragliche Pflichtverletzung bezieht, von der gewährleistungsrechtlich abgesicherten Leistungsverpflichtung des Verkäufers nach § 433 I 2 BGB umfasst ist.
Im Übrigen sieht der Senat auch keine Grundlage dafür, der C-GmbH und damit heute der Beklagten ein vorvertragliches Verschulden zur Last zu legen. Insbesondere fehlt es an einem Beratungsverschulden, das unabhängig von der Sachmangelhaftung einen Schadensersatzanspruch auslösen könnte. Die Verkäuferin des Alfa Romeo schuldete dem Kläger keinerlei Beratung. Sie war auch nicht dazu verpflichtet, ihn auf die Auswirkungen hinzuweisen, die mit der sportlichen Ausstattung des Fahrzeugs durch Tieferlegung (Sportfahrwerk) und Breitreifen verbunden sind. Das Bestehen einer solchen Hinweispflicht hängt allerdings – anders als das Landgericht meint – nicht davon ab, dass die Verkäuferin die negativen Folgen der sportlichen Ausstattung gekannt hat. Es würde genügen, dass sie ihr hätten bekannt sein können. Gleichwohl war der Kläger nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nicht aufklärungsbedürftig. Was – wie hier – im Rahmen des zu Erwartenden liegt, braucht ein Verkäufer grundsätzlich nicht zum Gegenstand einer gezielten Aufklärung zu machen …