1. Heißt es in ei­nem Kauf­ver­trag über ei­nen Ge­braucht­wa­gen „Fahr­zeug ist kein Miet­wa­gen“, so ist dies aus Sicht des Käu­fers (§§ 133, 157 BGB) so zu ver­ste­hen, dass das Fahr­zeug zu kei­ner Zeit als Miet­wa­gen ver­wen­det wur­de. Die Aus­sa­ge lässt sich da­ge­gen nicht dar­auf re­du­zie­ren, dass der letz­te Hal­ter das Fahr­zeug nicht als Miet­wa­gen ver­wen­det ha­be.
  2. Dass ein Ge­braucht­wa­gen ent­ge­gen ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung in der Ver­gan­gen­heit über­wie­gend als Miet­wa­gen ver­wen­det wur­de, kann ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses um 10 % auch dann recht­fer­ti­gen, wenn es sich um ei­nen Un­fall­wa­gen han­delt.

AG Berg­heim, Ur­teil vom 14.01.2005 – 28 C 260/03

Sach­ver­halt: Mit schrift­li­chem Ver­trag vom 13.01.2003 er­warb der Klä­ger von der Be­klag­ten ei­nen aus­drück­lich als un­fall­be­schä­digt be­zeich­ne­ten Ge­braucht­wa­gen (Vol­vo) zum Preis von 12.300 €. Auf dem Kauf­ver­trags­for­mu­lar be­fin­det sich der hand­schrift­li­che Zu­satz „Fahr­zeug ist kein Miet­wa­gen“.

Nach­dem sich in der Fol­ge­zeit her­aus­ge­stellt hat­te, dass das Fahr­zeug im Zeit­raum vom 15.08.2001 bis zum 20.08.2002 von dem ers­ten Hal­ter als Miet­wa­gen ver­wen­det wor­den war und in die­ser Zeit 36.409 km zu­rück­ge­legt hat­te, min­der­te der Klä­ger mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 13.02.2003 den Kauf­preis um 1.230 % und ver­lang­te von der Be­klag­ten (er­folg­los) die Zah­lung die­ses Be­tra­ges.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Zah­lungs­an­spruch in Hö­he von 1.230 € er­gibt sich aus den §§ 437 Nr. 2, 434, 441 IV BGB.

Der von der Be­klag­ten ver­kauf­te Vol­vo ist man­gel­haft i. S. von § 434 I 1 BGB, da er ent­ge­gen der Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung „Fahr­zeug ist kein Miet­wa­gen“ vom ers­ten Hal­ter für die Dau­er von über ei­nem Jahr als Miet­fahr­zeug ver­wen­det wur­de. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten ist durch die Ver­wen­dung der Prä­sens­form „ist“ die Er­klä­rung nicht nur auf die ak­tu­el­le Ver­wen­dung sei­tens der letz­ten Fahr­zeug­hal­te­rin be­zo­gen. Nach dem ge­mäß den §§ 133,157 BGB maß­geb­li­chen Emp­fän­ger­ho­ri­zont ist mit der Aus­sa­ge „Fahr­zeug ist kein Miet­wa­gen“ ins­ge­samt ei­ne Aus­sa­ge zur Fahr­zeug­ei­gen­schaft und kei­ne Be­schrän­kung auf die Ver­wen­dung durch den letz­ten Hal­ter er­folgt. Aus der Sicht des Klä­gers als Käu­fer wur­de durch die Auf­nah­me des Sat­zes er­klärt, dass das Fahr­zeug zu kei­ner Zeit als Miet­fahr­zeug ver­wen­det wur­de, denn die ein­ma­li­ge Ver­wen­dung als Miet­fahr­zeug haf­tet dem Pkw auf Dau­er an und wird nicht durch ei­ne zwi­schen­zeit­li­che Pri­vat­be­nut­zung auf­ge­ho­ben.

Wei­ter­hin un­er­heb­lich ist auch, dass die Be­klag­te von der Ver­wen­dung als Miet­fahr­zeug kei­ne Kennt­nis hat­te, denn bei der Sach­män­gel­ge­währ­leis­tung han­delt es sich um ei­ne Ga­rantie­haf­tung der Ver­käu­fe­rin, die ge­ra­de un­ab­hän­gig von Kennt­nis und Ver­schul­den ein­tritt.

Auf­grund des Sach­man­gels ist der Kauf­preis in Hö­he von 12.300 € ge­mäß § 441 III BGB um 10 % (= 1.230 €) ge­min­dert.

In­so­weit steht nach der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me zur Über­zeu­gung des Ge­richts fest, dass die ge­ne­rell wert­re­du­zie­ren­de Ei­gen­schaft der Ver­wen­dung ei­nes Pkw als Miet­wa­gen nicht da­durch auf­ge­ho­ben ist, dass es sich bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug um ei­nen nicht re­pa­rier­ten Un­fall­wa­gen han­delt. Der Sach­ver­stän­di­ge S hat in sei­nen Gut­ach­ten vom 24.06.2004 und 11.11.2004 aus­ge­führt, dass die Miet­wa­gen­ei­gen­schaft in den maß­geb­li­chen Ver­kehrs­krei­sen ge­ne­rell als wert­re­du­zie­ren­der Fak­tor an­ge­se­hen wird, da auf­grund wech­seln­der Fah­rer von ei­ner über­mä­ßi­gen Ab­nut­zung aus­ge­gan­gen wird. Han­dels­üb­lich und ge­bräuch­lich ha­be sich ein Ab­zug in Hö­he von 10 % her­aus­kris­tal­li­siert. Ei­ne Wert­min­de­rung tre­te auch bei Un­fall­fahr­zeu­gen ein, denn die Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft über­la­ge­re die aus der Ver­wen­dung als Miet­wa­gen re­sul­tie­ren­de Wert­min­de­rung nicht voll­stän­dig.

Die Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S sind über­zeu­gend, da er auf­grund der ihm an­hand des Par­tei­vor­trags mög­li­chen Er­kennt­nis­quel­len, sei­ner all­ge­mei­nen Sach­kennt­nis und der von ihm spe­zi­ell für die­se Be­gut­ach­tung durch­ge­führ­ten Re­cher­chen zu lo­gisch ein­wand­frei­en und gut nach­voll­zieh­ba­ren Er­geb­nis­sen ge­kom­men ist. So­weit er da­von spricht, dass die Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft „nicht voll­stän­dig“ den Ma­kel der Miet­wa­gen­ei­gen­schaft über­la­gert, führt dies nach der Auf­fas­sung des Ge­richts nicht zu ei­ner feh­len­den Brauch­bar­keit des Gut­ach­tens. Der Sach­ver­stän­di­ge S hat die­se Aus­sa­ge im Zu­sam­men­hang mit Er­gän­zungs­fra­gen ge­trof­fen, die von meh­re­ren Po­si­tio­nen aus stets die glei­che Fra­ge („Hat die Miet­wa­gen­ei­gen­schaft auch bei ei­nem nicht re­pa­rier­ten Un­fall­fahr­zeug ei­ne Wert­min­de­rung zur Fol­ge?“) be­leuch­tet. Die maß­geb­li­che Kern­fra­ge hat der Sach­ver­stän­di­ge da­bei ein­deu­tig und un­miss­ver­ständ­lich be­jaht. Dass der Sach­ver­stän­di­ge kei­ne ge­naue Pro­zent­zahl für die spe­zi­el­le Fall­kon­stel­la­ti­on der teil­wei­sen Über­la­ge­rung nennt, ist un­schäd­lich, da das Ge­richt ge­mäß § 441 III 2 BGB und § 287 ZPO die Min­de­rung aus­drück­lich selbst schät­zen kann.

Bei ei­ner ent­spre­chen­den Schät­zung hat es bei dem von dem Sach­ver­stän­di­gen S als han­dels­üb­lich und ge­bräuch­lich be­schrie­be­nen Fak­tor von 10 % zu ver­blei­ben. Da­bei wur­de zum ei­nen be­rück­sich­tigt, dass der Kauf­preis bei 12.300 € liegt und da­mit bei­de Par­tei­en dem Vol­vo – trotz der ih­nen be­kann­ten Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft – noch ei­nen er­heb­li­chen Wert bei­ma­ßen. In dem hier maß­geb­li­chen fünf­stel­li­gen Eu­ro­be­reich spie­len auch und ge­ra­de für die Par­tei­en sämt­li­che wert­bil­den­den Fak­to­ren für die Ver­ein­ba­rung des aus Sicht bei­der Par­tei­en trag­ba­ren Kauf­prei­ses ei­ne ent­schei­den­de Rol­le, al­so auch die Fra­ge der Miet­wa­gen­nut­zung. Zum an­de­ren wur­de be­rück­sich­tigt, dass der Klä­ger das Fahr­zeug mit ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 38.000 km über­nom­men hat und da­von al­lein 36.409 km zu­rück­ge­legt wur­den, als das Fahr­zeug noch als Miet­wa­gen ver­wen­det wur­de. Die­ser 95-pro­zen­ti­ge Lauf­leis­tungs­an­teil ge­bie­tet es, den han­dels­üb­li­chen Fak­tor der Miet­min­de­rung in Hö­he von 10 % voll durch­schla­gen zu las­sen …

Hin­weis: Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen die­ses Ur­teil hat das LG Köln mit Be­schluss vom 18.04.2005 – 13 S 38/05 – zu­rück­ge­wie­sen.

PDF er­stel­len