Der wiederholte Wassereintritt im hinteren Karosseriebereich eines Pkw kann nicht als unerheblicher Mangel i. S. des § 323 V 2 BGB angesehen werden. Denn ein Fahrzeug, in das bei starker Beregnung Wasser eindringt, kann ohne Nachteile weder in einer Waschanlage gewaschen noch bei starkem Regen benutzt werden. Langfristig drohen infolge von Durchfeuchtung zumindest Korrosionsschäden, die zu einer erheblichen Verkürzung der Lebensdauer des Fahrzeugs führen können.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.06.2004 – 12 U 112/04
Sachverhalt: Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises für einen Gebrauchtwagen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Er bemängelt einen wiederholten Wassereintritt in die Karosserie im Bereich der Vertiefung hinter dem linken Hinterrad und macht ein Rücktrittsrecht geltend. Außerdem hat er den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten.
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Das Landgericht hat die Beklagte im Ergebnis zu Recht zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs, jedoch unter Anrechnung der dem Kläger entstandenen Nutzungsvorteile, für verpflichtet gehalten. Ebenso zutreffend hat es festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs … in Verzug befindet.
1. Nach Auffassung des Landgerichts hat der Kläger den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung i. S. von § 123 BGB wirksam angefochten. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihn vor dem Verkauf des zweijährigen Fahrzeugs darauf hinzuweisen, dass sie an dem Kraftfahrzeug bereits umfangreiche Nachlackierarbeiten vorgenommen sowie die Heckscheibe ausgetauscht hatte. Selbst wenn man den Sachvortrag der Beklagten, es hätten lediglich kleinere Kratzer an Karosserie und Scheibe vorgelegen, unterstelle, sei hier von einem aufklärungspflichtigen Umstand auszugehen.
Ob dieser Bewertung zu folgen ist, kann letztlich dahinstehen. Immerhin hat der Sachverständige L … „bei näherer Betrachtung der Karosserie“ festgestellt, dass die beiden hinteren Seitenwände, die seitlichen Dachrahmen und die hinteren Türen nachlackiert waren. Demnach wird man davon ausgehen können, dass auch ein möglicher Kaufinteressent – beispielsweise bei einem Weiterverkauf des Fahrzeugs durch den Kläger – die Tatsache der Nachlackierung durch eine bloße Sichtprüfung erkennen kann. Dann liegt es aber auch nahe, dass der Interessent darauf auch einen – wenn auch letztlich nicht zu begründenden – Unfallverdacht hegen und aus diesem Grund nur einen erheblich verminderten Kaufpreis akzeptieren oder gar vom Kauf Abstand nehmen wird. Dies könnte in der Tat dafür sprechen, in der Tatsache einer umfangreichen Nachlackierung auch ohne Unfall einen offenbarungspflichtigen, weil für den Wert des Fahrzeugs erheblichen Umstand anzusehen.
Das bedarf jedoch im Streitfall keiner Vertiefung.
2. Das Landgericht hat jedenfalls zu Recht ein Rücktrittsrecht des Klägers gemäß den §§ 434, 437 Nr. 2, 440, 346 ff. BGB bejaht. Die dagegen von der Beklagten im Berufungsverfahren erhobenen Einwände sind nicht berechtigt.
a) Der … wiederholte Wassereintritt im hinteren Karosseriebereich des Pkw kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht als ein gemäß §§ 323 V 2, 437 Nr. 2 BGB unerheblicher Mangel angesehen werden. Ein Fahrzeug, in das bei starker Beregnung Wasser eindringt, kann ohne Nachteile weder in einer Waschanlage gewaschen noch bei starkem Regen benutzt werden. Langfristig drohen infolge von Durchfeuchtung zumindest Korrosionsschäden, die zu einer erheblichen Verkürzung der Lebensdauer des Fahrzeugs führen können (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl., Rn. 280). Dass in dem vom Kläger erworbenen Fahrzeug bisher noch kein Korrosionsschaden aufgetreten ist, ändert an diesem gemeinhin bekannten Umstand nichts.
b) Zutreffend hat das Landgericht auch die Nachbesserung der Beklagten als fehlgeschlagen i. S. von § 440 Satz 1 und Satz 2 BGB angesehen. Jedenfalls beim zweiten Nachbesserungsversuch hätte die Beklagte der wahren Ursache des Wassereintritts umfassend nachgehen müssen. Dies gilt auch mit Rücksicht auf eine etwa von der Heckscheibe herrührende Undichtigkeit. Eine solche eingehende Untersuchung hat die Beklagte aber gerade nicht in hinreichendem Maße durchgeführt und dabei dem Kläger nicht einmal mitgeteilt, dass sie bei ihren Beregnungsversuchen einen Wassereintritt gar nicht feststellen konnte.
Ohne Erfolg verweist die Beklagte in diesem Zusammenhang auf die – auch vom Sachverständigen L bestätigten – Schwierigkeiten bei der Auffindung der undichten Stelle. Insofern wird die Auffassung vertreten, dass, gerade weil solche Schwierigkeiten unter Fachleuten bekannt sind, dem Käufer bereits ein zweiter Reparaturversuch nicht zugemutet werden kann, wenn bereits der erste mit unzureichenden Mitteln ausgeführt wurde (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 280 m. w. Nachw.). Es kann dahinstehen, ob dieser strengen Auffassung zu folgen ist. In jedem Falle kann der Beklagten jedoch – entsprechend der Regel des § 440 Satz 2 BGB – nach einem erfolglosen zweiten Versuch nicht zugebilligt werden, durch Anerbieten einer erneuten Nachbesserung den Rücktritt des Klägers vom Vertrag zu vermeiden …