Heißt es in einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen, das Fahrzeug habe einschließlich des Verkäufers drei Vorbesitzer gehabt, während es tatsächlich vier Vorbesitzer hatte, rechtfertigt das keinen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag.

LG Hannover, Urteil vom 30.07.2010 – 16 O 355/09

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem Beklagten mit Kaufvertrag vom 17.11.2009 ein Gebrauchtfahrzeug zum Preis von 7.850 €. In den Kaufvertrag, der einen Gewährleistungsausschluss enthält, war aufgenommen worden, dass das Kfz – soweit dem Verkäufer bekannt – drei Vorbesitzer (Fahrzeughalter einschließlich Verkäufer) gehabt habe. Tatsächlich hatte das Fahrzeug einen Vorbesitzer mehr.

Die Parteien einigten sich darauf, dass der Beklagte auf eigene Kosten den Dieselpartikelfilter des Fahrzeugs austauschen sollte.

Dem Verkauf des Fahrzeugs an den Kläger waren Inserate des Beklagten in verschiedenen Internetportalen vorausgegangen. Dort hatte der Beklagte das Fahrzeug als optisch und technisch von innen und außen „1a“ beschrieben. Der Kläger hatte das Fahrzeug am 14.11.2009 in H. besichtigt. Am 17.11.2009 hatte der Beklagte es von H. zum Kläger nach B. gebracht, wo die Parteien gemeinsam eine Probefahrt durchführten, bei der keine Besonderheiten am Fahrzeug festgestellt wurden.

Am 18.11.2009 ließ der Kläger das Fahrzeug zu. Hierdurch entstanden ihm Kosten in Höhe von 88,70 €. Er fuhr mit dem Fahrzeug in der Folgezeit zwischen 150 und 200 Kilometer und stellte dann am 20.11.2009 fest, dass das Fahrzeug nur sehr langsam beschleunigte und einen starken Leistungsverlust aufwies.

Mit Schreiben vom 01.12.2009 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag, hilfsweise die Anfechtung. Er behauptet, dass bei dem Fahrzeug schon im Zeitpunkt der Übergabe an ihn ein schwerer, irreparabler Lagerschaden am Turbolader vorlag. Des Weiteren sei die Einspritzdüse am dritten Zylinder undicht gewesen. Der Schlauch der Kurbelwellengehäuseentlüftung sei mit Kabelbindern am Ventildeckel befestigt. Dies habe der Beklagte spätestens beim Austausch des Dieselpartikelfilters bemerken müssen. Der Austausch des Dieselpartikelfilters sei nicht sach- und fachgerecht erfolgt.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Der Kläger hat keinen wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Denn der Beklagte kann sich auf den zwischen den Parteien vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Ein solcher wäre nur unwirksam, wenn der Beklagte den Kläger arglistig über vorhandene Mängel getäuscht hätte. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen.

a) Soweit der Kläger behauptet, der Turbolader habe im Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Lagerschaden aufgewiesen, steht nicht fest, dass der Beklagte dies im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bemerkt haben konnte: Der Kläger ist selbst 150 bis 250 Kilometer nach der Übergabe mit dem Fahrzeug gefahren, ohne Beschleunigungsprobleme feststellen zu können. Des Weiteren hat er gemeinsam mit dem Beklagten eine Probefahrt durchgeführt, bei der ebenfalls keine Besonderheiten aufgefallen sind.

Auch der Vortrag des Klägers …, wonach der Schaden nur bei höheren Geschwindigkeiten hätte bemerkt werden können, ändert diese Einschätzung nicht. Denn der Vortrag des Klägers … ist so zu verstehen, dass das Fahrzeug nunmehr immer sehr langsam beschleunigt. Insofern ist davon auszugehen, dass sich der Schaden am Turbolader immer bemerkbar macht. Insofern hätte der Schaden auch im Zeitpunkt des Gefahrübergangs auffallen müssen, wenn er bereits in diesem Zeitpunkt eingetreten war.

Hinzu kommt, dass das Fahrzeug auf den Beklagten ebenfalls nur einen Monat zugelassen war. Dass der Beklagte Fahrten mit dem Fahrzeug durchgeführt hat, bei denen er den Schaden hätte bemerken müssen, hat der Kläger nicht vorgetragen.

b) Die Befestigung des Schlauchs der Kurbelwellengehäuseentlüftung mittels Kabelbindern am Ventildeckel rechtfertigt ebenfalls keinen Rücktritt. Dass der Beklagte Kenntnis hiervon hatte, ist nicht ersichtlich. Der Kläger trägt nicht vor, dass der Beklagte sich den Motorraum nach Abnahme der Motorabdeckung angeschaut hat. Der Beklagte muss diesen Umstand auch nicht beim Austausch des Dieselpartikelfilters bemerkt haben. Denn unstreitig hat der Beklagte den Dieselpartikelfilter nicht selbst ausgetauscht. Dass die Mitarbeiter der den Austausch durchführenden Werkstatt den Beklagten auf diesen Umständen hingewiesen haben, hat der Kläger nicht vorgetragen.

c) Soweit der Kläger behauptet, der Dieselpartikelfilter sei nicht sach- und fachgerecht eingebaut worden, rechtfertigt auch dies keinen Rücktritt. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte Kenntnis von einem vermeintlich nicht sach- und fachgerechten Einbau des Filters hatte …

d) Die Anzahl der Vorbesitzer rechtfertigt keinen Rücktritt. Denn insofern wäre ein Rücktritt unverhältnismäßig i. S. des § 323 V 2 BGB. Ob das Fahrzeug drei oder vier Vorbesitzer aufwies, hat keine erhebliche preisbestimmende Funktion. Denn insofern ist zu berücksichtigen, dass nur die Frage, ob ein Wagen aus der ersten Hand verkauft wird, erhebliche preisbildende Bedeutung hat. Dies kann jedoch bei dem Unterschied, ob der Wagen aus der dritten oder der vierten Hand kommt, nicht mehr angenommen werden.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch aus § 812 BGB auf Zahlung des mit der Klage geltend gemachten Betrags. Denn er hat den Kaufvertrag nicht wirksam nach § 123 BGB angefochten. Eine arglistige Täuschung ist nämlich aus den oben genannten Gründen nicht anzunehmen …

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