Ein Kauf­ver­trag über ei­nen Ge­braucht­wa­gen ist nicht schon dann ein Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. von § 474 I BGB, wenn das Fahr­zeug von ei­nem An­ge­hö­ri­gen ei­nes Frei­en Be­rufs – hier: ei­ner Zahn­ärz­tin – an ei­nen Ver­brau­cher (§ 13 BGB) ver­kauft wird. Denn ei­ne ver­schärf­te Haf­tung des Ver­käu­fers ist zwar an­ge­mes­sen, wenn die­ser auf­grund sei­ner ge­werb­li­chen oder selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit über ei­ne be­son­de­ren Sach­kun­de vefügt, aber nicht, wenn der Ver­käu­fer in Be­zug auf Kraft­fahr­zeu­ge – eben­so wie der Käu­fer – ein „Laie“ ist.

AG Bad Hom­burg, Ur­teil vom 14.11.2003 – 2 C 182/03

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten mit Kauf­ver­trag vom 31.05.2002 ei­nen Ge­braucht­wa­gen, der ihm am sel­ben Tag über­ge­ben wur­de. Vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags hat­te die Be­klag­te auf Nach­fra­ge des Klä­gers er­klärt, dass der Pkw kei­ne ihr be­kann­ten tech­ni­schen Pro­ble­me auf­wei­se. Dies hat­te der Klä­ger im schrift­li­chen Kauf­ver­trag un­ter­halb der Un­ter­schrif­ten fest­ge­hal­ten.

Mit Schrei­ben vom 12.06.2002 teil­te der Klä­ger der Be­klag­ten mit, dass er be­reits auf der Fahrt nach Hau­se und kur­ze Zeit spä­ter er­neut Kühl­was­ser ha­be nach­fül­len müs­sen. In ei­ner Werk­statt ha­be man fest­ge­stellt, dass die Zy­lin­der­kopf­dich­tung de­fekt sei und aus­tauscht wer­den müs­se. Der Klä­ger for­der­te die Be­klag­te auf, ihm bis zum 20.06.2002 zu be­stä­ti­gen, dass sie die Re­pa­ra­tur­kos­ten über­neh­me. Dies lehn­te die Be­klag­te ab und be­rief sich auf ei­nen kauf­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss.

Der Klä­ger ist der An­sicht, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Kauf­ver­trag ein Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. des § 474 I BGB sei, weil die Be­klag­te Zahn­ärz­tin sei und den Pkw un­ter­neh­me­risch ge­nutzt ha­be. Der Klä­ger hat gel­tend ge­macht, dass des­halb der ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss un­wirk­sam sei. Au­ßer­dem er­ge­be sich aus ei­nem von ihm, dem Klä­ger, vor­pro­zes­su­al ein­ge­hol­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten, dass der Be­klag­ten der hier in­ter­es­sen­de Man­gel ha­be be­kannt sein müs­sen. Der Sach­ver­stän­di­ge ha­be näm­lich fest­ge­stellt, dass der Man­gel we­nigs­tens 200 bis 300 km vor der Über­ga­be des Fahr­zeugs be­reits vor­han­den ge­we­sen sei. Er, der Klä­ger, ha­be den Pkw mit ei­ner Lauf­leis­tung von 133.400 km ge­kauft und nicht – wie im Kauf­ver­trag an­ge­ge­ben – mit ei­ner Lauf­leis­tung von 132.000 km. Im Kauf­ver­trag sei zu­nächst ein Ki­lo­me­ter­stand von 133.000 no­tiert ge­we­sen; die­se An­ga­be ha­be die Be­klag­te dann aber auf 132.000 km ab­ge­än­dert.

Die Be­klag­te ist der auf Zah­lung von 3.960 € nebst Zin­sen ge­rich­te­ten Kla­ge ent­ge­gen­ge­tre­ten. Sie hat be­haup­tet, dass sie üd­rei Fahr­zeu­ge ver­fügt und den streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw nur sel­ten ge­nutzt ha­be. Wäh­ren der Win­ter­mo­na­te sei das Fahr­zeug – ein Ca­brio­let – re­gel­mä­ßig still­ge­legt ge­we­sen. Bei ei­ner Haupt­un­ter­su­chung im Sep­tem­ber 2001 ha­be der Ki­lo­me­ter­stand 132.059 be­tra­gen. Im An­schluss an die­se Haupt­un­ter­su­chung sei der Wa­gen bis April 2002 still­ge­legt ge­we­sen und an­schlie­ßend bis zum Ver­kauf an den Klä­ger nur we­ni­ge Ma­le von ihr ge­fah­ren wor­den. In die­ser Zeit sei ihr, der Be­klag­ten, kein tech­ni­scher De­fekt zur Kennt­nis ge­langt. Soll­te die Zy­lin­der­kopf­dich­tung tat­säch­lich am 02.06.2002 de­fekt ge­we­sen sein, so dürf­te dies dar­auf zu­rück­zu­füh­ren sein, dass der Klä­ger oder sein Bru­der zu „sport­lich“ ge­fah­ren sei­en. Als der Klä­ger zwei Ta­ge nach der Über­ga­be des Pkw den rest­li­chen Kauf­preis ge­zahlt ha­be, ha­be er je­den­falls ei­nen Kühl­was­ser­ver­lust mit kei­nem Wort er­wähnt.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Dem Klä­ger steht kein Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­mäß den §§ 433 I, 434 I, 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB zu.

Es kann da­hin­ste­hen, ob der be­haup­te­te Man­gel – der De­fekt an der Zy­lin­der­kopf­dich­tung – bei Über­ga­be tat­säch­lich vor­ge­le­gen hat. Je­den­falls steht zur Über­zeu­gung des Ge­richts fest, dass, selbst wenn die­ser Man­gel bei Ge­fahr­über­gang vor­ge­le­gen hat, der Klä­ger von der Be­klag­ten auf­grund des wirk­sa­men Haf­tungs­aus­schlus­ses im Kauf­ver­trag hier­für kei­nen Scha­dens­er­satz ver­lan­gen kann.

Denn bei dem zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag han­delt es sich nicht um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf i. S. des § 474 I BGB, da der Ver­kauf nicht in Aus­übung ge­werb­li­cher oder selbst­stän­di­ger Tä­tig­keit er­folg­te. Die Klä­ge­rin ist Zahn­ärz­tin; in Aus­übung ih­rer Tä­tig­keit re­pa­riert oder zieht sie Zäh­ne etc., nicht je­doch ver­kauft sie in Aus­übung ih­rer Tä­tig­keit Kraft­fahr­zeu­ge. Die ver­schärf­ten Re­ge­lun­gen der §§ 474 ff. BGB sind nur dann an­ge­mes­sen, wenn auf der ei­nen Sei­te ein Ver­käu­fer we­gen der be­son­de­ren Sach­kun­de auf­grund sei­ner stän­di­gen ge­werb­li­chen Aus­übung des­we­gen ei­ne be­son­de­re Ein­stands­pflicht hat, nicht je­doch, wenn bei ei­nem Kauf bei­de Sei­ten als „Lai­en“ auf­tre­ten.

So­mit ist der im Kauf­ver­trag er­folg­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss wirk­sam und ent­fällt auch nicht we­gen der von dem Klä­ger be­haup­te­ten Ga­ran­tie­er­klä­rung der Be­klag­ten. Denn der von dem Klä­ger ei­gen­mäch­tig un­ter­halb der Kauf­ver­trags­ur­kun­de ein­ge­füg­te Zu­satz, dass das Au­to kei­ne tech­ni­schen Pro­ble­me laut Vor­be­sit­ze­rin ha­be, er­füllt nicht die An­for­de­rung an ei­ne Ga­ran­tie­er­klä­rung. Die­se hät­te im ei­gent­li­chen Kauf­ver­trag selbst und von der Be­klag­ten er­klärt wer­den müs­sen, was von die­ser ge­ra­de nicht ge­wollt war, da sie ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss in den Kauf­ver­trag auf­ge­nom­men hat.

Der Haf­tungs­aus­schluss ist auch nicht un­wirk­sam, denn der be­haup­te­te Man­gel ist von der Be­klag­ten zur Über­zeu­gung des Ge­richts nicht arg­lis­tig ver­schwie­gen wor­den.

Ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen setzt Kennt­nis von dem Man­gel und nicht nur fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis vor­aus.

Nach er­folg­ter Be­weis­auf­nah­me steht zur Über­zeu­gung des Ge­richts nicht fest, dass die Be­klag­te Kennt­nis von dem be­haup­te­ten Man­gel hät­te ha­ben müs­sen. Selbst wenn man die An­ga­ben in dem vom Klä­ger vor­ge­leg­ten Pri­vat­gut­ach­ten als wahr un­ter­stellt, folgt dar­aus nicht zwin­gend, dass die Be­klag­te Kennt­nis von dem be­haup­te­ten Man­gel hät­te ha­ben müs­sen. Aus­weis­lich der Aus­sa­gen im Pri­vat­gut­ach­ten ist der Sach­ver­stän­di­ge sich ziem­lich si­cher, dass die­ser Man­gel über mehr als 200 oder 300 km Fahr­leis­tung be­stan­den hat. Zum Zeit­punkt der Vor­stel­lung des Fahr­zeugs bei dem Gut­ach­ter wies das Fahr­zeug aus­weis­lich sei­ner Aus­füh­rung im Gut­ach­ten 133.747 ge­lau­fe­ne Ki­lo­me­ter auf. Aus­weis­lich des Kauf­ver­trags war ein Ki­lo­me­ter­stand von 132.000 km an­ge­ge­ben. zwar hat der Zeu­ge B, der Bru­der des Klä­gers, be­kun­det, dass an­läss­lich des Kaufs er ei­nen Ta­chostand von 133.400 km ge­se­hen ha­be. Er hat auch be­kun­det, dass in dem Ori­gi­nal­kauf­ver­trag zu­vor ei­ne Ki­lo­me­ter­an­ga­be von 133.000 ge­we­sen sei, die von der Be­klag­ten auf 132.000 kor­ri­giert wor­den sei. Die­se Aus­sa­ge wird nicht ge­stützt durch das Ori­gi­nal des Kauf­ver­trags. zwar ist dort bei dem Ta­chostand ei­ne Kor­rek­tur mit Tipp-Ex er­folgt und auch er­kenn­bar. Den­noch ist die un­ter­halb des Tipp-Ex zu­vor ge­mach­te An­ga­be sehr gut le­ser­lich. Die streit­ge­gen­ständ­li­che Zif­fer ist zwei­fels­frei als zwei zu er­ken­nen, der zwei Nul­len fol­gen, das heißt, der ur­sprüng­li­che Ta­chostand war feh­ler­haft mit 13.200 km an­ge­ge­ben und wur­de dann kor­ri­giert auf 132.000 km. Nicht je­doch er­gibt sich aus dem Ori­gi­nal des Kauf­ver­trags ei­ne Kor­rek­tur von 133.000 km auf 132.000 km. Hier­zu be­durf­te es auch nicht der Ein­ho­lung ei­nes gra­fo­lo­gi­schem Gut­ach­tens, da die­se Ver­än­de­rung mit blo­ßem Au­ge wahr­nehm­bar und ei­ne be­son­de­re Sach­kun­de nicht er­for­der­lich ist. Auf­grund des­sen hält das Ge­richt die Aus­sa­ge des Zeu­gen B, er ha­be ei­nen Ta­chostand von 133.400 km wahr­ge­nom­men, für nicht glaub­haft, zu­mal die­se auch im Wi­der­spruch zu den zu­ge­ge­be­ner­ma­ßen va­gen Be­kun­dun­gen des Zeu­gen Z steht, die je­doch ins­ge­samt in sich schlüs­sig und den Vor­trag der Be­klag­ten stüt­zend sind. Der Zeu­ge Z hat be­kun­det, dass nach der TÜV-Vor­fahrt im Sep­tem­ber 2001 das Fahr­zeug ab­ge­mel­det und erst im April 2002 wie­der an­ge­mel­det und da­nach nur we­ni­ge Ma­le ge­fah­ren wor­den sei. Aus dem TÜV-Be­richt er­gibt sich, dass das Fahr­zeug bei der Vor­stel­lung 132.054 km auf­ge­wie­sen hat. Wenn der Zeu­ge Z aus­sagt, dass das Fahr­zeug nach der Neu­an­mel­dung nur we­ni­ge Ma­le be­wegt wor­den sei, ma­xi­mal 200, 300 km, so passt das zu der Ki­lo­me­ter­an­ga­be im Kauf­ver­trag.

Nach al­le­dem war die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

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