Grund­sätz­lich ist ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler nicht ver­pflich­tet, ein Fahr­zeug vor dem Ver­kauf zu über­prü­fen. Er ist aber ver­pflich­tet, kon­kre­ten Ver­dachts­mo­men­ten da­für, dass das Fahr­zeug ei­nen Un­fall er­lit­ten hat, nach­zu­ge­hen. Al­lein der Um­stand, dass ein sechs Jah­re al­ter Ge­braucht­wa­gen neu la­ckiert ist, ist al­ler­dings kein kon­kre­tes Ver­dachts­mo­ment; denn die Neu­la­ckie­rung muss nicht zwin­gend er­folgt sein, um Un­fall­schä­den zu be­sei­ti­gen.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 17.07.2002 – 17 U 9/02

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin kauf­te am 19.03.1998 ei­nen Pkw Maz­da MX-5 (Erst­zu­las­sung: 1992; Lauf­leis­tung: 47.280 km) zum Preis von 19.000 DM. Die Kauf­ver­trags­ur­kun­de weist aus, dass die Be­klag­te je­de Ge­währ­leis­tung aus­ge­schlos­sen hat. Bei „Zahl, Art und Um­fang von Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer“ ist „kei­ne“ ein­ge­tra­gen. Au­ßer­dem wur­de an­ge­kreuzt, dass der Be­klag­ten auf an­de­re Wei­se Un­fall­schä­den nicht be­kannt ge­wor­den sei­en.

Im Lau­fe des Jah­res 1999 stell­te die Klä­ge­rin fest, dass das Fahr­zeug an den bei­den Tü­ren, den hin­te­ren Kot­flü­geln und der Stoß­stan­ge – die auch ei­nen Riss hat­te – Lack­schä­den auf­wies. Sie bat die Be­klag­te, die­se Lack­schä­den zu be­sei­ti­gen, was die­se auch aus Ku­lanz ver­such­te. Auf ei­nen Rück­kauf des Fahr­zeugs ließ sich die Be­klag­te aber nicht ein.

In ei­nem selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren hat der Sach­ver­stän­di­ge Dipl.-Ing. M fest­ge­stellt, dass das Fahr­zeug in der Tat Lack­schä­den auf­wei­se, für die es un­ter­schied­li­che Ur­sa­chen ge­ben kön­ne. Das Fahr­zeug sei kom­plett neu la­ckiert wor­den; die La­ckie­rung sei schät­zungs­wei­se drei bis vier Jah­re vor der Be­gut­ach­tung er­folgt, al­so 1997/1998. Ob Un­fall­schä­den ver­deckt ha­ben, hat der Sach­ver­stän­di­ge nicht fest­ge­stellt. Aus sei­nem Gut­ach­ten er­gibt sich, dass ei­ne Ver­for­mung der lin­ken Sei­ten­wand je­den­falls nicht groß ge­nug ist, um das Ka­ros­se­rie­ge­fü­ge merk­lich zu schwä­chen.

Die Klä­ge­rin hat ihr Wand­lungs­be­geh­ren dar­auf ge­stützt, dass die Be­klag­te ihr ei­nen Un­fall­scha­den arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be. Die nach­träg­li­che Ganz­la­ckie­rung kön­ne nur den Sinn ge­habt ha­ben, ei­nen Un­fall­scha­den zu be­sei­ti­gen. Der Werk­statt­meis­ter der Be­klag­ten ha­be ihr ge­gen­über auch zu­ge­ge­ben, dass das Fahr­zeug ei­nen „klei­nen Bumser“ er­lit­ten ha­be und des­halb ei­ne La­ckie­rung er­folgt sei. Die Be­klag­te hat sich dar­auf be­ru­fen, dass die Lack­schä­den je­den­falls nicht bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an die Klä­ge­rin vor­ge­le­gen hät­ten.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge, mit der die Klä­ge­rin 15.000 DM (be­haup­te­ter Zeit­wert des Pkw) nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs ver­langt, ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, dass die Be­klag­te die Ge­währ­leis­tung wirk­sam aus­ge­schlos­sen ha­be. Sie haf­te auch nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt des arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens von Män­geln, weil die Klä­ge­rin nicht dar­ge­legt ha­be, dass die Be­klag­te bei Über­ga­be des Fahr­zeugs im Früh­jahr 1998 Kennt­nis von der feh­ler­haf­ten La­ckie­rung ge­habt ha­be. An­knüp­fungs­tat­sa­chen, die auf ei­nen Un­fall­scha­den hin­deu­ten, der durch die La­ckie­rung ha­be be­sei­tigt wer­den sol­len, ha­be die Klä­ge­rin nicht aus­rei­chend dar­ge­legt. Es sei auch nicht er­sicht­lich, dass der „klei­nen Bumser“, den der Werk­statt­meis­ter der Be­klag­ten ei­nen­ein­ge­räumt ha­ben soll, ein of­fen­ba­rungs­pflich­ti­ger Un­fall ge­we­sen sei. Die Be­klag­te ha­be auch nicht die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs zu­ge­si­chert.

Die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: 1. [Die Klä­ge­rin] kann ih­ren Wand­lungs­an­spruch (§§ 459 I, 462, 465, 467 BGB a.F.) nicht auf die von dem Sach­ver­stän­di­gen M fest­ge­stell­ten Lack­schä­den stüt­zen.Denn die Be­klag­te hat die Ge­währ­leis­tung für den ge­brauch­ten Maz­da MX-5 wirk­sam aus­ge­schlos­sen.

Die Be­klag­te muss der Klä­ge­rin für die man­gel­haf­te La­ckie­rung auch nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt des arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens von Män­geln haf­ten (§ 476 BGB a.F.). Die Klä­ge­rin hat ih­re Be­haup­tung, die Be­klag­te selbst ha­be den Wa­gen un­zu­läng­lich la­ckiert, nicht un­ter Be­weis ge­stellt; Vor­trag zu ei­nem arg­lis­ti­gen Han­deln der Be­klag­ten fehlt ganz.

2. Der Klä­ge­rin ist es auch im Be­ru­fungs­rechts­zug nicht ge­lun­gen, ih­ren Vor­wurf, die Be­klag­te ha­be ihr ei­ne Un­fall­ver­stri­ckung des ge­brauch­ten Pkw arg­lis­tig ver­schwie­gen, schlüs­sig dar­zu­tun. Es fehlt je­de Kon­kre­ti­sie­rung ei­nes of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Man­gels, der ein Un­fall­ge­sche­hen na­he­legt.

Die Be­mer­kung des Werk­statt­meis­ters der Be­klag­ten K, es ha­be an dem Fahr­zeug „ei­nen klei­nen Bumser ge­ge­ben“, reicht nicht aus, ei­nen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Un­fall des Fahr­zeugs vor Über­ga­be an die Klä­ge­rin vor­zu­tra­gen. Die Be­klag­te hat­te auch mit Blick auf ih­re Ei­gen­schaft als Fach­händ­le­rin kei­nen An­lass, aus dem Um­stand, dass das sechs Jah­re al­te Fahr­zeug ei­ne Neu­la­ckie­rung auf­wies, auf ei­ne Un­fall­ver­stri­ckung des Fahr­zeugs zu schlie­ßen. Die Klä­ge­rin trägt kei­ne An­knüp­fungs­tat­sa­chen vor, die den Schluss, das Fahr­zeug sei in ei­nen Un­fall ver­wi­ckelt ge­we­sen, na­he­le­gen. Der Sach­ver­stän­di­ge im selb­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren hat in sei­nem Gut­ach­ten vom 20.02.2001 fest­ge­stellt, dass es ver­schie­de­ne Ur­sa­chen für die Lack­schä­den des Fahr­zeugs ge­ben kön­ne. Den von der Klä­ge­rin in ih­rer Be­ru­fungs­be­grün­dung be­haup­te­ten Schluss, die Schä­den re­sul­tier­ten aus ei­nem Un­fall des Fahr­zeugs, hat der Sach­ver­stän­di­ge nicht ge­zo­gen. Die Klä­ge­rin teilt nicht mit, auf wel­che Tat­sa­chen sich ih­re Ver­mu­tung, dass der Pkw Maz­da MX-5 ein Un­fall­fahr­zeug ge­we­sen sein könn­te, stützt. Sie hat viel­mehr in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat ein­ge­räumt, es han­de­le sich in­so­weit um ei­ne blo­ße Spe­ku­la­ti­on. Da sie das Fahr­zeug in­zwi­schen mehr als vier Jah­re fährt, oh­ne kon­kre­te Schä­den, die auf ei­nen Un­fall des Pkw zu­rück­ge­führt wer­den könn­ten, zu be­kla­gen, ist nicht er­sicht­lich, wel­che Um­stän­de die Be­klag­te zu dem Ver­dacht hät­ten füh­ren sol­len, es han­de­le sich ent­ge­gen den An­ga­ben des Vor­be­sit­zers um ein Un­fall­fahr­zeug.

3. Die Be­klag­te war auch nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt des arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens von Män­geln ver­pflich­tet, von sich aus Fest­stel­lun­gen zu ei­ner Zweit­la­ckie­rung des Ge­braucht­wa­gens zu tref­fen und de­ren Er­geb­nis der Klä­ge­rin zu of­fen­ba­ren. Der Um­stand, dass das be­reits sechs Jah­re in Ge­brauch be­find­li­che Fahr­zeug über­haupt neu la­ckiert war, stellt für sich ge­nom­men kei­nen Feh­ler i. S. von § 459 BGB a.F. dar. Grund­sätz­lich ist der Fach­händ­ler ge­brauch­ter Fahr­zeu­ge nur ver­pflich­tet, kon­kre­ten An­halts­punk­ten für ei­nen Scha­den oder ei­nen frü­he­ren Un­fall des Fahr­zeugs nach­zu­ge­hen; nur wenn er da­mit rech­net, ein Un­fall­fahr­zeug vor sich zu ha­ben, hat er den Käu­fer auf den Ver­dacht ei­nes Scha­dens hin­zu­wei­sen (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 18.01.2002 – 3 U 11/01, DAR 2002, 163; OLG Bam­berg, Urt. v. 11.12.2000 – 4 U 159/2000, DAR 2001, 455). An sol­chen kon­kre­ten Ver­dachts­mo­men­ten fehlt es hier. Der be­haup­te­te Um­stand al­lein, dass das lang­jäh­rig ge­brauch­te Fahr­zeug neu la­ckiert wor­den war, reicht für den Ver­dacht, da­mit soll­ten Un­fall­schä­den be­sei­tigt wer­den, nicht aus.

4. Schließ­lich kann die Klä­ge­rin ihr Wand­lungs­be­geh­ren auch nicht auf die Grund­sät­ze der Haf­tung we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­schluss (cul­pa in con­tra­hen­do) stüt­zen.

Die von der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­te Haf­tung we­gen fahr­läs­si­ger Ver­let­zung von Of­fen­ba­rungs­pflich­ten tritt zu­rück, wenn Feh­ler der Kauf­sa­che bzw. zu­si­che­rungs­fä­hi­ge Ei­gen­schaf­ten be­trof­fen sind; in die­sen Fäl­len sind al­lein die ge­setz­li­chen Ge­währ­leis­tungs­vor­schrif­ten (§§ 459 ff. BGB a.F.) ein­schlä­gig. Der Um­stand, dass der Maz­da MX-5 ein zwei­tes Mal la­ckiert war, be­trifft sei­ne Be­schaf­fen­heit und da­mit ei­ne zu­si­che­rungs­fä­hi­ge Ei­gen­schaft. Al­ler­dings hat die höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung ei­ne Haf­tung des Ver­käu­fers aus cul­pa in con­tra­hen­do an­ge­nom­men, wenn er vor­sätz­lich Feh­ler der Sa­che ver­schweigt (BGH, NJW 1992, 2564). Ein vor­sätz­li­ches Han­deln der Be­klag­ten trägt die Klä­ge­rin nur un­ge­nau vor; Be­weis bie­tet sie nicht an. Ihr Hin­weis auf die vor­pro­zes­sua­le Kor­re­spon­denz der Par­tei­en reicht nicht aus. Aus ihr er­gibt sich nur, dass die Be­klag­te im Som­mer 2000 – mehr als zwei Jah­re nach Ab­schluss des Kauf­ver­trags und Über­ga­be des Fahr­zeugs – den Lack aus Ku­lanz­grün­den nach­ge­bes­sert hat. Der Sach­ver­stän­di­ge M hat kei­ne Fest­stel­lun­gen zu dem Da­tum der Neu­la­ckie­rung ge­trof­fen, son­dern da­zu nur Ver­mu­tun­gen aus­ge­spro­chen …

PDF er­stel­len