- Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Gebrauchtwagenverkäufers, wonach der Käufer an die Bestellung eines Fahrzeugs zehn Tage gebunden ist, ist wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen § 10 Nr. 1 AGBG.
- Ein Vertragshändler eines Automobilherstellers, für den Neuwagengeschäfte prägend sind, kann in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht wirksam vorsehen, dass der Käufer eines Gebrauchtwagens, der das Fahrzeug unberechtigt nicht abnimmt, Schadensersatz in Höhe von pauschal 15 % des Kaufpreises leisten muss. Vielmehr übersteigt diese Pauschale den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden, sodass die entsprechende Klausel gemäß § 11 Nr. 5 AGBG unwirksam ist.
OLG Köln, Urteil vom 27.05.1993 – 12 U 141/92
Diese Entscheidung ist zum „alten“ Schuldrecht und vor Inkrafttreten der ZPO-Reform 2002 ergangen. Sie kann nicht ohne Weiteres auf das seit dem 01.01.2002 geltende Recht übertragen werden (so ist z. B. an die Stelle der Wandelung der Rücktritt vom Kaufvertrag getreten). Die genannten Vorschriften existieren heute möglicherweise nicht mehr oder haben einen anderen Inhalt.
Sachverhalt: Der Beklagte, der mit Gebrauchtwagen handelt, bestellte bei der klagenden Vertragshändlerin unter dem 20.09.1991 einen gebrauchten Pkw zum Preis von 82.000 DM.
Das für die Bestellung verwendete Formular der Klägerin sieht einen Gewährleistungsausschluss vor. Außerdem heißt es in dem Bestellformular, dass der Käufer zehn Tage an die Bestellung gebunden und der Kaufvertrag geschlossen sei, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung schriftlich bestätige oder die Lieferung ausführe. Schließlich wird auf die „umseitigen“ Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin verwiesen, die unter anderem folgende Regelungen enthalten:
„V. Abnahme
1. Der Käufer hat das Recht, innerhalb von 8 Tagen nach Zugang der Bereitstellungsanzeige den Kaufgegenstand am vereinbarten Abnahmeort zu prüfen, und die Pflicht, innerhalb dieser Frist den Kaufgegenstand abzunehmen.
2. …
3. Bleibt der Käufer mit der Abnahme des Kaufgegenstandes länger als 8 Tage ab Zugang der Bereitstellungsanzeige vorsätzlich oder grob fahrlässig in Rückstand, so kann der Verkäufer dem Käufer schriftlich eine Nachfrist von 8 Tagen setzen mit der Erklärung, dass er nach Ablauf dieser Frist eine Abnahme ablehne. Nach erfolglosem Ablauf der Nachfrist ist der Verkäufer berechtigt, durch schriftliche Erklärung vom Kaufvertrag zurückzutreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Der Setzung einer Nachfrist bedarf es nicht, wenn der Käufer die Abnahme ernsthaft und endgültig verweigert oder offenkundig auch innerhalb der Nachfrist zur Zahlung des Kaufpreises nicht imstande ist. Bei Nutzfahrzeugen bedarf es in diesen Fällen auch nicht der Bereitstellung.
4. Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 15 % des Kaufpreises. Der Schadensbetrag ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nachweist.“
Am 21.09.1991 teilte der Beklagte, der vorgehabt hatte, das bestellte Fahrzeug selbst zu nutzen, der Klägerin telefonisch mit, dass er von der Bestellung Abstand nehme. Diese Mitteilung wiederholte er mit Schreiben vom gleichen Tag, das bei der Klägerin am 23.09.1991 einging. Ebenfalls unter dem 23.09.1991 bestätigte die Klägerin dem Beklagten seine Bestellung schriftlich.
Am 08.10.1991 kam es in den Geschäftsräumen der Klägerin zu einer Besprechung, bei der man so verblieb, dass das bestellte Fahrzeug bis zum 21.10.1991 „fertig gemacht“ werden sollte. Gegenstand der Besprechung waren unter anderem Lackschäden an dem Fahrzeug, bezüglich derer die Klägerin versprach, Maßnahmen zu ihrer Beseitigung zu ergreifen. Die Einzelheiten (Art der Maßnahmen; Voraussetzungen, unter denen der Beklagte bereit war, das Fahrzeug abzunehmen) sind streitig.
Mit Anwaltsschreiben vom gleichen Tag ließ der Beklagte sodann mitteilen, dass er wegen einer nach Vertragsschluss eingetretenen Verschlechterung kein Interesse mehr an dem Fahrzeug habe und hilfsweise die Wandelung eines etwaigen Kaufvertrags erkläre. Die Klägerin ließ den Beklagten ihrerseits unter dem 10.10.1991 per Telefax auffordern, bis zum 15.10.1991 verbindlich zu erklären, ob er das bestellte Fahrzeug bis zum 21.10.1991 abnehmen werde. In Ermangelung einer solchen Erklärung werde sie von einer fehlenden Erfüllungsbereitschaft des Beklagten ausgehen und Schadensersatz verlangen. Nachdem der Beklagte auf diese Aufforderung nicht reagiert hatte, forderte ihn die Klägerin unter Fristsetzung zum 29.12.1991 auf, Schadensersatz in Höhe von pauschal 15 % des Kaufpreises zu leisten.
Am 24.08.1992 veräußerte die Klägerin das Fahrzeug, das bis dahin in der Ausstellungshalle ihres Betriebes in M. gestanden hatte, anderweitig zu einem Kaufpreis von 84.500 DM.
Die Klägerin hat behauptet, das von dem Beklagten bestellte Fahrzeug sei vor dem 08.10.1991 nicht aus der Ausstellungshalle entfernt worden und habe sich an diesem Tag noch im gleichen Zustand wie im Zeitpunkt der Bestellung befunden. Gleichwohl habe sie sich zur Beseitigung der Lackschäden bereit erklärt, woraufhin der Beklagte seine uneingeschränkte Bereitschaft erklärt habe, das Fahrzeug am 21.10.1991 abzunehmen.
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 12.300 DM nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten hatte nur hinsichtlich der Zinsen Erfolg.
Aus den Gründen: 1. Der Klägerin kann wegen positiver Forderungsverletzung des Kaufvertrages über den Pkw … von dem Beklagten den ihr infolge einer unberechtigten Erfüllungsverweigerung entstandenen Schaden ersetzt verlangen.
a) Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Kaufvertrag über den Pkw … zustande gekommen. Die Klägerin hat das in der Bestellung vom 20.09.1991 liegende Angebot des Beklagten wirksam angenommen.
aa) Das Angebot ist mit Zugang bei der Klägerin, also dadurch, dass der Beklagte ihr das unterschriebene Formular ausgehändigt hat, wirksam geworden (§ 145 BGB). Die Bitte um Stornierung in dem Schreiben vom 21.09.1991 war unbeachtlich. Entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Rechtsauffassung hätte ein etwa hierin liegender Widerruf die Bindung an das Angebot nur beseitigen können, wenn dieser der Klägerin vor dem Angebot zugegangen wäre (§ 130 I 2 BGB).
Ein Fall, bei dem das Angebot nur sofort hätte angenommen werden können (§ 147 I BGB), liegt nicht vor. Um einen Vertragsantrag unter Anwesenden würde es sich nur dann handeln, wenn die Willenserklärung des Beklagten gegenüber einem gesetzlichen oder rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter der Klägerin abgegeben worden wäre. Der Verhandlungspartner des Beklagten, der Zeuge N, war indes nicht Geschäftsführer der Klägerin. Auch hat die Klägerin durch die Verwendung ihrer Formulare – unabhängig von der wirksamen Einbeziehung der hierin enthaltenen rechtsgeschäftlichen Regelungen – klar zum Ausdruck gebracht, dass ihr „Verkäufer“ nur zur Entgegennahme von Bestellungen, nicht aber zum Abschluss von Verträgen bevollmächtigt sein sollte.
Liegt demzufolge ein Fall des § 147 II BGB vor, blieb der Beklagte auch ohne Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen an sein Angebot zunächst gebunden.
Im Übrigen sind die in der Bestellurkunde enthaltenen Formularangaben und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin wirksam Vertragsbestandteil geworden. Jedenfalls dann, wenn es tatsächlich zu einem Vertragsschluss kommt, können diese Geltung beanspruchen. Eine zeitliche Differenz zwischen Angebot und Annahme führt entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Rechtsauffassung für diesen Fall nicht dazu, dass ein Käufer in der Zwischenzeit die Bindung an seine Bestellung beseitigen könnte. Vielmehr enthält das AGBG gerade auch für den hier gegebenen Fall, dass der Kunde ein Formular des Verwenders verwendet, also bereits sein Angebot auf die Einbeziehung der hierin enthaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerichtet ist (vgl. Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 7. Aufl., § 2 Rn. 32), insbesondere in § 10 Nr. 1 AGBG Regelungen. Nur der Vertragsschluss als solcher kann durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nicht abweichend vom Gesetz geregelt werden (KG, Beschl. v. 16.09.1981 – 21 W 3129/81, NJW 1981, 2822; Palandt/Heinrichs, BGB, 51. Aufl., § 2 AGBG Rn. 17). Um einen derartigen Fall handelt es sich hier nicht. Die beiden nach dem Formular für den Vertragsschluss konstitutiven Elemente – Angebot und Annahme, entweder ausdrücklich innerhalb einer bestimmten Frist oder konkludent durch Auslieferung der bestellten Ware – entsprechen allgemeinen rechtsgeschäftlichen Regelungen. Zudem ist die Bestimmung einer Annahmefrist im Gesetz ausdrücklich vorgesehen (§ 148 BGB), sodass allenfalls die konkrete Ausgestaltung der formularmäßigen Frist zu einer Unwirksamkeit führen könnte (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.1989 – VIII ZR 94/89, DAR 1990, 95, zu der vierwöchigen Frist in den Neuwagen-Verkaufsbedingungen). Letzteres ist indes nicht der Fall. Ein Gebrauchtwagen ist zwar anders als ein bestellter Neuwagen regelmäßig bereits verfügbar. Gleichwohl werden nicht selten Zusatzleistungen vereinbart oder wird ein älterer Gebrauchtwagen in Zahlung gegeben, dessen Verwertbarkeit noch geprüft werden muss. Ferner bedarf es zur Finanzierung des Kaufpreises, die der Händler auch im Gebrauchtwagengeschäft häufig „mitliefern“ muss, noch der Abklärung. Die ganz überwiegende Meinung steht daher mit Recht auf dem Standpunkt, dass die Zehn-Tage-Frist keinen Wirksamkeitsbedenken im Hinblick auf § 10 Nr. 1 AGBG unterliegt (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 10 AGBG Rn. 4; Graf von Westphalen, in: Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, AGB-Gesetz, 2. Aufl., Band II, Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen [Händler-Eigengeschäft] Rn. 2; ders., in: Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, a. a. O., Neuwagen-Verkaufsbedingungen Rn. 1; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 5. Aufl., Rn. 1439; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, a. a. O., Anh. §§ 9–11 Rn. 436), wobei diese Vorschrift hier ohnehin nur entsprechend im Rahmen einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG angewendet werden kann, da das Fahrzeug für die Firma F bestellt wurde (§ 344 I HGB, § 24 AGBG).
bb) Ferner ist es im Verhandlungstermin vor dem Senat vom 07.01.1993 unstreitig geworden, dass dem Beklagten die schriftliche Annahmeerklärung der Klägerin vom 23.09.1991 noch innerhalb der Zehn-Tage-Frist zugegangen ist. Rechtlich unerheblich ist sein Vortrag, die in der Annahmeerklärung enthaltene Fahrgestellnummer sei keine solche von Y. Es kommt, da es sich um einen Stückkauf handelt, nur darauf an, dass sich die Annahmeerklärung gerade auf das bestellte Fahrzeug bezog, was aus der Sicht des – im Übrigen selbst im Gebrauchtwagengeschäft erfahrenen Beklagten – nicht zweifelhaft sein konnte. Eine etwaige Falschbezeichnung der Fahrgestellnummer wäre unbeachtlich. …
b) Die Lackschäden an dem Pkw würden selbst dann, wenn sie zwischen der Bestellung und dem 08.10.1991 entstanden und mehr als nur unerheblich sein sollten, eine Abnahmeverweigerung durch den Beklagten nicht rechtfertigen.
Dies folgt daraus, dass sich das bestellte Fahrzeug nur im Zeitpunkt der Übergabe im vertragsgemäßen Zustand befinden muss. Hierbei kann offenbleiben, woraus die Verkäuferin für in der Zwischenzeit entstandene Mängel haftet und auf welche Rechtsgrundlagen der Käufer eine Abnahmeverweigerung stützen könnte. Jedenfalls ist der Verkäufer berechtigt, nach Vertragsschluss vor Gefahrübergang entstandene Mängel bis zur Übergabe zu beseitigen (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 51. Aufl., § 459 Rn. 6; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 485 ff.).
Eine derartige uneingeschränkte Nachbesserungsbereitschaft hat die Klägerin spätestens in dem Telefax ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 10.10.1991 zum Ausdruck gebracht. Der Beklagte selbst hat in der Klageerwiderung eingeräumt, dass er darum gebeten habe, das Fahrzeug bis zum 21.10.1991 fertig zu machen. Selbst wenn – wie nunmehr erstmals näher vorgetragen wird – keine Einigung über die Art und Weise der Beseitigung von Lackschäden erzielt worden sein sollte, hätte der Beklagte, der keinen Anspruch auf eine bestimmte Art der Behebung der Schäden hatte, der Klägerin Gelegenheit geben müssen, die Schäden bis zu dem vorgesehenen Übergabetermin (21.10.1991) – wie auch immer – fachgerecht zu beseitigen. Nur dann, wenn dies nicht geschehen wäre, hätte er die Abnahme gestützt auf ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 BGB verweigern oder gegebenenfalls Gewährleistungsansprüche geltend machen können. Für eine Irrtumsanfechtung wäre ohnehin entgegen der in der Berufungsbegründung vertretenen Auffassung nach dem eigenen Sachvortrag des Beklagten, wonach die Mängel im Zeitpunkt der Bestellung noch nicht vorhanden waren, kein Raum.
c) Die fehlende Bereitschaft des Beklagten, das Fahrzeug abzunehmen, führt dazu, dass er der Klägerin den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen hat.
Die Abnahmepflicht des Beklagten ist nach den Regelungen in Abschnitt V der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin als Hauptleistungspflicht ausgestaltet, was dadurch deutlich wird, daß an eine etwaige Pflichtverletzung die Rechtsfolgen des § 326 BGB geknüpft werden.
aa) Dem Beklagten ist allerdings darin beizutreten, dass das Ersatzbegehren nicht unmittelbar aus Abschnitt V Nr. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hergeleitet werden kann. Es fehlt nicht nur an den – unter bestimmten Voraussatzungen sowohl nach dem Inhalt der Klausel wie auch nach den zu § 326 BGB entwickelten Rechtsgrundsätzen – entbehrlichen Förmlichkeiten, nämlich einer Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung. Vielmehr konnte der Beklagte am 08.10.1991 schon deshalb noch nicht in Verzug mit seiner Abnahmepflicht geraten, weil die Klägerin an diesem Tag ihrer Vorleistungspflicht, das Fahrzeug „fertig zu machen“ noch nicht nachgekommen war, es nicht entsprechend Abschnitt V Nr. 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Überprüfung bereitgestellt und auch die weiter erforderliche Bereitstellungsanzeige noch nicht versandt hatte. Beides, also sowohl die Bereitstellung des Fahrzeugs wie auch deren Anzeige, ist aber – abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall eines Kaufvertrags über ein Nutzfahrzeug – nach dem Wortlaut der Klausel zur Begründung des Verzugs erforderlich und damit an sich unverzichtbar (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 498, sowie Creutzig, Recht des Autokaufs, 3. Aufl., Rn. 5.4.4, jeweils m. w. Nachw. zu den in diesem Punkt ähnlich ausgestalteten Neuwagen-Verkaufsbedingungen).
bb) Gleichwohl erweist sich die Entscheidung des Landgerichts zur Haftung des Beklagten dem Grunde nach jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.
Ein Schuldner, der ernstlich erklärt, er werde sich bei Fälligkeit nicht an seine vertraglichen Verpflichtungen halten, und hierdurch den Vertragszweck so gefährdet, dass dem anderen Teil nach Treu und Glauben ein Festhalten hieran nicht mehr zugemutet werden kann, begeht eine positive Forderungsverletzung. Der Gläubiger kann in einem derartigen Fall den Schuldner in rechtsähnlicher Anwendung des § 326 BGB zur Erklärung auffordern, ob er fristgemäß leisten werde, hat allerdings darauf hinzuweisen, dass er die Annahme nach Ablauf der Frist ablehnen werde. Wenn der Schuldner daraufhin eine entsprechende Erklärung nicht abgibt, kann der Gläubiger von dem Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz verlangen (BGH, Urt. v. 10.12.1975 – VIII ZR 147/74, WM 1976, 75; s. auch Creutzig, a. a. O., Rn. 5.4.8).
Genau diesen Weg ist die Klägerin in dem Telefax vom 10.10.1991 gegangen. Hierzu war sie auch berechtigt. Der Beklagte will nach seinem Prozessvortrag „kein Mittel“ auslassen, „sich seiner vertraglichen Verpflichtung zu entziehen“. So musste sich sein Verhalten auch für die Klägerin nach Zugang des Anwaltsschreibens vom 08.10.1991 darstellen.
Bereits das Schreiben des Beklagten vom 21.09.1991, in dem dieser „gemäß Ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der Bestellung Abstand nehmen“ wollte, musste sich aus der Sicht der Klägerin als Ausdruck einer Vertragsreue darstellen. Wenn sodann mit dem Anwaltsschreiben vom 08.10.1991
— der Sachverhalt verfälscht wurde, indem geltend gemacht wurde, das Fahrzeug sei an dem ursprünglich vereinbarten Liefertermin nicht mit den vereinbarten Sonderzubehör umgerüstet worden und habe sich in einem „ganz anderen Zustand“ befunden, obwohl es tatsächlich der Beklagte selbst war, der durch seine Bitte um Stornierung vom 21.09.1991 und die daraufhin verabredete Besprechung vom 08.10.1991 dafür verantwortlich war, dass als neuer Liefertermin der 21.10.1991 vorgesehen worden war, was wiederum verschwiegen wurde;
— die Kratzer und Steinschlagschäden mit in der Sache inhaltsleeren, aber eindeutig tendenziösen Floskeln aufgebauscht wurden, indem davon gesprochen wurde, es handele sich „offensichtlich nicht mehr um das Fahrzeug, welches unser Mandant ursprünglich besichtigt“ habe, bzw. ausgeführt wurde, es habe sich in einem „beklagenswerten“ … Zustand befunden, obwohl sein Prozessbevollmächtigter sich nunmehr mit Recht veranlasst sieht, die Frage aufzuwerfen, ob es sich bei einem normalen Gebrauchtfahrzeug überhaupt um erhebliche Mängel handeln könnte;
— beleglose Behauptungen und Mutmaßungen darüber aufgestellt wurden, dass das Fahrzeug zwischenzeitlich benutzt bzw. gar „verwertet“ worden sei, obwohl der Beklagte nunmehr einräumen muss, dass er die Ursachen der Schäden nicht kennt;
— sodann nicht nur eine anwaltliche Gebührenrechnung erteilt, sondern zugleich deren Ausgleich sowie die Abgabe eines Anerkenntnisses der Klägerin wegen eines Nichterfüllungsschadens des Beklagten binnen einer Frist von zehn Tagen verlangt und vorbehalten wurde, ohne nochmalige Kontaktaufnahme sofort gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen,
so wurde einem Geschäftsgebaren Ausdruck verliehen, das nicht zuletzt im Hinblick auf die vorangegangenen Vorgänge bei der Klägerin ernsthafte Zweifel an der Seriosität ihres Geschäftspartners wecken konnte. Zugleich wurde gerade wegen der Ankündigung gerichtlicher Schritte deutlich gemacht, dass die Abstandnahme von dem Vertrag das „letzte Wort“ des Beklagten sein würde. Dieser Eindruck musste sich noch verstärken, als auf das Telefax der Klägerin vom 10.10.1991 zwar einerseits der Hoffnung einer – später ausgebliebenen – Stellungnahme zur Abnahmebereitschaft innerhalb der gesetzten Frist Ausdruck verliehen, andererseits aber auch der Klägerin ein möglicherweise strafrechtlich relevantes Verhalten vorgehalten wurde. Spätestens von diesem Zeitpunkt an musste es sich geradezu aufdrängen, dass jedes weitere Anhalten des Beklagten zur Vertragserfüllung nur noch eine nutzlose Förmelei sein würde, und der Klägerin war ein Festhalten an dem Kaufvertrag nicht mehr zumutbar.
2. Zur Höhe kann die Klägerin aufgrund der zulässigerweise (vgl. hierzu Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1457) nachgeschobenen konkreten Schadensberechnung jedenfalls die Hauptforderung von 12.300 DM beanspruchen. Da diese Berechnungsweise indes – wie noch auszuführen sein wird – den Zinsanspruch nur teilweise rechtfertigt, hat der Senat sich zunächst mit der pauschalierten Nichtabnahmeentschädigung gemäß Abschnitt V Nr. 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befassen, auf die die Klägerin ihre Klage auch weiterhin stützt, obwohl der Senat seine Einschätzung der Rechtslage … in der mündlichen Verhandlung deutlich zum Ausdruck gebracht hat.
a) Die Schadenspauschale von 15 % hält einer Inhaltskontrolle gemäß § 9 AGBG in Verbindung mit dem wegen § 24 Satz 2 AGBG grundsätzlich auch im kaufmännischen Verkehr geltenden § 11 Nr. 5 AGBG (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 11 AGBG Rn. 27 m. w. Nachw.) nicht stand. Es kann nach Auffassung des Senats nicht davon ausgegangen werden, dass in dem hier gegebenen Fall eines Gebrauchtwagengeschäfts einer Vertragshändlerin eines Automobilherstellers, also einer Händlerin, bei der das Neuwagengeschäft prägend ist, eine Nichtabnahmeentschädigung von 15 % dem nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Schaden entspricht.
Im Gebrauchtwagenhandel ist die Situation anders als beim Neuwagengeschäft, bei dem eine entsprechende Entschädigung für zulässig erachtet wird (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.1982 – VIII ZR 89/81, NJW 1982, 2316; Creutzig, a. a. O., Rn. 5.5.4 m. w. Nachw.). Ein Vertragshändler eines Herstellers „lebt“ vom Neuwagenverkauf. Das Gebrauchtwagengeschäft ist für ihn in der Regel nur ein Anhängsel dieser Geschäftstätigkeit, weil er nicht umhin kann, Wünschen von Kunden, einen Gebrauchtwagen in Zahlung zu geben, zu entsprechen. Dies wiederum führt dazu, dass – wie ständig zu beobachten ist – versteckte Rabatte durch Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens zu überhöhten Preisen gewährt werden. Das Interesse des Händlers, ein derart eingekauftes Fahrzeug wieder zu verkaufen, wird daher häufig letztlich weniger in einer Gewinnerzielungsabsicht als darin liegen, dieses schnell und damit möglichst kostengünstig sowie ohne Verluste wieder umzusetzen. Der Senat hält daher die heute in der Literatur überwiegend vertretene und vornehmlich von Reinking/Eggert (a. a. O., Rn. 1455 ff.) geäußerte Kritik an der Klausel und deren auf Untersuchungen sowie eine Umfrage des Zentralverbands Deutsches Kfz-Gewerbe e. V. (ZDK) gestützte Einschätzung, dass im Gebrauchtwageneigengeschäft nur niedrige Bruttoerträge erzielt würden und häufig mit Verlusten gearbeitet werde, für gerechtfertigt (ebenso bzw. ebenfalls mit Bedenken: Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 11 AGBG Rn. 23; Graf von Westphalen, in: Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, a. a. O., Gebrauchtwagen-Verkaufsbedingungen Rn. 8; Hensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, a. a. O., Rn. 436; a. A. Soergel/Stein, BGB, 12. Aufl., § 11 Nr. 5 AGBG Rn. 42).
Der BGH hat zwar mit Urteil vom 08.10.1969 (VIII ZR 20/68, NJW 1970, 29 [32]) sogar eine pauschalierte Entschädigung von 20 % für unbedenklich gehalten. Unabhängig von der Tatsache, dass die Entscheidung vor Inkrafttreten des AGBG ergangen ist, einen Lkw-Kauf betrifft und in concreto die Höhe eines entsprechenden Schadens unstreitig war, ist eine in der Rechtsprechung teilweise vorgenommene bloße Übertragung dieser Entscheidung (vgl. z. B. LG Hagen, Urt. v. 27.08.1986 – 17 S 38/86, DAR 1987, 232; weitere Nachweise bei Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1455 ff.) auf heutige Marktgegebenheiten nicht möglich. Dies gilt jedenfalls für die dargestellte besondere Situation, in der sich ein Neuwagenhändler beim Gebrauchtwagengeschäft befindet.
Da sich mithin aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze zumindest nicht feststellen lässt, dass die Pauschale dem typischen Schadensumfang entspricht, wäre es Aufgabe der Klägerin gewesen, hierzu näher vorzutragen. Dies ist indes selbst in dem Schriftsatz vom 18.01.1993, mit dem sie auf die bereits in der Verhandlung vom 07.01.1993 geäußerte Rechtsauffassung des Senats reagiert hat, nicht geschehen. Dieser befasst sich, soweit er Tatsachen enthält, nur, mit einer Ergänzung des Vortrags zur konkreten Schadensberechnung.
b) Aus dem Sachvortrag der Klägerin und den von ihr eingereichten Urkunden … ergibt sich indes, dass ihr im konkreten Fall ein Schaden mindestens in Höhe der Klageforderung von 12.300 DM entstanden ist.
Durch die Vertragsurkunde vom 24.08.1992, der zu entnehmen ist, dass der Kaufpreis von 84.500 DM finanziert werden sollte, sowie durch die Kopie des Schecks … nebst Begleitschreiben vom 30.09.1992 ist belegt, dass die Klägerin die Finanzierung teilweise subventioniert und sie tatsächlich nur 75.927,64 DM erlöst hat. Es ist ihr, da für gleichzeitige Vorteile im Zusammenhang mit dem konkreten Geschäft (z. B. einer versteckten Provision) angesichts des Scheckbetrags keine greifbaren Anhaltspunkte bestehen, ein Differenzschaden entstanden, den sie ersetzt verlangen kann. Selbst wenn dieser sich – wozu der Senat neigt – nur nach den Nettobeträgen richten könnte, da die Mehrwertsteueranteile sofort abzuführen gewesen wäre, beliefe sich der Schaden auf (71.929,82 DM − 66.603,19 DM =) 5.326,63 DM.
Nach der Bescheinigung der X vom 04.01.1993 hat die Klägerin die ihr zur Gebrauchtwagenfinanzierung eingeräumte Kreditlinie durchgängig mindestens mit 90.000 DM, also mit einem Betrag, der den mit dem Beklagten vereinbarten Kaufpreis übersteigt, in Anspruch genommen, und zwar zu Zinssätzen, die in dem hier infrage stehenden Zeitraum zwischen 13,75 % und 12,50 % gelegen haben. Der Ansatz von 12 % durch die Klägerin begegnet daher keinen Bedenken. Selbst wenn auch hier wieder nur der Nettokaufpreis von 71.929,82 DM berücksichtigt würde, da nur dieser zur Rückführung der Kredite verwandt werden konnte, ergäben sich auf der Grundlage der von der Klägerin zutreffend angewandten banküblichen Zinsberechnungsmethode (360 Tage/Jahr) Zinsen von (23,98 DM/Tag × 305 =) 7.313,90 DM.
Zutreffend ist es auch, wenn die Klägerin den mit dem Beklagten vereinbarten Kaufpreis und nicht ihren – nicht dargelegten – Einkaufspreis ihrer Berechnung zugrunde legt. Kreditiert war zwar ursprünglich nur der Einkaufspreis. Bei einer Vertragstreue des Beklagten hätte die Klägerin indes ihren Geschäftskredit um den von dem Beklagten erlösten Betrag zurückführen können.
Schließlich bestehen keine Bedenken gegen den Ansatz der Wagenpflegekosten von 237,90 DM. Der Pkw hat unstreitig bis zu dem anderweitigen Verkauf in der Ausstellungshalle gestanden. Regelmäßige Reinigungen von Gebrauchtwagen, die zum Verkauf angeboten und in einer Halle „präsentiert“ werden, entsprechen der Lebenserfahrung. Auch sind die in Ansatz gebrachten Lohnkosten erkennbar nicht überhöht.
Da bereits die vorgenannten Positionen mit einer Summe von 12.878,43 DM die Klageforderung übersteigen, bedürfen die Fragen, ob sich der Erlös der Klägerin bei dem Weiterverkauf des Fahrzeugs um Zusatzaufwendungen mindert und ob es sich bei der geltend gemachten anteiligen Hallenmiete um konkrete Mehraufwendungen infolge der Vertragsuntreue des Beklagten oder um „Sowiesokosten“ handelt, keiner Entscheidung. Weitere Unwägbarkeiten, die sich daraus ergeben, dass nur ein Teil des mit dem Beklagten vereinbarten Kaufpreises, nämlich ein Betrag von 52.000 DM zu dem vorgesehenen Termin zur Rückführung des Kredits verwandt werden konnte und wegen des im Übrigen in Zahlung gegebenen Gebrauchtwagens zunächst dessen Weiterveräußerung abgewartet werden musste, führen nicht dazu, dass sich der Schaden auf einen Betrag unter 12.300 DM ermäßigt, zumal die Finanzierungskosten nach der Bescheinigung der X über den in Ansatz gebrachten 12 % liegen.
c) Bei den vorstehenden Schadenspositionen handelt es sich um solche, die der Klägerin erst nach der vorprozessualen Inverzugsetzung entstanden sind. Die der Höhe nach durch die Bescheinigung der X belegten Zinsen kann sie demzufolge … erst von dem Zeitpunkt an beanspruchen, zu dem sie ihre konkrete Schadensberechnung in den Rechtsstreit eingeführt, gleichwohl aber der Beklagte eine Leistung verweigert hat. Dies war der 04.01.1993, der Tag, an dem der Beklagte auf die nicht förmlich zugestellte Berufungserwiderung repliziert hat. …