1. Ein auf die Ver­mitt­lung des Ver­kaufs ei­nes Ge­braucht­wa­gens ge­rich­te­ter For­mu­lar­ver­trag mit ei­nem Au­to­händ­ler, der beim Ver­kauf ei­ne un­te­re Preis­gren­ze ein­hal­ten muss, kann auch dann nicht als ver­deck­ter Kauf­ver­trag an­ge­se­hen wer­den, wenn die Par­tei­en mit die­ser Ge­stal­tung nur er­rei­chen wol­len, dass der Kauf­preis beim Händ­ler nicht der Um­satz­steu­er un­ter­liegt.
  2. Das in dem For­mu­lar­ver­trag für bei­de Sei­ten vor­ge­se­he­ne Recht zur or­dent­li­chen Kün­di­gung ist grund­sätz­lich nicht zu be­an­stan­den (Ab­gren­zung zu BGH, Urt. v. 05.04.1978 – VI­II ZR 83/77, LM BGB § 433 Nr. 52 = WM 1978, 756; Urt. v. 28.05.1980 – VI­II ZR 147/79, WM 1980, 1010).

BGH, Ur­teil vom 24.11.1980 – VI­II ZR 339/79

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten dar­über, ob der Be­klag­te dem Klä­ger 21.300 DM zu­rück­zah­len muss. Dem liegt fol­gen­der Sach­ver­halt zu­grun­de:

Der Be­klag­te woll­te sei­nen 1977 erst­zu­ge­las­se­nen „Jah­res­wa­gen“, den er als Mit­ar­bei­ter ei­nes Au­to­mo­bil­her­stel­lers er­wor­ben hat­te, im Jah­re 1978 ver­äu­ßern. Er wand­te sich des­we­gen an den Klä­ger, der mit Ge­braucht­wa­gen han­delt und lau­fend in­se­rier­te: „Kau­fe [Au­to­mar­ke] al­le Mo­del­le ab Bj. 72 bar.“

Die Par­tei­en schlos­sen ei­nen als „Auf­trag zur Ver­mitt­lung ei­nes Kraft­fahr­zeug-Ver­kaufs“ be­zeich­ne­ten For­mu­lar­ver­trag vom 21.08.1978, auf­grund des­sen es der Klä­ger über­nahm, den Pkw im Na­men und für Rech­nung des Be­klag­ten zu ver­kau­fen. Für den Ver­kauf wur­de ge­mäß III 1 des Ver­trags ei­ne un­te­re Preis­gren­ze von 21.300 DM (oh­ne Um­satz­steu­er) ver­ein­bart und in IV ge­re­gelt, dass der Ver­mitt­ler als Pro­vi­si­on „ei­nen et­wai­gen Mehr­er­lös ganz“ er­hal­te. Nach VI 1 wur­de der Ver­trag für die Dau­er von sechs Mo­na­ten ge­schlos­sen und im Üb­ri­gen be­stimmt, dass er „vor­fris­tig von bei­den Tei­len mit ei­ner Frist von ei­ner Wo­che, frü­hes­tens je­doch nach ei­nem Mo­nat ge­kün­digt wer­den“ kön­ne. Der Klä­ger zahl­te bei Über­nah­me des Kraft­fahr­zeugs 21.300 DM an den Be­klag­ten; die­ser quit­tier­te den Be­trag „als Si­cher­heits­leis­tung (Kau­ti­on) für Pkw …“.

Als das Fahr­zeug am 02.09.1978 zu ei­nem an­de­ren Kraft­fahr­zeug­händ­ler über­führt wur­de, den der Klä­ger sei­ner­seits mit der Ver­äu­ße­rung be­auf­tragt hat­te, ge­wann der Fah­rer den Ein­druck, dass mit dem Mo­tor et­was nicht in Ord­nung sei. Die Un­ter­su­chung durch ei­nen Sach­ver­stän­di­gen er­gab, daß der Zy­lin­der­kopf be­schä­digt war. Das Fahr­zeug wur­de dar­auf­hin zum Klä­ger zu­rück­ge­bracht. Die­ser kün­dig­te mit Schrei­ben sei­ner spä­te­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 28.09.1978 den von den Par­tei­en ab­ge­schlos­se­nen Ver­trag.

Mit der vor­lie­gen­den Kla­ge ver­langt er Zah­lung von 21.300 DM nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs. Der Be­klag­te ist der Kla­ge vor al­lem mit der Be­grün­dung ent­ge­gen­ge­tre­ten, dass die Par­tei­en ei­nen Kauf­ver­trag ge­schlos­sen hät­ten, an den der Klä­ger ge­bun­den sei. Die Vor­in­stan­zen ha­ben der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Die Re­vi­si­on des Be­klag­ten, der da­mit sei­nen An­trag auf Kla­ge­ab­wei­sung wei­ter­ver­folg­te, hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Das Be­ru­fungs­ge­richt nimmt ei­ne Pflicht des Be­klag­ten zur Rück­zah­lung an, weil der Klä­ger den Ver­mitt­lungs­auf­trag wirk­sam aus wich­ti­gem Grund ge­kün­digt ha­be und da­mit der Rechts­grund für die Zah­lung weg­ge­fal­len sei. Den wich­ti­gen Grund sieht es in der Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs; die­se ha­be ent­we­der schon im Zeit­punkt der Über­ga­be be­stan­den oder sei – bei spä­te­rem Ein­tritt – je­den­falls nicht vom Klä­ger ver­schul­det wor­den. Das lässt im Er­geb­nis kei­nen Rechts­feh­ler er­ken­nen.

II. 1. Die Aus­le­gung des For­mu­lar­ver­trags zwi­schen den Par­tei­en kann vom Re­vi­si­ons­ge­richt in vol­lem Um­fang nach­ge­prüft wer­den, denn es han­delt sich um ein Ty­pen­ge­schäft des täg­li­chen Le­bens, das in die­ser Form seit Jah­ren sehr häu­fig ab­ge­schlos­sen wird. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die für ei­nen Ver­mitt­lungs­auf­trag und ge­gen ei­nen Kauf­ver­trag spre­chen­den Grün­de klar auf­ge­zeigt. Gin­ge es nur nach dem Wort­laut, so könn­te oh­ne­hin das Vor­lie­gen ei­nes Ver­mitt­lungs­auf­trags nicht ernst­lich in Zwei­fel ge­zo­gen wer­den. Hier­ge­gen spricht auch nicht, dass die Pro­vi­si­on in dem über die ver­ein­bar­te Preis­un­ter­gren­ze hin­aus­ge­hen­den Er­lös be­ste­hen soll­te. Auf die­se Wei­se wird zwar das wirt­schaft­li­che Ei­gen­in­ter­es­se des Ver­mitt­lers an ei­nem mög­lichst ho­hen Ver­kaufs­er­lös stär­ker in den Vor­der­grund ge­rückt als bei ei­ner in Pro­zen­ten des Er­lö­ses an­fal­len­den Pro­vi­si­on; die­se Re­ge­lung hält sich aber noch im Rah­men ei­ner auf Ver­mitt­lung des Ver­kaufs ge­rich­te­ten Ge­schäfts­be­sor­gung.

Mit­hin könn­te ein Kauf nur bei Aus­le­gung ent­ge­gen dem Wort­laut des Ver­trags vom 21.08.1978 an­ge­nom­men wer­den. Hier­für fehlt es an der tat­säch­li­chen Grund­la­ge, die auch nicht dar­in ge­se­hen wer­den könn­te, dass der Be­klag­te auf­grund des In­se­rats („Kau­fe … bar“) ur­sprüng­lich er­war­tet hat, der Klä­ger wer­de selbst das Fahr­zeug kau­fen. Denn das Be­ru­fungs­ge­richt stellt oh­ne Rechts­ver­stoß fest, dass die Par­tei­en zur Ver­mei­dung ei­nes um­satz­steu­er­pflich­ti­gen Vor­gangs ei­nen Ver­mitt­lungs­ver­trag ge­wählt und die­sen auch ge­wollt ha­ben (vgl. da­zu all­ge­mein Oeh­ler, JZ 1979, 787, 793 f. [un­ter IV]). Was die Re­vi­si­on hier­ge­gen vor­bringt, greift nicht durch. Sie stellt sel­ber nicht in­fra­ge, dass der Ver­trag dem Wil­len der Par­tei­en ent­spro­chen hat; da­her kommt auch ein Schein­ge­schäft nicht in Be­tracht. Nach ih­rer Mei­nung hat das Be­ru­fungs­ge­richt je­doch über­se­hen, dass der Ver­trag kei­ne Re­ge­lun­gen über die Rück­ga­be des Fahr­zeugs an den Be­klag­ten ent­hält. Hier­aus müs­se je­den­falls un­ter Her­an­zie­hung von § 3 AGBG der Schluss ge­zo­gen wer­den, die Par­tei­en hät­ten In Wirk­lich­keit ei­nen Kauf­ver­trag ab­schlie­ßen wol­len; dann wi­der­spre­che je­doch die Rück­ga­be­mög­lich­keit den we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken der ge­setz­li­chen Re­ge­lung für den Kauf­ver­trag (§ 9 II Nr. 1 AGBG). Dem kann schon im An­satz­punkt nicht ge­folgt wer­den. § 3 AGBG zwingt nicht da­zu – um Zwei­fel über den Cha­rak­ter des Ver­trags aus­zu­schlie­ßen –, die for­mu­lar­mä­ßi­ge Ver­ein­ba­rung um­fas­send zu ge­stal­ten und ins­be­son­de­re auch Re­ge­lun­gen für den Fall der Rück­ab­wick­lung auf­zu­neh­men. Dies gilt um­so mehr, wenn – wie hier nach § 675 BGB i. V. mit §§ 667, 670 BGB – für die Ab­wick­lung des Ver­trags­ver­hält­nis­ses kla­re dis­po­si­ti­ve Vor­schrif­ten be­ste­hen.

2. a) Der Klä­ger war zur or­dent­li­chen Kün­di­gung des Ver­mitt­lungs­auf­trags be­rech­tigt. Denn an­ders als in dem Fall, der dem Ur­teil des er­ken­nen­den Ur­teil des er­ken­nen­den Se­nats vom 05.04.1978 – VI­II ZR 83/77, LM BGB § 433 Nr. 52 = WM 1978, 756 – zu­grun­de ge­le­gen hat, fehlt hier der Zu­sam­men­hang mit ei­nem Neu­wa­gen­kauf. Die­ser Zu­sam­men­hang ließ es sei­ner­zeit ge­bo­ten er­schei­nen, ab­wei­chend von dem Ver­trags­for­mu­lar im We­ge der Aus­le­gung an­zu­neh­men, dass die Par­tei­en die Über­nah­me des Kauf­preis­ri­si­kos durch den Ver­mitt­ler so­wie des­sen Ver­zicht auf ein­sei­ti­ge Be­en­di­gung des Ver­trags – es sei denn aus wich­ti­gem Grund – ver­ein­bart hät­ten. Die­se Recht­spre­chung, an der der Se­nat fest­hält (Urt. v. 28.05.1980 – VI­II ZR 147/79, WM 1980, 1010), ist je­doch für den hier zu be­ur­tei­len­den Sach­ver­halt nicht ein­schlä­gig. Sie stellt ent­schei­dend auf das In­ter­es­se des Neu­wa­gen­käu­fers ab, mit der Be­zah­lung des nicht zur Ver­rech­nung vor­ge­se­he­nen Teils des Kauf­prei­ses und der Hin­ga­be des Alt­wa­gens sei­ne Ver­pflich­tun­gen aus dem Neu­wa­gen­kauf end­gül­tig er­füllt zu ha­ben. Er­schöpf­te sich hin­ge­gen – wie hier – die Ver­trags­be­zie­hung in dem Auf­trag zum Ver­kauf des Ge­braucht­wa­gens, ent­sprach es aus den schon zu II 1 dar­ge­leg­ten Grün­den dem bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­se, die Ein­schal­tung des Au­to­händ­lers so zu ge­stal­ten, dass er nicht Käu­fer des Fahr­zeugs war. Das In­ter­es­se des Klä­gers, vom Zeit­punkt der Über­ga­be des Fahr­zeugs an auch die Ge­fahr des zu­fäl­li­gen Un­ter­gangs oder der zu­fäl­li­gen Ver­schlech­te­rung nicht mehr tra­gen zu müs­sen, wie das bei ei­nem Kauf­ver­trag der Fall wä­re, und den vom Klä­ger emp­fan­ge­nen Be­trag end­gül­tig be­hal­ten zu kön­nen, darf zwar nicht ge­ring ver­an­schlagt wer­den. Es wä­re je­doch un­rea­lis­tisch an­zu­neh­men, dass er be­reit war, für die­se nicht ein­mal be­son­ders drin­gend er­schei­nen­de Si­che­rung sei­ner Po­si­ti­on ei­ne Er­lös­min­de­rung in Hö­he der Um­satz­steu­er auf den Kauf­preis hin­zu­neh­men, die an­fällt, wenn der Ver­mitt­lungs­auf­trag we­gen Ver­ein­ba­rung ei­nes Fest­prei­ses und der Ver­la­ge­rung des Ab­satz­ri­si­kos auf den Händ­ler steu­er­lich nicht an­er­kannt wird (vgl. zur steu­er­li­chen Hand­ha­bung BdF-Er­lass vom 19.03.1968, US­tR 1968, 138; Klau­ser, US­tR 1980, 111).

b) Nach den Aus­füh­run­gen zu a kommt es auf den vom Be­ru­fungs­ge­richt be­jah­ten wich­ti­gen Grund zur Kün­di­gung des Ver­mitt­lungs­ver­trags nicht an. Es gibt auch kei­ne An­halts­punk­te da­für, daß der Klä­ger nach Treu und Glau­ben ge­hin­dert ist, sich auf die ein­sei­ti­ge Lö­sung vom Ver­trag zu be­ru­fen. Dies könn­te zum Bei­spiel an­ders sein, wenn er den Scha­den am Mo­tor zu ver­tre­ten hät­te.Das Be­ru­fungs­ge­richt hat je­doch – von der Re­vi­si­on nicht an­ge­grif­fen – fest­ge­stellt, dass ein Ver­schul­den des Klä­gers oder sei­ner Er­fül­lungs­ge­hil­fen nicht vor­lie­ge.

c) Schließ­lich steht § 10 Nr. 3 AGBG der Wirk­sam­keit der Kün­di­gung nicht ent­ge­gen. Dies folgt schon dar­aus, dass der Klä­ger nach der ge­setz­li­chen Re­ge­lung (§§ 675, 621 Nr. 5 Halb­satz 1 BGB) den Ver­mitt­lungs­auf­trag Je­der­zeit hät­te kün­di­gen kön­nen. Der von der Re­vi­si­on zur Wan­de­lung ge­zo­ge­ne Ver­gleich gibt dem­ge­gen­über auch un­ter dem Ge­sichts­punkt des § 9 AGBG nichts für ih­ren Stand­punkt her. Zwar hät­te der Be­klag­te ei­ne stär­ke­re Po­si­ti­on ge­habt, wenn der Klä­ger sich nur durch Wan­de­lung hät­te vom Ver­trag lö­sen kön­nen; hier­für wä­re Vor­aus­set­zung ge­we­sen, dass das Fahr­zeug den Man­gel schon im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs auf­wies und der Klä­ger dies auch be­wei­sen konn­te. Die Par­tei­en ha­ben Je­doch kei­nen Kauf­ver­trag ge­schlos­sen, und es be­steht kein Grund, war­um der Klä­ger sich wie ein Käu­fer be­han­deln las­sen müss­te und dar­auf be­schränkt ge­we­sen sein soll­te, im Ver­trag nur ei­ne der Wan­de­lung ent­spre­chen­de Lö­sungs­mög­lich­keit vor­zu­se­hen.

4. Der Ver­mitt­lungs­auf­trag wird in­fol­ge der Kün­di­gung nicht mehr durch­ge­führt, der Klä­ger hat da­her An­spruch auf Rück­zah­lung der von ihm an den Be­klag­ten ge­zahl­ten 21.300 DM. Die Vor­in­stan­zen ha­ben dem­entspre­chend den Be­klag­ten mit Recht zur Zah­lung die­ses Be­trags Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs ver­ur­teilt. …

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