Wird ei­ner Kfz-Werk­statt ein kon­kre­ter Re­pa­ra­tur­auf­trag – hier: Über­prü­fung und In­stand­set­zung des funk­ti­ons­lo­sen di­gi­ta­len Ta­cho­me­ters bei ei­nem Mo­tor­rad (Hon­da Fireb­la­de SC 59) – er­teilt, dann be­steht sei­tens der Werk­statt kei­ne (Ne­ben-)Pflicht, das Fahr­zeug im Üb­ri­gen zu über­prü­fen. Das gilt um­so mehr, wenn ei­ne im An­schluss an ei­ne Re­pa­ra­tur­maß­nah­me – hier: Aus­tausch der Fahr­zeug­bat­te­rie – durch­ge­führ­te Pro­be­fahrt er­gibt, dass der dem Re­pa­ra­tur­auf­trag zu­grun­de lie­gen­de De­fekt nicht mehr vor­han­den ist, und das Fahr­zeug wäh­rend der Pro­be­fahrt auch im Üb­ri­gen ta­del­los funk­tio­niert.

OLG Ko­blenz, Ur­teil vom 18.07.2019 – 1 U 242/19

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin nimmt die ei­ne Mo­tor­rad­werk­statt be­trei­ben­de Be­klag­te nach ei­nem Un­fall mit ih­rem Mo­tor­rad, bei dem sie un­ge­bremst in ei­ne Leit­plan­ke fuhr, auf Scha­dens­er­satz und Schmer­zens­geld in An­spruch. Die Par­tei­en strei­ten dar­über, ob die Be­klag­te ver­pflich­tet war, auch das elek­tro­ni­sche Brems­sys­tem des Mo­tor­rads der Klä­ge­rin zu über­prü­fen, als sie sich die Ma­schi­ne we­gen ei­nes De­fekts des Ta­cho­me­ters bei ihr zur Re­pa­ra­tur be­fand.

Die Klä­ge­rin er­warb im De­zem­ber 2015 ein Mo­tor­rad Hon­da Fireb­la­de SC 59, das im Fe­bru­ar 2016 zu­ge­las­sen wur­de. Die­ses Mo­tor­rad ver­fügt über das elek­tro­ni­sches Brems­sys­tem C-ABS („bra­ke by wire“), das woe folgt funk­tio­niert: So­lan­ge das Fahr­zeug steht, bau­en Fuß- und Hand­brems­he­bel wie bei ei­ner üb­li­chen hy­drau­li­schen Brem­se Druck in der Brem­spum­pe auf, der über die Brems­schläu­che hin zum Brems­s­at­tel ge­langt und die Brems­be­lä­ge an die Brems­schei­be drückt. So­bald sich das Fahr­zeug in Be­we­gung setzt, wird je­doch der di­rek­te Fluss der Brems­flüs­sig­keit von der Pum­pe zur Brem­se hin von der „Val­ve Unit“ un­ter­bro­chen. Der ge­wünsch­te Brems­druck wird dann von ei­nem Sen­sor ge­mes­sen, und ein Steu­er­ge­rät (ECU) sorgt da­für, dass der nö­ti­ge Druck auf­ge­baut und in Rich­tung der Brems­z­an­ge wei­ter­ge­ge­ben wird. Auch ei­ne hy­drau­li­sche Ver­bin­dung zwi­schen Vor­der- und Hin­ter­brem­se be­steht nicht mehr; für ei­ne op­ti­ma­le Brems­last­ver­tei­lung sorgt das Steu­er­ge­rät. Die­ses er­zeugt beim Be­tä­ti­gen der Brem­se durch den Fah­rer auch ei­nen künst­li­chen Ge­gen­druck im Brems­he­bel, so­dass der Fah­rer das Ge­fühl hat, auf her­kömm­li­che Wei­se zu brem­sen. Bei ei­nem Aus­fall die­ser Elek­tro­nik steht dem Fah­rer au­to­ma­tisch wie­der die hy­drau­li­sche Brems­an­la­ge zur Ver­fü­gung und die Ver­zö­ge­rung der Ge­schwin­dig­keit wird wie­der durch die di­rek­te Ver­bin­dung zwi­schen Brems­he­bel und Brems­zy­lin­der aus­ge­löst.

Am 07.06.2016 brach­te die Klä­ge­rin ihr Mo­tor­rad we­gen ei­nes De­fekts des di­gi­ta­len Ta­cho­me­ters in die Werk­statt der Be­klag­ten. Der Werk­statt­auf­trag wur­de wie folgt schrift­lich fest­ge­hal­ten: „Ta­cho­ein­heit prü­fen – oh­ne Funk­ti­on“. Über die Brem­sen des Mo­tor­rads wur­de bei Er­tei­lung des Werk­statt­auf­trags nicht ge­spro­chen. Die Be­klag­te tausch­te die Bat­te­rie des Mo­tor­rads. Nach­dem ei­ner ih­rer Mit­ar­bei­ter ei­ne Pro­be­fahrt un­ter­nom­men hat­te, bei der der Ta­cho­me­ter wie­der funk­tio­nier­te und es auch sonst kei­ne Auf­fäl­lig­kei­ten gab, hol­te die Klä­ge­rin ihr Mo­tor­rad am 24.06.2016 ab. Auf der Rück­fahrt zu ih­rem Wohn­ort ver­un­glück­te die Klä­ge­rin nach we­ni­gen Ki­lo­me­tern auf der Bun­des­stra­ße 54 beim Durch­fah­ren ei­ner Kur­ve; sie fuhr un­ge­bremst in ei­ne Leit­plan­ke und ver­letz­te sich er­heb­lich: Die Klä­ge­rin er­litt ei­ne Ge­hirn­er­schüt­te­rung, ei­ne Frak­tur des rech­ten Mit­tel­fin­gers so­wie ei­ne Prel­lung des rech­ten Knies und wur­de vom 24.06. bis zum 28.06.2016 sta­tio­när im Kran­ken­haus be­han­delt.

Nach dem Un­fall gab die Po­li­zei ein DE­KRA-Gut­ach­ten zum Un­fall­her­gang in Auf­trag.

Dar­in ist fest­ge­hal­ten, die Klä­ge­rin ha­be ge­gen­über dem Sach­ver­stän­di­gen an­ge­ge­ben, dass sie die Werk­statt der Be­klag­ten we­gen ei­nes Aus­falls der di­gi­ta­len Ge­schwin­dig­keits­an­zei­ge auf­ge­sucht ha­be. Sei­tens der Be­klag­ten sei ei­ne zu schwa­che Bat­te­rie fest­ge­stellt und die­se er­neu­ert wor­den. Da­nach ha­be die Ge­schwin­dig­keits­an­zei­ge wie­der funk­tio­niert. Bei der Fahrt auf der Bun­des­stra­ße 54 ha­be sie, die Klä­ge­rin, vor ei­ner Links­kur­ve brem­sen wol­len; es ha­be sich je­doch kei­ne Brems­wir­kung ge­zeigt, ob­wohl sie noch ver­sucht ha­be, durch mehr­fa­ches Be­tä­ti­gen des Brems­he­bels Druck auf­zu­bau­en.

Der DE­KRA-Gut­ach­ter konn­te beim Aus­le­sen des Feh­ler­spei­chers des Mo­tor­rads kei­ne Feh­ler­mel­dung fest­stel­len. Sein Gut­ach­ten vom 25.07.2016 kommt zu fol­gen­dem Er­geb­nis:

„Bei dem hier ge­gen­ständ­li­chen Un­fall­ge­sche­hen wur­de an dem Krad ON 01 ins­be­son­de­re an bei­den Brems­sät­teln der Vor­der­rad­brems­schei­ben ei­ne Sie­de­tem­pe­ra­tur der Brems­flüs­sig­keit fest­ge­stellt, wel­che deut­lich un­ter­halb der her­stel­ler­sei­tig an­ge­ge­be­nen Nass­sie­de­tem­pe­ra­tur lag. Das ge­schil­der­te Brems­ver­sa­gen der Fah­re­rin des Kra­des ON 01 ist plau­si­bel auf die deut­lich ver­rin­ger­te Sie­de­tem­pe­ra­tur der Brems­flüs­sig­keit zu­rück­zu­füh­ren. Da die Brems­flüs­sig­keit hy­gro­sko­pi­sche Ei­gen­schaf­ten auf­weist und so­mit ei­nem be­triebs­be­ding­ten Ver­schleiß un­ter­liegt, war hier von ei­nem War­tungs­man­gel aus­zu­ge­hen.“

Zu dem be­schrie­be­nen War­tungs­man­gel wur­de ei­ne er­gän­zen­de DE­KRA-Stel­lung­nah­me ein­ge­holt. In die­ser Stel­lung­nah­me vom 06.03.2017 wird aus­ge­führt, dass sich nur über die Sie­de­tem­pe­ra­tur fest­stel­len las­se, ob ei­ne Brems­flüs­sig­keit ver­schlis­sen sei. Das Er­schei­nungs­bild der Brems­schei­ben des Vor­der­rads zei­ge je­doch, dass die Brems­an­la­ge über­mä­ßig stark be­an­sprucht wor­den sei, so­dass von ei­nem schnel­le­ren Ver­schleiß der Brems­flüs­sig­keit aus­zu­ge­hen sei.

Die Klä­ge­rin lei­te­te ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren ein. In ih­rer An­trags­schrift heißt es:

„1. Bei dem Mo­tor­rad der An­trag­stel­le­rin … ist an bei­den Brems­sät­teln der Vor­der­rad­brems­schei­ben ei­ne Sie­de­tem­pe­ra­tur der Brems­flüs­sig­keit fest­stell­bar, wel­che deut­lich un­ter­halb der her­stel­ler­sei­tig an­ge­ge­be­nen Nass­sie­de­tem­pe­ra­tur liegt.

2. Lässt sich das Al­ter der Brems­flüs­sig­keit er­mit­teln bzw. kann ge­sagt wer­den, ob die Brems­flüs­sig­keit be­reits bei Kauf des Mo­tor­rads in dem Mo­tor­rad war oder erst spä­ter ein­ge­füllt wur­de?“

Die nach dem Un­fall ent­nom­me­ne Brems­flüs­sig­keit war je­doch be­reits ver­nich­tet wor­den, so­dass der im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren be­auf­trag­te Sach­ver­stän­di­ge an­hand der vor­han­de­nen An­knüp­fungs­tat­sa­chen kei­ne kon­kre­te Aus­sa­ge zu ei­nem mög­li­chen Aus­fall der Brem­sen tref­fen konn­te. Er konn­te le­dig­lich fest­hal­ten, dass al­lein aus blau­en Ver­fär­bun­gen an den vor­de­ren Brem­sen nicht der Schluss ge­zo­gen wer­den kön­ne, dass ein Brems­ver­sa­gen vor­ge­le­gen ha­be. Wei­ter führ­te der Sach­ver­stän­di­ge aus:

„Bei der Plau­si­bi­li­täts­prü­fung fällt wei­ter auf, dass von ei­nem Zeu­gen vor­ge­tra­gen wird, dass an dem Mo­tor­rad kei­ne Brems­lich­ter auf­ge­leuch­tet hät­ten. Die rück­wär­ti­ge Brems­leuch­te an dem ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor­rad wird über me­cha­ni­sche Schal­ter be­tä­tigt, so­wohl an der Vor­der­rad­brem­se als auch an der Hin­ter­rad­brem­se. Un­ab­hän­gig da­von, ob sich der Druck im Brems­sys­tem auf­baut, wird die Brems­leuch­te beim Be­tä­ti­gen der Vor­der- oder Hin­ter­rad­brem­se ein­ge­schal­tet. Wenn das Brems­licht nicht auf­ge­leuch­tet hat, so wä­re zu­erst ein­mal da­von aus­zu­ge­hen, dass dann die Brem­se auch nicht be­tä­tigt wor­den ist, da Pro­ble­me mit der Elek­trik oder dem Mo­tor­lauf, die zu ei­nem Aus­fall der Strom­ver­sor­gung ge­führt ha­ben könn­ten, bis­her nicht als un­fall­ur­säch­lich vor­ge­tra­gen wor­den sind.“

Die Klä­ge­rin hat erst­in­stanz­lich gel­tend ge­macht, sie ha­be beim Ein­fah­ren in die Kur­ve drei Mal die Brem­se be­tä­tigt, oh­ne dass ei­ne Brems­wir­kung ein­ge­tre­ten sei. Die den Un­fall auf­neh­men­den Po­li­zis­ten hät­ten noch vor Ort die Brem­se über­prüft und fest­ge­stellt, dass sie oh­ne Funk­ti­on ge­we­sen sei.

Die Be­klag­te ha­be den ihr er­teil­ten Re­pa­ra­tur­auf­trag nur un­zu­läng­lich aus­ge­führt; sie hät­te sie, die Klä­ge­rin, auf die Ge­fahr ei­nes Brems­ver­sa­gens hin­wei­sen müs­sen, denn die Elek­tro­nik­pro­ble­me könn­ten bei die­sem Mo­tor­rad­t­yp auch Brems­pro­ble­me nach sich zie­hen. Hin­rei­chen­de In­di­ka­to­ren sei­en der Aus­fall des Haupt­lichts, den sie ge­gen­über der Be­klag­ten er­wähnt ha­be, und der Aus­fall des Ta­chos. Die Be­klag­te hät­te sich nicht mit ei­nen Bat­te­rie­wech­sel be­gnü­gen dür­fen; die Bat­te­rie ha­be nicht die Feh­ler­ur­sa­che sein kön­nen, da man das Mo­tor­rad noch ha­be star­ten kön­nen.

Die Aus­füh­run­gen in dem DE­KRA-Gut­ach­ten vom 25.07.2016 – so hat die Be­klag­te wei­ter gel­tend ge­macht – sei­en un­zu­tref­fend und feh­ler­haft. Der Gut­ach­ter ha­be an bei­den Brems­sät­teln der Vor­der­rad­brem­se ei­ne Sie­de­tem­pe­ra­tur der Brems­flüs­sig­keit fest­ge­stellt, die deut­lich un­ter der her­stel­ler­sei­tig an­ge­ge­be­nen Nass­sie­de­tem­pe­ra­tur ge­le­gen ha­be. Die von dem Gut­ach­ter fest­ge­stell­te Ver­fär­bung der Brems­schei­ben hät­te für die Be­klag­te An­lass ge­nug sein müs­sen, auch die Brems­flüs­sig­keit zu über­prü­fen.

Die kör­per­li­chen Schä­den die sie, die Klä­ge­rin, er­lit­ten ha­be, recht­fer­tig­ten ein Schmer­zens­geld von min­des­tens 5.000 €; die Sach­schä­den be­lie­fen sich auf 14.943,10 €.

Die Be­klag­te hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, der ihr er­teil­te Re­pa­ra­tur­auf­trag ha­be sich dar­auf be­schränkt, dass der Ta­cho­me­ter des Mo­tor­rads der Klä­ge­rin oh­ne Funk­ti­on ge­we­sen sei. Ei­nen Aus­fall des Haupt­lichts – so hat die Be­klag­te be­haup­tet – ha­be die Klä­ge­rin nicht er­wähnt. Bei der Feh­ler­su­che sei fest­ge­stellt wor­den, dass die Bat­te­rie de­fekt ge­we­sen sei; die­se sei des­halb aus­ge­tauscht wor­den. Die Klä­ge­rin brem­se stets sehr spät ab; dies füh­re zu ei­ner ho­hen ther­mi­schen Be­las­tung und zu den in dem DE­KRA-Gut­ach­ten fest­ge­stell­ten Ver­fär­bun­gen der Brems­schei­ben. Zwi­schen dem Bat­te­rie­wech­sel und der Brems­wir­kung be­ste­he kein Zu­sam­men­hang. Die elek­tro­nisch ge­steu­er­te Brem­se sei nicht aus­ge­fal­len; ein Aus­fall wä­re über­dies durch das Auf­leuch­ten ei­ner Kon­troll­leuch­te an­ge­zeigt wor­den. Da­her müs­se da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Klä­ge­rin gar nicht ge­bremst ha­be. Der be­triebs­be­ding­te Ver­schleiß der Brems­flüs­sig­keit sei ein War­tungs­man­gel, der sei­ne Ur­sa­che dar­in ha­be, dass der sehr sport­li­che Fahr­stil der Klä­ge­rin die Brems­an­la­ge über­mä­ßig be­an­spru­che. Der Klä­ge­rin sei­en die Pro­ble­me mit den Brem­sen auch be­kannt ge­we­sen; sie und ihr Va­ter hät­ten in In­ter­net­fo­ren von ei­nem wan­dern­den Druck­punkt be­rich­tet.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen und aus­ge­führt, die Klä­ge­rin ha­be nicht dar­ge­legt und be­wie­sen, dass die Be­klag­te ei­ne werk­ver­trag­li­che Ne­ben­pflicht ver­letzt ha­be (§§ 631, 280 I, 241 II BGB).

Aus­weis­lich des schrift­li­chen Werk­statt­auf­trags sei Ge­gen­stand des zwi­schen der Klä­ge­rin und der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Werk­ver­trags le­dig­lich die Über­prü­fung des nicht funk­tio­nie­ren­den elek­tro­ni­schen Ta­cho­me­ters ge­we­sen. Über die Brem­sen sei ge­ra­de nicht ge­spro­chen wor­den. Nach­dem die Be­klag­te die Bat­te­rie aus­ge­tauscht ha­be, hät­ten bei ei­ner an­schlie­ßen­den Pro­be­fahrt so­wohl der Ta­cho­me­ter als auch die Brem­sen funk­tio­niert. Bei die­ser Sach­la­ge sei die Be­klag­te nicht ver­pflich­tet ge­we­sen, von sich aus wei­te­re mög­li­che Feh­ler­quel­len aus­fin­dig zu ma­chen, auf die die Klä­ge­rin den von ihr am 24.06.2016 er­lit­te­nen Un­fall letzt­lich zu­rück­füh­re. Al­len­falls die ver­färb­ten Brems­schei­ben könn­ten als An­halts­punkt da­für her­an­ge­zo­gen wer­den, dass ei­ne Un­ter­su­chung der Brem­sen und der Brems­flüs­sig­keit not­wen­dig ge­we­sen sei. Aus­weis­lich des DE­KRA-Gut­ach­tens sei die Nass­sie­de­tem­pe­ra­tur der Brems­flüs­sig­keit zu nied­rig ge­we­sen, was sich als War­tungs­man­gel und mög­li­che Feh­ler­ur­sa­che dar­stel­le. Dies­be­züg­lich sei die Be­klag­te aber nicht von sich aus zu ei­ner Über­prü­fung ver­pflich­tet ge­we­sen, zu­mal das ein­zi­ge In­diz – die Ver­fär­bung der Brems­schei­ben – für sich ge­nom­men noch nichts über den Zu­stand der Brems­flüs­sig­keit be­sa­ge. Die Klä­ge­rin ha­be der Be­klag­ten ge­gen­über Pro­ble­me mit den Brem­sen ge­ra­de nicht er­wähnt, ob­wohl sie in In­ter­net­fo­ren von ei­nem mit­un­ter nach­las­sen­den Druck­punkt be­rich­tet ha­be. Für die Be­klag­te ha­be bei die­ser Sach­la­ge kei­ne Ver­an­las­sung be­stan­den, von sich aus die Brem­sen des Mo­tor­ra­des zu über­prü­fen.

Im Üb­ri­gen ha­be die Klä­ge­rin ih­ren Sach­vor­trag zur Un­fall­ur­sa­che ge­wech­selt. Nach­dem sich die von ihr noch im selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren be­haup­te­ten Män­gel der Brems­flüs­sig­keit nicht mehr hät­ten ve­ri­fi­zie­ren las­sen, da die Brems­flüs­sig­keit nicht mehr vor­han­den ge­we­sen sei, ha­be die Klä­ge­rin vor­ge­tra­gen, dass ein Feh­ler des elek­tro­ni­schen Brems­sys­tems die Un­fall­ur­sa­che ge­we­sen sei.

An­halts­punk­te da­für, dass die Be­klag­te ih­re werk­ver­trag­li­chen Pflich­ten aus dem Werk­statt­auf­trag vom 07.06.2016 ver­letzt ha­ben könn­te, ge­be es nicht.

Mit ih­rer da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat die Klä­ge­rin ih­re erst­in­stanz­li­chen Kla­ge­zie­le in vol­lem Um­fang wei­ter­ver­folgt und gel­tend ge­macht, das Land­ge­richt hät­te in die Be­weis­auf­nah­me ein­tre­ten und das von ihr, der Klä­ge­rin, an­ge­bo­te­ne Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten ein­ho­len müs­sen. Die­ses Gut­ach­ten hät­te be­stä­tigt, dass ein Aus­fall des Ta­cho­me­ters zu­gleich ein elek­tro­ni­sches Pro­blem am ge­sam­ten Mo­tor­rad na­he­le­ge, wel­ches zu ei­nem Brems­ver­sa­gen füh­ren kön­ne.

Die Be­klag­te hät­te bei An­wen­dung der er­for­der­li­chen Sorg­falt den die Be­triebs­si­cher­heit des Mo­tor­rads be­ein­träch­ti­gen­den Man­gel er­ken­nen kön­nen; des­halb ha­be sie sehr wohl werk­ver­trag­li­che Hin­weis- und Auf­klä­rungs­pflich­ten ver­letzt, wor­aus sich ih­re Haf­tung er­ge­be (§§ 280 , 241 II BGB).

Wei­ter führ­te die Klä­ge­rin in ih­rer Be­ru­fungs­be­grün­dung aus, dass ver­färb­te Brems­schei­ben für sich ge­nom­men zwar kein Pro­blem sei­en. Wenn aber – wie hier – an ei­nem Mo­tor­rad be­reits ein­zel­ne elek­tro­ni­sche Kom­po­nen­ten (hier: die Ta­cho­ein­heit) aus­ge­fal­len sei­en und zu­sätz­lich Ver­fär­bun­gen vor­lä­gen, müs­se im zwin­gend die ge­sam­te elek­tro­ni­sche Brems­an­la­ge auf ei­nen mög­li­cher­wei­se vor­lie­gen­den De­fekt über­prüft wer­den, um ein Brems­ver­sa­gen, wie es hier ein­ge­tre­ten sei, aus­zu­schlie­ßen. In­so­weit bot die Klä­ge­rin Be­weis durch Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens an.

Im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung in der Be­ru­fungs­in­stanz führ­te der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Klä­ge­rin aus, dass in­zwi­schen noch ein wei­te­rer Fall ei­nes Brems­ver­sa­gens bei ei­nem bau­glei­chen Mo­tor­rad be­kannt ge­wor­den sei, al­so mög­li­cher­wei­se ei­ne ge­ne­rel­le Schwach­stel­le zu dem Un­fall ge­führt ha­be. Nach ei­nem Hin­weis des Be­ru­fungs­ge­richts, dass die Be­klag­ten auch des­halb nicht zur Über­prü­fung der Brem­sen ver­pflich­tet ge­we­sen sein dürf­te,, weil bei ei­nem Aus­fall der elek­tro­ni­schen Brem­se im­mer noch die hy­drau­li­sche Brems­an­la­ge zur Ver­fü­gung ge­stan­den ha­ben dürf­te, hat der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Klä­ge­rin er­gänzt, dass dies nur bei ei­nem voll­stän­di­gen Aus­fall des elek­tro­ni­schen Brems­sys­tems der Fall sei. Hier ge­he es aber ge­ra­de um ei­nen nur teil­wei­sen Aus­fall des C-ABS. Au­ßer­dem ha­be die Brem­se aus­weis­lich des DE­KRA-Gut­ach­tens zwar am nächs­ten Tag wie­der funk­tio­niert; der­je­ni­ge, der das Mo­tor­rad ab­ge­schleppt ha­be, kön­ne aber be­zeu­gen, dass dies un­mit­tel­bar nach dem Un­fall nicht so ge­we­sen sei.

Die Be­klag­te hat in zwei­ter In­stanz be­tont, dass bei den be­reits durch­ge­führ­ten sach­ver­stän­di­gen Über­prü­fun­gen des streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor­rads ge­ra­de kei­ne Elek­tro­nik­pro­ble­me fest­ge­stellt wor­den sei­en, und be­strit­ten, dass ein Aus­fall des Ta­cho­me­ters ein In­diz für ein po­ten­zi­el­les Brems­ver­sa­gen sei. Dar­über hin­aus hat die Be­klag­te be­strit­ten, dass von ver­färb­ten Brems­schei­ben auf ein elek­tro­ni­sches Pro­blem ge­schlos­sen wer­den kön­ne. Die Ver­fär­bun­gen – so hat die Be­klag­te be­haup­tet – sei­en viel­mehr auf die äu­ßerst sport­li­che Fahr­wei­se der Klä­ge­rin zu­rück­zu­füh­ren, die vor dem Un­fall gar nicht ge­bremst ha­be. Das C-ABS kön­ne funk­ti­ons­be­dingt nicht teil­wei­se aus­ge­fal­len sein. Der ge­gen­tei­li­ge Vor­trag der Klä­ge­rin ste­he in Wi­der­spruch zu ih­ren bis­he­ri­gen Dar­le­gun­gen, wo­nach es gar kei­ne Brems­wir­kung ge­ge­ben ha­be.

Die Be­ru­fung hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II.… Das Land­ge­richt ist zu Recht zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass der Klä­ge­rin we­gen ih­rer er­lit­te­nen Un­fall­schä­den ge­gen die Be­klag­te kein An­spruch auf Scha­dens­er­satz oder Schmer­zens­geld aus §§ 631, 280 I, 241 II, 253 BGB zu­steht, denn die Be­klag­te hat kei­ne werk­ver­trag­li­chen Ne­ben­pflich­ten ver­letzt.

1. Nach all­ge­mei­nen Grund­sät­zen tref­fen den Un­ter­neh­mer bei ei­nem Werk­ver­trag ne­ben­ver­trag­li­che Auf­klä­rungs- und Be­ra­tungs­pflich­ten, de­ren In­halt und Um­fang sich nach den Um­stän­den des Ein­zel­falls rich­tet, ins­be­son­de­re nach dem Be­ra­tungs­be­darf des Be­stel­lers und dem Fach­wis­sen des Un­ter­neh­mers, von des­sen Vor­han­den­sein im er­for­der­li­chen Um­fang der Be­stel­ler aus­ge­hen kann. Der Un­ter­neh­mer ist nach Treu und Glau­ben ver­pflich­tet, den Be­stel­ler auf al­le Um­stän­de hin­zu­wei­sen, die die­ser nicht kennt, de­ren Kennt­nis aber für des­sen Wil­lens­bil­dung und Ent­schlüs­se hin­sicht­lich des Werks von Be­deu­tung sind. Er­kennt oder kann bei An­wen­dung der ge­bo­te­nen Sorg­falt ei­ne Kfz-Werk­statt ei­nen die Be­triebs­si­cher­heit des Fahr­zeugs be­ein­träch­ti­gen­den Man­gel er­ken­nen, dann be­grün­det dies dem Kun­den ge­gen­über ei­ne Mit­tei­lungs­pflicht, da­mit die­ser ei­ne Ent­schlie­ßung über Maß­nah­men zur Be­sei­ti­gung des Man­gels her­bei­füh­ren kann. Die Auf­klä­rungs- und Be­ra­tungs­pflich­ten ei­ner sach­kun­di­gen Werk­statt ge­gen­über dem Kun­den er­stre­cken sich aber grund­sätz­lich nur auf das in Auf­trag ge­ge­be­ne Werk und die da­mit zu­sam­men­hän­gen­den Um­stän­de. Die ver­trag­lich über­nom­me­nen Ver­pflich­tun­gen be­stim­men und be­gren­zen in­so­weit auch den Um­fang der Be­ra­tungs­pflich­ten. Vom Un­ter­neh­mer, dem ein kon­kre­ter Re­pa­ra­tur­auf­trag er­teilt wor­den ist, kann nicht ver­langt wer­den, dass er auch sämt­li­che üb­ri­gen Tei­le des Ge­gen­stands, an dem er sei­ne Werkleis­tung zu er­brin­gen hat, oh­ne be­son­de­ren Auf­trag über­prüft (vgl. OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 18.02.2016 – 4 U 60/15, NJOZ 2016, 806, 808 m. w. Nachw.).

2. Ge­mes­sen hier­an kann der Be­klag­ten im vor­lie­gen­den Fall kei­ne Ver­let­zung ne­ben­ver­trag­li­cher Auf­klä­rungs- und Be­ra­tungs­pflich­ten zum Nach­teil der Klä­ge­rin an­ge­las­tet wer­den.

Die Si­tua­ti­on stell­te sich für die Be­klag­te wie folgt dar: Der Werk­statt­auf­trag, den die Klä­ge­rin ihr er­teilt hat­te, war kon­kret und be­zog sich nur auf den Aus­fall der An­zei­ge des di­gi­ta­len Ta­cho­me­ters. Die Klä­ge­rin sprach die Brem­sen ge­gen­über der Be­klag­ten über­haupt nicht an. So­weit die Klä­ge­rin wei­ter an­führt, dass sie der Be­klag­ten auch mit­ge­teilt ha­be, dass es in der Ver­gan­gen­heit zu ei­nem Aus­fall des Haupt­lichts ge­kom­men sei, kann die­ser Vor­trag nicht be­rück­sich­tigt wer­den, denn die ent­spre­chen­den Aus­füh­run­gen sind von der Be­klag­ten be­strit­ten wor­den und die Klä­ge­rin hat für ihr strei­ti­ges Vor­brin­gen kei­nen Be­weis an­ge­bo­ten. Nach dem Aus­tausch der Bat­te­rie funk­tio­nier­te der Ta­cho­me­ter bei ei­ner an­schlie­ßen­den Pro­be­fahrt durch ei­nen Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten wie­der; Pro­ble­me mit den Brem­sen tra­ten bei der Pro­be­fahrt nicht auf. Auch als die Klä­ge­rin das Mo­tor­rad am Un­fall­tag bei der Be­klag­ten ab­hol­te, funk­tio­nier­te die Ta­cho­an­zei­ge. Bei die­ser Sach­la­ge hat­te die Be­klag­te kei­nen An­lass an­zu­neh­men, dass durch den von ihr vor­ge­nom­me­nen Aus­tausch der Bat­te­rie der Feh­ler nicht be­ho­ben wor­den wor­den war, son­dern viel­mehr noch im­mer ein bis­lang un­ent­deck­ter Feh­ler vor­lag, der auch noch ge­eig­net war, die Funk­ti­ons­tüch­tig­keit des elek­tro­ni­schen Brems­sys­tems in Mit­lei­den­schaft zu zie­hen.

Der er­teil­te Werk­statt­auf­trag be­zog sich kon­kret auf den Ta­cho­me­ter, mit­hin auf ein klar ab­grenz­ba­res Teil des Mo­tor­rads, des­sen Funk­ti­on zu­nächst mit den Brem­sen über­haupt nicht zu­sam­men­hängt. Ei­ne in­ten­si­ve Über­prü­fung ganz an­de­rer Bau­tei­le des Mo­tor­rads konn­te die Klä­ge­rin aber oh­ne ge­son­der­te Ver­gü­tung nicht er­war­ten; auf der an­de­ren Sei­te wä­re sie aber auch nicht zur Zah­lung ver­pflich­tet und si­cher auch nicht be­reit ge­we­sen, wenn die Be­klag­te ei­gen­in­itia­tiv Über­prü­fun­gen an Tei­len vor­ge­nom­men hät­te, die in kei­nem Zu­sam­men­hang mit dem er­teil­ten Auf­trag stan­den.

Das Land­ge­richt hat auf der Grund­la­ge der Gut­ach­ten der DE­KRA zu­tref­fend aus­ge­führt, dass das ein­zig er­kenn­ba­re In­diz, die Ver­fär­bung der Brems­schei­ben, noch nichts über den Zu­stand der Brems­flüs­sig­keit aus­sagt bzw. dar­über, wann die­se aus­ge­tauscht wor­den ist, so­dass sich hier­aus al­lein auch kei­ne ne­ben­ver­trag­li­che Hin­weis­pflicht der Be­klag­ten her­lei­ten lässt, wenn die­se – wie im vor­lie­gen­den Fall – nicht auch mit all­ge­mei­nen War­tungs- und In­spek­ti­ons­ar­bei­ten, son­dern al­lein da­mit be­auf­tragt wor­den ist, den Ta­cho­me­ter zu re­pa­rie­ren.

Ei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung ist auch nicht des­halb ge­bo­ten, weil die An­zei­ge des Ta­cho­me­ters elek­trisch ist und das Mo­tor­rad der Klä­ge­rin auch über ein elek­tro­ni­sches Brems­sys­tem ver­fügt.

Ne­ben­ver­trag­li­che Hin­weis­pflich­ten in Be­zug auf die Be­triebs­si­cher­heit des Mo­tor­rads be­ste­hen im Üb­ri­gen schon des­halb nicht, weil bei ei­nem Aus­fall des elek­tro­ni­schen Brems­sys­tems au­to­ma­tisch die her­kömm­li­chen hy­drau­li­schen Brem­sen wir­ken und für Ver­zö­ge­rung sor­gen. Vor die­sem Hin­ter­grund wür­de es – ei­ne Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten un­ter­stellt – je­den­falls an ei­ner Kau­sa­li­tät der Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten für die un­fall­be­ding­ten Schä­den der Klä­ge­rin feh­len.

Au­ßer­dem ist fest­zu­hal­ten, dass auch die Klä­ge­rin selbst die Un­fall­ur­sa­che zu­nächst gar nicht in ei­nem Ver­sa­gen des elek­tro­ni­schen Brems­sys­tems ge­se­hen, son­dern ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren zu ei­ner ganz an­de­ren Fra­ge an­ge­strengt hat, näm­lich da­zu, ob die in dem Mo­tor­rad ent­hal­te­ne Brems­flüs­sig­keit man­gel­haft war. Erst nach­dem sich her­aus­ge­stellt hat­te, dass die Brems­flüs­sig­keit nicht mehr vor­han­den war, und der in dem selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren be­auf­trag­te Sach­ver­stän­di­ge in sei­nem schrift­li­chen Gut­ach­ten vom 30.01.2018 dar­auf hin­ge­wie­sen hat­te, dass ein Zeu­ge kein Auf­leuch­ten des Brems­lichts der Klä­ge­rin in der Un­fall­si­tua­ti­on ge­se­hen ha­be und da­her da­von aus­zu­ge­hen sei, dass die Klä­ge­rin gar nicht ge­bremst ha­be, da bis­lang Pro­ble­me mit der Elek­trik, die zu ei­nem Aus­fall der Strom­ver­sor­gung ge­führt ha­ben könn­ten, nicht er­wähnt wor­den sei­en, hat die Klä­ge­rin mit ih­rer Kla­ge­schrift vom 12.06.2018 im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren erst­mals vor­ge­tra­gen, dass es zu Pro­ble­men mit der Elek­trik und des­halb zu ei­nem Aus­fall des elek­tro­ni­schen Brems­sys­tems ge­kom­men sei. Die­se Ent­wick­lung des Par­tei­vor­trags spricht ge­ra­de nicht für ei­nen sich auf­drän­gen­den Zu­sam­men­hang zwi­schen der aus­ge­fal­le­nen Ta­cho­an­zei­ge und dem Funk­tio­nie­ren des elek­tro­ni­schen Brems­sys­tems.

Nach­dem das erst­in­stanz­li­che Ur­teil er­gan­gen war, hat die Klä­ge­rin in ih­rer Be­ru­fungs­be­grün­dung ei­nen neu­en Kau­sal­zu­sam­men­hang vor­ge­tra­gen und durch Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens un­ter Be­weis ge­stellt:

„Be­steht je­doch an ei­nem Mo­tor­rad – wie vor­lie­gend – ganz of­fen­sicht­lich ein elek­tro­ni­sches Pro­blem, wel­ches be­reits zum Aus­fall ein­zel­ner elek­tro­ni­scher Kom­po­nen­ten ge­führt hat (Ta­cho­ein­heit), und sind die Brem­sen zu­sätz­lich blau an­ge­lau­fen, so muss im Um­kehr­schluss tat­säch­lich zwin­gend die ge­sam­te (elek­tro­ni­sche) Brems­an­la­ge auf ei­nen po­ten­zi­el­len, eben­falls be­ste­hen­den elek­tro­ni­schen De­fekt über­prüft wer­den, um das vor­lie­gend ein­ge­tre­te­ne, dro­hen­de Brems­ver­sa­gen wirk­sam aus­zu­schlie­ßen.“

Die­ser von der Be­klag­ten be­strit­te­ne neue Vor­trag ist ge­mäß § 531 II Nr. 3 ZPO im Be­ru­fungs­ver­fah­ren nicht zu be­rück­sich­ti­gen, denn es ist nicht er­sicht­lich, war­um die­ser Vor­trag nicht be­reits in ers­ter In­stanz mög­lich ge­we­sen sein soll­te. Es feh­len auch die nach § 520 III Nr. 4 ZPO er­for­der­li­chen Aus­füh­run­gen in der Be­ru­fungs­be­grün­dung da­zu, war­um die­ser neue Vor­trag nach § 531 II ZPO zu­zu­las­sen wä­re. Da­von ab­ge­se­hen hat die Ver­fär­bung der Brems­schei­ben nach den vor­lie­gen­den Gut­ach­ten der DE­KRA ei­ne an­de­re Ur­sa­che; hier­mit setzt sich die Klä­ge­rin je­doch nicht aus­ein­an­der.

Aus den glei­chen pro­zes­sua­len Grün­den ist auch der im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung erst­mals ge­hal­te­ne und von der Be­klag­ten eben­falls be­strit­te­ne Vor­trag der Klä­ge­rin, dass es zu ei­nem nur teil­wei­sen Aus­fall des C-ABS ge­kom­men sei und bei ei­nem sol­chen teil­wei­sen Aus­fall (im Ge­gen­satz zu ei­nem voll­stän­di­gen Aus­fall) die hy­drau­li­sche Brem­se nicht funk­tio­nie­re, in der Be­ru­fungs­in­stanz nicht mehr be­rück­sich­ti­gungs­fä­hig.

Der wech­seln­de Vor­trag der Klä­ge­rin wirkt an­ge­passt an die Ent­wick­lung des Pro­zes­ses und ist vor die­sem Hin­ter­grund ins­ge­samt nicht ge­eig­net, die Ver­let­zung werk­ver­trag­li­cher Ne­ben­pflich­ten durch die Be­klag­te plau­si­bler er­schei­nen zu las­sen.

Im Üb­ri­gen wirft die Klä­ge­rin der Be­klag­ten hier ein pflicht­wid­ri­ges Un­ter­las­sen vor. Nach der Recht­spre­chung ist ein Un­ter­las­sen für ei­nen Scha­den aber nur dann kau­sal, wenn pflicht­ge­mä­ßes Han­deln den Ein­tritt des Scha­dens ver­hin­dert hät­te. Die blo­ße Mög­lich­keit oder ei­ne ge­wis­se Wahr­schein­lich­keit ge­nügt in­so­weit nach § 286 ZPO nicht. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last hier­für trägt der Ge­schä­dig­te (vgl. OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 18.02.2016 – 4 U 60/15, NJOZ 2016, 806, 809 m. w. Nachw.). Im vor­lie­gen­den Fall ste­hen aber als mög­li­che Un­fall­ur­sa­chen auch im Raum, dass die Klä­ge­rin über­haupt nicht ge­bremst hat (mög­li­cher­wei­se auf­grund ei­ner Fehl­ein­schät­zung der Ver­kehrs­si­tua­ti­on), oder aber ein Ver­sa­gen der (hy­drau­li­schen) Brem­sen, weil die Brems­flüs­sig­keit ver­schlis­sen war, mög­li­cher­wei­se auf­grund ei­nes War­tungs­man­gels bei star­ker Be­an­spru­chung des Brems­sys­tems. Da­mit kom­men je­den­falls auch Un­fall­ur­sa­chen in Be­tracht, hin­sicht­lich de­rer die Pflicht­ver­let­zung, die die Klä­ge­rin der Be­klag­ten vor­wirft, nicht kau­sal ist. …

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