1. Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Neuwagen ist zwar mangelhaft, weil er keine i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB übliche und von einem Käufer zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Die in der Lieferung eines solchen Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung des – nicht mit der Fahrzeugherstellerin identischen – Verkäufers ist jedoch unerheblich i. S. von § 323 V 2 BGB. Denn der Verkäufer kann den Mangel durch die Installation eines Softwareupdates beseitigen, und die Kosten dafür sind im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig, zumal die – nicht beim Verkäufer angefallenen – Kosten für die Entwicklung des Updates außer Betracht bleiben müssen.
  2. Der Hersteller eines Kraftfahrzeugs ist auch dann nicht Gehilfe (§ 278 BGB) des – rechtlich selbstständigen – Verkäufers bei der Erfüllung der in § 433 I BGB genannten Pflichten, wenn der Verkäufer ein Vertragshändler des Herstellers ist. Ein etwaiges Verschulden der Volkswagen AG im VW-Abgasskandal muss sich ein VW-Vertragshändler deshalb nicht nach § 278 BGB zurechnen lassen.

LG Aachen, Urteil vom 27.04.2017 – 1 O 234/16
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 14.06.2018 – 5 U 82/17OLG Köln, Beschluss vom 16.07.2018 – 5 U 82/17)

Sachverhalt: Die Klägerin begehrt im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags.

Sie kaufte im August 2012 von der Beklagten, einer Audi-Vertragshändlerin, einen fabrikneuen Audi TT Coupé 2.0 TDI quattro zum Preis von 42.140,61 €. Das Fahrzeug wurde der Klägerin am 13.10.2012 übergeben.

Vor dem Hintergrund des im September 2015 publik gewordenen VW-Abgasskandals stellte sich heraus, dass auch in diesem Pkw eine Software – eine unzulässige Abschalteinrichtung – zum Einsatz kommt, die während eines Emissionstests auf einem Prüfstand die Stickoxid(NOX)-Emissionen des Fahrzeugs verringert, damit in einer Testsituation die einschlägigen Euro-5-Emissionsgrenzwerte eingehalten werden. Mit Pressemitteilung vom 16.10.2015 machte das Kraftfahrt-Bundesamt bekannt, dass es gegenüber der Volkswagen AG den Rückruf der vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge angeordnet habe, die – wie der streitgegenständliche Pkw – mit einem EA189-Dieselmotor ausgestattet seien. Der Volkswagen AG sei auferlegt worden, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen. Die Volkswagen AG stellte daraufhin ein Softwareupdate zur Verfügung, durch dessen Installation Kraftfahrt-Bundesamt die Vorschriftsmäßigkeit des jeweiligen Fahrzeugs hergestellt wird.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.12.2016 rügte die Klägerin die Mangelhaftigkeit des von ihr erworbenen Fahrzeugs und forderte die Beklagte zur Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) eines mangelfreien Fahrzeugs sowie – falls möglich – zur Nachbesserung (§ 434 I Fall 1 BGB) binnen vier Wochen auf. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 07.12.2016 eine Ersatzlieferung ab und und erhob die Einrede der Verjährung.

Daraufhin erklärte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 21.01.2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie forderte die Beklagte auf, das streitgegenständliche Fahrzeug spätestens am 04.02.2016 bei ihr abzuholen, ihr den gezahlten Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 4.742,83 € zu erstatten und ihr Schadensersatz in Höhe von 713,44 € zu leisten. Die Beklagte wies die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 27.01.2016 zurück.

Die Klägerin hält ihr Fahrzeug für mangelhaft und macht geltend, die Beklagte müsse sich als in den VW-Konzern eingegliederte Vertragshändlerin ein arglistiges Verhalten der Fahrzeugherstellerin zurechnen lassen. Die der Beklagten gesetzte Frist zur Nacherfüllung (§ 439 I BGB) sei angemessen gewesen, wenn eine Fristsetzung nicht sogar entbehrlich gewesen sei. Die Pflichtverletzung der Beklagten sei auch nicht lediglich unerheblich i. S. von § 323 V 2 BGB. Insoweit erklärt sich die Klägerin mit Nichtwissen zu der Behauptung der Beklagten, dass eine Nachbesserung des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Gestalt der Installation eines Softwareupdates einen Arbeitsaufwand von weniger als einer Stunde und einen Kostenaufwand von weniger als 100 € erfordere. Eine Nachbesserung – so macht die Klägerin geltend – sei unmöglich, weil das Softwareupdate negative Folgen wie insbesondere einen erhöhten Kraftstoffverbrauch habe.

Die Beklagte meint, dass das Fahrzeug der Klägerin schon nicht mangelhaft sei. Etwaige Gewährleistungsansprüche der Klägerin seien jedenfalls verjährt; darüber hinaus habe die Klägerin den behaupteten Mangel nicht unverzüglich i. S. von § 377 I, III HGB angezeigt.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 42.140,61 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des Pkw Audi TT Coupé 2.0 TDI quattro … mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer ….

I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückabwicklung des streitgegenständlichen Kaufvertrags nach Rücktritt gemäß § 437 Nr. 2 Fall 1, § 323, § 346 I BGB. Der mit anwaltlichem Schreiben vom 21.01.2016 erklärte Rücktritt von dem im August 2012 geschlossenen Kaufvertrag greift nicht durch.

1. Zwar war das streitgegenständliche Kfz bei Übergabe mangelhaft i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB.

Danach ist eine Sache nur dann frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Hierbei handelt es sich um solche Eigenschaften, die nicht ausdrücklich vereinbart werden müssen, sondern die als selbstverständlich erwartet von den Parteien überhaupt nicht bedacht werden. Dabei ist von dem Erwartungshorizont eines vernünftigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen. Die Kaufsache ist dabei zu vergleichen mit Sachen der gleichen Art, das heißt Sachen der gleichen Kategorie oder des gleichen Standards. Übliche Eigenschaften können sich insbesondere aus öffentlich-rechtlichen Bestimmungen ergeben. Übliche Eigenschaften kann der Käufer immer erwarten, atypische Käufererwartungen müssen vereinbart werden (vgl. D. Schmidt, in: Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 11. Aufl. [2017], § 434 Rn. 44, 46, 48; Jauernig/Berger, BGB, 16. Aufl. [2015], § 434 Rn. 14).

Die Klägerin erwarb zunächst ein Kfz, das sich für die gewöhnliche Verwendung eignete, denn die vorhandene Abschaltvorrichtung änderte nichts daran, dass das Kraftfahrzeug verkehrssicher war (und deshalb auch weiterhin im Straßenverkehr verwendet werden darf). Eine übliche Beschaffenheit wies das streitgegenständliche Fahrzeug jedoch nicht auf. Laut Herstellerangaben entspricht der in dem Wagen verbaute Motor des Typs EA189 den Vorgaben der Euro-5-Schadstoffklasse. Die Einhaltung dieser Werte kann jedoch nur dadurch erreicht werden, dass das Auto durch eine „Abschaltvorrichtung“ die Emissionen des Kfz im Prüfstand in der Weise manipuliert, dass die für die Euro-5-Abgasnorm erforderlichen Abgaswerte eingehalten werden. Im normalen Fahrbetrieb werden die erforderlichen Grenzwerte dagegen überschritten. Der Pkw ist daher mangelhaft i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB, weil ein vernünftiger Durchschnittskäufer selbstverständlich davon ausgehen kann, dass das Fahrzeug auch tatsächlich, das heißt im normalen Fahrbetrieb, die Anforderungen der vom Hersteller eigens angegebene Schadstoffklasse einhält.

2. Ob die Klägerin der Beklagten eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (§ 323 I BGB) bzw. ob die Setzung einer solchen Frist vorliegend entbehrlich war (§ 323 II BGB), kann hier dahinstehen, da der Rücktritt jedenfalls gemäß § 323 V 2 BGB ausgeschlossen ist.

Hiernach kann der Käufer nicht vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Die anzustellende Erheblichkeitsprüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage des Einzelfalls. Bei Arglist ist eine Unerheblichkeit zu verneinen (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl. [2017], § 323 Rn. 32). Der für die Bewertung der Erheblichkeit maßgebliche Zeitpunkt ist derjenige der Rücktrittserklärung (Erman/Westermann, BGB, 14. Aufl. [2014], § 323 Rn. 27). Bei einem behebbaren Mangel ist von einer Geringfügigkeit der Pflichtverletzung regelmäßig auszugehen, wenn die Kosten der Mängelbeseitigung im Vergleich zum Kaufpreis gering sind (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 17).

Zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung lag am Fahrzeug der Klägerin ein behebbarer Mangel vor. Im Dezember 2015 standen von VW-Seite aus für alle von der Manipulation betroffenen Motoren Abhilfemaßnahmen bereit; für den hier verbauten 2,0-Liter-Motor war ein Softwareupdate vorgesehen. Die Geeignetheit dieser Maßnahmen für die Herstellung der Vorschriftsmäßigkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt bestätigt (s. Anlage B 2).

Der Beklagten als Verkäuferin war es demnach als VW- bzw. Audi-Vertragshändlerin möglich, den Mangel im Wege der Nachbesserung zu beheben. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind im Rahmen der nun maßgeblichen Kosten der Nachbesserung nicht auch solche Kosten für die notwendige Entwicklung eines Softwareupdates einzubeziehen, denn nicht VW bzw. Audi, sondern die Beklagte als Verkäuferin hat eine solche Nachbesserung auszuführen. Die Kosten für die von der Beklagten vorzunehmende Mangelbeseitigung sind im Vergleich zu dem Kaufpreis von mehr als 40.000 € als äußerst gering zu qualifizieren, weil sie sich im Zeitaufwand des Aufspielens eines Softwareupdates erschöpfen.

Auch andere Aspekte im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung vermögen nicht, diese zugunsten der Klägerin ausfallen zu lassen. Insbesondere kann ein arglistiges Handeln aufseiten des Herstellers nicht der Beklagten als Vertragshändlerin zugerechnet werden, und zwar weder gemäß § 166 I BGB noch gemäß § 278 BGB.

Eine Zurechnung § 166 I BGB kommt bereits nicht in Betracht, da die Beklagte keine Vertreterin i. S. der §§ 164 ff. BGB des Herstellers ist (vgl. LG Halle, Urt. v. 15.09.2016 – 5 O 66/16).

Auch eine Zurechnung gemäß § 278 BGB scheidet aus. Hiernach steht bei einem bestehenden Schuldverhältnis das Verschulden von gesetzlichen Vertretern und Erfüllungsgehilfen dem eigenen Verschulden gleich. Erfüllungsgehilfe ist, wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird. Ein Erfüllungsgehilfe kann auch derjenige sein, der in seinem Verhalten keinem Weisungsrecht des Schuldners unterliegt. Die Art der zwischen dem Schuldner und der Hilfsperson bestehenden rechtlichen Beziehung ist unerheblich (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 278 Rn. 1, 7). Beim Kaufvertrag ist der Hersteller (Lieferant) im Verhältnis zum Käufer nicht Erfüllungsgehilfe des Verkäufers, da sich dessen Pflicht nicht auf die Herstellung der Sachen erstreckt (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 278 Rn. 13; MünchKomm-BGB/Grundmann, 6. Aufl. [2012], § 278 Rn. 31; st. Rspr., BGH, Urt. v. 19.06.2009 – V ZR 93/08, BGHZ 181, 317 = NJW 2009, 2674 Rn. 19; Urt. v. 02.04.2014 – VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 = NJW 2014, 2183 Rn. 31). Der Lieferant des Verkäufers handelt nicht als sein Erfüllungsgehilfe; vielmehr dient seine Handlung ausschließlich dazu, dem Verkäufer die eigene Leistung zu ermöglichen (Weiler, Schuldrecht – Allgemeiner Teil, 3. Aufl. [2016], § 23 Rn. 32). Insoweit wird der Hersteller allein im eigenen Pflichtenkreis tätig. Die Beklagte muss sich daher ein arglistiges Verhalten des VW-Konzerns bzw. bestimmter Organe des Konzerns nicht gemäß § 278 zurechnen lassen.

Auch ausnahmsweise kann eine Zurechnung gemäß § 278 BGB nicht erfolgen, insbesondere ergibt sich aus der Vertragshändlereigenschaft der Beklagten kein gegenläufiges Ergebnis. Der sogenannte Vertragshändlervertrag ist nicht gesetzlich geregelt; im Grunde handelt es sich um einen dienstvertraglichen Geschäftsbesorgungsvertrag (Dau, in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau/Kübler, Der Vertragshändlervertrag, 5. Aufl. [2015], Rn. 45 f.). Für den Vertragshändlervertrag ist charakteristisch, dass der Vertragshändler in die Vertriebsorganisation eines Herstellers von Markenwaren eingegliedert ist und im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die Vertragswaren im Vertragsgebiet vertreibt (MünchKomm-HGB/Hoyningen-Huene, 4. Aufl. [2016], Vorbem. zu § 84 Rn. 13). Kennzeichnend ist zudem, dass beide Vertragsparteien eine über einen bloßen Dienstvertrag hinausgehende Treuepflicht trifft, zum Beispiel die Absatzföderungspflicht des Vertragshändlers oder die Verpflichtung des Herstellers, in angemessener Weise Werbung für die Vertragsprodukte zu betreiben. Eine vertragliche (Treue-)Pflicht zu einem Endkunden wird darin nicht statuiert (vgl. Graf von Westphalen, Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. [2014], Vertragshändlerverträge Rn. 2). Die Vertragshändlereigenschaft der Beklagten führt daher auch nicht ausnahmsweise zu einer Zurechnung des Herstellerverhaltens gemäß § 278 BGB, weil die vertraglichen Pflichten im Verhältnis zum Endkunden durch einen Vertragshändlervertrag nicht verändert werden. Auch hier bleibt es bei der Pflicht des Vertragshändlers, dem Endkunden das (mangelfreie) Eigentum an der Kaufsache zu verschaffen.

Auch weitergehende Überlegungen lassen nicht an der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung der Beklagten als (lediglich) Verkäuferin zweifeln. Unter Berücksichtigung des Grundgedankens, dass derjenige, der Vorteile aus einer modernen Arbeitsteilung zieht, auch deren Nachteile tragen soll, um sich nicht durch bloße Delegation an einen Dritten von einer Haftung befreien zu können (vgl. Löwisch/Caspers, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2009, § 278 Rn. 1; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 278 Rn. 1), gilt vorliegend nichts anderes. Zwar bedient sich die Beklagte des Marketings des Herstellers, doch ist sie nicht in den Produktionsprozess des Herstellers eingebunden. Ein hiernach zu betrachtender „Verantwortungsbereich“ der Beklagten reduziert sich auf die vertriebliche Sphäre, weil es allein dieser Bereich ist, aus dem die Beklagte aufgrund der Arbeitsteilung mit dem Hersteller profitiert.

Daran, dass die Beklagte das Risiko des Vertriebs auch tatsächlich (mit-)verantwortet, bestehen keine Zweifel. Der aus der sogenannten VW-Abgasaffäre resultierende Vertrauensverlust beim Kunden setzt sich nicht zuletzt auch in einem Vertrauensverlust zu den Vertragshändlern fort. Eine darüber hinausgehende „Sanktion“ der Händler für eine Pflichtverletzung des Herstellers im Bereich der Entwicklung und Produktion kann nicht geboten sein, denn unter der Bezugnahme auf § 278 BGB sollen sich nicht alle Risiken aus mehraktigen dezentralisierten wirtschaftlichen Vorgängen bei einem Beteiligten (hier dem Endverkäufer) kumulieren (vgl. Erman/Westermann, a. a. O., § 278 Rn. 19).

3. Darüber hinaus wären Gewährleistungsansprüche der Klägerin gemäß § 438 I Nr. 3, II BGB verjährt. Da die Arglist des Herstellers der Beklagten als Verkäuferin nicht zuzurechnen ist, verbleibt es bei der gesetzlichen – kenntnisunabhängigen – Gewährleistungsfrist, die bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen bereits abgelaufen war.

II. Der (zulässige) Feststellungsantrag ist unbegründet. Die Beklagte befindet sich nicht in Verzug, weil der erklärte Rücktritt nicht durchgreift bzw. seiner Durchsetzung die Verjährungseinrede entgegensteht.

III. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Freistellung von den außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.613,24 € aus §§ 280 I, II, 286 BGB, denn die insoweit entstandenen außergerichtlichen Anwaltskosten waren nicht erforderlich. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen materiell-rechtlichen (Kostenerstattungs-)Anspruch aus einem Rückgewährschuldverhältnis. …

Hinweis: Mit Beschluss vom 14.06.2018 – 5 U 82/17 – hat der 5. Zivilsenat des OLG Köln die Parteien darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Aachen gemäß § 522 II ZPO als unbegründet zurückzuweisen. In dem Hinweisbeschluss heißt es:

„I. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 522 II 1 Nr. 1, § 513 I ZPO).

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 346 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises von 42.140,61 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des Pkw Audi TT Coupé 2.0 TDI quattro zu.

1. Dabei kann zugunsten der Klägerin angenommen werden, dass der Pkw mangelhaft ist, weil in diesem eine Software zur Anwendung kommt, welche die Stickoxid-Emissionswerte bei Betrieb auf einem technischen Prüfstand optimiert, während beim Betrieb im Straßenverkehr entsprechend schlechtere Werte erreicht werden. Ein Durchschnittskäufer darf berechtigterweise erwarten, dass die normierten Abgaswerte auf dem technischen Prüfstand nicht durch Einsatz einer Manipulationssoftware erzielt werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil es sich um einen die Typzulassung gefährdenden Umstand handelt (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 20.12.2017 – 18 U 112/17 juris Rn. 36 ff.).

2. Der erstmals mit Schreiben vom 21.01.2016 erklärte Rücktritt ist jedenfalls gemäß § 218 I BGB unwirksam, weil Mängelansprüche zu diesem Zeitpunkt verjährt waren und die Beklagte sich hierauf berufen hat.

Die Verjährungsfrist gemäß § 438 I Nr. 3 BGB von zwei Jahren begann mit der Ablieferung des Pkw Audi TT Coupé 2.0 TDI quattro am 13.10.2012. Sie war im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung abgelaufen.

Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren, die – da der sogenannte Diesel-Abgasskandal im Jahr 2015 bekannt geworden ist – erst mit dem Schluss des Jahres 2018 enden würde, findet nach § 438 III 1 BGB keine Anwendung, weil die Beklagte als Verkäuferin den Mangel nicht arglistig verschwiegen hat.

Ein eigenes arglistiges Verschweigen der Beklagten behauptet auch die Klägerin nicht. Für ein etwaiges arglistiges Verhalten und Verschweigen der Fahrzeugherstellerin, das heißt der AUDI AG, der über den bestehenden Konzern die Kenntnis der den Motor entwickelnden Volkswagen AG und ihrer Mitarbeiter zuzurechnen sein könnte, hat die Beklagte als Vertragshändlerin nicht einzustehen.

Soweit ersichtlich geht die obergerichtliche Rechtsprechung übereinstimmend davon aus, dass sich der Verkäufer auch dann, wenn er Vertragshändler ist, ein arglistiges Verschweigen eines Mangels durch den Hersteller nicht zurechnen lassen muss (vgl. über die nachstehend angeführten Beschlüsse hinaus: OLG Koblenz, Beschl. v. 27.09.2017 – 2 U 4/17, juris Rn. 35; OLG Hamm, Beschl. v. 05.01.2017 – 28 U 201/16, juris Rn. 34; OLG Celle, Beschl. v. 30.6.2016 – 7 W 26/16, juris Rn. 8). Zur Begründung hat der 16. Zivilsenat des OLG Köln im Beschluss vom 27.02.2018 – 16 U 130/17, n. v. – in einem gleich gelagerten Fall ausgeführt:

‚Die Zurechnung des arglistigen Verhaltens Dritter bemisst sich nach den § 123 II, § 166 und § 278 BGB (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.05.2017 – I-22 U 52/17, juris Rn. 11–15; OLG Hamm, Beschl. v. 18.05.2017 – 2 U 39/17, juris Rn. 4–6; Witt, NJW 2017, 3681, 3683). Damit hätte die Beklagte für das Verhalten der Fahrzeugherstellerin VW nur dann einzustehen, wenn deren Verhalten dem der Beklagten deshalb gleichzusetzen wäre, weil VW mit Wissen und Wollen der Beklagten als deren Erfüllungsgehilfin, Repräsentantin oder Vertrauensperson – und nicht bloß als außenstehende Dritter i. S. von § 123 II BGB – aufgetreten ist (s. OLG Koblenz, Urt. v. 28.09.2017 – 1 U 302/17, NJW-RR 2018, 54 Rn. 26 = NZV 2018, 39). Diese Zurechnungsvoraussetzungen liegen nicht vor:

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der Hersteller der Kaufsache generell nicht Erfüllungsgehilfe des Händlers, der die Sache an seine Kunden verkauft (s. BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VIII ZR 46/13, BGHZ 200, 337 Rn. 31 f. unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Schuldrechtsmodernisierungsgesetz-Begründung in BT-Drs. 14/6040, S. 209 f.).

Mit dem Landgericht ist festzustellen, dass der Rechtsverkehr VW aus folgenden Gesamterwägungen nicht als Repräsentantin oder Vertrauensperson der beklagten Vertragshändlerin ansieht: Beides sind rechtlich unabhängige juristische Personen, die keine gesellschaftsrechtliche oder personelle Verflechtung aufweisen. Die Beklagte ist als Vertragshändlerin ein selbstständiges Absatzorgan und nicht auf der gleichen Wirtschafsstufe wie VW tätig. Damit verfolgen beide eigenständige Absatz- und Gewinninteressen. Die Beklagte selbst trägt die mit dem Absatz der von ihr bei VW bezogenen Waren sowie die mit ihren marktspezifischen Investitionen verbundenen wirtschaftlichen Risiken (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 28.09.2017 – 1 U 302/17, NJW-RR 2018, 54 Rn. 35), zumal sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung handelt. VW ist an Vertragsabschluss und -abwicklung weder unmittelbar beteiligt, noch gibt es die Beklagte bindende Weisungen bei der Vertragsanbahnung (vgl. insoweit auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 30.05.2017 – I-22 U 52/17, juris Rn. 14). Die Nutzung des Rufs der VW-Marke und der Herstellerwerbung seitens der Beklagten entspricht den im Wirtschaftsleben üblichen Abläufen (s. auch OLG Hamm, Beschl. v. 18.05.2017 – 2 U 39/17, juris Rn. 5; Beschl. v. 19.06.2017 – 2 U 74/17, juris Rn. 8). Es handelt sich dabei für den Rechtsverkehr erkennbar um Mittel des Marketings zur Steigerung des Verkaufs, die nicht ernsthaft den Eindruck erwecken können, der Händler sei Teil der Fahrzeugkonzeption und -herstellung oder habe hierauf Einfluss (OLG Koblenz, Urt. v. 28.09.2017 – 1 U 302/17, NJW-RR 2018, 54 Rn. 35). Insgesamt kann von einem durchschnittlichen Fahrzeugkäufer erwartet werden, dass er zwischen dem Vertragshändler und dem Hersteller unterscheiden kann (s. ausdrücklich OLG Hamm, Beschl. v. 18.05.2017 – 2 U 39/17, juris Orientierungssatz 2 und Rn. 5).‘

Der erkennende Senat schließt sich dieser Beurteilung an, die auch dann zutrifft, wenn nicht die Volkswagen AG, sondern – wie im Streitfall – eine andere Konzerngesellschaft den Pkw hergestellt hat. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung, die sich mit der Zurechnung eines arglistigen Verhaltens befassen, rechtfertigen keine andere Beurteilung. Dass der Vertragshändler an Vorgaben des Herstellers gebunden ist, etwa bei der Gestaltung seines öffentlichen Auftritts, bei der Verwendung von Prospekten, bei der Gestaltung der Verkaufsräume und der Firmenwerbung, sowie der Umstand, dass bei Veräußerung eines Neuwagens in der Regel ein individuell zusammengestelltes Fahrzeug verkauft wird, ändern nichts daran, dass der durchschnittliche Fahrzeugkäufer zwischen Hersteller und Vertragshändlerin unterscheiden kann und unterscheidet, zumal Letztere – wie die Beklagte – unter der eigenen Firma nach außen auftritt.

Dadurch, dass der Vertragshändler dem Käufer ihm vom Hersteller zur Verfügung gestellte Werbematerialien und Informationen überlässt, kann der Hersteller allenfalls dann zum Erfüllungsgehilfen des Vertragshändlers werden, wenn ein eigene vorvertraglich oder vertragliche Auskunfts- oder Offenbarungspflicht des Vertragshändlers gegenüber dem Käufer besteht. Nur in diesem Fall kann der Hersteller mit Wissen und Wollen des Schuldners in dessen Pflichtkreis tätig geworden sein. Für eine eigene Auskunfts- oder Offenbarungspflicht ist weder etwas dargetan worden noch ersichtlich. Eine Offenbarungspflicht hinsichtlich der den Fahrzeugmangel begründenden Manipulation der Software kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Manipulation der Beklagten bei Vertragsschluss im Jahr 2012 weder bekannt war noch bekannt sein konnte.

Schließlich führt die Rechtsprechung, die ein Verschulden oder arglistiges Verhalten des Herstellers auch einem Vertragshändler nicht zurechnet, entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dazu, dass der Hersteller die Verantwortung für schuldhaftes Verhalten durch ein System der Mediatisierung der Vertriebsorganisation ‚wegorganisieren‘ könnte. Der Hersteller steht nicht anders, als wenn er seine Ware über beliebige Dritte vertreibt.

3. Angesichts der vorstehenden Ausführungen kann offenbleiben, ob der Rücktritt – wie das Landgericht angenommen hat – auch deshalb ausgeschlossen und unwirksam war, weil die in der mangelhaften Leistung liegende Pflichtverletzung unerheblich war (§ 323 V 2 BGB).

II. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist.“

Die Berufung wurde sodann mit Beschluss vom 16.07.2018 – 5 U 82/17 – gemäß § 522 II ZPO zurückgewiesen, und zwar aus folgenden Gründen:

„II. …Die Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Hierzu wird auf den Senatsbeschluss vom 14.06.2018 verwiesen. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist. Die Stellungnahme der Klägerin vom 11.07.2018 rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Die Klägerin kann von der Beklagten aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 346 BGB nicht die Rückzahlung des Kaufpreises von 42.140,61 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des Pkw Audi TT Coupé 2.0 TDI quattro verlangen. Der Rücktritt ist gemäß § 218 I BGB unwirksam, weil Mängelansprüche bei Abgabe der Erklärung verjährt waren und die Beklagte sich hierauf berufen hat.

Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass die Beklagte sich als Vertragshändlerin ein arglistiges Verhalten der AUDI AG als Fahrzeugherstellerin sowie der Volkswagen AG und ihrer Mitarbeiter nicht zurechnen lassen muss. Der Schriftsatz vom 11.07.2018 enthält hierzu keine neuen Gesichtspunkte. Der nochmals angeführte Umstand, dass der Vertragshändler an Vorgaben des Herstellers gebunden ist, etwa bei der Gestaltung seines öffentlichen Auftritts, bei der Verwendung von Prospekten, bei der Gestaltung der Verkaufsräume und der Firmenwerbung, ändert nichts daran, dass der durchschnittliche Fahrzeugkäufer zwischen Hersteller und Vertragshändler unterscheiden kann und unterscheidet, zumal Letzterer – wie die Beklagte – unter der eigenen Firma nach außen auftritt.

2. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung des Audi TT Coupé 2.0 TDI quattro aus § 812 I 1 Fall 1 BGB zu. Entgegen der erstmals im Schriftsatz vom 11.07.2018 geäußerten Auffassung ist der im Jahr 2012 geschlossene Kaufvertrag nicht gemäß § 134 BGB i. V. mit § 27 I EG-FGV nichtig. Danach dürfen neue Fahrzeuge, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung vorgeschrieben ist, im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind.

a) Die Klägerin hat schon nicht schlüssig dargelegt, dass der im Jahr 2012 veräußerte Pkw Audi TT Coupé 2.0 TDI quattro keine gültige Übereinstimmungsbescheinigung hatte. Wie aus den weiteren Regelungen der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung, insbesondere aus §§ 6, 25 III Nr. 1 EG-FGV, folgt, liegt eine gültige Übereinstimmungsbescheinigung vor, wenn das Fahrzeug, für das sie ausgestellt ist, tatsächlich dem genehmigten Typ entspricht. Eine tatsächliche Abweichung des ihr veräußerten Pkw Audi TT Coupé 2.0 TDI quattro von dem genehmigten Typ behauptet die Klägerin jedoch nicht. Die Software, welche die Stickoxid-Emissionswerte beim Betrieb auf einem Prüfstand durch eine höhere Abgasrückführung optimiert, ist sowohl in dem genehmigten Typ als auch in dem im Jahr 2012 veräußerten Pkw Audi TT Coupé 2.0 TDI quattro installiert. Etwas anderes ist weder dargetan noch für den Senat ersichtlich. Nicht die Übereinstimmungsbescheinigung ist fehlerhaft und ungültig, sondern die EG-Typgenehmigung durch die Manipulation erwirkt.

b) Selbst wenn ein Verstoß gegen § 27 I EG-FGV vorläge, würde dieser nicht zur Nichtigkeit des im Jahr 2012 geschlossenen Kaufvertrags gemäß § 134 BGB führen. Ist ein Rechtsgeschäft nur für einen Teil verboten, ist das verbotswidrige Geschäft in der Regel gültig (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1999 – X ZR 34/98, BGHZ 143, 283 = juris Rn. 18 m. w. Nachw.). Die Vorschrift des § 27 I EG-FGV und das in ihr enthaltene Verbot richten sich nur gegen den Veräußerer des Fahrzeugs. In Fällen, in denen das betreffende Verbot allein den einen Teil trifft, kommt die in § 134 BGB vorgesehene Rechtsfolge nur in Betracht, wenn dem Verbot ein Zweck zugrunde liegt, der gleichwohl die Nichtigkeit des ganzen Rechtsgeschäfts erfordert (BGH, Urt. v. 14.12.1999 – X ZR 34/98, BGHZ 143, 283 = juris Rn. 18). Dies ist hier nicht der Fall. Auch wenn der Kaufvertrag über das Fahrzeug im Fall einer ungültigen Übereinstimmungsbescheinigung wirksam bleibt und nicht rückabgewickelt wird, kann das Kraftfahrt-Bundesamt nach § 25 EG-FGV die erforderlichen Maßnahmen anordnen, um die Übereinstimmung der Produktion mit dem genehmigten Typ sicherzustellen. Es gibt daher keinen Grund, von einer dem Fahrzeugkäufer bei generell-abstrakter Betrachtung ungünstigen Nichtigkeit des Kaufvertrags auszugehen, die ihm die auf den Fall eines Fahrzeugmangels zugeschnitten Gewährleistungsrechte aus § 437 BGB, insbesondere auch einen Schadensersatzanspruch, nehmen würde. …“

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