Zwar genügt alleine die Bezeichnung eines Gebrauchtwagens als „Bastlerfahrzeug“ nicht, um eine negative Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts anzunehmen, dass das Fahrzeug reparaturbedürftig sei. Vom Vorliegen einer entsprechenden (negativen) Beschaffenheitsvereinbarung kann aber mit Rücksicht auf das Alter (hier: 15 Jahre) und die Laufleistung (hier: ca. 125.000 km) sowie dann auszugehen sein, wenn der Verkäufer – hier: durch den Hinweis auf die mit einer Hauptuntersuchung verbundenen Kosten – zu erkennen gibt, dass er das Fahrzeug für reparaturbedürftig hält.

AG Nordhorn, Urteil vom 09.01.2018 – 3 C 622/17
(nachfolgend: LG Osnabrück, Urteil vom 09.05.2018 – 2 S 57/18)

Sachverhalt: Der Kläger verlangt von dem beklagten Kfz-Händler die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen.

Der Kläger kaufte dieses im Mai 2002 erstzugelassene Fahrzeug am 22.02.2017 von dem Beklagten zum Preis von 950 €, nachdem er es am selben Tag mit seiner Tochter besichtigt, aber keine Probefahrt unternommen hatte. Der damals 15 Jahre alte Pkw war bei Abschluss des Kaufvertrags nicht zugelassen; seine Laufleistung betrug circa 125.500 km, und das Fahrzeug musste zwei Monate später erneut zur Hauptuntersuchung vorgeführt werden. Das Angebot des Beklagten, das Fahrzeug gegen Zahlung von (weiteren) 290 € einer Hauptuntersuchung unterziehen zu lassen, lehnte der Kläger ab.

Im schriftlichen Kaufvertrag, der einen Gewährleistungsausschluss enthält, wird der Pkw als „Bastlerfahrzeug“ bezeichnet.

Unmittelbar nach der Übergabe des Fahrzeugs – auf der Rückfahrt – erwies sich der Pkw als nicht spursicher. Der Kläger suchte deshalb eine Kfz-Werkstatt auf, wo ihm mitgeteilt wurde, dass das Fahrzeug aufgrund einer Durchrostung der Achsaufhängung fahruntüchtig sei.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.03.2017 forderte der Kläger den Beklagten – erfolglos – zur Nachbesserung auf und setzte dafür eine Frist bis zum 14.03.2017. Schließlich erklärte der Kläger mit Schreiben vom 22.06.2017 den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Der Kläger behauptet, die Parteien hätten vereinbart, dass das Fahrzeug fahrtüchtig und verkehrssicher sei. Der Beklagte habe gesagt, dass in Zukunft lediglich der Keilriemen und die Zündkerzen ausgetauscht werden müssten. Zudem habe der Beklagte den Pkw im Kaufvertrag als „Bastlerfahrzeug“ bezeichnet, weil er „keine langen Garantien“ übernehmen könne.

Der Beklagte ist der Ansicht, er habe durch den Verkauf des Pkw als „Bastlerfahrzeug“ eine negative Beschaffenheitsvereinbarung mit dem Kläger getroffen. Er behauptet, bei der Durchrostung der Achsaufhängung handele es sich um altersgemäßen Verschleiß.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages nach §§ 433 I, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323 I, 346 I BGB. Nach den genannten Vorschriften kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten, wenn die Sache nach § 434 I BGB mangelhaft ist. Davon kann hier nicht ausgegangen werden.

a) Zunächst stellt das Gericht fest, dass der Beklagte die Gewährleistung kaufvertraglich nicht wirksam ausgeschlossen hat. Der vertraglich vorgesehen Gewährleistungsausschluss ist nach § 476 I 1 BGB unwirksam, weil es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt und die Vereinbarung nachteilig von § 437 BGB abweicht.

Der Kläger erwarb das Fahrzeug als Verbraucher i. S. von § 13 BGB, weil das Fahrzeug nicht zu gewerblichen bzw. beruflichen Zwecken aus selbstständiger Tätigkeit bestimmt war. Der Beklagte war Unternehmer i. S. von § 14 BGB, weil er bei Abschluss des Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit – dem Kraftfahrzeughandel – handelte.

Nach § 476 I 1 BGB darf die in §§ 434 ff. BGB geregelte Gewährleistung grundsätzlich nicht von vornherein abbedungen werden (vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.09.2003 – 9 W 30/03; LG Wiesbaden, Urt. v. 08.07.2010 – 9 S 44/09; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn. 1320). Damit wird das an sich nur dispositives Gewährleistungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum ius cogens, also zwingend. Dem Käufer muss also bei Mängeln das Recht auf Nacherfüllung, zur Minderung, zum Rücktritt und auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen bleiben. Abweichungen zugunsten des gewerblichen Gebrauchtwagenkäufers kommen nach § 476 II und III BGB lediglich bei der Verjährung und beim Schadensersatz in Betracht.

b) Ein Sachmangel gemäß § 434 I 1 BGB liegt nicht vor. Die Parteien haben durch die Bezeichnung des Kaufgegenstands als „Bastlerfahrzeug“ im Kaufvertrag die Reparaturbedürftigkeit zur Beschaffenheit erklärt, sodass die Notwendigkeit von Reparaturen keinen Mangel darstellt.

Gemäß § 434 I 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Das ist der Fall, wenn eine bestimmte Beschaffenheit von den Vertragsparteien ohne Rücksicht auf den allgemeinen Qualitätsstandard vereinbart wurde. An das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen. Eine solche Vereinbarung kommt unter der Geltung des neuen Schuldrechts nicht mehr im Zweifel, sondern nur noch in eindeutigen Fällen in Betracht (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 15.06.2016 – VIII ZR 134/15, NJW 2016, 2874 Rn. 16; Urt. v. 29.06.2016 – VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 35; Urt. v. 26.04.2017 – VIII ZR 80/16, juris Rn. 13; Urt. v. 27.09.2017 – VIII ZR 271/16, juris Rn. 18; jeweils m. w. Nachw.). Ob danach im Einzelfall eine Beschaffenheitsvereinbarung zu bejahen ist, ist eine Frage der in erster Linie dem Tatrichter obliegenden Vertragsauslegung (BGH, Urt. v. 29.06.2016 – VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 18; Urt. v. 26.04.2017 – VIII ZR 80/16, juris Rn. 13; Urt. v. 27.09.2017 – VIII ZR 271/16, juris Rn. 18). Hiernach ist der objektive Empfängerhorizont als Auslegungsmaßstab heranzuziehen.

Gemessen an diesen Grundsätzen ist das Gericht überzeugt, dass die Parteien konkludent die Beschaffenheitsvereinbarung getroffen haben, dass das streitgegenständliche Fahrzeug als „Bastlerfahrzeug“ reparaturbedürftig ist.

Im Kaufvertrag bezeichnete der Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug als „Bastlerauto“.

Zwar genügt allein die Bezeichnung des Fahrzeugs als „Bastlerauto“ grundsätzlich nicht, um eine Beschaffenheitsvereinbarung anzunehmen. Im vorliegenden Fall tritt allerdings der Umstand hinzu, dass der Beklagte angeboten hatte, für das Fahrzeug für weitere 290 € eine neue TÜV-Plakette zu erwirken. Dieser Umstand impliziert, dass der Beklagte gerade nicht davon ausging, dass das streitgegenständliche Fahrzeug zwingend fahrbereit und nicht reparaturbedürftig war, sondern vielmehr durch die vom TÜV durchzuführende Hauptuntersuchung Kosten entstehen werden, was auch für einen objektiven Empfänger erkennbar war. Zudem übernahm der Beklagte hierdurch das Risiko, dass das Fahrzeug fahrbereit ist. Dadurch, dass der Kläger das Angebot des Beklagten ausgeschlagen hat, ist das Risiko auf ihn übergegangen.

Für diese Auslegung spricht zudem, dass das Angebot, dem Fahrzeug zum Preis von 290 € eine neue TÜV-Plakette zu besorgen, weit über die Kosten einer obligatorischen TÜV-Abnahme hinausgeht. Die Kosten hierfür liegen mit rund 100 € bei circa einem Drittel. Sofern der Beklagte davon ausgegangen wäre, dass das Fahrzeug keine Mängel hat, hätte er sein Angebot weitaus günstiger halten können.

Weiteres Indiz dafür, dass die Parteien eine negative Beschaffenheitsvereinbarung dahin gehend getroffen haben, dass das Fahrzeug reparaturbedürftig ist, sind zum einen das Alter und die Laufleistung des Fahrzeugs. Das Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses 15 Jahre alt und hatte eine Laufleistung von circa 125.500 km. Zum anderen spricht für die negative Beschaffenheitsvereinbarung, dass das Fahrzeug zwei Monate nach Kaufvertragsschluss eine neue TÜV-Abnahme benötigte. Diese Eigenschaften des streitgegenständlichen Fahrzeugs lassen nicht darauf schließen, dass das Fahrzeug keine Mängel aufweist.

Letztlich war das Fahrzeug ausweislich der Anzeige nicht scheckheftgepflegt, was ebenfalls für die Annahme einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung spricht.

Gegen die Annahme einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung spricht nicht, dass die Parteien vereinbart haben, dass das Fahrzeug für die Tochter des Klägers gekauft wurde. Zwar ist das Gericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugt, dass der Kläger im Rahmen der Vertragsverhandlung angegeben hat, dass er das Fahrzeug für seine Tochter benötige, welche Fahranfängerin ist. Diese Überzeugung gewinnt das Gericht durch die glaubhaften Angaben der Zeugin T. Unabhängig davon, wer das Fahrzeug zukünftig hätte fahren sollen, hätte dieses repariert werden müssen. Allein die Angabe, dass eine Fahranfängerin das Fahrzeug nutzen werde, lässt noch nicht auf eine Vereinbarung schließen, dass das Fahrzeug zum Kaufzeitpunkt fahrbereit ist. Auch die Nutzung des Fahrzeugs durch einen erfahrenen Fahrer hätte nur erfolgen können, sofern das Fahrzeug repariert ist.

Sofern der Kläger vorträgt, der Beklagte habe angegeben, er habe den Begriff „Bastlerauto“ in den Vertrag aufgenommen, weil er keine langen Garantien übernehmen könne, spricht das aus Sicht des Gerichts für die Annahme einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung. Hiermit bringt der Beklagte zusätzlich zum Ausdruck, dass er das Risiko der Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs nicht tragen will.

Das Gericht hatte nicht darüber zu entscheiden, ob die Durchrostung der Achse als Mangel oder Verschleiß zu werten ist. Insofern war kein Sachverständigengutachten einzuholen. Aufgrund der Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien kam es auf die Frage, ob es sich hierbei um Verschleiß handelt, nicht an.

2. Da der Kläger nicht wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten ist, bleibt auch der … Feststellungsantrag mangels feststellungsfähigem Rechtsverhältnis gemäß § 256 I ZPO ohne Erfolg. …

Hinweis: Die 2. Zivilkammer des LG Osnabrück hat der Berufung des Klägers mit Urteil vom 09.05.2018 – 2 S 57/18 – stattgegeben und zur Begründung ausgeführt:

II. … Der Kläger ist mit Schreiben vom 01.03.2017 wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, sodass er die Rückabwicklung des Vertrags verlangen kann.

Das streitgegenständliche Fahrzeug ist mangelhaft.

Der Beklagte hat in der Berufungsverhandlung unstreitig gestellt, dass die vom Kläger vorgetragenen Mängel vorliegen. Danach ist davon auszugehen, dass die Achsaufhängung des Fahrzeugs komplett durchgerostet ist und keinerlei Stabilität mehr hat. Das Fahrzeug ist nicht mehr fahrsicher. Darin ist ein erheblicher Mangel zu sehen.

Der Beklagte hat die Gewährleistung für Mängel nicht wirksam ausgeschlossen. Da ein Verbrauchsgüterkauf vorliegt, ist der im Kaufvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss unwirksam.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist zwischen den Parteien auch keine sogenannte negative Beschaffenheitsvereinbarung dahin getroffen worden, dass eine Reparaturbedürftigkeit des Fahrzeugs jeglichen Ausmaßes vereinbart worden ist.

Zwar musste der Kläger davon ausgehen, dass gewisse Mängel am Fahrzeug vorhanden sind, weil ein angebotener neuer TÜV mit 290 € zusätzlich zu vergüten gewesen wäre. Dies beinhaltet aber nicht, dass das Fahrzeug grundlegende Sicherheitsmängel wie eine komplette Durchrostung der Achsaufhängung haben durfte. Das Fahrzeug ist unstreitig zu dem Zweck verkauft worden, im Straßenverkehr benutzt zu werden. Der Beklagte behauptet selbst nicht, dass das Fahrzeug zu einem anderen Zweck verkauft worden sei. Damit aber musste das Fahrzeug jedenfalls eine Beschaffenheit aufweisen, die zu einer gefahrlosen Teilnahme mit dem Fahrzeug im Straßenverkehr erforderlich ist. Eine komplette Durchrostung der Achse, die ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellt und dazu führt, dass das Fahrzeug nicht fahrsicher ist, erfüllt diese Beschaffenheitsvereinbarung nicht.

Dass mit kleineren Mängeln am Fahrzeug zu rechnen war, nicht aber mit einer kompletten Durchrostung, ergibt sich auch aus dem verhältnismäßig geringen zusätzlichen Preis, den der Kläger für die Erneuerung des TÜV zahlen sollte. Wenn man davon ausgeht, dass die TÜV-Abnahme selbst etwa 100 € kostet, blieben knapp 200 € für Reparaturen. Dies suggeriert dem potenziellen Käufer, dass zwar kleinere Reparaturen erforderlich sein dürften, um die TÜV-Abnahme zu erhalten, mit grundlegenden Sicherheitsmängeln, wie zum Beispiel der kompletten Durchrostung der Achse, muss ein Käufer in dieser Situation aber nicht rechnen.

Da der Beklagte der vorprozessualen Aufforderung zur Mängelbeseitigung nicht nachgekommen ist, konnte der Kläger daher wirksam von dem Kaufvertrag zurücktreten.

Da der Beklagte zur Rückabwicklung bis zum 30.06.2017 aufgefordert worden ist, befindet er sich seit dem 01.07.2017 in Annahmeverzug im Hinblick auf das streitgegenständliche Fahrzeug.

Bezüglich des zurückzuzahlenden Kaufpreises befindet sich der Beklagte seit diesem Tag in Schuldnerverzug, sodass er den gesetzlichen Zinssatz zu zahlen hat.

… Durch den Verkauf des mängelbehafteten Fahrzeugs hat der Beklagte seine Pflichten aus dem Kaufvertrag verletzt, sodass der Kläger die vorprozessualen Anwaltskosten im Wege des Schadensersatzes verlangen kann. …“

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