Inhalt und Reichweite einer Neuwagengarantie für Material- und Herstellungsfehler, die der Fahrzeughersteller einem Fahrzeugkäufer unentgeltlich gewährt, kann der garantiegebende Hersteller grundsätzlich frei bestimmen. Die Garantie darf deshalb auf einen Nachbesserungsanspruch des Käufers beschränkt werden und Schadensersatzansprüche des Käufers wegen einer im Rahmen der Garantie nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführten Nachbesserung ausschließen.
LG Köln, Urteil vom 05.11.2015 – 15 O 76/15
(nachfolgend: OLG Köln, Urteil vom 02.06.2016 – 21 U 20/15)
Sachverhalt: Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Nichterfüllung eines Garantieversprechens auf Schadensersatz in Anspruch.
Er erwarb am 17.01.2013 von der T-GmbH, einer Mazda-Vertragshändlerin, für 21.000 € einen gebrauchten Mazda3 MPS, der am 28.02.2012 erstzugelassen worden war. Für diesen Pkw gewährte die Fahrzeugherstellerin eine Neuwagengarantie, die auf drei Jahre ab Erstzulassung bzw. Auslieferung des Fahrzeugs an den Erstbesitzer befristet und durch eine Laufleistung von höchstens 100.000 km& begrenzt war. Innerhalb dieser Grenzen hatte der Käufer Anspruch auf die Beseitigung von Herstellungs- und Materialfehlern, wobei diese nach Wahl der Herstellerin durch die Instandsetzung oder durch den Austausch fehlerhafter Teile erfolgen konnte. Ansprüche des Käufers hingen nach den Garantiebedingungen unter anderem von der Einhaltung der von der Fahrzeugherstellerin vorgegebenen Wartungsintervalle ab. Außerdem hieß es in den Garantiebedingungen:
„Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen nicht oder nicht ordnungsgemäß im Rahmen der Garantie ausgeführter Nachbesserung ist ausgeschlossen. Dies gilt nicht für etwaige Schäden an Körper oder Gesundheit.“.
Der Kläger bemerkte am 31.03.2014, dass bei dem von ihm erworbenen Pkw nicht mehr alle Gänge eingelegt werden konnten. Er ließ das Fahrzeug deshalb am 01.04.2014 zu einer Mazda-Vertragswerkstatt abschleppen. Dort wurden Schäden an der Kupplung, dem Schwungrad, den Synchroeinheiten und am Getriebe festgestellt, woraufhin seitens der Vertragswerkstatt ein Garantieantrag gestellt wurde.
Nachdem die Beklagte eine Kostenübernahme endgültig abgelehnt hatte, ließ der Kläger sein Fahrzeug in einer anderen Mazda-Vertragswerkstatt reparieren. Er meint, die Beklagte, hilfsweise deren Streithelferin – die Fahrzeugherstellerin –, sei ihm nach der grundlosen Verweigerung von Garantieleistungen zum Schadensersatz verpflichtet.
Die zuletzt im Wesentlichen auf Zahlung von 12.144,04 € nebst Zinsen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Ein Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten ergibt sich nicht aus der Herstellergarantie (§ 443 I BGB i. V. mit der Mazda-Neuwagengarantie). Denn das Begehren des Klägers auf Zahlung von Schadensersatz ist nicht von der erteilten Garantie gedeckt. Vielmehr beschränkt sich das Garantieversprechen des Herstellers ausdrücklich auf die kostenlose Nachbesserung eines vom Hersteller zu vertretenen Material- oder Herstellungsfehlers durch Reparatur oder durch Austausch eines defekten Teils. Dies verlangt der Kläger mit dem zuletzt gestellten Klageantrag gerade nicht. Vielmehr macht der Kläger hiermit den Schaden geltend, der ihm durch die Nichterfüllung des Garantieversprechens entstanden sei.
Ein solcher Anspruch ergibt sich jedoch auch nicht aus den Regelungen des allgemeinen Schuldrechts über den Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280 I, III, 281 BGB. Denn die genannten Regelungen sind aufgrund des Umfangs der Garantie bereits nicht anwendbar (vgl. i. E. Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2014, § 443 Rn. 33, § 437 Rn. 96). Dies ergibt sich aus dem Inhalt der erteilten Garantie sowie dem Charakter der Garantie als freiwillige Zusatzleistung des Herstellers (vgl. LG Köln, Urt. v. 01.03.2012 – 27 O 341/11; OLG Köln, Beschl. v. 31.07.2012 – 7 U 36/12). Nach den Bestimmungen der Garantiebedingung umfasst die Garantie gerade nicht weitergehende Ansprüche auf Schadensersatz wegen oder nicht ordnungsgemäß im Rahmen der Garantie ausgeführter Nachbesserung. Der Käufer wird nach dem Wortlaut im Hinblick auf die Geltendmachung des Garantieversprechens auf den Erfüllungsanspruch, die Reparatur, beschränkt.
Eine solche Einschränkung des Garantieversprechens begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken und hält einer Überprüfung am Maßstab des § 307 I, II BGB stand.
Weil es sich bei der entsprechenden Bestimmung der Garantie zum Ausschluss des Schadensersatzes um eine Einschränkung des Garantieversprechens handelt, unterliegt die Klausel der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB (vgl. BGH, Urt. v. 06.07.2011 – VIII ZR 293/10 Rn. 10 ff.).
Der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen gefährdet die Erreichung des Vertragszwecks nicht und führt auch im Übrigen nicht zu einer dem Gebot von Treu und Glauben widersprechenden unangemessenen Benachteiligung des Käufers. Anders als die kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsrechte stellt das Garantieversprechen eine freiwillige Leistung des Herstellers dar. Dem Hersteller steht es deshalb frei, den Umfang des zugesagten Garantieanspruchs zu bestimmen. Wenn das Garantieversprechen auf einen primären Erfüllungsanspruch beschränkt ist, so würde die dennoch bestehende Möglichkeit des Käufers, Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend machen zu können, faktisch zu einer Ausweitung der Haftung des Herstellers aus der Garantie führen. Anstelle eines Anspruchs auf kostenlose Nachbesserung durch einen Vertragshändler des Herstellers könnte der Käufer bei Verweigerung der Garantieleistung gemäß §§ 280 I und III, 281 BGB eine Vielzahl an Schadenspositionen geltend machen, die ihm durch das Ausbleiben der Nachbesserung entstanden sind. Gerade dies ist mit der Abgabe eines freiwilligen Garantieversprechens nicht bezweckt. Den Käufer bei Verweigerung der Nachbesserung auf die fortbestehende Erfüllungsforderung zu verweisen, stellt daher weder eine Gefährdung des Vertragszwecks noch eine unangemessene Benachteiligung dar. Vielmehr war der Vertragszweck der Garantie von Anfang an auf genau diesen Erfüllungsanspruch beschränkt. Angesichts der im Übrigen unangetasteten gesetzlichen Möglichkeiten des Käufers, seine gesetzlichen Mängelansprüche gegen den Verkäufer geltend zu machen, wird dieser hierdurch auch nicht unangemessen benachteiligt. Der Erfüllungsanspruch aus der Garantie stellt vielmehr ein Mehr an Rechten dar. Hinsichtlich des Umfangs dieser besonderen Gewährleistung muss sich der Käufer jedoch vorliegend auf die Vorgaben des Herstellers verweisen lassen.
Ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Schäden folgt auch nicht aus §§ 437 Nr. 3, 433, 434 BGB. Hierfür fehlt es bereits an einem Kaufvertrag zwischen den Parteien. Diesen hat der Kläger nicht mit der Beklagten, sondern vielmehr mit der T-GmbH geschlossen …
Hinweis: Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Das OLG Köln hat sie mit Urteil vom 02.06.2016 – 21 U 20/15 – zurückgewiesen und unter anderem ausgeführt:
„I. … Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen die Klage abgewiesen, da ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 I und III, 281 BGB nicht gegeben ist.
Bei der Herstellergarantie handelt es sich um eine neben die Gewährleistungshaftung des Verkäufers tretende Garantiehaftung eines Dritten, die grundsätzlich möglich und gerade im Kraftfahrzeughandel von manchen, nicht notwendigerweise aber von allen Herstellern übernommen wird. Ist sie übernommen, gilt sie als freiwillige Erweiterung der gesetzlichen Haftung nur zulasten des sich Verpflichtenden, hier des Herstellers. Sie begründet eine unmittelbare Verpflichtung des Herstellers gegenüber dem Käufer und geht über einen bloßen Hinweis auf die Verkäufergarantie hinaus. Inhalt und Reichweite der neben und zusätzlich zum Kaufvertrag übernommenen Herstellergarantie können vom garantierenden Unternehmen grundsätzlich frei bestimmt werden. Sie kann sich deshalb auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung beschränken, ohne andere Gewährleistungsrechte vorsehen zu müssen (BGH, Urt. v. 19.06.1997 – I ZR 46/95, DB 1997, 1868). Gleiches gilt für die Nichtgewährung eines Schadensersatzanspruches (OLG Köln, Beschl. v. 31.07.2012 – 7 U 36/12, juris Rn. 5).
Welchen Inhalt die hier vorliegende Garantieabrede hat, lässt sich nur durch Auslegung ermitteln (BGH, Urt. v. 24.06.1981 – VIII ZR 96/80, BB 1981, 1238). Die Vertragsbedingungen sehen ausdrücklich vor, dass Schadensersatzansprüche wegen nicht oder nicht ordnungsgemäß im Rahmen der Garantie ausgeführter Nachbesserungen ausgeschlossen sind. Dieser Ausschluss umfasst mithin nicht nur den Fall, dass neben der Nachbesserung kein Schadensersatz gewährt wird. Darüber hinaus schließt die Regelung auch für den Fall der Nichtgewährung der Nachbesserung die Geltendmachung eines deswegen eingetretenen Schadens – wie er vorliegend verlangt wird – aus. Damit sind sowohl Ansprüche auf Schadensersatz im Rahmen der Garantie, aber auch solche wegen Nichtgewährung der Garantie umfasst.
Mithin fällt der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auf Zahlung der Reparaturkosten, der Versicherungsbeiträge und der Kfz-Steuer sowie etwaiger Darlehnsraten zur Finanzierung der Reparaturkosten nicht unter die Garantie. Anders als vom Kläger gesehen, umfasste die Garantie von Anfang an nicht den vorliegenden Fall. Einer nachträglichen Einschränkung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen bedurfte es daher nicht.
Diese Klausel verstößt nicht gegen die §§ 305 ff BGB. Wie der BGH bereits in seinem Urteil vom 19.06.1997 – I ZR 46/95, DB 1997, 1868 – ausgeführt hat, unterlag eine derartige Vereinbarung wegen der Freiwilligkeit der Leistung nicht den Beschränkungen des § 11 Nr. 10 AGBG. Soweit der BGH in der Folge die in den Garantiebedingungen geregelten Garantievoraussetzungen einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 I 1 BGB unterworfen hat, gilt dies nur für den Fall der Garantieübernahme gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts (BGH, Urt. v. 06.07.2011 – VIII ZR 293/10, MDR 2011, 1034 Rn. 9). Der Kläger behauptet jedoch selbst nicht, dass für die Garantiegewährung ein zusätzliches Entgelt gezahlt worden sei.
Letztlich wird der Kläger – anders als von ihm behauptet – durch die Regelung auch nicht rechtlos gestellt, da ihm die gerichtliche Geltendmachung des Nachbesserungsanspruchs weiterhin offengestanden hätte. Anderes hatte die Beklagte nie zugesagt, weshalb ihre Weigerung, den Garantiefall anzuerkennen, dem Kläger keine zusätzlichen Rechte verschaffen konnte.
II. … Die Revision wird nicht zugelassen … Soweit der Kläger auf die Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. (Beschl. v. 08.07.2009 – 4 U 85/08, OLGR 2009, 669) abstellt, war dort zunächst der Garantievertrag mit erweitertem Umfang zustande gekommen und konnte hiernach nicht mehr durch Allgemeine Geschäftsbedingungen eingeschränkt werden. Dieser Fall liegt aber nicht vor. Bei der Entscheidung des OLG Jena vom 23. 05.2011 – 9 U 100/10, autokaufrecht.info, ist nicht erkennbar, dass der dortige Vertragstext dem vorliegenden entsprach.