Ein aus An­lass des Ver­kaufs durch den Ver­käu­fer neu la­ckier­ter 7,5 Jah­re al­ter Ge­braucht­wa­gen ist frei von Sach­män­geln, wenn an dem Fahr­zeug nur ei­ni­ge punk­tu­el­le Ein­del­lun­gen oder stär­ke­re Ver­krat­zun­gen (Ge­brauchs­spu­ren) be­sei­tigt, aber kei­ne grö­ße­ren Schä­den in­stand­ge­setzt bzw. über­deckt wur­den.

OLG Frank­furt a. M., Ur­teil vom 30.06.2009 – 14 U 204/07

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt die Be­klag­te auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags in An­spruch.

Der Klä­ger er­warb mit Kauf­ver­trag vom 13.06.2005 von der Be­klag­ten für 14.950 € ei­nen 7,5 Jah­re al­ten Pkw mit ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 78.500. Mit Schrei­ben vom 10.04.2006 be­an­stan­de­te er die Aus­füh­rung der von der Be­klag­ten vor­ge­nom­me­nen La­ckie­rung und ver­lang­te die Rück­nah­me des Pkw und Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs. Das lehn­te die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 19.04.2006 ab und bot die Nach­bes­se­rung der La­ckie­rung an.

Das Land­ge­richt hat ein Gut­ach­ten des Kfz-Sach­ver­stän­di­gen S ein­ge­holt und die Kla­ge so­dann ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, die Nachla­ckie­rung als sol­che sei kein Sach­man­gel, denn bei ver­nünf­ti­ger Be­trach­tung wer­de das Fahr­zeug da­durch we­der wirt­schaft­lich noch tech­nisch noch op­tisch ent­wer­tet und auch der Ge­brauch sei nicht be­ein­träch­tigt. Der Pkw sei so be­schaf­fen ge­we­sen, wie man es bei sei­nem Al­ter ha­be er­war­ten kön­nen. Nach dem Gut­ach­ten ge­be es auch kei­ner­lei Hin­wei­se auf ver­deck­te Un­fall­schä­den. Auch die Aus­füh­rung der La­ckie­rung be­rech­ti­ge nicht zum Rück­tritt, weil die Un­zu­läng­lich­kei­ten der La­ckie­rung sich auf op­tisch kaum wahr­nehm­ba­re, ört­lich be­grenz­te Ab­wei­chun­gen be­schränk­ten und da­her je­den­falls bei ei­nem Fahr­zeug die­ses Al­ters als un­er­heb­lich an­zu­se­hen sei­en. Im Üb­ri­gen ha­be der Sach­ver­stän­di­ge fest­ge­stellt , dass die La­ckie­rung zu­min­dest nicht schlech­ter sei als die ei­nes ver­gleich­ba­ren Fahr­zeugs des­sel­ben Typs und Al­ters oh­ne ent­spre­chen­de Nachla­ckie­rung.

Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Der Klä­ger ist nicht be­rech­tigt, nach § 437 BGB vom Kauf­ver­trag zu­rück­zu­tre­ten. Denn der ge­kauf­te Ge­braucht­wa­gen ist frei von Sach­män­geln i. S. von § 434 BGB. Un­strei­tig ist der Pkw für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung ei­nes Ge­braucht­wa­gens ge­eig­net. Er ist auch so be­schaf­fen, wie dies bei Ge­braucht­wa­gen üb­lich ist und wie es ein Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens er­war­ten kann.

Die Be­haup­tung des Klä­gers, er ha­be aus­drück­lich da­nach ge­fragt, ob das Fahr­zeug ei­ne Neu­la­ckie­rung er­hal­ten ha­be, ist nach der Be­weis­auf­nah­me nicht be­wie­sen … Dass ein Ge­braucht­wa­gen im Al­ter von mehr als sie­ben Jah­ren aus An­lass des Ver­kaufs neu la­ckiert wird, ist nicht un­ge­wöhn­lich. Der Klä­ger hat auch of­fen­bar das Fahr­zeug im Hin­blick auf ei­ne Neu­la­ckie­rung, die ihm erst spä­ter beim Wa­schen des Fahr­zeugs auf­ge­fal­len ist, nicht sorg­fäl­tig in Au­gen­schein ge­nom­men. Wenn ihm tat­säch­lich ver­si­chert wor­den wä­re, dass das Fahr­zeug nicht über­la­ckiert wor­den sei, hät­te ihm auch auf­fal­len müs­sen, dass das 7,5 Jah­re al­te Fahr­zeug kei­ne Krat­zer und ähn­li­che Ge­brauchs­spu­ren auf­wies, wie es bei ei­nem Ge­braucht­fahr­zeug zu er­war­ten ge­we­sen wä­re … Da­nach kann nicht fest­ge­stellt wer­den, dass der Klä­ger schon beim Kauf des Fahr­zeugs dar­auf be­stan­den hat, ein nicht durch ei­ne neue La­ckie­rung auf­be­rei­te­tes Fahr­zeug zu er­hal­ten, und dass mit­hin das Fahr­zeug nicht die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit hat.

Der Klä­ger hat auch kein Recht zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag aus dem Ge­sichts­punkt des Ver­schwei­gens ei­nes Man­gels. Denn es steht nach den ein­ge­hol­ten Gut­ach­ten fest, dass der hier be­trof­fe­ne Ge­braucht­wa­gen kein Un­fall­fahr­zeug war. Schon nach dem Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S sind an dem Fahr­zeug nur ei­ni­ge eng be­grenz­te punk­tu­el­le Ein­del­lun­gen oder stär­ke­re Ver­krat­zun­gen (Ge­brauchs­spu­ren) be­sei­tigt wor­den, die kei­nen Rück­schluss auf ei­nen Un­fall­scha­den zu­las­sen. Auch der im zwei­ten Rechts­zug tä­ti­ge Sach­ver­stän­di­ge V hat bei sei­ner sehr ein­ge­hen­den Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs kei­ne Merk­ma­le ge­fun­den, die dar­auf hin­deu­ten, dass mit der La­ckie­rung des Fahr­zeugs grö­ße­re Schä­den als nur Lack­schä­den in­stand­ge­setzt bzw. über­deckt wor­den sind. Auch Ein­del­lun­gen im Blech, die nicht mehr als Ba­ga­tell­scha­den im Sin­ne der Recht­spre­chung des BGH (schon Ein­del­lun­gen von we­ni­gen Mil­li­me­tern) an­ge­se­hen wer­den kön­nen, wur­den nicht vor­ge­fun­den, son­dern nur zwei Del­len in der Mo­tor­hau­be mit ei­ner Tie­fe von ca. 0,225 mm und 0,408 mm und ei­ne Del­le am Kot­flü­gel vorn rechts im Rad­lauf­be­reich mit ei­ner Tie­fe von 0,711 mm. Da­mit hat die Be­klag­te mit der An­ga­be „kei­ne Vor­schä­den be­kannt“ auch nichts Fal­sches er­klärt, denn ei­nen Un­fall­scha­den hat das Fahr­zeug nicht er­lit­ten. Es sind mit der Über­la­ckie­rung le­dig­lich klei­ne­re Ge­brauchs­spu­ren und sol­che klei­nen Schä­den be­sei­tigt wor­den, die bei ei­nem 7,5 Jah­re al­ten Ge­braucht­fahr­zeug zu er­war­ten und des­halb auch nicht of­fen­ba­rungs­pflich­tig wa­ren.

Dass auch die Aus­füh­rung der La­ckie­rung den Klä­ger nicht zum Rück­tritt be­rech­tigt, hat das Land­ge­richt mit zu­tref­fen­der Be­grün­dung, auf die Be­zug ge­nom­men wird, aus­ge­führt. Im Üb­ri­gen hät­te der Klä­ger, weil in­so­weit ei­ne Nach­bes­se­rung mög­lich ge­we­sen wä­re, der Be­klag­ten vor der Er­klä­rung des Rück­tritts Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung ge­ben müs­sen. Die Be­klag­te hat zu­dem noch im vor­lie­gen­den Rechts­streit die Nach­bes­se­rung der La­ckie­rung an­ge­bo­ten …

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